Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2015, Az. AnwZ (Brfg) 25/14

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2015, 8351

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AnwZ ([X.]) 25/14
vom

10. Juli 2015

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-

2

-

Der Bundesgerichtshof, [X.],
hat durch
den Vorsitzenden Richter Prof. [X.], die Richterinnen Roggenbuck und
Lohmann, die
Rechtsanwälte
Dr. Martini
und Dr. Kau

am
10. Juli
2015
beschlossen:

Der Antrag der
Beklagten
auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des
1.
[X.]s des [X.]
des Landes [X.] vom 7. März 2014
wird abgelehnt.

Die
Beklagte
trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe:

I.

Der Kläger ist im Bezirk
der Beklagten
zur Rechtsanwaltschaft zugelas-sen.
Am
25. April 2013 wurde das Insolvenzverfahren über sein Vermögen [X.]. Der Insolvenzverwalter zeigte dem Insolvenzgericht am 13. Juni 2013 die Freigabe des Vermögens des [X.] aus selbständiger Tätigkeit an. Mit Bescheid vom
5. Juni 2013 widerrief die Beklagte die Zulassung des [X.] wegen [X.]. Auf die Klage des [X.] hat der [X.]
-

3

-

hof den [X.] aufgehoben. Nunmehr
beantragt die
Beklagte
die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des [X.].

II.

Der Antrag der Beklagten
ist nach § 112e
Satz 2
[X.], § 124a Abs.
4 VwGO statthaft. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils beste-hen nicht (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs.
2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulas-sungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird ([X.], Beschluss vom 29. Juni 2011 -
AnwZ ([X.]) 11/10, [X.]Z 190, 187 Rn.
3 m.w.N.). Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächli-cher Feststellungen füllen den [X.] aber dann nicht aus, wenn sol-che Zweifel nicht die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen ([X.], Beschluss vom 24.
November 2014 -
NotZ
([X.]) 7/14, [X.], 898 Rn. 8; vgl. auch
[X.] 134, 106 = NJW 2013, 3506 Rn. 40).

a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 [X.] wird ein Vermögensverfall des Rechtsanwalts vermutet, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet worden ist. Davon ist der [X.] [X.]. Er hat die gesetzliche Vermutung für widerlegt gehalten, weil die Forderung
des Finanzamts, welche zur Insolvenzeröffnung geführt hat, [X.] habe. Der Gutachter habe
im Eröffnungsverfahren nur und seiner Ehefrau gemeinsam aufgenommenen Darlehen stamme, ordnungs-gemäß bedient werde
und daher nicht fällig gestellt worden sei. Der Kläger ha-2
3
4
-

4

-

be in der
mündlichen Verhandlung zwar nicht erklären können, warum er die Forderung des Finanzamts nicht wenigstens unter Vorbehalt bezahlt habe, um die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und den Widerruf der Anwaltszulassung zu vermeiden. Der [X.] habe jedoch die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger mittlerweile derart auf die Auseinandersetzung mit dem Finanzamt fixiert sei, dass er zu einer rationalen Bewertung seines Verhaltens
nicht mehr in der Lage sei; er sei zahlungsunwillig, nicht aber zahlungsunfähig.

b) Gegen die Richtigkeit der tatsächlichen Annahmen des Anwaltsge-richtshofs erhebt die Beklagte nur insoweit Einwände, als sie sich auf Seite 6 des Urteils des [X.] bezieht.
Dort wird allerdings nur ihr eigener Parteivortrag wiedergegeben, nach welchem die Forderung des Finanzamts

[X.] ""
stammt aus dem im Er-öffnungsverfahren eingeholten Gutachten des späteren Insolvenzverwalters vom 29. Januar 2013. Im Eröffnungsbeschluss vom 25. April 2013 heißt es da-gegen, es bestünden Forderungen des [X.] von "mindestens 713,33

".

Von weiteren offenen Forderungen gegen den Kläger im Zeitpunkt des [X.]es kann jedenfalls
nicht ausgegangen werden. Die Bewer-tung des Verhaltens des [X.] als irrational lässt sich nach Aktenlage ohne weiteres nachvollziehen.
Der Einwand der [X.] ist zwar unbe-achtlich, wenn und soweit der Schuldner zugleich zahlungsunfähig ist (vgl. für den insolvenzrechtlichen Begriff der Zahlungsunfähigkeit
[X.], Urteil vom 15.
März 2012 -
IX ZR 239/09, [X.], 711 Rn. 18; Beschluss vom 10. Juli 2014 -
IX ZR 287/13, [X.], 1661 Rn. 6). Die hartnäckige, keinen ver-nünftigen Argumenten mehr zugängliche und ohne Rücksicht auf die Folgen aufrechterhaltene Weigerung, eine geringfügige Forderung von einigen hundert 5
6
-

5

-

Euro zu begleichen,
kann
jedoch dann keinen Vermögensverfall
im berufsrecht-lichen Sinne bedeuten, wenn die Vermögensverhältnisse des Anwalts im Übri-gen geordnet sind.
Obwohl der Kläger keine belastbaren Angaben über seine Einkommens-
und Vermögensverhältnisse gemacht hat, gibt es doch keine tat-sächlichen
Anhaltspunkte dafür, dass
er andere Forderungen als diejenigen
des Finanzamts nicht begleichen oder anderweitig regulieren kann.

2. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wirft die Sache nicht auf (§
112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

a) Dieser [X.] ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine ent-scheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage [X.], die sich in einer unbestimmte Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ([X.], Beschluss vom 27. März 2003
-
V
ZR 291/02, [X.]Z 154, 288, 291; [X.],
[X.], 515, 518; BVerwG,
NVwZ 2005, 709). Zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung gehören Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der auf-geworfenen Rechtsfrage sowie ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihre Auswirkung auf die Allgemeinheit; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des [X.] erforderlich ist.

b) Die Beklagte verweist darauf, dass die in § 14 Abs. 2
Nr. 7 [X.]
an-geordnete Rechtsfolge zwingend sei. Das ist richtig, wird durch die Entschei-dung des [X.] jedoch auch nicht in Frage gestellt. Das ange-fochtene Urteil verneint die tatsächlichen Voraussetzungen des [X.] trotz des eröffneten Insolvenzverfahrens. Es handelt sich um einen sehr 7
8
9
-

6

-

besonders gelagerten Einzelfall, der sich so kaum wiederholen dürfte. Ob das Insolvenzverfahren hätte eröffnet werden dürfen, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs.
2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].

Kayser
Roggenbuck
Lohmann

Martini
Kau

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 07.03.2014 -
1 [X.] 4/13 -

10

Meta

AnwZ (Brfg) 25/14

10.07.2015

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2015, Az. AnwZ (Brfg) 25/14 (REWIS RS 2015, 8351)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8351

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

AnwZ (Brfg) 2/16 (Bundesgerichtshof)

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft: Anforderungen an den Nachweis eines Vermögensverfalls im Zeitpunkt des Erlasses …


AnwZ (Brfg) 2/16 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (Brfg) 6/16 (Bundesgerichtshof)

Antrag auf Zulassung der Berufung gegen Widerruf einer Rechtsanwaltszulassung: Vermögensverfall bei Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamts mit …


AnwZ (Brfg) 60/16 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (Brfg) 6/16 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IX ZR 239/09

IX ZR 287/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.