Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2014, Az. VIII ZR 370/13

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 751

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BUN[X.]ESGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]ES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 370/13
Verkündet am:

3. [X.]ezember 2014

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 133 B, § 157 [X.], § 305 Abs. 2
Zur ergänzenden Vertragsauslegung bei einem langjährigen Gasversorgungsvertrag, in dem mangels wirksamer Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Versorgers kein [X.] besteht (Fortführung von [X.], 372).

[X.], Urteil vom 3. [X.]ezember 2014 -
VIII ZR 370/13 -
LG [X.]

[X.]

-
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[X.]er VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2014 durch die Vorsitzende Richterin [X.]r. Milger, die
Richterin [X.]r.
Hessel sowie [X.], [X.]r. Schneider und Kosziol

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 7. Zivilkammer des [X.] vom 28. November 2013 aufgehoben.
[X.]ie Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
[X.]ie [X.] beliefert den Kläger als Sonderkunden im Rahmen eines [X.] geschlossenen [X.] mit Erdgas. Nach den vertraglichen Vereinbarungen ist die [X.] verpflichtet, den Kläger zu einem Arbeitspreis von 4,2 Pf/kWh (= 2,15 Cent/kWh) zu beliefern. Ein einseitiges [X.] der [X.]n wurde nicht vereinbart.
In der Folgezeit erhöhte die [X.] mehrfach die Preise. [X.]er Kläger beanstandete die jährlichen Abrechnungen der [X.]n erstmals im Jahr 2011; zuvor zahlte er die in Rechnung gestellten Preise widerspruchslos.
In dem [X.]raum vom 2. April 2007 bis 31. März 2008 bezog der Kläger insgesamt 58.557 kWh Erdgas. [X.]ie [X.] rechnete für diese Leistungen auf 1
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der Basis eines [X.] von 4,31 Cent/kWh in ihrer Rechnung für

[X.]er Kläger ist der Auffassung, er schulde für den genannten [X.] lediglich den zu Vertragsbeginn vereinbarten Arbeitspreis zu-züglich eines jährlichen Grundpreises. Für den streitgegenständlichen [X.]raum seien mithin 1.523,44

Mit der Klage nimmt der Kläger die [X.] auf Rückzahlung dieses [X.] nebst Zinsen in Anspruch. [X.]as Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.]n hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit die [X.] zur Zahlung von mehr als -
von der [X.]n mit der Berufung nicht angegriffenen -

(nebst Zinsen) verurteilt worden war; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Klä-ger seinen Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:
[X.]ie Revision hat Erfolg.
I.
[X.]as Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
[X.]em Kläger stehe -
über den mit der Berufung nicht angegriffenen [X.] v-
kein Rückzahlungsanspruch zu.
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Zwar sehe der [X.] geschlossene [X.] der Par-teien kein einseitiges [X.] der [X.]n vor, auf das die [X.] eine Abrechnung zu gegenüber dem Anfangspreis erhöhten Preisen hät-te stützen können. Ein [X.] der [X.]n ergebe sich weder aufgrund einer konkludent zustande gekommenen, nachträglichen Vereinba-rung noch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung. Eine einvernehmliche Vertragsänderung sei nicht erfolgt, da der widerspruchslosen Zahlung des auf den streitgegenständlichen Lieferzeitraum entfallenden Entgelts nicht die Erklä-rung des [X.] entnommen werden könne, er gestehe der [X.]n ein ein-seitiges Preisänderungsrecht zu und/oder er sei mit den erhöhten Preisen ein-verstanden.
Für eine ergänzende Vertragsauslegung nach Maßgabe des Urteils des [X.] vom 14. März 2012 ([X.], [X.], 372 ff.) sei kein Raum. Soweit dort im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bei der Berechnung eines bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruchs nicht der vertraglich vereinbarte [X.] zugrunde gelegt worden sei, beruhe dies darauf, dass infolge der Unwirksamkeit der vereinbarten [X.] eine Lücke im ursprünglichen Regelungsplan der Parteien eingetreten sei. Vorliegend sei eine solche Klausel hingegen nie Vertragsgegenstand ge-wesen. Es fehle daher an der für eine ergänzende Vertragsauslegung [X.] Regelungslücke. Jedoch müssten im Streitfall die Interessen der Parteien nach den Grundsätzen von [X.] und Glauben (§ 242 [X.]) zu einem Ausgleich gebracht werden. [X.]enn der Kläger habe der [X.]n bis zur Einleitung des Mahnverfahrens im Jahr 2011 keinen Anlass gegeben, den Liefervertrag zur Vermeidung oder Minimierung eines etwaigen Ungleichgewichts zwischen Leis-tung und Gegenleistung zu kündigen. Nur wenn die [X.] in Kenntnis eines Widerspruchs des [X.] weiterhin Gas geliefert hätte, hätte sie wissentlich das Risiko des Eintretens eines wirtschaftlichen Ungleichgewichts in Kauf ge-10
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nommen. So verhalte es sich für den streitgegenständlichen [X.]raum nicht. Vielmehr habe der Kläger die hierauf entfallende Jahresrechnung anstandslos bezahlt. [X.]eshalb müsse er sich nach [X.] und Glauben an
einem höheren als dem vertraglich vereinbarten Arbeitspreis festhalten lassen.
Hinsichtlich der Höhe des anzusetzenden [X.] orientiere sich die Kammer an der Rechtsprechung des [X.] vom 14. März 2012. [X.]anach müsse sich ein Kunde billigerweise an dem Preis festhalten [X.], der drei Jahre vor seinem ersten Widerspruch gegolten habe. [X.]a der Klä-ger vor dem Abrechnungszeitraum 2007/2008 gegenüber zuvor abgerechneten Preisen zu keinem [X.]punkt den Einwand der Unbilligkeit erhoben habe, sehe die Kammer den ab dem 1. April 2007 zugrunde gelegten Arbeitspreis von 4,31 Cent/kWh als angemessen an.

