Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.11.2016, Az. XI R 35/14

11. Senat | REWIS RS 2016, 2306

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Gegenstand

Zur Steuerfreiheit von Umsätzen im Zahlungs- und Überweisungsverkehr


Leitsatz

Ein Kreditinstitut, das gegen Entgelt für andere Kreditinstitute im Rahmen der Abwicklung deren "beleghaften" Zahlungs- und Überweisungsverkehrs Schecks, Überweisungen sowie Lastschriften im Wesentlichen lediglich technisch bearbeitet, führt keine steuerfreien Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr aus .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 25. Juni 2014 1 K 1222/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.  

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob Leistungen eines Kreditinstituts im Rahmen der Abwicklung des Zahlungsverkehrs für andere Kreditinstitute gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. d des Umsatzsteuergesetzes (UStG) als "Umsätze ... im Zahlungs- und Überweisungsverkehr" von der Umsatzsteuer befreit sind.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), ein Kreditinstitut, erbrachte in den Jahren 2000 bis 2003 (Streitjahre) im Rahmen ihrer Tätigkeit aufgrund von mehreren Dienstleistungsverträgen vom 20. Juni bzw. 4. Juli 2000 gegenüber anderen Kreditinstituten ([X.]) gegen Entgelt Leistungen, die der Abwicklung des "[X.]" Zahlungs- und Überweisungsverkehrs dieser Kreditinstitute dienten; der "beleglose" Zahlungsverkehr (über Homebanking und [X.]) war vom Leistungsumfang nicht erfasst.

3

Die vertraglich übernommenen Leistungen umfassten die Bearbeitung von Schecks, Überweisungen (einschließlich Sammelüberweisungen) sowie Lastschriften und stellten sich im Einzelnen wie folgt dar:

  

- Die Zahlungsverkehrsbelege (Überweisungsträger) wurden der Klägerin durch die Leistungsempfänger-Kreditinstitute zur Bearbeitung übergeben. Diese waren mit einem "Dispositionsvermerk" des Leistungsempfänger-Kreditinstituts versehen. Es hatte überprüft, ob die Unterschrift auf den Überweisungsträgern in Ordnung und das Konto gedeckt ist, und dies mit einem entsprechenden Stempel bestätigt.

- Ein maschineller "[X.]" der Klägerin las die Belege (d.h. die auf dem Überweisungsträger eingetragenen Daten) ein. Die maschinell nicht lesbaren Daten wurden von einem Mitarbeiter der Klägerin manuell ergänzt und eingegeben, wenn dies durch eigene Interpretation möglich war (z.B. fehlende Buchstaben).

- Nicht einfach zu korrigierende Belege (ca. 10 % der ausgesteuerten Belege) wurden an einen "Sonderarbeitsplatz" weitergeleitet, an dem ein Mitarbeiter der Klägerin nochmals versuchte, die Belege um die fehlenden oder fehlerhaften Angaben zu ergänzen bzw. zu korrigieren (z.B. Ergänzung einer fehlerhaften Bankleitzahl). Wenn dies nicht möglich war (z.B. bei Unstimmigkeiten beim Überweisungsbetrag), wurden die Belege an die jeweiligen Kundenberater der Kontoinhaber zurückgegeben; die Klägerin trat gegenüber den Kontoinhabern nicht auf.

- Bei Sammelüberweisungen (eine Gesamtbelastung setzte sich aus verschiedenen Einzelüberweisungen zusammen) prüften die Mitarbeiter der Klägerin, ob der Gesamtbetrag mit der Summe der Einzelüberweisungen übereinstimmt. Bei Differenzen war die Klägerin vertraglich verpflichtet, mit dem Auftraggeber telefonisch oder per Telefax die Differenz zu klären. Je nach Entscheidung des Leistungsempfänger-Kreditinstituts wurden die Sammelüberweisungen entsprechend geändert oder zurückgesandt.

