Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2001, Az. VI ZR 213/00

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 373

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:4. Dezember 2001Holmes,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: jaBGB § 249 [X.] den Voraussetzungen, unter denen der Abbruch einer Zwillingsschwangerschaftaus den in § 218a Abs. 2 und Abs. 3 StGB a.F. geregelten Indikationstatbeständenhätte gerechtfertigt sein können, so daß das Unterbleiben des Eingriffs aufgrundeines ärztlichen Behandlungsfehlers Grundlage eines Anspruchs der Eltern auf Er-satz des [X.] für eines der Kinder sein könnte, das mit [X.] zur Welt kam.[X.], Urteil vom 4. Dezember 2001 - [X.]/00 - [X.] 2 -Der VI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mliche [X.] durch die Vorsitzende Richterin [X.], die [X.]. [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision der [X.] gegen das Urteil des [X.] desOberlandesgerichts [X.] vom 4. Mai 2000 wird auf ihreKosten zurckgewiesen.Von Rechts [X.]:Die klagenden Eheleute sind Eltern am 6. Mrz 1995 geborener [X.]. Sie nehmen die beklagten Frrzte auf Ersatz des [X.] einen der Zwillinge, ihre Tochter [X.], in Anspruch. Diese kam mit [X.] der Extremitten zur Welt; ihr rechtes Bein ist nicht angelegt,das linke Bein ist verkmmert, der rechte Arm ist steif. Das andere Kind wargesund.Die [X.]in zu 1 ließ in der Gemeinschaftspraxis der Beklagten regel-mßig schwangerschaftsbegleitende Untersuchungen durch[X.]en, zu [X.] den lichen, im Mutterpaß vorgesehenen Vorsorgemaßnahmen aucheine erweiterte [X.]. Die [X.] werfen den [X.] vor, im Rahmen dieser Untersuchungen die Fehlbildungen ihrer Tochter [X.] 3 -infolge eines schuldhaften Diagnosefehlers nicht erkannt zu haben. Sie ma-chen geltend, sitten sich bei Kenntnis der schweren Behinderung [X.] einenSchwangerschaftsabbruch entschieden, der rechtlich zulssig gewesen wre.Die Beklagten stellen Fehler in der Betreuung der [X.]in zu 1 [X.]dder Schwangerschaft in Abrede; die Miûbildungen der Tochter [X.] seien unterden seinerzeit gegebenen [X.] zum [X.] einen [X.] entscheidenden Zeitpunkt, dem Ablauf der 22. Schwangerschaftswoche,nicht feststellbar gewesen. Sie vertreten [X.] hinaus die Auffassung, ein"selektiver" Abbruch der Schwangerschaft (nur bezlich der Tochter [X.]) [X.] bei rechtzeitiger Kenntnis von deren Fehlbildungen wegen der erhebli-chen Ge[X.]dung des anderen Zwillings nicht in Frage gekommen; [X.] einenAbbruch der gesamten Schwangerschaft habe es an einer rechtlich zulssigenIndikation gefehlt.Das [X.] hat die auf Erstattung des vollen Unterhaltsbedarfs derTochter [X.] gerichtete, mit Zahlungs- und [X.] abgewiesen. Die Berufung der [X.] hatte keinen Erfolg. Mit ihrer Revisionverfolgen sie ihr Klagebegehren weiter.[X.]:I.Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann es dahinstehen, ob [X.] der Vorwurf eines schuldhaften Diagnosefehlers im Rahmen der- 4 -Voruntersuchungen in der Schwangerschaft der [X.]in zu 1 gemacht [X.]. Denn ein Abbruch der Schwangerschaft sei nach der seinerzeit maûgeb-lichen Rechtslage (§ 218a Abs. 2 und 3 StGB in der Fassung des [X.] und Familienhilfegesetzes vom 27. Juli 1992, [X.]. I 1398, i.V.m. mit demUrteil des [X.] vom 28. Mai 1993, [X.]