II.
[X.]iese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
[X.]as Berufungsurteil ist bereits deswegen aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die tatbestandlichen Feststellungen in den Gründen des Berufungsurteils nicht ausreichen, um dem [X.] eine revisionsrechtliche Nachprüfung zu er-möglichen.
1. Gemäß § 559 Abs. 1 ZPO ist Grundlage der Prüfung des [X.] grundsätzlich nur der Tatsachenstoff, der sich aus dem Berufungsurteil einschließlich der in ihm enthaltenen wirksamen Bezugnahmen und aus dem Sitzungsprotokoll erschließt. Eine revisionsrechtliche Prüfung muss mithin scheitern, wenn tatbestandliche [X.]arstellungen in einem Berufungsurteil völlig 12
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fehlen oder derart widersprüchlich, unklar oder lückenhaft sind, dass sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung des [X.] nicht mehr zweifelsfrei erkennen lassen ([X.], Urteil vom 6. Juni 2003 -
V
ZR 392/02, NJW-RR 2003, 1290 unter [X.]). In diesen Fällen ist das Berufungsurteil von Amts wegen aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen ([X.], Urteile vom 6. Juni 2003 -
V
ZR 392/02, aaO; vom 13. Februar 1981 -
I [X.], [X.]Z 80, 64, 67 f.; Musielak/Ball, ZPO, 11. Aufl., § 559 Rn.
18). An einem solchen Mangel leidet das Berufungsurteil.
2. [X.]as Berufungsgericht hat sich zur Ablehnung einer ergänzenden Ver-tragsauslegung
wie auch zur Begründung des von ihm stattdessen gemäß §
242 [X.] für erforderlich gehaltenen Interessenausgleichs unter Bezugnahme auf das amtsgerichtliche Urteil im Berufungsurteil mit den -
rudimentären -
Fest-stellungen begnügt, dass der [X.] zwischen den Parteien [X.] kein Preisänderungsrecht enthält, die [X.] aber im Laufe des Lieferverhältnisses ihre Preise erhöhte und der Kläger lange [X.] die berechneten Entgelte widerspruchslos bezahlte.
Einzelheiten zum Zustandekommen des Vertrags und dessen Inhalt hat das Berufungsgericht aber ebenso wenig festgestellt wie die Gründe, aufgrund derer ein Preisänderungsrecht, das in auf unbestimmte [X.] abgeschlossenen [X.] regelmäßig vereinbart wird, hier nicht Vertragsbe-standteil geworden ist, die [X.] aber gleichwohl Preisanpassungen vorge-nommen und zu höheren Preisen als dem [X.] geltenden Preis abge-rechnet und der Kläger die auf Preisanpassungen beruhenden Jahresabrech-nungen der [X.]n über viele Jahre hinweg widerspruchslos beglichen hat.
[X.]iese Lücken lassen sich auch nicht durch die Bezugnahme auf das amtsgerichtliche Urteil schließen, das wiederum auf den Akteninhalt verwiesen hat. Zum einen lässt sich aus einer solchen pauschalen Bezugnahme schon 16
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nicht entnehmen, was das Berufungsgericht für erheblich gehalten und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat ([X.], Urteil vom 30. September 2003
