Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2017, Az. VII ZB 81/16

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 2753

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:081117BVIIZB81.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 81/16
vom

8. November 2017

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1, § 522 Abs. 2
Nach Begründung des Rechtsmittels hat der [X.] ein berechtigtes In-teresse daran, mit anwaltlicher Hilfe in der Sache frühzeitig zu erwidern. Das gilt auch, wenn das Berufungsgericht darauf hingewiesen hat, dass es beabsichtigt, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, und der Berufungskläger hiergegen Einwände erhoben hat. Ein in dieser
Prozesslage gestellter begründeter Antrag auf Zurückwei-sung der Berufung löst daher grundsätzlich die 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 [X.] aus (im [X.] an [X.], Beschluss
vom 18.
April
2012
3
[X.] 22/11; Abgrenzung zu [X.], Beschluss vom 25.
Februar
2016 -
III [X.], [X.]Z 209, 120).
[X.], Beschluss vom 8. November 2017 -
VII ZB 81/16 -
OLG [X.]

[X.]

-
2 -

Der VII.
Zivilsenat
des [X.] hat am 8. November 2017 durch [X.]
Eick, [X.] und die Richterinnen [X.] und Borris
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des [X.] gegen den Beschluss des 11.
Zivilsenats des [X.] vom 20.
Oktober
2016 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:
I.
Der
Kläger hat gegen ein landgerichtliches Urteil Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 18. Februar 2016 hat das Berufungsgericht angekündigt, dass beabsichtigt sei, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, und dem Kläger hierzu zuletzt eine Frist zur Stellungnahme bis zum 15.
April
2016 eingeräumt. Der Kläger hat innerhalb der Frist mit Schriftsatz vom 15.
April
2016 zum Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts Stellung genom-men. Nachdem
das Berufungsgericht diesen Schriftsatz am 18. April 2016 an den
Beklagten hinausgegeben hatte, hat es mit Beschluss vom 19. April 2016 die Berufung des [X.] gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dieser Beschluss ist dem Beklagten zu Händen seines Prozessbevollmächtigten am 25.
April 2016 zugestellt worden. Zuvor hatte der Beklagte auf den ihm am 19.
April 2016 zugegangenen Schriftsatz des [X.] mit Schriftsatz vom 1
-
3 -

21.
April 2016, eingegangen beim Berufungsgericht am 22. April 2016, [X.], die Berufung des [X.] zurückzuweisen, und dies näher begründet.
Auf Antrag des Beklagten hat das [X.] die vom Kläger zu erstat-tenden Kosten
für die Berufungsinstanz

e-setzt, die sich aus einer
1,6
Verfahrensgebühr gemäß Nr.
3200
[X.] in Höhe
von 566,40

einer Pauschale in Höhe von 20

Nr.
7002
[X.] zusammensetzen. Die vom Kläger gegen diesen Beschluss erhobene sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen.
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wen-det sich der Kläger weiterhin gegen die zugunsten des Beklagten festgesetzte Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3200 [X.].

II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2, § 575 ZPO statthaf-te und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist in der Sache nicht be-gründet.
1. Das Beschwerdegericht führt aus, der Schriftsatz des Beklagten, mit dem die Zurückweisung der Berufung beantragt worden sei, lasse eine 1,6 Ver-fahrensgebühr nach Nr. 3200 [X.] in der Rechtsmittelinstanz entstehen. Habe das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Be-rufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einen einstimmigen Beschluss [X.] und habe der Vertreter des [X.]n danach einen mit Gründen versehenen Zurückweisungsantrag gestellt, so falle eine 1,6 Verfah-rensgebühr an, die auch zu erstatten sei. Denn der Mandant habe ein Interesse 2
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4 -

daran, die Beschlussfassung gemäß §
522 Abs. 2 ZPO durch eigene zusätzli-che Argumente zu fördern.
Der Sachantrag und der Sachvortrag des Beklagten seien zwar nach Er-lass des Zurückweisungsbeschlusses erfolgt. Allerdings habe der Beklagte bei Einreichung seines Schriftsatzes noch keine Kenntnis von dem am 19.
April
2016 ergangenen Beschluss haben
können, da ihm dieser erst am 25.
April 2016 zugestellt worden sei. Unter Beachtung der Rechtsprechung des [X.] (Beschluss vom 18. April 2012 -
3 [X.] 22/11) sei die Erstattungsfähigkeit der 1,6 Verfahrensgebühr zu bejahen.
2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Das Beschwerdegericht hat zu Recht entschieden, dass der Beklagte für das Berufungsverfahren eine 1,6 Verfahrensgebühr nach
Nr. 3200 [X.] gemäß
§
91
Abs.
1 Satz
1
ZPO von dem Kläger erstattet verlangen kann.
Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 [X.] entsteht auch dann in voller Höhe des 1,6-fachen der [X.] nach § 13 RVG, wenn der Prozessbevollmächtigte des [X.]n die Berufungserwiderung erst zu einem Zeitpunkt gefertigt und beim Berufungsgericht eingereicht hat, als dieses bereits den Beschluss gefasst hatte, die Berufung nach §
522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, dieser Beschluss jedoch dem Prozessbevoll-mächtigten des [X.]n erst zuging, als sein Schriftsatz bereits beim [X.] eingegangen war (vgl. [X.], Beschluss vom 18.
April
2012