. [X.]) auchdann nicht zulssig gewesen, wenn die Fehlbildungen bei der Tochter [X.] [X.]h-zeitig erkannt worden [X.].Die Voraussetzungen eines rechtmûigen Schwangerschaftsabbruchsnach § 218a Abs. 2 StGB a.F. (sog. medizinische Indikation) tten nicht vor-gelegen. Die [X.]in habe zwar verschirztliche Bescheinigungen vor-gelegt, die auf eine gewisse Veranlagung zu Depressionen hindeuteten; dieUrsachen [X.] tten jedoch weit zurckgelegen und sich im wesentlichen [X.], die nichts mit der Schwangerschaft zu tun gehabt tten.Ein rechtmûiger Schwangerschaftsabbruch habe auch nicht auf § 218a Abs. 3StGB a.F. (sog. embryopathische Indikation) gesttzt werden [X.] dahin, ob eine hinreichend schwerwiegende Scigung derTochter [X.] bejaht werden k. Jedenfalls wre jedoch ein "selektiver"Schwangerschaftsabbruch nur des gescigten Kindes wegen des extremhohen Risikos [X.] den anderen Zwilling nicht mlich gewesen. Fr einen [X.], also auch die Opferung des gesunden [X.], habe jedoch keine Indikation im Sinne des § 218a Abs. 3 StGB a.F. be-standen. Zwar seien Konstellationen denkbar, in denen bei Nichtvornahme ei-nes Schwangerschaftsabbruchs das Wohl der Mutter in so erheblichem Um-fang beeintrchtigt sein k, [X.] ein Gesamtabbruch auch unter [X.] eines gesunden Kindes die einzige gangbare Alternative dar-stelle. Von einer solchen Situation kier aber keine Rede sein. Bei [X.] 5 -Wrdigung der Interessen und Belange der Schwangeren einerseits, des [X.] andererseits, [X.] zu [X.] die beiden Kinder stigen Ergebnis [X.]en.[X.] Berufungsurteil lt den Angriffen der Revision stand.Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, [X.] ein [X.] der Eltern aus schuldhafter Verletzung eines rztlichen [X.], der auf die prtale Untersuchung in der Schwangerschafts-betreuung zwecks Vermeidung der Geburt eines schwer vorgescigten [X.] gerichtet war, den Arzt zur Erstattung des (gesamten) [X.] verpflichten kann, das hernach mit schweren Behinderungen zurWelt kommt (stige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteil vom 4. Mrz 1997- VI ZR 354/95 - NJW 1997, 1638, 1640 mit weiteren Hinweisen, insbesondereauf die Senatsurteile [X.]Z 86, 240, 247 f.; 89, 95, 104; 124, 128, 135 ff.). [X.] der Auffassung der Revision ist das Berufungsgericht zu Recht zu [X.] gelangt, [X.] vorliegend die Voraussetzungen eines solchen An-spruchs nicht als erfllt anzusehen sind.1. Da das Berufungsgericht insoweit abschlieûende Feststellungen nichtgetroffen hat, ist allerdings [X.] das Revisionsverfahren zugunsten der [X.]davon auszugehen, [X.] die Beklagten die Behinderung der Tochter [X.] [X.] der Schwangerschaftsbetreuung infolge schuldhaftrztlichen Feh-lers nicht erkannt haben und die [X.]in zu 1 - tte sie von der [X.] Kenntnis erlangt - einen Abbruch der Schwangerschaft insgesamtgewscht tte.- 6 -2. Zu Recht nimmt das Berufungsgericht jedoch an, [X.] ein solcher Be-handlungsfehler der Beklagten nur dann zu einer vertraglichen Haftung [X.] des geltend gemachten Schadens [X.]en [X.], wenn ein Abbruch [X.] rechtlich zulssig gewesen wre. Eine auf der Verletzung [X.] beruhende Vereitelung eines mlichen Schwanger-schaftsabbruchs kann nur dann Ansatz [X.] sein, die Eltern im Rahmen [X.] Schadensersatzanspruchs gegen den Arzt auf [X.] von der Unterhaltsbelastung durch das Kind [X.]eizustellen,wenn der Abbruch rechtmûig gewesen wre, also der Rechtsordnung [X.] und von ihr nicht miûbilligt worden wre (vgl. [X.]Z 129, 178,185; siehe auch bereits [X.]Z 89, 95, 107).3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Voraussetzungen [X.] ei-nen nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch seien vorliegend zu ver-neinen gewesen, ist - entgegen der Ansicht der Revision - aus Rechtsgrnicht zu beanstanden.a) Das Berufungsgericht hat [X.] die Prfung der Rechtfertigung einesgegebenenfalls von der [X.]in zu 1 gewschten Abbruchs der Schwanger-schaft zutreffend die Rechtslage herangezogen, die im Zeitpunkt der den [X.] vorgeworfenen Versmnisse maûgeblich war, somit die Regelungenr die sog. medizinische und die embryopathische Indikation gemû § 218aAbs. 2 und Abs. 3 StGB in der Fassung des Schwangeren- und Familienhilfe-gesetzes vom 27. Juli 1992 ([X.]