- Nach der vollständigen Erfassung des jeweiligen Belegs wurden die Daten an das zentrale Rechenzentrum ([X.]) weitergeleitet, wo die technische Verarbeitung der Daten des [X.] Zahlungsverkehrs erfolgte. Dort wurden sämtliche Kundenkonten elektronisch geführt und die Überweisungen auf den Konten verbucht. Durch [X.] erfolgte zudem noch eine sog. maschinelle Disposition, durch die sichergestellt wurde, dass eine Überweisung nicht ausgeführt wird, wenn zwischenzeitlich (d.h. nach erfolgter Disposition) Lastschriften oder Daueraufträge das Guthaben aufgezehrt haben. Bei einer Abweisung durch [X.] trat diese direkt mit den einzelnen Leistungsempfänger-Kreditinstituten in Kontakt.

- Die Bearbeitung von Schecks und Lastschriften erfolgte wie oben beschrieben, wobei Schecks von den Leistungsempfänger-Kreditinstituten nicht überprüft, sondern der Klägerin direkt zugeleitet wurden. In den Streitjahren veranlasste die Klägerin nach Eingang die Gutschrift und leitete den Scheck körperlich an die jeweils bezogene Bank weiter. War der Scheck nicht gedeckt, informierte die bezogene Bank das Kreditinstitut vor Ort.

- Bei [X.]ehlern der Klägerin, die zu einer zu hohen Überweisung führten, versuchte die Klägerin zunächst, die Beträge von den Empfängern zurück zu erhalten; falls dies fehlschlug, ersetzte das Leistungsempfänger-Kreditinstitut dem Kontoinhaber den Schaden, die Klägerin erstattete den Betrag wiederum dem Leistungsempfänger-Kreditinstitut. Bei [X.]ehlern im Rahmen der Disposition, der Kontrolle der Legitimation und den Prüfungen nach dem Geldwäschegesetz haftete die Klägerin nicht.

4

Zur Nachbearbeitung der Belege für die [X.]e wurden von der Klägerin sechs Mitarbeiter beschäftigt.

5

Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat der Prüfer u.a. die Auffassung, dass die Klägerin mit der Abwicklung des [X.] Zahlungsverkehrs für Dritte an diese umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht habe; die Voraussetzungen einer Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG seien nicht gegeben.

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das [X.]inanzamt --[X.]A--) folgte der Auffassung des Prüfers und setzte mit [X.] für die Jahre 2000 bis 2003 (Streitjahre) vom 26. Juni 2009 die Umsatzsteuer entsprechend höher fest. Der Einspruch, mit dem die Klägerin vorbrachte, diese Leistungen seien gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfrei, blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 2012).

7

Das [X.]inanzgericht ([X.]G) wies die Klage, mit der die Klägerin geltend gemacht hatte, dass von den [X.] ein vollständiger Bereich (beleghafter Zahlungsverkehr) auf sie, die Klägerin, ausgelagert worden sei, ab. Die dargestellten Leistungen würden nicht die spezifischen und wesentlichen [X.]unktionen der in § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG genannten Umsätze erfüllen.

8

Das Urteil des [X.]G ist in [X.] 2015, 692 veröffentlicht.

9

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG sowie von Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/112/[X.] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL-- (gemeint wohl: der in den Streitjahren geltende Art. 13 Teil [X.]. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern [X.] 77/388/EWG--).

Der Gerichtshof der Europäischen Union ([X.]) nehme bei der Prüfung, ob eine Leistung im Überweisungs- oder Zahlungsverkehr vorliegt, eine funktionale Betrachtung vor. Zur zutreffenden Einordnung sei deshalb der Gesamtprozess des Zahlungsverkehrs zu analysieren. Dieser sei durch eine Vielzahl von [X.] gekennzeichnet, die in "vorgelagerte Teilprozesse", "[X.]" und "nachfolgende Tätigkeiten" unterschieden werden könnten. Die wesentlichen [X.]unktionen ([X.]) des [X.] Zahlungsverkehrs seien:

• 

Die Erfassung und Konvertierung der Daten in entsprechende Datensätze sowie deren Kontrolle und fehlerfreie Nachbearbeitung;

• 

die zahlungsverkehrstechnische Aufbereitung der Überweisungsdaten anhand der vervollständigten Datensätze (inklusive Erstellung der Buchungsanweisungen/Buchungssätze) zur weiteren elektronischen Verarbeitung;

• 

die elektronische Verarbeitung der Datensätze zur finalen Buchung des Zahlungsbetrags auf den entsprechenden Konten des Zahlenden und des Zahlungsempfängers.

