Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.11.2004, Az. IX ZR 22/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 900

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]
Verkündet am: 4. November 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja

[X.] § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 und 2, §§ 60, 81, 130; BGB § 826

Der vorläufige Insolvenzverwalter mit [X.] ist berechtigt, die [X.] von Belastungsbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren zu ver-hindern, auch wenn sachliche Einwendungen gegen die eingezogene Forderung nicht erhoben werden.

[X.], [X.]eil vom 4. November 2004 - [X.] - OLG Brandenburg

LG Potsdam - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. November 2004 durch [X.] Ganter, [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]n wird das [X.]eil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 18. Dezember 2002 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das [X.]eil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 5. Dezember 2001 wird [X.].

Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin lieferte [X.]stoffe an die R.

GmbH (fortan: Insolvenzschuldnerin) und zog die in Rechnung gestellten Beträge auf-grund einer ihr erteilten Einzugsermächtigung von einem (debitorisch geführ-ten) Bankkonto der Insolvenzschuldnerin ein. Am 7. August 2000 stellte diese Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Noch am selben Tage wurde der [X.] zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt; - 3 - zugleich ordnete das Insolvenzgericht an, daß Verfügungen der Insolvenz-schuldnerin nur mit Zustimmung des [X.]n wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 [X.]). Tags darauf versagte die Insolvenzschuldnerin mit Zustimmung des [X.] die Genehmigung aller Lastschriften. Einwendungen gegen die zugrunde liegenden Rechnungen wurden nicht erhoben. Zugunsten der Kläge-rin war das Konto der Insolvenzschuldnerin am 19., 21. und 25. Juli 2000 mit insgesamt 45.255,49 DM (= 23.138,76 •) belastet worden; infolge der [X.] gab die Bank diese Lastschriften zurück. Am 29. September 2000 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der [X.] zum Insolvenz-verwalter bestellt. Die Klägerin wird mit ihren Forderungen voraussichtlich aus-fallen.

Die Klägerin hat den [X.]n in Höhe der Rücklastschriften auf [X.] von Schadensersatz in Anspruch genommen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat der Berufung der Klägerin statt-gegeben. Mit seiner - vom Senat zugelassenen - Revision begehrt der [X.] die Wiederherstellung des erstinstanzlichen [X.]eils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des [X.]n hat Erfolg.

[X.] - 4 - Das Berufungsgericht hat ausgeführt, durch den Widerruf der Lastschrif-ten habe die Insolvenzschuldnerin der Klägerin vorsätzlich und in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise Schaden zugefügt (§ 826 BGB). Es sei sittenwidrig, wenn der Schuldner wegen im Einzugsermächtigungsverfahren erhobener Beträge den [X.] ohne sachlichen Grund wi[X.]pre-che. So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Zudem habe die Insolvenz-schuldnerin bezweckt, bei [X.] einen anderen Gläubiger - ihre Bank - zu begünstigen, dem sie die Rücklastschriftbeträge zugeschanzt habe. Es [X.] keinen speziellen Grund gegeben, ausgerechnet die Lastschriften der Klä-gerin zu widerrufen. Für das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes sei nicht einmal ansatzweise vorgetragen. Auch scheide eine Geschäftsführerhaftung als [X.] aus. Als Motiv komme ersichtlich allein das Bestreben in Betracht, den [X.] auf dem Geschäftskonto zurückzuführen. Profitiert [X.] davon allein die Bank. Die künftige Insolvenzmasse sei dadurch nicht ver-größert worden. Der [X.] stehe einem Mittäter gleich (§ 830 Abs. 2 BGB).

I[X.]

Diese Begründung hält einer rechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

1. Vorab ist klarzustellen, daß der [X.] persönlich - und nicht, wie es im Rubrum des Berufungsurteil heißt, "als Verwalter in dem Insolvenzverfah-ren über das Vermögen der R.

GmbH" - verklagt ist. Dies ergibt sich zum einen daraus, daß im Tatbestand des Berufungsurteils aus-drücklich erwähnt ist, der [X.] werde persönlich in Anspruch genommen. - 5 - Darauf läßt zum andern die Anspruchsgrundlage (§ 826 BGB) schließen, auf welche die Klägerin ihr Begehren gestützt hat.

2. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der vorläufige In-solvenzverwalter (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 und 2 [X.]) die Genehmigung von [X.] im Einzugsermächtigungsverfahren verhindern darf, ist bislang ungeklärt. Unter der Geltung der Konkursordnung ist in der [X.] die Auffassung vertreten worden, ein Konkursverwalter, der [X.] wi[X.]preche, um den [X.] des Gemeinschuldners zu verrin-gern, sei dem Gläubiger zum Schadensersatz verpflichtet ([X.] NJW 1985, 865, 866 f). Im Schrifttum war die Frage umstritten [X.] [X.], 1186, 1198; [X.] 1980, 97, 100; Häuser [X.] 2. Lastschriftver-kehr 7.85; Remmerbach, Auswirkungen des Konkurses des Bankkunden auf den Überweisungs- und Lastschriftverkehr Diss. [X.] 1987 S. 156; [X.] [X.], 272, 278; [X.] 1977, 285, 288; [X.], Fest-schrift für [X.] 1984 S. 697, 704 ff; verneinend [X.] [X.] 144 (1980), 171, 190 f; [X.], Die zivilrechtliche Beurteilung des [X.]; [X.] 1974, 136, 138; [X.]/[X.]/[X.], KO 9. Aufl. § 23 Rn. 5; ebenso - als Kritik zur von ihm abgelehnten Genehmigungs-theorie - [X.], 354, 363). Nach Inkrafttreten der Insolvenzord-nung hat sich der Meinungsstreit fortgesetzt (für Schadensersatzpflicht [X.] [X.], 814, 815; [X.], 1857; [X.]/[X.], HGB 31. Aufl. Zweiter Teil (7) Bankgeschäfte Rn. [X.]8; [X.], Zahlungsverkehr in der Insolvenz 2002, Rn. 247, 250, 256 f; [X.]. [X.], 237; [X.]., Festschrift für [X.] 2004 S. 69 ff; [X.] [X.] 2. Lastschriftverkehr 1.04; [X.]/ Klanten, Bankrecht 3. Aufl. Rn. 6.101; [X.], in: [X.]/Bunte/ - 6 - [X.], [X.]. § 59 Rn. 11; [X.], in: [X.]/Weis/ [X.], [X.] 2. Aufl. § 82 Rn. 65 f; [X.] 2004, 54; Knees/[X.] Z[X.] 2004, 5; [X.], in: [X.] Rn. 6/427; Obermüller, Insolvenzrecht in der [X.] 6. Aufl. Rn. 3.452; [X.]. Z[X.] 1998, 252, 258; [X.]. [X.] § 30 Nr. 2 KO 2.90; [X.], in: MünchKomm-[X.], § 82 Rn. 25; wohl auch Uhlen-bruck, [X.] 12. Aufl. § 82 Rn. 24; a.[X.] [X.] 2004, 255; Fehl [X.] 2004, 257, 259; [X.], Festschrift für [X.] 2004 S. 223 ff; Rattunde/Berner [X.] 2003, 185; Rendels INDat Report 2004, 18).

3. Der Senat ist der Auffassung, daß ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit [X.] grundsätzlich berechtigt ist, einer Belastung, die der Schuldner noch nicht genehmigt hat, zu wi[X.]prechen.

a) Allerdings hat ein Schuldner außerhalb der Insolvenz anerkennens-werte Gründe für einen Wi[X.]pruch gegen eine auf eine Einzugsermächtigung gestützte Belastungsbuchung grundsätzlich nur dann, wenn er keine Einzugs-ermächtigung erteilt hat oder der Anspruch des Gläubigers unbegründet oder zwar an sich begründet ist, der Schuldner aber in dem Zeitpunkt, in dem ihm der Kontoauszug mit der Belastungsanzeige zugeht, zu Recht Leistungsver-weigerungs-, Zurückbehaltungs- oder Aufrechnungsrechte geltend machen will. Ein Schuldner, welcher der Belastung seines Girokontos im [X.] zu dem Zwecke wi[X.]pricht, Zahlungen auf begründete und von seiner Einziehungsermächtigung gedeckte Gläubigeransprüche rückgän-gig zu machen, die er, wenn er sie überwiesen hätte, durch einen Widerruf der Überweisung nicht mehr hätte rückgängig machen können, nutzt grundsätzlich die ihm seiner Bank gegenüber zustehende Wi[X.]pruchsmöglichkeit zweck-- 7 - fremd aus. Gegebenenfalls handelt er, wenn er damit vorsätzlich das [X.] der ersten [X.] zuschiebt, dieser gegenüber sittenwidrig ([X.] 74, 300, 306 = [X.], 82; [X.], [X.]. v. 28. Mai 1979 - [X.], [X.], 689, 690). Desgleichen handelt er sittenwidrig, wenn er die [X.] zu dem Zweck einsetzt, einen einzelnen Gläubiger zu [X.], indem er dessen Insolvenzrisiko auf den [X.] über-trägt ([X.] 101, 153, 156 f = NJW 1987, 2370; [X.], [X.]. v. 29. Mai 2001 - [X.]/00, NJW 2001, 2632, 2633).