. I 1398) i. V. m. dem Urteil des [X.] vom 28. Mai 1993 ([X.]. [X.]), die seinerzeit [X.] mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt [X.] ist nicht rechtswidrig, wenn nacrzt-- 7 -licher Erkenntnis der Abbruch notwendig ist, um eine Gefahr [X.] dasLeben der Schwangeren oder die Gefahr einer schwerwiegendenBeeintrchtigung ihres krperlichen oder seelischen Gesundheitszu-standes abzuwenden, sofern diese Gefahr nicht auf andere [X.] siezumutbare Weise abgewendet werden kann.(3)Die Voraussetzungen des Abs. 2 gelten auch als erfllt, wenn nachrztlicher Erkenntnis dringende [X.] die Annahme sprechen,[X.] das Kind infolge einer Erbanlage oder sclicher Einflsse vorder Geburt an einer nicht behebbaren Scigung seines [X.], die so schwer wiegt, [X.] von [X.] die Fortsetzung der Schwangerschaft nicht verlangtwerden kann. Dies gilt nur, wenn die Schwangere dem Arzt [X.] Bescheinigung nach § 219 Abs. 3 Satz 2 nachgewiesen hat,[X.] sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten [X.], und wenn seit der [X.] nicht mehr als 22 Wochen ver-strichen sind.b) Ohne Erfolg rt die Revision, das Berufungsgericht habe zu [X.] die Voraussetzungen des § 218a Abs. 2 StGB a.F. als nicht gegebenerachtet.aa) Allerdings [X.] im Berufungs-urteil, die Ursachen [X.] eine gewisse Veranlagung der [X.]in zu 1 zu De-pressionen lweiter zurck, grten sich auf Spannungen im privatenund beruflichen Bereictten nichts mit der Schwangerschaft zu tun, [X.] einer medizinischen Indikation [X.] einen Schwangerschaftsabbruch[X.] sich allein nicht irzeugender Weise zu tragen. Denn [X.] nur sein, ob - unter Bercksichtigung dieser depressiven Anlagen der Pa-tientin - bei Erkennen der Behinderung der Tochter [X.] die Prognose zu stellengewesen wre, die der [X.]in zu 1 kftig drohenden Gefahren [X.] ihrenseelischen Gesundheitszustand [X.] als so schwerwiegend eingesctztwerden, [X.] sie den Abbruch der Schwangerschaft nach § 218a Abs. 2 StGBa.F. rechtfertigen [X.]n.- 8 -bb) Die Revision macht insoweit geltend, das Berufungsgericht haberelevanten, unter Beweis gestellten Tatsachenvortrag der [X.] nicht hinrei-chend beachtet. So sei in der Berufungsbegrf das Risiko hingewie-sen worden, es wre zu besorgen gewesen, [X.] die Mutter die mit der Betreu-ung und der Sorge um das weitere Schicksal eines behinderten Kindes [X.] Belastungen nicht aushalte und deshalb das konkrete Risiko gege-ben sei, [X.] sich eine chronische, kaum mehr heilbare Depression herausbil-de; hierztten die [X.] Beweis durch Einholung eines Sachverstigen-gutachtens angeboten. [X.] war dieser sowohl zu den Auswirkungen derkonkreten Behinderung der Tochter [X.] als auch zu Art und Ausmaû der be-[X.]chteten Depressionen nur sehr pauschale [X.]vortrag zum einen unterHeranziehung der im Berufungsurteil erwten, auch in der [X.] in Bezug genommrztlichen Bescheinigungen zu gewichten, ausdenen sich [X.] einige teilweise lang zurckliegende Zeitrme vor der [X.] der [X.]in zwar gewisse behandlungsrftige depressive Beein-trchtigungen ergaben, jedoch keineswegs in einem Ausmaû und einer Be-deutung, die als schwerwiegende Bedrohung der seelischen Gesundheit imSinne von § 218a Abs. 2 StGB a.F. gewertet werden [X.]n (vgl. zu den An-forderungen an vergleichbare psychische Beeintrchtigungen Senatsurteil[X.]Z 129, 178, 184). Ferner war bei Beurteilung des von der Revision ange-[X.]ten Vorbringens aus der Berufungsbegrzu bercksichtigen, [X.]dort weiter vorgetragen worden war, die be[X.]chteten depressiven [X.] sich auch tatschlich realisiert; die [X.]in leide "unter [X.] und [X.], die ihre Leistungsfigkeit und Lebens[X.]eu-de erheblich beeintrchtigten". Derartige Strungen, die sich somit nach dem[X.]vortrag mit den Prognosen, die gegebenenfalls im Rahmen der [X.] mlich gewesen [X.], gedeckt tten, [X.]n aber ebenfalls- 9 -nicht als ausreichend schwerwiegende Gefahren [X.] den seelischen Gesund-heitszustand der Schwangeren angesehen werden, die aus dem Gesichtspun[X.]iner medizinischen Indikation einen Abbruch der Zwillingsschwangerschaft zurechtfertigen vermocht tten. Dies [X.] einen die Opfergrenze [X.] [X.] Ausnahmetatbestand voraussetzen (vgl. [X.] [X.]Z 129, 178, 183 f. unter Hinweis auf [X.] 88, 203, 272 ff.),der hier [X.] die [X.]in zu 1 nicht dargetan war. Bei dieser Sachlage war [X.] auch nicht aus prozeûrechtlichen Grlten, rden von der Revision als rgangen gerten Sachvortrag Beweis durchSachverstigengutachten zu erheben.cc) Konnte das Berufungsgericht daher im Ergebnis ohne Rechts- [X.] bereits das Vorliegen einer Rechtfertigung aus medizinischerIndikation [X.] den von den [X.]n [X.] mlich erachteten Abbruch [X.] verneinen, so kann die Frage offen bleiben, ob - [X.] [X.] des § 218a Abs. 2 StGB a.F. als erfllt anzusehen - ein [X.] des Eingriffs [X.]ender Behandlungsfehler der Beklagten im [X.] auf den Schutzzweck des zwischen ihnen und der [X.]in zu 1 beste-henden Behandlungsvertrages zur Einstandspflicht der Ärzte [X.] den [X.] [X.] tte [X.]en k. Denn soweit ein Schwanger-schaftsabbruch aus medizinischer Indikation zur Abwehr einer schwerwiegen-den Gefahr [X.] die Gesundheit der Schwangeren in Betracht kommt, erstrecktsich der Schutzumfang des Behandlungsvertrages im allgemeinen nicht auf [X.] vor belastenden Unterhaltsaufwendungen [X.] das Kind (vgl. [X.] vom 25. Juni 1985 - [X.] - [X.], 1068, 1071; siehehier auch [X.]Z 143, 389, 393 f.); [X.] sich gerade diese Belastung durch densteren Unterhalt [X.] das Kind in entscheidender Weise negativ auf den Ge-sundheitszustand der Mutter auszuwirken drohte, haben weder die [X.] vor-- 10 -getragen noch wird dies von der Revision geltend gemacht. Ob und unter wel-chen besonderen Umstrr hinaus in Fllen eines [X.], der aus medizinischer Indikation in Frage gekom-men wre, eine Erstreckung des Schadensersatzanspruchs auf die [X.] dann in [X.] ziehen sein [X.], wenn die rele-vante gesundheitliche Beeintrchtigung der Mutter gerade auf den Belastungenberuht, die mit dem "Haben" und der Betreuung eines vorgescigten [X.] Zusammenhang stehen, bedarf im Hinblick auf den hier vorliegenden Sach-verhalt und die [X.] seine Beurteilung maûgebliche Rechtslage keiner weiterenErrterung.c) Der Revision [X.] auch insoweit der Erfolg versagt bleiben, als siesich gegen die Verneinung einer embryopathischen Indikation [X.] den [X.]sabbruch nach § 218a Abs. 3 StGB a.F. im Berufungsurteil wendet.aa) Auch die Revision stellt den Ausgangspunkt des Berufungsgerichtsnicht in Frage, [X.] hier aus medizinischen Grr ein Gesamtabbruchder Zwillingsschwangerschaft in Betracht gekommen wre, zu dem sich die[X.]in zu 1 nach ihrem Vortrag bei zutreffender Aufklrung auch entschlos-stte. Wegen der erheblichen