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VI [X.], NJW 2004, 293 unter [X.]). Zum anderen wurden keine Unterla-gen vorgelegt und auch keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ableiten lässt, wie und mit welchem Inhalt der Gaslieferungsvertrag zustande gekom-men ist. [X.]as wäre aber erforderlich gewesen, um einen Interessenausgleich, wie ihn das Berufungsgericht für erforderlich angesehen hat, sachgerecht vor-nehmen zu können oder sonst ergänzungsbedürftige Lücken in den vertragli-chen Regelungen zureichend nachgehen zu können.
Insbesondere ist unklar, worauf die fehlende Vereinbarung eines Preis-änderungsrechts beruht. So steht nicht fest, ob die Parteien eine Festpreisver-einbarung getroffen oder aus sonstigen Gründen von der Einräumung einer Preisänderungsberechtigung der [X.]n abgesehen haben. Ungeklärt ist auch, ob sich die Parteien zwar an sich auf ein Preisänderungsrecht verständigt haben, dieses aber -
mangels wirksamer Einbeziehung (§
305 Abs. 2 [X.]) -
nicht Vertragsbestandteil geworden ist. Im Hinblick auf die unzureichenden Feststellungen des [X.] kommen sämtliche der aufgeführten Sachverhaltsalternativen in Betracht. Ungeklärt ist schließlich auch, auf welche Grundlagen die [X.] ihre Preiserhöhungen gestützt hat und ob sie diese dem Kläger offen gelegt hat. Insbesondere enthalten die von den Parteien vor-gelegten Jahresabrechnungen vom 5. Mai 1998, 16. April 2007 und 17. April 2008 keinen Hinweis darauf, auf welcher (vermeintlichen) Rechtsgrundlage die [X.] die Preisanpassungen vorgenommen hat.
3. [X.]ie Feststellungen des [X.] zum Abschluss und Inhalt des Gaslieferungsvertrags sowie
zu den Umständen der von der [X.]n vorgenommenen Preisanpassungen sind daher derart lückenhaft, dass es an einer ausreichenden Tatsachengrundlage für die vom Berufungsgericht ange-19
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stellte Prüfung fehlt, ob der Gaslieferungsvertrag eine Regelungslücke enthält, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 [X.]) nach den vom [X.] für die Fälle eines nach § 307 [X.] unwirksam vereinbarten Preis-anpassungsrechts entwickelten Grundsätzen (vgl. [X.]surteile vom 14. März 2012 -
[X.], [X.]Z
192, 372 Rn.
21, und [X.], [X.], 200 Rn. 26; vom 23. Januar 2013 -
VIII ZR 23/12, juris Rn. 20; vgl. [X.]surteil vom 15. Januar 2014 -
VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877 Rn. 20) zu schließen wäre (was das Berufungsgericht verneint), oder ob (was es bejaht) dem berei-cherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch des [X.] aus §
812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 [X.] der Einwand von [X.] und Glauben (§
242 [X.]) entgegen-steht.