Ob ein Schuldner gegenüber dem [X.] auch dann [X.] handelt, wenn der Wi[X.]pruch gegen die Belastung seines Girokontos nicht einen einzelnen Gläubiger begünstigen, sondern unmittelbar vor dem Insolvenzantrag die künftige Masse "zusammenhalten" soll, hat der [X.] noch nicht entschieden (vgl. hierzu [X.], 428, 429). Auch im vorliegenden Fall bedarf es dazu keiner Stellungnahme.

b) Denn ein Insolvenzverwalter, auch ein vorläufiger, hat weitergehende Rechte zum Wi[X.]pruch, als sie zuvor der Schuldner hatte. Die verbreitete Ansicht, daß jenem das Wi[X.]pruchsrecht nur in dem Umfang zustehe, in dem es bei Stellung des [X.] der Schuldner gehabt habe, ist unzutref-fend.

[X.]) Zwar ist der Insolvenzverwalter grundsätzlich an die vom Schuldner getroffenen Abreden gebunden. Er tritt in die bei Verfahrenseröffnung beste-hende Rechtslage ein ([X.] 44, 1, 4; [X.] NJW 1985, 865, 866; [X.], 814, 815).
- 8 - Indem der Schuldner seinem Gläubiger eine Einziehungsermächtigung erteilt, verschafft er diesem jedoch nicht das Recht, über sein Konto zu verfü-gen. Daher bedarf die Belastungsbuchung, um rechtlich wirksam zu sein, der Genehmigung des Schuldners ([X.] 69, 82, 85; 144, 349, 353; [X.], [X.]. v. 14. Februar 1989 - [X.], [X.], 520, 521). Solange er die Bela-stungsbuchung nicht ausdrücklich oder konkludent genehmigt hat, kann der Schuldner die Lastschrift durch seinen Wi[X.]pruch rückgängig machen ([X.] 144, 349, 354; [X.], [X.]. v. 19. Dezember 2002 - [X.] ZR 377/99, [X.], 524, 526). Der Wi[X.]pruch besagt im Grunde nichts anderes, als daß die Genehmigung versagt wird. Grundsätzlich gilt das Schweigen auf etwa zu-gegangene [X.] nicht als Genehmigung (vgl. [X.] 144, 349, 356). Über den Einfluß der neuen Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken - wonach die [X.] sechs Wochen nach dem Zugang entsprechender [X.] als genehmigt gelten - ist im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden. Diese Bestimmung wurde erst zum 1. April 2002 eingeführt. Auf den [X.] ist sie nicht anwendbar.

