Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.05.2020, Az. 2 StR 112/20

2. Strafsenat | REWIS RS 2020, 1831

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Gegenstand

Strafzumessung: Berücksichtigung einer freiwilligen Schadenswiedergutmachung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. November 2019 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben; aufrecht erhalten bleiben bereits getroffene Feststellungen zur Höhe der Rückzahlungen an die Geschädigten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges in 41 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt, von denen drei Monate als vollstreckt gelten. Ferner hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.044.440 € angeordnet. Die Revision des Angeklagten, die er mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet, hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

3

2. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuldspruch und zur Einziehungsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgezeigt.

4

3. Indes kann der Strafausspruch keinen Bestand haben.

5

a) [X.] hat die [X.]n dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen. Dies ist revisionsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie der Umstand, dass sie die [X.]n nach den den Geschädigten zunächst jeweils entstandenen Schäden gestaffelt hat.

6

b) Zutreffend geht die [X.] bei der konkreten Strafzumessung ferner davon aus, dass geleistete Rückzahlungen, die zu einer Schadenskompensation geführt haben, strafmildernd Berücksichtigung finden. Auch wenn die Voraussetzungen des § 46a StGB nicht vorliegen, hat eine freiwillige Schadenwiedergutmachung bestimmende Bedeutung für die Zumessung der Strafe (MüKo-StGB/[X.]/[X.], 3. Aufl., § 46 Rn. 259). Aber auch eine auf Zwangsvollstreckung beruhende Schadensbeseitigung oder -verringerung kann mit Blick auf den Erfolgsunwert der Tat für die Strafzumessung Bedeutung gewinnen ([X.]/[X.]/Kinzig, StGB, 30. Aufl., § 46 Rn. 40).

7

c) Die Urteilsgründe lassen indes nicht erkennen, dass die [X.] eine erfolgte Schadenskompensation bei der Einzelstrafbemessung tatsächlich berücksichtigt hat. So beziffert sich der Schaden in den [X.] (der Anklage) auf 100.000 bzw. auf 120.000 €, in den Fällen 31, 43 und 44 (der Anklage) ebenfalls auf jeweils 100.000 €. In allen Fällen hat die [X.] zwei Jahre und sechs Monate [X.] verhängt, obgleich der Angeklagte in den [X.] (der Anklage) Rückzahlungen in Höhe von insgesamt 180.000 € geleistet hatte, während in den Fällen 31, 43 und 44 (der Anklage) keine Rückzahlungen festgestellt werden konnten. In [X.] (der Anklage) beträgt der festgestellte Schaden ebenso wie in weiteren Fällen 50.000 €. [X.] hat in all diesen Fällen [X.]n von einem Jahr und sechs Monaten verhängt, so auch im [X.] (der Anklage), in dem der Geschädigte im Wege der Zwangsvollstreckung vollständige Befriedigung erlangen konnte. Die Urteilsgründe legen auch nicht dar, dass und warum - abweichend von den von der [X.] genannten Strafmilderungsgründen - im jeweiligen Einzelfall eine Schadenskompensation keine Berücksichtigung finden konnte oder weshalb gleichwohl die verhängte [X.] angemessen war.

8

d) Der Senat hebt den Strafausspruch insgesamt mit den Feststellungen auf, auch um dem neuen Tatrichter eine eigenständige, widerspruchsfreie Einzelstrafbemessung zu ermöglichen. Dabei wird er auch bedenken müssen, dass - anders als in den Urteilsgründen ausgeführt - das Gewicht einer Schadenswiedergutmachung regelmäßig nicht dadurch gemindert wird, dass der Angeklagte sich dadurch Strafmilderung erhofft.

9

Soweit die [X.] „zu den vereinzelten Rückzahlungen“ aufgrund der Einlassung des Angeklagten, den Angaben der Geschädigten und in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden bereits Feststellungen getroffen hat, sind diese vom Rechtsfehler nicht berührt und auch ansonsten rechtsfehlerfrei; diese Feststellungen haben Bestand. Der neue Tatrichter kann ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen (etwa dazu, worauf sich die Teilrückzahlungen in den [X.] (der Anklage) und in den [X.] (der Anklage) beziehen).

4. Soweit das [X.] eine Kompensation wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung gewährt hat, lässt dies für sich genommen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten nicht erkennen. Die Kompensationsentscheidung wird von der Teilaufhebung nicht berührt; sie hat Bestand (vgl. [X.], Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, [X.]St 54, 135). Der neue Tatrichter wird allerdings, sofern hierzu Anlass besteht, zu prüfen und zu entscheiden haben, ob nach der Entscheidung des [X.] eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung eingetreten und zu kompensieren ist ([X.], aaO).

Franke     

        

Krehl     

        

Eschelbach

        

Meyberg     

        

Schmidt     

        

Meta

2 StR 112/20

27.05.2020

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Köln, 4. November 2019, Az: 119 KLs 4/15

§ 46 StGB, § 46a StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.05.2020, Az. 2 StR 112/20 (REWIS RS 2020, 1831)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1831

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