Diese "[X.]" bewirkten, dass von Kunden eingereichte Überweisungsbelege tatsächlich auftragsgemäß weiterverarbeitet werden könnten und durch die Erstellung der Buchungsanweisungen/Buchungssätze und die anschließende technische Buchung der nicht körperliche Geldtransfer vom Zahlenden an den Zahlungsempfänger stattfinde.

Ausgehend davon habe sie, die Klägerin, im Rahmen ihrer Dienstleistungen die ersten beiden (als "[X.]" beschriebenen) Tätigkeiten an die [X.]e erbracht. Diese Dienstleistungen hätten maßgeblich darauf hingewirkt, dass die Übertragung der Gelder tatsächlich zu Stande gekommen sei. Zwar dürfe sich nach der Rechtsprechung des [X.] für die Inanspruchnahme der bezeichneten Steuerbefreiung die Verantwortlichkeit des Dienstleisters nicht auf rein technische oder materielle Aspekte beschränken. Die von ihr erbrachten Leistungen könnten jedoch nicht als solche Leistungen angesehen werden. Außerdem trage sie hierfür die Verantwortung. Denn sie habe sich zur fehlerfreien Ausführung der von ihr übernommenen Dienstleistungen verpflichtet und bei dennoch auftretenden [X.]ehlern zugesagt, diese unverzüglich zu beseitigen. Darüber hinaus seien im Vertragswerk eindeutige Regelungen zur Gewährleistung/Haftung enthalten. Dass ihre Haftung auf Vorsatz und grobe [X.]ahrlässigkeit begrenzt sei, sei nicht so zu interpretieren, dass es an der Übernahme von Verantwortung fehle oder diese nicht ausreichend sei. Die vom [X.] (B[X.]H) bisher entschiedenen [X.]älle beträfen andere Sachverhalte.

Die Würdigung des Streitfalls durch das [X.]G greife daher zu kurz. Eine inhaltliche Kontrolle des Zahlungsauftrags finde im Überweisungsverkehr ohnehin nicht statt. [X.]ür den Inhalt des Zahlungsauftrags sei der Auftraggeber verantwortlich. Die Kontrolle der Überweisungsaufträge habe sie, die Klägerin, durchgeführt. Die Kontrolle diene der Durchführung des [X.], damit dessen Auftrag, Geld von einem Konto auf ein anderes zu übertragen, tatsächlich (fehlerfrei) ausgeführt werden könne. Dies sei auch nicht rein technischer Natur. Die technische Ausführung der Buchung, die ebenfalls zu den [X.]n im Zahlungsverkehr gehöre, werde nicht von ihr vorgenommen. Ein Dienstleister müsse außerdem zur Anwendbarkeit der Steuerbefreiung nicht sämtliche Leistungsbestandteile übernehmen, sofern seine Leistungen den Kriterien der Rechtsprechung des [X.] genügten.

Zum [X.]-Urteil [X.] vom 26. Mai 2016 [X.]/14 ([X.]:C:2016:355, Höchstrichterliche [X.]inanzrechtsprechung --H[X.]R-- 2016, 668) bringt die Klägerin vor, der [X.] habe mit diesem Urteil seine bisherigen Rechtsgrundsätze bestätigt. Aus den sachverhaltsbezogenen Ausführungen zu den dort streitigen Leistungen ergäben sich keine für die Klägerin negativen Rückschlüsse. Anders als die Klägerin stehe [X.] am Anfang der Prozesskette und nicht in der Mitte.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 2012 aufzuheben sowie die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2000 bis 2003 vom 26. Juni 2009 dahingehend zu ändern, dass die streitigen Leistungen umsatzsteuerfrei belassen werden.