Gefahren, die dem zweiten Kind drohten,wenn der Versuch unternommen worden wre, ausschlieûlich die vorgesch-digte Leibes[X.]ucht abzutten, verbot sich eine "selektive" Abtreibung von vorn-herein.bb) Ein solcher Sachverhalt, in dem das Lebensrecht zweier ungebore-ner Kinder, von denen nur eines vorgeburtlich gescigt ist, der Belastung dermit einer solchen Situation kon[X.]ontierten Mutter r steht, entsprichtnicht der typischen Konfliktlage, die durch § 218a Abs. 3 StGB a.F. geregeltwerden sollte [X.], [X.] 1988, 292, 294; [X.], [X.] 1989,- 11 -265, 271 f; [X.], NJW 1992, 2331, 2335; [X.], Produktion und Re-duktion von [X.], 1992, [X.] 205 f.). Diese Vorschrift geht vielmehr vondem Regelfall aus, [X.] sich die Schwangerschaft auf ein durch eine vorgeburt-liche Scigung bedrohtes Kind beschrkt und sich daraus die Frage stellt,ob der Mutter unter Bercksichtigung der Schwere dieser Scigung zuge-mutet werden kann, dieses Kind auszutragen und zren; hierzu soll [X.] gezwungen sein, wenn sie sich verstlicherweise auûer Stande sieht,die damit verbundenen Belastungen zu tragen und die besondere Pflege [X.] zu leisten. Davon weicht die vorliegende Konstellation zum einenwegen des [X.] des [X.] auch des zweiten, selbst nicht ge-scigten Kindes, zum andern wegen der dadurch deutlich, gerade auch mitpositiven Aspe[X.]n verrten Ausgangssituation der Mutter in erheblichemUmfang ab.cc) Ob dem Berufungsgericht darin zuzustimmen ist, [X.] trotz [X.] auch in einer Konstellation, wie sie hier durch die [X.] gegeben ist, ein aus embryopathischer Indikation gerechtfer-tigter Gesamtabbruch bei Vorscigung nur eines Kindes nicht von vornher-ein und generell ausgeschlossen ist, [X.] im vorliegenden Fall nicht abschlie-ûend entschieden werden. Ob einem Abbruch wesentlich der Gesichtspun[X.]ines unzulssigen Eingriffs in [X.] eines [X.] (vgl. dazu [X.] aaO), mag als [X.]aglich erscheinen: Die in § 218a Abs. 3StGB a.F. normierte Indikation kft an die Belastungen an, der die [X.] Fortsetzung der konkreten Schwangerschaft insgesamt mit all ihren Kon-sequenzen ausgesetzt ist; im Rahmen dieser Schwangerschaft ist der andere(gesunde) Zwilling nicht auûenstehender Dritter, sondern eingebunden in eine"Schicksalsgemeinschaft" (vgl. [X.], Produktion und Reduktion von[X.] aaO), in welcher seine Rechtspositionen und Interessen nicht [X.] -gelst von denjenigen der anderen Beteiligten (Mutter und Zwillingsgeschwi-ster) gesehen und gewertet werden k. Von daher [X.] es als [X.] erachtet werden, ob von der Schwangeren stets und unter allen Umstn-den verlangt werden kann, auch den kranken Embryo um des gesunden willenauszutragen (vgl. [X.]/[X.]/[X.], 24. Aufl., 1991, Rdn. 27a zu § 218aStGB a.F.; [X.], aaO, 272). Auch in einem so gelagerten Fall rfte [X.] eine Rechtfertigung des (Gesamt-) Schwangerschaftsabbruchsaus dem Gedanken des § 218a Abs. 3 StGB a.F. nur im Rahmen einer [X.] werden, die unter Beachtung der hier durch die Zwil-lingsschwangerschaft gegebenen besonderen Umstie - vor allem ver-fassungsrechtlich gesctzten - [X.] und Interessen der Schwangerenund der ungeborenen Kinder bercksichtigt.Im Hinblick auf das groûe Gewicht, das in solchen Fllen dem Lebens-recht der Zwillinge zukommt, von denen einer nicht vorgescigt ist und beidem somit der Ansatzpunkt der embryopathischen Indikation selbst nicht ver-wirklicht ist, [X.] die erforderliche Gterabwjedocchstens dannzur Rechtfertigung des Abbruchs der gesamten Schwangerschaft [X.]en, wenndie zu gewrtigende Belastung der Schwangeren als ganz besonders