Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.11.2019, Az. V R 30/19 (V R 6/15), V R 30/19, V R 6/15

5. Senat | REWIS RS 2019, 1641

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Gegenstand

Outsourcing bei Finanzdienstleistungen


Leitsatz

Es liegt kein nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfreier Umsatz vor, wenn für eine Bank, die Geldausgabeautomaten betreibt, Dienstleistungen erbracht werden, die darin bestehen, diese Automaten aufzustellen und zu warten, sie mit Bargeld zu befüllen und mit Hard- und Software zum Einlesen der Geldkartendaten auszustatten, Autorisierungsanfragen wegen Bargeldabhebungen an die Bank weiterzuleiten, die die verwendete Geldkarte ausgegeben hat, die gewünschte Bargeldauszahlung vorzunehmen und einen Datensatz über die Auszahlungen zu generieren .

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 23.10.2014 - 6 K 1465/12 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erbringt für ihren Auftraggeber, eine Bank, auf vertraglicher Grundlage Leistungen beim Betrieb von [X.]en.

2

Die Klägerin stellte funktionsfähige [X.]en mit Soft- und Hardware, die mit dem Logo der Bank versehen waren, an den vorgesehenen Standorten auf und war für den ordnungsgemäßen Betrieb verantwortlich. Die Klägerin transportierte das ihr von der Bank zur Verfügung gestellte Bargeld zu den [X.]en und übernahm die Bargeldbefüllung der [X.]en. Sie installierte und pflegte die für den ordnungsgemäßen Betrieb der [X.]en notwendige Software. Sie beriet zum laufenden [X.]en-Betrieb.

3

Benutzte ein Kunde den [X.] mit seiner Geldkarte zum Geldabheben, wurden bestimmte Daten von dieser Karte mittels einer speziellen Software gelesen. Die Klägerin prüfte diese Daten und versandte auf elektronischem Weg eine Autorisierungsnachricht über die vom Karteninhaber gewünschte Transaktion an den Bankverlag. Der Bankverlag leitete die Autorisierungsanfrage weiter an den betroffenen Bankenverbund, dieser dann an die Bank, die dem Kunden die Geldkarte ausgegeben hatte. Die kartenherausgebende Bank prüfte die Deckung des Kontos des Kunden und leitete eine entsprechende Genehmigung oder Ablehnung der Anfrage über dieselbe Kette zurück. Die Klägerin erhielt daraufhin innerhalb von Sekunden von dem Bankverlag das Ergebnis der Genehmigungsanfrage. Nach Erhalt dieser Nachricht generierte die Klägerin einen Datensatz über die Geldausgabe und führte im Genehmigungsfall die Geldausgabe am Geldautomaten durch. Im [X.] erzeugte die Klägerin zudem einen Datensatz über die Geldausgabe. Den Datensatz übersandte die Klägerin an ihren Auftraggeber, die Bank, als [X.]. Diese Bank spielte die Datensätze unverändert in das System der [X.] ([X.]) ein. Ein von der Klägerin zudem generierter unveränderbarer ([X.] enthielt alle Transaktionen des jeweiligen Tages und wurde bei der [X.] eingereicht. Die "Einspielung" in das System der [X.] erfolgte durch die Bank selbst, da nur Banken Zahlungsverkehrskonten bei der [X.] unterhalten können. Aufgrund dieser Einspielung wurden der Erstattungsanspruch des Auftraggebers der Klägerin, der Bank, gegenüber der jeweiligen [X.] auf Erstattung des ausgezahlten Geldbetrages sowie die hierfür angefallenen Gebühren rechtlich bindend festgeschrieben. Mit der Einspielung der Daten wurde darüber hinaus unmittelbar die Verrechnung über die Auszahlung zuzüglich evtl. anfallender Nutzungsgebühren des Geldautomaten zwischen dem Auftraggeber der Klägerin, der Bank, und der die Karten herausgebenden Bank des Kunden gebucht.

4

Die Klägerin, die ihre Leistungen zunächst als steuerpflichtig angesehen hatte, reichte am 07.02.2007 eine geänderte Umsatzsteuerjahreserklärung für das Streitjahr 2005 ein und beantragte eine Änderung der bestehenden Steuerfestsetzung nach § 164 der Abgabenordnung. Sie machte geltend, dass ihre Leistungen steuerfrei seien.

5

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) folgte dem nicht und lehnte den Antrag ab. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

6

Demgegenüber gab das Finanzgericht ([X.]) der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2015, 588 veröffentlichten Urteil statt.

7

Hiergegen wendet sich das [X.] mit der Revision. Die Leistungen der Klägerin seien steuerpflichtig.

8

Das [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Ihre Leistungen seien steuerfrei.