III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache ist zur Nachholung der erfor-derlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1
ZPO).
1. Für den Fall, dass sich im Verlauf des weiteren Verfahrens ergeben sollte, dass eine Preisänderungsklausel mangels wirksamer Einbeziehung nach § 305 Abs.
2 [X.] nicht Vertragsbestandteil geworden sein sollte, weist der [X.] bezüglich der Berechnung des -
dem Kläger dem Grunde nach gemäß §
812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 [X.] zustehenden -
Anspruchs auf Rückzahlung der aufgrund unberechtigter Gaspreiserhöhungen für die im streitgegenständlichen [X.]raum gezahlten [X.] auf folgendes hin:

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Entgegen der Auffassung des [X.] kann eine im Wege er-gänzender Vertragsauslegung zu schließende planwidrige Unvollständigkeit eines [X.]s auch darauf beruhen, dass ein [X.] [X.] nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden ist (§ 305 Abs. 2, §
306
Abs. 1 Alt. 1 [X.]).
a) Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt immer dann in Betracht, wenn ein Vertrag innerhalb des durch ihn gesteckten Rahmens oder innerhalb der objektiv gewollten Vereinbarung ergänzungsbedürftig ist, weil eine [X.] in einem regelungsbedürftigen Punkt fehlt ([X.], Urteile vom 4.
März 2004 -
III ZR 96/03, [X.]Z 158, 201, 206; vom 20. Januar 1994 -
III ZR 143/92, [X.]Z 125, 7, 17; jeweils mwN; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2010, §
157 Rn. 15). Allein der Umstand, dass ein Vertrag für eine bestimmte Fallgestaltung keine Regelung enthält, besagt nicht, dass es sich um eine planwidrige Unvoll-ständigkeit handelt. Von einer solchen kann nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zu Grunde liegenden Regelungsplan der
Parteien zu verwirklichen, mithin wenn ohne die Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerech-te Lösung nicht zu erzielen wäre ([X.], Urteil vom 4. März 2004 -
III ZR 96/03, aaO; Beschluss vom 17. Juli 2013 -
XII [X.], NJW 2013, 2753 Rn. 14 mwN; BeckOK [X.]/Wendtland, Stand November 2014, §
157 Rn. 35 ff.).
Auf welchen Gründen die Unvollständigkeit beruht, ist grundsätzlich un-maßgeblich ([X.], Urteil vom 4. März 2004 -
III ZR 96/03, aaO mwN). [X.] ist nicht relevant, ob ein
Vertrag deshalb lückenhaft ist, weil Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind. In beiden Fällen bleibt der Vertrag gemäß §
306 Abs. 1 Alt. 1 [X.] im Üb-rigen wirksam und richtet sich sein Inhalt gemäß §
306 Abs.
2 [X.] nach den gesetzlichen Vorschriften. Hierzu zählen auch die Bestimmungen der §§
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157 [X.], in denen die ergänzende Vertragsauslegung ihre Grundlage hat ([X.]surteile vom 1. Februar 1984 -
VIII ZR 54/83, [X.]Z 90, 69, 75 [zu § 6 [X.]]; vom 14. Juli
2010 -
VIII ZR 246/08, [X.]Z 186, 180 Rn. 50; jeweils mwN; MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., §
306 Rn. 22 f.).
Ob und mit welchem Inhalt eine ergänzende Vertragsauslegung zur [X.] der Parteien geboten ist, richtet sich nicht [X.] nach den im Vertrag schon vorhandenen Regelungen und Wertungen (vgl. [X.], Urteil vom 4. März 2004 -
III ZR 96/03, aaO [X.] mwN). Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, welche Regelung die typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise bei sachgerechter Abwägung der beider-seitigen Interessen nach [X.] und Glauben unter Berücksichtigung der [X.] und bestehender [X.] als redliche Vertrags-partner getroffen hätten, wenn ihnen die [X.] des geschlossenen Vertrages bewusst gewesen wäre (vgl. [X.]surteile vom 14. März 2012
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[X.], aaO Rn. 24; vom 18. Juni 2008 -
VIII ZR 154/06, [X.], 2076 Rn. 13 ff.; vom 9. Juli 2008 -
VIII ZR 83/07, [X.], 487 Rn. 21; vom 18. Juli 2007 -
VIII ZR
227/06, NJW-RR 2007, 1697 Rn. 34 f.).
Wie der [X.] bereits entschieden hat, besteht bei langfristigen [X.] ein anerkennenswertes Bedürfnis der Parteien, das bei [X.] bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten ([X.]surteil vom 14. März 2012 -