Das [X.]A beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es verteidigt die angefochtene Vorentscheidung.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der [X.]inanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die Würdigung des [X.], die Leistungen der Klägerin seien nicht als "Umsätze ... im Zahlungs- und Überweisungsverkehr" i.S. des § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG, Art. 13 Teil [X.]. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/[X.] anzusehen, ist frei von Rechtsfehlern.

1. Nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG waren in den Streitjahren steuerfrei: "die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im [X.], im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren". Diese Vorschrift beruhte in den Streitjahren auf Art. 13 Teil [X.]. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/[X.] und ist deshalb richtlinienkonform auszulegen (vgl. [X.]-Urteil vom 13. Juli 2006 V R 57/04, [X.], 451, [X.], 19, unter [X.], Rz 26).

2. Nach Art. 13 Teil B der Richtlinie 77/388/[X.] (jetzt: Art. 131, 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL) befreiten die Mitgliedstaaten in den Streitjahren unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

  

"d) die folgenden Umsätze:
...
3. die Umsätze --einschließlich der Vermittlung-- im Einlagengeschäft und [X.], im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit [X.]orderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der Einziehung von [X.]orderungen, ...".

3. [X.]ür die Auslegung der genannten Vorschrift und Bestimmungen sind nach der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] folgende Grundsätze zu beachten:

a) Art. 13 Teil [X.]. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/[X.] (jetzt: Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL) enthält autonome Begriffe des Unionsrechts, die eng auszulegen sind, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass auf jede von einem Steuerpflichtigen gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung Mehrwertsteuer zu erheben ist (vgl. [X.]-Urteile Skandinaviska Enskilda Banken vom 10. März 2011 [X.]/09, [X.]:C:2011:137, [X.] 2011, 603, Rz 18 f.; [X.] vom 12. Juni 2014 [X.]/12, [X.]:C:2014:1745, [X.] 2014, 756, Rz 25), wobei ihr Geltungsbereich auf das zu beschränken ist, was zur Wahrung der Interessen, die diese Ausnahmen zu schützen erlauben, unbedingt erforderlich ist ([X.]-Urteil [X.] vom 26. Juni 2003 [X.]/01, [X.]:C:2003:377, [X.] 2004, 688, Rz 63, 71). Zweck der Befreiung von [X.]inanzgeschäften ist es, Schwierigkeiten, die mit der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der abzugsfähigen Mehrwertsteuer verbunden sind, zu beseitigen (vgl. [X.]-Urteile Velvet & Steel Immobilien vom 19. April 2007 [X.]/05, [X.]:C:2007:232, [X.] 2007, 615, Rz 24; [X.], [X.]:C:2014:1745, [X.] 2014, 756, Rz 30) und eine Erhöhung der Kosten des Verbraucherkredits zu vermeiden (vgl. [X.]-Urteile Velvet & Steel Immobilien, [X.]:C:2007:232, [X.] 2007, 615, Rz 24; [X.] vom 22. Oktober 2009 [X.]/08, [X.]:[X.], [X.] 2011, 559, Rz 49).

b) Art. 13 Teil [X.]. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/[X.] bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL erfassen nur [X.]inanzumsätze (vgl. [X.]-Urteile Velvet & Steel Immobilien, [X.]:C:2007:232, [X.] 2007, 615, Rz 22; [X.] vom 28. Oktober 2010 [X.], [X.]:C:2010:646, [X.] --[X.]-- 2011, 265, Rz 26; [X.]-Beschluss vom 25. April 2013 XI B 123/12, [X.]/NV 2013, 1273, Rz 20), auch wenn diese nicht notwendigerweise von Banken oder [X.]inanzinstituten ausgeführt werden müssen (vgl. [X.]-Urteil [X.] vom 5. Juni 1997 C-2/95, [X.]:C:1997:278, [X.] 1997, 618, Rz 30 ff., 48, 56 f.; [X.]-Urteile vom 27. August 1998 V R 84/97, [X.]E 187, 64, [X.] 1999, 106, unter [X.]b, Rz 17 f.; vom 30. März 2011 XI R 19/10, [X.]E 233, 353, [X.] 2011, 772, Rz 31; s.a. Abschn. 4.8.7 Abs. 1 Satz 2 des [X.]). Entscheidend ist die Natur der Dienstleistung und nicht die Art ihrer Ausführung (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:C:1997:278, [X.] 1997, 618, Rz 36 ff.).