Bevor der Schuldner die Genehmigung nicht erklärt hat, ist die zur Ein-ziehung gegebene Forderung nicht erfüllt ([X.], [X.]O § 58 Rn. 175 f; [X.], Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rn. 4.360, 4.418; a.[X.], [X.]. Rn. 636; [X.]/Olzen, [X.]. vor § 362 Rn. 75; [X.], Festschrift für [X.] S. 69, 76). Dies wäre nur dann an[X.], wenn die dem Gläubiger nach Einlösung der Lastschrift durch die Zahl-stelle erteilte Gutschrift als durch die Wi[X.]pruchsmöglichkeit des Schuldners auflösend bedingt anzusehen wäre [X.] 1194; [X.], [X.]sverkehr in der Insolvenz Rn. 254; [X.], [X.]. Rn. 636; [X.], Rechtsprobleme um das Lastschriftverfahren 1966 S. 54; [X.], [X.]). Die Annahme einer auflösenden Bedingung ist jedoch mit der vom [X.] in ständiger Rechtsprechung vertretenen (vgl. [X.] 144, 349, 353; [X.], [X.]. v. 14. Februar 1989 - [X.], NJW 1989, 1672, 1673; v. 10. Januar 1996 - [X.], [X.], 335, 337; offen gelassen im [X.]eil v. 19. Dezember 2002 - [X.] ZR 377/99 [X.]O) Genehmigungstheorie nicht vereinbar. Danach wird die Belastung des [X.] erst durch die Genehmigung des Schuldners wirksam ([X.], [X.]O Rn. 172, 175). Deshalb hat der Gläubiger auch nach der Gutschrift auf seinem Konto und der Belastungsbuchung auf dem [X.] immer noch lediglich den schuldrechtlichen Anspruch auf Erfüllung seiner Forderung. Dieser Anspruch ist nunmehr darauf gerichtet, daß der Schuldner die Belastungsbuchung ge-nehmigt. An der Natur des Anspruchs ändert dies nichts. Der Ansicht, der Gläubiger habe im Lastschriftverfahren bereits eine "verfestigte [X.]" oder "Schutzrechte gegenüber dem Schuldner erworben", aufgrund derer er darauf vertrauen dürfe, daß es nicht zu einer Rückbuchung komme ([X.] [X.]O S. 279; Kling [X.]O S. 58), ist nicht zu folgen, falls damit insolvenzfe-ste Rechte gemeint sein sollten. Eine solche Rechtsposition erhält der [X.] erst mit der Genehmigung der Lastschriftbuchung.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht eine dem Schuldner zuste-hende Möglichkeit des Wi[X.]pruchs gegen im [X.] vorgenommene Belastungsbuchungen auf den Insolvenzverwalter über ([X.] 144, 349, 351). Nach Insolvenzeröffnung kann eine Zahlung, die bis dahin noch nicht erfolgt ist, nicht mehr wirksam werden (§ 81 Abs. 1 Satz 1 - 10 - [X.]). Demgemäß darf der Insolvenzverwalter nach Insolvenzeröffnung grund-sätzlich keine Belastungsbuchung mehr genehmigen.

Da weder die Abrede über die Einziehungsermächtigung noch die Aus-übung der daraus folgenden Befugnisse die Rechtsstellung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner verbessert, gibt es keinen Grund, ihn insolvenz-rechtlich vor Erteilung der Genehmigung besser zu stellen als solche [X.], deren Forderung auf herkömmlichem Wege erfüllt werden sollen und [X.] die geschuldete Zahlung noch nicht erhalten haben. In jedem Falle haben die Gläubiger lediglich nicht erfüllte schuldrechtliche Ansprüche, die mit Ver-fahrenseröffnung zu Insolvenzforderungen im Sinne von § 38 [X.] werden. Ebensowenig wie der Gläubiger einer vom Schuldner nicht bezahlten Forde-rung Ansprüche gegen die Masse hat, weil das Unterbleiben der Zahlung als positive Forderungsverletzung oder als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung anzusehen sei, kann er vom Insolvenzverwalter die Genehmigung einer im Einziehungsermächtigungsverfahren erfolgten Belastungsbuchung mit der [X.] verlangen, das Unterlassen der Genehmigung sei rechtsmißbräuch-lich. Vielmehr ist das Gegenteil richtig: Da dem Gläubiger nur eine [X.] Insolvenzforderung zusteht, darf der Insolvenzverwalter nicht durch Erteilung der Genehmigung deren Erfüllung bewirken. Dies wäre ebenso insolvenz-zweckwidrig wie die Zahlung an einen einzelnen Insolvenzgläubiger außerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Verteilungsverfahrens.