[X.], aaO Rn. 26). [X.]iesem Bedürfnis liefe es zuwider, wenn bei einem [X.] mit langer Laufzeit die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen rückwirkend ohne zeitliche Begrenzung geltend gemacht wer-den könnte. [X.]enn dies hätte zur Folge, dass der Energieversorger ohne [X.] auf Schwankungen seiner eigenen Bezugspreise für die gesamte [X.] nur den ursprünglich vereinbarten Preis beanspruchen könnte. An-26
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gesichts der Entwicklung der Energiepreise entstünde dadurch bei langfristigen Versorgungsverträgen regelmäßig ein gravierendes Ungleichgewicht von Leis-tung und Gegenleistung. [X.]ies wäre unbillig, würde dem Kunden einen unver-hofften und ungerechtfertigten Gewinn verschaffen und entspräche auch nicht dem objektiv zu ermittelnden hypothetischen Parteiwillen ([X.]surteil vom 14.
März 2012 -
[X.], aaO mwN).
b) Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen weist ein auf unbestimmte [X.]
abgeschlossener [X.] regelmäßig auch dann eine im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließende planwidrige Unvollstän-digkeit auf, wenn die Parteien keine Festpreisabrede getroffen haben, die Ein-beziehung eines vertragstypischen und im Grundsatz den Interessen beider Parteien Rechnung tragenden formularmäßigen [X.]s gemäß §§ 305 f. [X.] scheitert, der Kunde den Preisanpassungen und den darauf ba-sierenden Jahresabrechnungen über einen längeren [X.]raum nicht widerspro-chen hat und nunmehr auch für länger zurückliegende [X.]abschnitte die Un-wirksamkeit von Preiserhöhungen geltend macht (vgl. [X.]surteile vom 14.
März 2012 -
[X.], aaO, und [X.], aaO Rn. 27; vom 23.
Januar 2013 -
VIII ZR 80/12, NJW 2013,
991 Rn. 21 ff., und [X.], [X.] 2013, 224 Rn. 20 f.; vom 15. Januar 2014 -
VIII ZR 80/13, aaO Rn. 20). Eine nur in die Zukunft wirkende Kündigungsmöglichkeit des [X.]s vermag die durch die fehlende Einbeziehung des Preisan-passungsrechts entstandene Regelungslücke im Vertrag nicht in einer für beide Seiten zumutbaren Weise zu schließen. [X.]enn bevor der Kunde Widerspruch erhebt oder Zahlungen nur noch unter Vorbehalt leistet, hat das [X.] auch im Falle
einer Nichteinbeziehung eines formularmäßi-gen [X.]s
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ebenso wie bei dessen Unwirksamkeit -
grund-sätzlich keinen Anlass, das bis dahin praktizierte Gleichgewicht zwischen Leis-tung und Gegenleistung in Frage gestellt zu sehen und dementsprechend das 28
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Versorgungsverhältnis zu kündigen (vgl. [X.]surteile vom 14. März 2012
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[X.], aaO Rn. 23, und [X.], aaO Rn. 28; vom 15. Januar 2014 -
VIII ZR 80/13, aaO).
Aus diesen Erwägungen ist auch die durch die Nichteinbeziehung eines formularmäßigen [X.]s entstehende Regelungslücke inner-halb eines auf unbestimmte [X.] geschlossenen [X.] im We-ge einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß
§§ 133, 157 [X.] in der [X.] zu schließen, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhun-gen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines [X.]raums von drei
Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiser-höhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (vgl. [X.]surteile vom 14. März 2012 -
[X.], aaO Rn.
21, und [X.], aaO Rn.
26; vom 23. Januar 2013 -
VIII ZR 23/12, aaO; vom 15. Januar 2014
-
VIII ZR 80/13, aaO).
2. Wäre hingegen die getroffene Risikoverteilung nach den im weiteren Verfahren zu treffenden Feststellungen -
etwa aufgrund einer Festpreisabrede -
abschließend und deshalb kein Raum für eine nach § 306 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 [X.] in Verbindung mit §§ 133, 157 [X.] vorzunehmende ergänzende Ausle-gung des [X.], so könnte diese Risikoverteilung ohne das

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Hinzutreten weiterer -
bislang nicht ersichtlicher -
Umstände auch nicht über §
242 [X.] korrigiert werden.
[X.]r. Milger
[X.]r. Hessel
[X.]r. Achilles

[X.]r. Schneider
Kosziol

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.12.2012 -
4 C 64/12 -

LG [X.], Entscheidung vom 28.11.2013 -
7 [X.]/13 -

Meta

VIII ZR 370/13

03.12.2014

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2014, Az. VIII ZR 370/13 (REWIS RS 2014, 751)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 751

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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