Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2017, Az. AnwZ (Brfg) 60/16

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2017, 13420

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:240317BANWZ.BRFG.60.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AnwZ ([X.]) 60/16

vom

24.
März 2017

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft-

2

-

Der Bundesgerichtshof, [X.], hat durch die Präsidentin des [X.] [X.], die Richterin [X.], [X.] Remmert sowie die
Rechtsanwältin Schäfer und den Rechtsanwalt Dr. Wolf

am
24. März
2017
beschlossen:

Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur [X.] auf Zulassung der Berufung gewährt.

Der Antrag
des [X.]
auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil
des 1. Senats des Bayerischen [X.] vom 7.
Oktober 2016 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

De

Gründe:

I.

Der Kläger ist seit dem 7.
Oktober 2009 zur Rechtsanwaltschaft zugelas-sen. Mit Bescheid vom 20.
Oktober 2015 widerrief die Beklagte die Zulassung wegen Vermögensverfalls. Sie
begründete den Widerruf mit insgesamt sechs Eintragungen im Schuldnerverzeichnis und einem weiteren [X.]
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3

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ckungsauftrag. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil [X.]. Die Klage gegen den [X.] ist erfolglos geblieben. [X.] beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des [X.].

II.

Dem Kläger war gemäß §
112e Satz 2 [X.], §§ 60, 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung des Zulassungsantrags zu gewähren, nachdem er dargelegt und glaubhaft gemacht hat, krankheitsbedingt an der Wahrung der Frist gehin-dert gewesen zu sein.

III.

Der Antrag des [X.] ist nach §
112e Satz
2 [X.], §
124a Abs.
4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§
112e Satz 2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Zulas-sungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird ([X.], Beschluss vom 29.
Dezember 2016 -
AnwZ ([X.]) 36/16, juris Rn. 3 mwN). Daran fehlt es hier.
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-

4

-

a) Der Kläger behauptet, er sei im [X.]punkt
des angefochtenen [X.] in der Lage gewesen, alle titulierten Forderungen zu begleichen. Ein ihm und seiner Ehefrau je zur Hälfte zustehendes
Tagegeldkonto von 71.000

hätte schon gereicht, die offenen Forderungen von insgesamt 25.923,39

erfüllen. Mit der m.

-P.

-Krankenkasse habe er am 30.
September 2016 einen Vergleich geschlossen, in dem er sich zur Leistung einer Abschlagszahlung von 8.000

lungen von 1.385,50

im Monat
verpflichtet habe; die Zwangsvollstreckung sei ruhend gestellt, solange er seinen Verpflichtungen aus dem Vergleich nachkomme. Die Abschlagszahlung sowie zwei Raten habe er zwischenzeitlich erbracht. Seine gegen die Forderung
der a.

-Bank gerichtete Vollstreckungsabwehrklage sei abgewiesen worden. Er habe jedoch Berufung eingelegt, so dass die Berechtigung dieser Forderung noch offen sei. Sollte die Berufung erfolglos bleiben, könne er die Forderung durchaus begleichen. Die Forderung des [X.] habe auf Schätzungen beruht; mittlerweile sei die Festsetzung korrigiert worden;
seiner Ehefrau und ihm sei ein Guthaben von 13.000

Ergänzend hat der Kläger eine auf das [X.] bezogene Aufstellung seiner Einkommens-
und Vermögensverhältnisse vorge-legt.

b) Auch unter Berücksichtigung des neuen Vorbringens in der Begrün-dung des Zulassungsantrags befand sich der Kläger im maßgeblichen [X.]punkt der Widerrufsverfügung vom 20. Juli 2015 (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 29.
Juni 2011 -
AnwZ
([X.]) 11/10, [X.]Z 190, 187 Rn. 9 ff.) in [X.]. Er war in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Verzeichnis einge-tragen (§ 882b ZPO). Gemäß §
14 Abs.
2 Nr. 7 [X.] wird der [X.] in einem solchen Fall vermutet. Zur Widerlegung der gesetzlichen Vermu-tung hat der Rechtsanwalt ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner 5
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Gläubiger und seiner Verbindlichkeiten vorzulegen und konkret darzulegen, dass seine Vermögens-
und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind ([X.], Beschluss vom 30.
Januar 2017 -
AnwZ
([X.]) 61/16, juris Rn. 4 mwN; [X.]Rspr.).