[X.]) Aufgrund der ihm gesetzlich obliegenden Aufgaben ist auch der [X.] Insolvenzverwalter mit [X.] zum Wi[X.]pruch [X.].
- 11 - (1) Zunächst gelten für ihn die Ausführungen unter [X.]) entsprechend. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat, falls dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde, die künftige Masse zu sichern und zu erhal-ten (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.]). Daraus folgt, daß er Forderungen einzelner Gläubiger nur erfüllen - und somit das Schuldnervermögen nur vermindern - darf, wenn dies im Einzelfall zur Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben, etwa zur Fortführung des [X.], im Interesse der Gläubigerge-samtheit erforderlich oder wenigstens zweckmäßig erscheint (vgl. [X.] 118, 374, 379; 146, 165, 172 f). An diesem Ziel hat sich grundsätzlich auch der [X.] Insolvenzverwalter zu orientieren, der lediglich mit einem Zustimmungs-vorbehalt ausgestattet wurde (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2, § 22 Abs. 2 Satz 1 [X.]; vgl. [X.], [X.]O § 22 Rn. 13 a.E.; HK-[X.]/Kirchhof, 3. Aufl. § 22 Rn. 31). Da der vorläufige Insolvenzverwalter in beiden Erscheinungsfor-men die künftige Masse zu sichern und zu erhalten hat, kann es nicht seine Sache sein, eine vor dem Eröffnungsantrag unvollständig erfüllte Verbindlich-keit des Schuldners vollständig zu erfüllen oder einer Erfüllungshandlung des Schuldners durch seine Zustimmung Wirksamkeit zu verleihen, falls dies nicht im Interesse aller Gläubiger liegt. Vielmehr darf er die Rechtsfolge des § 81 Abs. 1 Satz 1 [X.] durch einen Wi[X.]pruch oder die Verweigerung der [X.] zu einer Genehmigung des Schuldners vorwegnehmen.

Soweit "wegen der Pflicht zur Vermeidung und Verminderung von Mas-severbindlichkeiten" aus § 22 Abs. 1 Satz 2 [X.] geradezu eine Verpflichtung abgeleitet wird, rechtsmißbräuchliche Wi[X.]prüche gegen [X.] zu unterlassen, weil diese zu Masseverbindlichkeiten führten (Kling [X.]O S. 56), beruht diese Auffassung auf einem Zirkelschluß.
- 12 - (2) Die Richtigkeit der vorstehenden Überlegungen erweist sich auch daran, daß die Lage für den Gläubiger dann, wenn der Wi[X.]pruch unterblie-be, nach Insolvenzeröffnung kaum günstiger wäre, weil die Erfüllung der Gläu-bigerforderung durch Genehmigung der Belastungsbuchung nach Insolvenzer-öffnung anfechtbar sein kann (vgl. [X.], Festschrift für [X.] S. 69, 86 f; Knees/[X.] [X.]O S. 12).

[X.] Rechtshandlungen darf ein "starker" vorläufiger Insolvenz-verwalter nicht vornehmen, und ein "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter mit [X.] darf dem auf seine Zustimmung angewiesenen Schuldner dazu nicht die Hand reichen. Die Genehmigung der Belastungsbu-chung ist eine Rechtshandlung des Schuldners, der damit einen mehraktigen Zahlungsvorgang abschließt (vgl. [X.], [X.]. v. 19. Dezember 2002 [X.]O [X.]). Durch den nunmehr "endgültigen" Abfluß des entsprechenden Geldbe-trages wird die Gläubigergesamtheit benachteiligt. Genehmigt für den Schuld-ner der "starke" vorläufige Insolvenzverwalter oder der Schuldner mit der of-fengelegten Zustimmung des "schwachen" (aber mit [X.] ausgestatteten) vorläufigen Insolvenzverwalters, hat der Gläubiger zwangsläu-fig Kenntnis von dem Eröffnungsantrag. Insoweit liegen die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vor.

Selbst die erst im Zeitpunkt der Genehmigung vorliegende Kenntnis von dem Eröffnungsantrag ist für den Gläubiger schädlich. Da die Belastung des [X.] nicht etwa bedingt, sondern bis zur Genehmigung ohne mate-rielle Wirkung ist, fällt dies nicht unter den dritten, sondern unter den ersten Absatz des § 140 [X.] ([X.] 2003, 353, 382; [X.] [X.], 1679, 1682). - 13 -

cc) Die dargestellte Rechtsfolge benachteiligt Gläubiger, die sich einer Einziehungsermächtigung bedienen, nicht unbillig.