schwer-wiegend einzusctzen ist. Insoweit [X.] an die Bejahung einer die Ent-scheidung zum Schwangerschaftsabbruch tragenden Konfliktlage hier deutlichre Anforderungen als dort gestellt werden, wo es um eine typische Fallge-staltung des § 218a Abs. 3 StGB a.F. geht. Fr die Erfllung solcher strengenAnforderungen mûte dem Ausmaû und der Schwere der Scigung des ei-nen Zwillings entscheidendes Gewicht im Hinblick auf die daraus [X.] besonders gravierenden Konsequenzen [X.] die Mutter zukommen, die sichder Aufgabe ausgesetzt sieht, beiden Kindern und ihren Eigenarten in Sorge,Betreuung und Zuwendung gerecht werden zu mssen. Beachtung zu [X.] -ken wre dabei auch der konkreten physischen und psychischen [X.]; andererseits rften aber die zustzlichen positivenAspe[X.] nicht auûer [X.] gelassen werden, die hier bereits daraus resultieren,[X.] die Mutter ein weiteres Kind zur Welt bringt.dd) Unter Bercksichtigung dieser Erwkonnte das Berufungs-gericht vorliegend - entgegen der Auffassung der Revision - ohne Rechtsfehlerdie Voraussetzungen [X.] einen auf § 218a Abs. 3 StGB a.F. gesttzten recht-mûigen Abbruch der Zwillingsschwangerschaft als nicht erfllt erachten. [X.] werden die Beeintrchtigungen der Tochter [X.] beanstandungs-[X.]ei gewichtet, ohne [X.] die Revision dagegen durchgreifende Einwendungenaufzuzeigen vermag. Insbesondere ist sie geistig vollkommen gesund; ihrekrperlichen Behinderungen ermlichen zwar nur eine Fortbewegung im [X.], lassen jedoch eine Teilhabe am Leben in Familie und Gemeinschaft oh-ne weiteres zu. Im Hinblick auf die oben dargelegten hohen Anforderungen andie Konfliktlage in einer Fallgestaltung, wie sie hier gegeben ist, hat das [X.] zu Recht auch unter Bercksichtigung der klrischen [X.] Gunsten des [X.] der beiden Kinder vorge-nommen; es hat keineswegs die Grenzen des [X.] die Schwangere Zumutbarenzu weit gezogen, vielmehr auf deren Belange und subjektive Belastbarkeit [X.] genommen (vgl. hierzu Senatsurteil [X.]Z 89, 95, 107,129, 178, 184).Dies gilt auch, soweit die Revision auf die geringe psychische Belast-barkeit der Mutter abstellt: Auch wenn man insoweit den oben errterten, vonder Revision im Hinblick auf die Problematik einer medizinischen Indikation alsrgangen gerten [X.]vortrag zu drohender depressiver Beeintrchti-gung der [X.]in zu 1 in die Beurteilung mit einbezieht, ergeben sich [X.] 14 -bei dem oben dargelegten Verstis keine Belastungen in einem Ausmaû,das es rechtlich gebottte, die familire Situation nach Geburt der beidenKinder aus Sicht der [X.]in zu 1 [X.] so ausweglos und belastend zu [X.], [X.] es ihr nicht mehr zumutbar gewesen wre, die Zwillingsschwanger-schaft fortzusetzen; es bedurfte daher auch im Rahmen der Prfung des§ 218a Abs. 3 StGB a.F. nicht der beantragten Beweiserhebung zu [X.] 15 -III.Die Revision der [X.] war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1ZPO [X.].[X.]Dr. [X.][X.][X.]Str

Meta

VI ZR 213/00

04.12.2001

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2001, Az. VI ZR 213/00 (REWIS RS 2001, 373)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 373

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZR 190/01 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 203/02 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 135/04 (Bundesgerichtshof)


5 StR 256/20 (Bundesgerichtshof)

Abgrenzung zwischen Schwangerschaftsabbruch und Tötungsdelikt: Beginn der Geburt bei einer operativen Entbindung; Mehrlingsgeburt


I-8 U 106/06 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.