3
[X.]
22/11, juris Rn. 9).
a) Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu er-statten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidi-gung notwendig waren. Maßstab dafür ist nach der Rechtsprechung des [X.], ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die kostenauslö-6
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9
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5 -

sende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Vornahme als sachdienlich ansehen durfte (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Januar 2006 -
III ZB 63/05, [X.]Z 166, 117
Rn. 20; [X.] vom 4.
April
2006 -
VI
ZB
66/04, [X.], 1089
Rn. 6; Beschluss vom 20.
Oktober
2005 -
VII
ZB
53/05, [X.], 446
Rn.
12; Beschluss vom 23.
März
2004 -
VIII ZB 145/03, [X.], 866, juris Rn. 27 m.w.N.).
Der Schriftsatz des Beklagten vom 21. April 2016, mit dem er die Zurückwei-sung der Berufung beantragt und diesen
Antrag
näher begründet hat, ist zur [X.] Rechtsverteidigung notwendig
gewesen. Nach Begründung des Rechtsmittels hat der [X.] ein berechtigtes Interesse daran, mit an-waltlicher Hilfe in der Sache frühzeitig zu erwidern. Das gilt auch,
wenn das [X.] darauf hingewiesen hat, dass es beabsichtigt, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, und der Berufungskläger hiergegen Einwände erhoben hat. Ein in die-ser Prozesslage gestellter begründeter Antrag auf Zurückweisung der Berufung löst
daher grundsätzlich die 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 [X.] aus (vgl. [X.], Beschluss vom 9. Oktober 2003 -
VII ZB 17/03,
NJW 2004, 73, juris Rn. 9; [X.]/[X.], RVG, 22. Aufl., [X.] 3201 Rn. 62
m.w.N.).
b) Der Umstand, dass der begründete Antrag des Beklagten vom 21. April 2016 auf Zurückweisung der Berufung erst zu einem Zeitpunkt bei Gericht eingegan-gen ist, als der Zurückweisungsbeschluss
gemäß § 522 Abs. 2 ZPO bereits erlassen war, führt nicht dazu, die dem Beklagten insoweit entstandenen Kosten als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig
anzusehen. Der Beklagte durfte
zu dem Zeitpunkt, als
er den Schriftsatz vom 21. April 2016 an das Berufungs-gericht absandte, davon ausgehen, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts zwecks Stellung eines Antrags auf Zurückweisung der Berufung und zur Fertigung einer Berufungserwiderung zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig
war.

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-
6 -

Die Rechtsprechung des [X.], wonach die durch die [X.] einer Berufungserwiderung nach [X.] entstandenen Kosten eines Rechtsanwalts auch dann nicht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO erstattungsfähig sind, wenn der [X.] die [X.] nicht kannte oder kennen musste ([X.], Beschluss vom 25. Februar 2016

III [X.], [X.]Z 209, 120 Rn.
10; kritisch hierzu: [X.], JurBüro
2017, 3; [X.], RVGreport
2016,
186), steht dem nicht entgegen. Anders als bei
einer Rechtsmittel-rücknahme, die mit Eingang bei Gericht unmittelbar
zur Prozessbeendigung führt (§
516 Abs. 2 ZPO), wird der Zurückweisungsbeschluss gemäß §
329
Abs. 2
ZPO
erst wirksam, wenn er den Parteien bekannt gemacht worden ist (vgl. [X.], Urteil vom 19. Oktober 2005

[X.], [X.]Z 164, 347, 351
f., juris Rn. 10 f.).

12
-
7 -

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Eick
[X.]
Jurgeleit

[X.]

Borris

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.07.2016 -
65 O 3590/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 20.10.2016 -
11 W 1556/16 -

13

Meta

VII ZB 81/16

08.11.2017

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2017, Az. VII ZB 81/16 (REWIS RS 2017, 2753)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2753

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VII ZB 81/16

III ZB 66/15

3 AZB 22/11

11 W 1556/16

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