Daß der Gläubiger durch den Wi[X.]pruch des (vorläufigen) [X.] in der Stellung eines bloßes Insolvenzschuldners verbleibt (ungenau insofern Skrotzki [X.]O und [X.] [X.]O S. 190: Der Gläubiger wird nicht "zu-rückversetzt", weil er nie eine andere Stellung innehatte), hängt mit der Schwäche seiner Position als [X.] zusammen. Für eine Entlastung des Gläubigers vom Insolvenzrisiko des Schuldners bietet das Einziehungsermächtigungsverfahren keinen Anhalt. Durch die berechtigte Einziehung ist dem Gläubiger noch keine insolvenzfeste Rechtsstellung zugewachsen.

Auf der anderen Seite zieht der Gläubiger aus dem Lastschriftverfahren großen Nutzen (zum Folgenden vgl. [X.], [X.]O § 56 Rn. 58-61): Er hat die Initiative beim Zahlungseinzug und kann den für ihn günstigsten Zeitpunkt einheitlich bestimmen. Er kann die Inanspruchnahme von Krediten zur [X.] vermeiden und hat dadurch [X.]. Die [X.]süberwachung wird vereinfacht. Die innerbetriebliche Buchhaltung des Gläubigers und die Mahnabteilung, die sich nur noch mit Rückbelastungen be-fassen muß, werden entlastet.

Es mag zwar zutreffen, daß das [X.] angewendet wird und gerade den kleinen bis mittleren [X.] erleichtert. Daß das freie Widerrufsrecht des Insolvenzverwalters den "wegen seiner Schnelligkeit und Kostenvorteilen stark genutzten Lastschrift-verkehr voraussichtlich übermäßig behindern oder sogar gänzlich zum Erliegen - 14 - bringen würde" ([X.] [X.]O), ist jedoch nicht zu befürchten, weil zwischen den Beteiligten eine Befristung vereinbart werden kann. Gläubigern, die das mit dem Einzugsermächtigungsverfahren verbundene Insolvenzrisiko dennoch scheuen, mögen von diesem Verfahren Abstand nehmen oder sich [X.] geben lassen. Soweit es sich bei den Gläubigern um Lieferanten handelt, können sie beispielsweise einen verlängerten und/oder erweiterten Eigentums-vorbehalt ausbedingen.

[X.]) Der Ansicht, das in dem "Abkommen über den Lastschriftverkehr" (Lastschriftabkommen, abgeschlossen von den im Zentralen Kreditausschuss zusammengefassten Spitzenverbänden des [X.]) vorgesehene Re-gulierungssystem müsse im Verhältnis der Banken untereinander und im [X.] funktionsfähig bleiben und dürfe nicht durch die Insolvenz eines Beteiligten gestört werden (so Sandberger [X.]O), ist nicht zu folgen. Das [X.] kann das Insolvenzrecht nicht außer [X.] setzen. Im übrigen füllt es den Inhalt des zwischen der ersten [X.] und der Zahlstelle be-stehenden Auftragsverhältnisses aus, betrifft somit allein den Verkehr zwischen den beteiligten Banken. Auch im [X.] ist eine Befristung der [X.] vorgesehen (Abschn. [X.] Nr. 2 Satz 1 des [X.]s). Damit ist das Insolvenzrisiko der ersten [X.] im Verhältnis zum Einreicher der Lastschrift begrenzt.

b) [X.] könnte der "pauschale" Wi[X.]pruch des (vorläufigen) Insolvenzverwalters gegen die Belastungsbuchung dann sein, wenn er nicht der künftigen Insolvenzmasse, sondern - von vornherein gewollt - allein der Schuldnerbank zugute käme ([X.] 101, 153, 157 = NJW 1987, 2370). Davon ist das Berufungsgericht ausgegangen. - 15 -