Ein derartiges Verzeichnis hat der Kläger auch mit
der Begründung des Zulassungsantrags nicht vorgelegt. Die neu erstellte Übersicht ist nicht auf den maßgeblichen [X.]punkt der Widerrufsentscheidung bezogen und reicht schon deshalb nicht aus.
Gleiches gilt hinsichtlich des Ratenzahlungsvergleichs über
die Forderung der m.

-P.

-Krankenkasse.
Den Hinweis auf das Tagegeldkonto hat der [X.] zu Recht nicht ausreichen lassen. Der dem Kläger zustehende hälftige Anteil mag ausgereicht haben, zwei der titulierten [X.], die den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zugrunde lagen, zu [X.]. Die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls ist jedoch nicht schon dann widerlegt, wenn feststeht, dass die
Verbindlichkeiten gedeckt sind, die der Eintragung oder den Eintragungen zugrunde lagen. Vielmehr muss der be-troffene Rechtsanwalt umfassend zu seinen
Einkommens-
und
Vermögensver-hältnissen vortragen
([X.], Beschluss vom 29.
Dezember 2016 -
AnwZ
([X.]) 36/16, juris Rn. 5). Er muss
-
bezogen auf den maßgeblichen [X.]punkt der Wi-derrufsentscheidung
-
sämtliche gegen ihn
bestehende Verbindlichkeiten zu-sammenstellen und darlegen, wie er sie -
gegebenenfalls durch [X.] mit seinen Gläubigern
-
zurückführen wollte. Dabei darf -
wieder bezogen auf den [X.]punkt der Widerrufsentscheidung
-
keine
Forderung auf unabsehba-re [X.] unerfüllt oder ungeregelt bleiben.
Der Nachweis der Erfüllung einzelner Forderungen reicht nicht aus. Ebenso wenig reicht aus, wenn der Rechtsanwalt -
wie hier der Kläger
-
liquide Mittel nachweist, die zur Tilgung einzelner
[X.] ausreichen, wenn das Gericht die Einkommens-
und [X.]
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hältnisse des Rechtsanwalts mangels hinreichenden Vortrags nicht insgesamt beurteilen kann.
Darauf hat bereits der [X.]
hingewiesen.

2. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§
112e Satz 2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr. 3 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor. Dieser [X.] ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klä-rungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer [X.] Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ([X.], Beschluss vom 29.
Dezember 2016 -
AnwZ
([X.]) 53/16, juris Rn. 21 mwN).

Der Kläger wirft die seiner Ansicht nach grundsätzliche Frage auf, ob die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls dadurch widerlegt werden kann, dass ausreichende liquide Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten nach-gewiesen werden können. Diese Frage ist auf der Grundlage der bisherigen Senatsrechtsprechung unproblematisch zu bejahen. Sie stellt sich hier
indes
nicht, weil der Kläger seine Einkommens-
und Vermögensverhältnisse im [X.]-punkt der Widerrufsentscheidung nicht offengelegt hat.

3. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist die Rechtssache nicht auf (§
112e Satz 2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr. 2 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder der ihr zu Grunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht und sich damit von den üblichen verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen deutlich 8
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abhebt ([X.], Beschluss vom 17.
März 2016 -
AnwZ
([X.]) 6/16, juris Rn. 5 mwN). Das ist hier
ersichtlich
nicht der Fall.

4. Der Kläger hat schließlich keinen Verfahrensfehler dargelegt, auf dem die Entscheidung des [X.] beruhen kann (§
112e Satz 2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr. 5 VwGO).

a) Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§
86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert darge-legt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungs-maßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären.
Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem [X.], insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen ([X.], Beschluss vom 6.
Februar 2012 -
AnwZ
([X.]) 42/11, juris
Rn. 19 mwN).

b) Diesen Voraussetzungen genügt der Zulassungsantrag nicht. Im Er-gebnis kommt es auf die vom Kläger angesprochenen Fragen der Verfügbarkeit des [X.] und der Höhe der [X.] aber auch nicht an, weil der Kläger -
wie ausgeführt
-
keine auf den [X.]punkt des Widerrufs bezogene umfassende Aufstellung
seiner Einkommens-
und Vermögensver-hältnisse einschließlich der
Verbindlichkeiten und deren
beabsichtigter
Tilgung vorgelegt hat.
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IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz 1 [X.], §
154
Abs.
2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §
194 Abs.
2 Satz 1 [X.].

[X.]
[X.]
Remmert

Schäfer
Wolf

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 07.10.2016 -
BayAGH I -1 -
14/15 -

14

Meta

AnwZ (Brfg) 60/16

24.03.2017

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2017, Az. AnwZ (Brfg) 60/16 (REWIS RS 2017, 13420)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13420

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