c) Eine Überweisung i.S. von Art. 13 Teil [X.]. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/[X.] bzw. Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein Vorgang, der in der Ausführung eines Auftrags zur Übertragung einer Geldsumme von einem Bankkonto auf ein anderes besteht (vgl. [X.]-Urteil ATP [X.] vom 13. März 2014 [X.]/12, [X.]:[X.], [X.] 2014, 459, Rz 79; [X.], [X.]:C:2016:355, [X.] 2016, 668, Rz 38, 40). Sie ist namentlich dadurch gekennzeichnet, dass sie zu einer Änderung der bestehenden rechtlichen und finanziellen Situation zwischen dem Auftraggeber und dem Empfänger auf der einen Seite und zwischen diesen und ihren jeweiligen Banken auf der anderen Seite sowie gegebenenfalls zwischen den Banken führt; dies gilt aber auch dann, wenn Auftraggeber und Empfänger dieselbe Person sind und die Konten bei derselben Bank geführt werden (vgl. [X.]-Urteil ATP [X.], [X.]:[X.], [X.] 2014, 459, Rz 80 f.). Darüber hinaus ist der Vorgang, der zu dieser Änderung führt, allein die Übertragung der Gelder zwischen den Konten unabhängig von deren Grund (vgl. [X.]-Urteil [X.] vom 28. Juli 2011 [X.]/10, [X.]:[X.], [X.] 2011, 1165, Rz 25). Die rechtlichen und finanziellen Änderungen, die geeignet sind, einen von der Mehrwertsteuer befreiten Umsatz zu kennzeichnen, ergeben sich allein aus der tatsächlichen oder potenziellen Übertragung des Eigentums an Geld, ohne dass es notwendig wäre, dass der so getätigte Umsatz Dritten entgegengehalten werden kann (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.] 2011, 1165, Rz 33).

d) Der Umstand, dass der Dienstleistungserbringer selbst unmittelbar Belastungen und/oder Gutschriften auf einem Konto oder Umbuchungen zwischen den Konten ein und desselben Inhabers vornehmen kann, lässt zwar grundsätzlich den Schluss zu, dass diese Bedingung erfüllt und die betreffende Dienstleistung von der Steuer befreit ist; doch kann die bloße Tatsache, dass seine Dienstleistung nicht unmittelbar eine solche Aufgabe umfasst, nicht von vornherein ausschließen, dass sie unter die in Rede stehende Steuerbefreiung fällt (vgl. [X.]-Urteile [X.], [X.]:C:2016:355, [X.] 2016, 668, Rz 42; [X.] vom 26. Mai 2016 C-130/15, [X.]:C:2016:357, juris, Rz 37). Art. 13 Teil [X.]. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/[X.] schließt es nämlich nicht aus, dass der Überweisungsvorgang in verschiedene einzelne Leistungen zerfällt, die dann "Umsätze im Überweisungsverkehr" i.S. dieser Bestimmung darstellen ([X.]-Urteil [X.], [X.]:C:1997:278, [X.] 1997, 618, Rz 64; s.a. [X.]-Urteil [X.] vom 13. Dezember 2001 [X.]/00, [X.]:[X.], [X.] 2002, 264, Rz 23). Die in Rede stehenden Dienstleistungen sind jedoch nur dann steuerfrei, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sind, das die spezifischen und wesentlichen [X.]unktionen einer in dieser Bestimmung beschriebenen Dienstleistung erfüllt (vgl. [X.]-Urteile [X.], [X.]:C:1997:278, [X.] 1997, 618, Rz 66; [X.], [X.]:[X.], [X.] 2002, 264, Rz 25 f.; [X.], [X.]:C:2010:646, [X.] 2011, 265, Rz 27; [X.], [X.]:C:2016:355, [X.] 2016, 668, Rz 39; s.a. Abschn. 4.8.7 Abs. 2 Satz 2 UStAE).