Indes kann der Annahme des Berufungsgerichts, der [X.] habe durch den mit der Schuldnerin abgestimmten Wi[X.]pruch die deren Konto be-lasteten Beträge der kontoführenden Bank "zugeschanzt", nicht gefolgt werden. Ob das Berufungsgericht durch das unstreitige Parteivorbringen, diese Beträge befänden sich nunmehr in der Insolvenzmasse, gebunden war, mag dahinste-hen. Es kann sogar davon ausgegangen werden, daß durch die Rücklastschrif-ten kein Auszahlungsanspruch zugunsten der künftigen Insolvenzmasse ent-standen ist (vgl. [X.], [X.]. v. 1. Oktober 2002 - [X.] ZR 125/02, [X.], 2184, 2185; [X.] WM 1991, 28, 29; [X.] WM 1987, 605; [X.], 1042, 1044). Jedenfalls hatte die kontoführende Bank durch den Wi[X.]pruch des [X.]n keinen rechtserheblichen Vorteil. Soweit [X.] nicht genehmigt worden sind, hatte die Bank zu keiner Zeit einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB. Die Wiedergutschrift er-folgte im Wege einer Berichtigung einer Buchung. Eine Verrechnung oder [X.] lag darin nicht ([X.], Festschrift für [X.] S. 69, 78; vgl. ferner [X.], [X.]. v. 1. Oktober 2002 [X.]O; a.A. OLG Bremen ZIP 1980, 358; [X.]/Prütting/Lüke, [X.] § 82 Rn. 34 a.E.).

c) Ob der Wi[X.]pruch sittenwidrig sein könnte, wenn der [X.] dadurch keinerlei Vorteil erwachsen wäre, bedarf keiner abschließen-den Entscheidung.

Allerdings war der Wi[X.]pruch zunächst einmal ohne Einfluß auf die Passivmasse. Er bewirkte, daß es bei der Forderung der Klägerin verblieb. Wäre der Wi[X.]pruch unterlassen - und die Belastungsbuchung genehmigt - worden, wäre die Forderung der Klägerin erloschen; dafür wäre der [X.] eine Forderung aus § 670 BGB in gleicher Höhe entstanden. Indes hat ein vorläufiger Insolvenzverwalter (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 und 2 [X.]), der sein Amt antritt und sich erst einen Überblick über die erfahrungsgemäß oft ungeordneten rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners verschaffen muß, ein rechtlich geschütztes Interesse daran, zunächst einmal jede Veränderung dieser Verhältnisse zu unterbinden, also den "status quo" zu bewahren. Dazu gehört auch, daß er Zahlungen des Schuldners, die noch nicht wirksam erfolgt sind, "einfriert". Denn er ist regelmäßig nicht in der Lage, etwa vorliegende unerledigte Rechnungen rasch und zuverlässig auf ihre Be-rechtigung zu überprüfen. Hinzu kommt, daß Abflüsse von dem [X.], um Forderungen von (Alt-)Gläubigern zu befriedigen, selbst dann, wenn sie (weil das [X.] debitorisch ist) lediglich zu einer Umschuldung füh-ren, in mehrfacher Hinsicht nachteilig sind. Zum einen wird dadurch die Liquidi-tät des [X.] geschmälert. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn das [X.] debitorisch ist, weil möglicherweise ein noch nicht ausgeschöpftes Kreditlimit eingeräumt ist. Die Liquidität kann für die Fort-führung des [X.] unerläßlich sein. Zum andern wird es für die Insolvenzmasse vielfach günstiger sein, wenn eine Schuld bei einem (In-solvenz-) Gläubiger nicht durch eine Schuld bei der Bank abgelöst worden ist. Denn re-gelmäßig hat sich die [X.] bestellen lassen. Der erfolgreiche Wi[X.]pruch gegen eine Lastschrift kann deshalb [X.] führen, daß Sicherheiten nicht in Anspruch genommen werden. Dies ver-bessert die Aussichten einer Sanierung des [X.].

d) Da der vorläufige Insolvenzverwalter mit [X.] [X.] ist, einer im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Kontobelastung - 17 - zu wi[X.]prechen, liegt weder eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB noch eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 60 [X.] vor. - 18 - II[X.]

Das angefochtene [X.]eil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache entscheidungsreif ist, kann der Senat in der Sache selbst entschei-den (§ 563 Abs. 3 ZPO) und durch Zurückweisung der Berufung das erstin-stanzliche [X.]eil wiederherstellen.

Ganter

[X.] [X.]

[X.]

[X.]

Meta

IX ZR 22/03

04.11.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.11.2004, Az. IX ZR 22/03 (REWIS RS 2004, 900)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 900

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