Im Revisionsverfahren hat der erkennende Senat das Verfahren im Hinblick auf die beim [X.] ([X.]) anhängige Rechtssache [X.] vom 26.05.2016 - [X.]/14 ([X.]:C:2016:355) entsprechend § 74 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) ausgesetzt und das Verfahren nach dem Ergehen des [X.]-Urteils in dieser Rechtssache wiederaufgenommen.

Im [X.] hieran hat der erkennende Senat im Streitfall ein Vorabentscheidungsersuchen an den [X.] zur Beantwortung folgender Frage gerichtet (Beschluss des [X.] --BFH-- vom 28.09.2017 - V R 6/15, [X.], 562, BStBl II 2018, 250):

        

Sind technische und administrative Schritte, die ein Dienstleistungserbringer für eine einen Geldautomaten betreibende Bank und deren Bargeldauszahlungen mit Geldautomaten erbringt, nach Art. 13 Teil [X.]. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/[X.] steuerfrei, wenn gleichartige technische und administrative Schritte, die ein Dienstleistungserbringer für Kartenzahlungen beim Verkauf von Kinokarten erbringt, gemäß dem [X.]-Urteil [X.] ([X.]:C:2016:355) nach dieser Bestimmung nicht steuerfrei sind?

Hierauf hat der [X.] wie folgt geantwortet ([X.]-Urteil [X.] vom 03.10.2019 - [X.]/18, [X.]:[X.]):

        

Art. 13 Teil [X.]. d Nr. 3 der [X.]/[X.] … ist dahin auszulegen, dass kein von der Mehrwertsteuer befreiter Umsatz im Zahlungsverkehr i.S. dieser Vorschrift vorliegt, wenn für eine Bank, die [X.]en betreibt, Dienstleistungen erbracht werden, die darin bestehen, diese Automaten aufzustellen und zu warten, sie mit Bargeld zu befüllen und mit Hard- und Software zum Einlesen der Geldkartendaten auszustatten, Autorisierungsanfragen wegen Bargeldabhebungen an die Bank weiterzuleiten, die die verwendete Geldkarte ausgegeben hat, die gewünschte Bargeldauszahlung vorzunehmen und einen Datensatz über die Auszahlungen zu generieren.

Die Beteiligten hatten Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist begründet. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O). Das [X.] hat zu Unrecht die Steuerfreiheit der durch die Klägerin erbrachten Leistungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. d des Umsatzsteuergesetzes (UStG) bejaht.

1. Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG die Umsätze "im Zahlungs- und Überweisungsverkehr". Die Vorschrift setzt Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/[X.], der gleichfalls Umsätze "im Zahlungs- und Überweisungsverkehr" von der Steuer befreit, in nationales Recht um und ist entsprechend dieser Bestimmung richtlinienkonform auszulegen.

Nach dem [X.]-Urteil [X.] ([X.]:[X.]) liegt kein steuerfreier Umsatz i.S. dieser Bestimmung vor, wenn für eine Bank, die Geldausgabeautomaten betreibt, Dienstleistungen erbracht werden, die darin bestehen, diese Automaten aufzustellen und zu warten, sie mit Bargeld zu befüllen und mit Hard- und Software zum Einlesen der Geldkartendaten auszustatten, Autorisierungsanfragen wegen Bargeldabhebungen an die Bank weiterzuleiten, die die verwendete Geldkarte ausgegeben hat, die gewünschte Bargeldauszahlung vorzunehmen und einen Datensatz über die Auszahlungen zu generieren.

2. Der erkennende Senat schließt sich im Streitfall der Beurteilung durch den [X.] an. Der Begriff des Zahlungsverkehrs in § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG entspricht dem des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/[X.] in seiner Auslegung durch den [X.].

Danach sind die Leistungen der Klägerin steuerpflichtig. Die von ihr erbrachten Dienstleistungen sind nicht geeignet, die erforderlichen rechtlichen und finanziellen Änderungen herbeizuführen ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 26). Allein die den Geldausgabeautomaten betreibende Bank spielte die Datensätze in das System der [X.] ein ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 27). Auf eine Unverzichtbarkeit der von der Klägerin erbrachten Leistung kommt es nicht an ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 28). Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Gegenleistung und damit der Bemessungsgrundlage bestehen nicht (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 29).

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

V R 30/19 (V R 6/15), V R 30/19, V R 6/15

13.11.2019

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 23. Oktober 2014, Az: 6 K 1465/12, Urteil

§ 4 Nr 8 Buchst d UStG 2005, Art 13 Teil B Buchst d Nr 3 EWGRL 388/77, UStG VZ 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.11.2019, Az. V R 30/19 (V R 6/15), V R 30/19, V R 6/15 (REWIS RS 2019, 1641)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 1641

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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