e) Die befreite Dienstleistung i.S. der genannten Richtlinie ist von der Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung, wie sie etwa vorliegt, wenn einer Bank ein EDV-System zur Verfügung gestellt wird, zu unterscheiden; zu diesem Zweck muss das nationale Gericht insbesondere den Umfang der Verantwortung des [X.] gegenüber den Banken untersuchen, namentlich die [X.]rage, ob diese Verantwortung auf technische Aspekte beschränkt ist oder sich auf spezifische und wesentliche Elemente der Umsätze erstreckt (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.] 2011, 1165, Rz 24; [X.], [X.]:C:2016:355, [X.] 2016, 668, Rz 40). Aus dem Umstand allein, dass ein Element für die Bewirkung eines befreiten Umsatzes unerlässlich ist, lässt sich nicht die Befreiung dieses Leistungselements herleiten ([X.]-Urteile [X.], [X.]:C:1997:278, [X.] 1997, 618, Rz 65; [X.], [X.]:[X.], [X.] 2011, 1165, Rz 31; [X.], [X.]:C:2016:355, [X.] 2016, 668, Rz 45).

Deshalb reicht die Übertragung der Angaben auf von den Banken übermittelten körperlichen Belegen für die EDV-mäßige Bearbeitung des Auftrages für die Gewährung der Steuerbefreiung nicht aus (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 451, BStBl II 2007, 19, unter [X.], Rz 35), da dieser Vorgang als technische Leistung nicht als spezifisch und wesentlich anzusehen ist (vgl. [X.]-Urteil vom 12. Juni 2008 V R 32/06, [X.] 2008, 777, unter [X.]b (2), Rz 34).

f) Die genannten Erwägungen gelten nicht nur für Umsätze im Überweisungsverkehr, sondern auch für Umsätze im Zahlungsverkehr (vgl. [X.]-Urteile [X.], [X.]:[X.], [X.] 2011, 1165, Rz 26; [X.], [X.]:C:2016:355, [X.] 2016, 668, Rz 43; [X.], [X.]:C:2016:357, juris, Rz 38).

4. Unter Beachtung dieser Grundsätze und unter Berücksichtigung der nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen --und daher nach § 118 Abs. 2 [X.]O für den Senat bindenden-- tatsächlichen [X.]eststellungen des [X.] (vgl. dazu [X.]-Urteil in [X.], 777, unter [X.]c bb, Rz 38) ist die Entscheidung der Vorinstanz, die Leistungen der Klägerin seien nicht gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfrei, frei von Rechtsfehlern.

a) Das [X.] ist von den unter 3. genannten Rechtsgrundsätzen ausgegangen und hat den Streitfall dahin gehend tatsächlich und rechtlich gewürdigt, Gegenstand der Dienstleistungsverträge der Klägerin mit den [X.] sei lediglich die "technische" Abwicklung des [X.] für die Kreditinstitute, die insoweit die erforderliche technische Ausstattung (insbesondere Lesegeräte) und die erforderlichen zusätzlichen Mitarbeiter einsparten. [X.] der Tätigkeit der Klägerin bestehe darin, die Überweisungsträger maschinell einzulesen oder --falls dies nicht (vollständig) möglich [X.] per Hand einzugeben und einen Abgleich zwischen den Eintragungen auf dem Überweisungsträger und den im Computer erfassten Daten vorzunehmen. Die Klägerin treffe keinerlei inhaltliche Entscheidungen, alle von ihr ggf. vorzunehmenden Korrekturen und Ergänzungen beschränkten sich auf die Beseitigung bei der elektronischen Erfassung aufgetretener [X.]ehler bzw. die "Interpretation" schwer zu lesender oder vergessener Eintragungen auf den Ausgangsbelegen ("verrutschte" Zahlen, falsch gesetzte Kommas, Eintragen der richtigen Bankleitzahl). Sobald der [X.]ehler nicht mehr rein "mechanischer", sondern (auch nur möglicherweise) inhaltlicher Art sei, erfolge eine Rückgabe der Belege an das [X.] vor Ort. Die Leistungen der Klägerin bewirkten weder eine Übertragung von [X.] noch führten sie zu einer Änderung der bestehenden rechtlichen und finanziellen Situation zwischen dem Auftraggeber und dem Empfänger auf der einen Seite und zwischen diesen und ihren jeweiligen Banken auf der anderen Seite oder zwischen den beteiligten Banken. Die übernommenen Tätigkeiten stellten kein spezifisches wesentliches Element des Überweisungsverkehrs dar. So würden alle Entscheidungen über die Ausführung des Umsatzes nicht von der Klägerin, sondern von dem Kreditinstitut vor Ort oder (bei Schecks) von der [X.] getroffen. Die eigentliche technische Ausführung der Anweisung erfolgte nicht durch die Klägerin, sondern durch [X.] In dem [X.]all, dass [X.] mangels Deckung die Überweisung nicht ausführe, sei die Klägerin ebenfalls nicht weiter in die Abwicklung des Vorgangs eingebunden. Außerdem sei die Klägerin nicht für die "Änderung der bestehenden rechtlichen und finanziellen Situation zwischen dem Auftragnehmer und dem Empfänger und zwischen diesen und ihren jeweiligen Banken auf der anderen Seite" verantwortlich. Die Klägerin sei nur für die korrekte Übertragung der Angaben von den übermittelten Datenträgern in die EDV verantwortlich und übernehme nach den vertraglichen Vereinbarungen keine Haftung bei [X.]ehlern bei der Disposition, der Kontrolle der Legitimation sowie den Prüfungen nach dem Geldwäschegesetz.

b) Diese Würdigung ist, soweit es sich um eine tatsächliche Würdigung handelt, aufgrund der vom [X.] festgestellten Tatsachen möglich, verstößt nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder die Grundsätze der Vertragsauslegung; sie bindet daher den Senat (§ 118 Abs. 2 [X.]O).

c) Die vom [X.] vorgenommene rechtliche Würdigung entspricht sowohl dem Grundsatz, dass im Wege enger Auslegung des Art. 13 Teil [X.]. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/[X.] der Geltungsbereich der Steuerbefreiung auf das zu beschränken ist, was zur Wahrung der Interessen, die diese Ausnahmen zu schützen erlauben, unbedingt erforderlich ist, sowie dem Zweck der Steuerbefreiung, die mit der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der abzugsfähigen Mehrwertsteuer verbundenen Schwierigkeiten zu mindern und eine Erhöhung der Kosten des Verbraucherkredits zu verhindern (vgl. dazu die Ausführungen unter [X.]). Bei der Erhebung von Umsatzsteuer auf die Leistung der Klägerin treten nämlich keine solchen Schwierigkeiten auf. Insbesondere kann die Bemessungsgrundlage der Leistung der Klägerin leicht bestimmt werden und mit ihren Umsätzen ist kein Kredit für eine andere Person verbunden. Wenn in einer solchen Situation ein Umsatz trotzdem von der Steuerbefreiung erfasst würde, würden die mit der Steuerbefreiung von [X.]inanzumsätzen verfolgten Ziele verletzt (vgl. dazu [X.]-Urteile [X.], [X.]:C:2016:355, [X.] 2016, 668, Rz 55; [X.], [X.]:C:2016:357, juris, Rz 51).

5. Die Einwendungen der Klägerin, die größtenteils darin bestehen, dass sie ihre abweichende Würdigung an die Stelle der Würdigung des [X.] setzt, führen zu keiner anderen Beurteilung.

a) Die Klägerin erhebt den Einwand, zu den "[X.]" des [X.] gehörten sowohl die Erfassung und Konvertierung der Daten in entsprechende Datensätze sowie deren Kontrolle und fehlerfreie Nachbearbeitung als auch die zahlungsverkehrstechnische Aufbereitung der Überweisungsdaten anhand der vervollständigten Datensätze (inklusive Erstellung von Buchungsanweisungen bzw. [X.]) zur weiteren elektronischen Verarbeitung. Auch diese "Hauptprozesse" bewirkten, dass von Kunden eingereichte Überweisungsbelege tatsächlich auftragsgemäß weiter verarbeitet werden könnten und durch die Erstellung der Buchungsanweisungen/Buchungssätze und die anschließende technische Buchung der nicht körperliche Geldtransfer vom Zahlenden an den Zahlungsempfänger stattfinde.

Dagegen steht nach den tatsächlichen [X.]eststellungen des [X.] fest, dass die Klägerin --anders als [X.] (vgl. dazu [X.]-Urteil in [X.], 777, unter [X.]c aa, Rz 37)-- weder selbst unmittelbar Belastungen und/oder Gutschriften auf den betreffenden Konten oder Umbuchungen zwischen ihnen vornimmt noch eine solche Belastung oder Gutschrift anordnet; denn es ist der Aussteller der Überweisung oder des Schecks, der die Entscheidung über eine Belastung seines Kontos zugunsten des Kontos eines Dritten trifft, indem er diese ausstellt (vgl. in diesem Sinne auch [X.]-Urteile [X.], [X.]:C:2016:357, juris, Rz 42; [X.], [X.]:C:2016:355, [X.] 2016, 668, Rz 47).

b) Die Klägerin bringt weiter vor, die Leistungen der Klägerin könnten nicht als rein technische oder materielle Leistungen angesehen werden. Das [X.] hat jedoch auf Seite 8 seines Urteils ausgeführt, dass die Leistung der Klägerin in der technischen Abwicklung des [X.] bestehe. Im [X.] lese oder gebe die Klägerin die auf dem Überweisungsträger enthaltenen Daten ein, gleiche sie mit gespeicherten Daten ab, beseitige [X.]ehler bei der Datenerfassung, "interpretiere" schwer lesbare und ergänze fehlende Eintragungen. Derartige Leistungen reichen nach der unter [X.] genannten Rechtsprechung des [X.] für die Gewährung der Steuerbefreiung nicht aus.

c) Soweit die Klägerin geltend macht, sie trage für ihre Leistungen die Verantwortung, verhilft dies der Revision schon deshalb nicht zum Erfolg, weil die Leistungen der Klägerin, für die sie aus ihrer Sicht hinreichend die Verantwortung trägt, nach den tatsächlichen [X.]eststellungen des [X.] die spezifischen und wesentlichen [X.]unktionen einer in § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG, Art. 13 Teil [X.]. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/[X.] genannten Leistung nicht erfüllen. Dass sich --wie hier-- der Erbringer einer technischen oder materiellen Dienstleistung gegenüber dem Leistungsempfänger zur ordnungsgemäßen und zufriedenstellenden Erbringung dieser Dienstleistung verpflichtet, bedeutet nicht, dass er eine Haftung für die Vornahme der rechtlichen und finanziellen Änderungen übernimmt, die einen von der Steuer befreiten Zahlungs- oder Überweisungsvorgang charakterisieren ([X.]-Urteil [X.], [X.]:C:2016:355, [X.] 2016, 668, Rz 50).

6. Die für die Entscheidung des Streitfalls erheblichen Grundsätze zur Auslegung des Art. 13 Teil [X.]. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/[X.] sind durch die unter II.3. genannte Rechtsprechung des [X.] geklärt, so dass die Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens ausscheidet (vgl. dazu z.B. [X.]-Urteil CIL[X.]IT vom 6. Oktober 1982 C-283/81, [X.]:C:1982:335, Neue Juristische Wochenschrift 1983, 1257; [X.]-Urteil vom 14. Mai 2014 XI R 13/11, [X.]E 245, 424, [X.] 2014, 734, Rz 40 f.).

7. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

XI R 35/14

16.11.2016

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 25. Juni 2014, Az: 1 K 1222/12, Urteil

§ 4 Nr 8 Buchst d UStG 1999, Art 13 Teil B Buchst d Nr 3 EWGRL 388/77, Art 135 Abs 1 Buchst d EGRL 112/2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.11.2016, Az. XI R 35/14 (REWIS RS 2016, 2306)

Papier­fundstellen: WM2017,1208 REWIS RS 2016, 2306

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