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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Der Abgabebeschluss des Amtsgerichts – [X.] – [X.] vom 19. April 2023 wird aufgehoben.
Dieses Gericht ist für die Untersuchung und Entscheidung der Sache weiterhin zuständig.
Die Jugendschöffenrichter der Amtsgerichte [X.] und [X.] streiten über die Zuständigkeit für die Verhandlung und Entscheidung in einer Jugendstrafsache.
1. Die Staatsanwaltschaft [X.] hat gegen den heute 21-jährigen am 24. Juni und am 27. Juli 2020 Anklagen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung und Beleidigung sowie wegen Besitzes von Betäubungsmitteln erhoben. Das Amtsgericht – [X.] – [X.] hat beide Verfahren verbunden und mit Beschluss vom 1. April 2021 die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Zu einem für den 25. Oktober 2021 anberaumten [X.] ist der Angeklagte nicht erschienen, die Ladung für einen neuen [X.] am 10. Oktober 2022 konnte nicht zugestellt werden. Nach Bekanntwerden einer neuen Meldeanschrift in B. hat das Amtsgericht [X.] das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft [X.] durch Beschluss vom 19. April 2023 ohne weitere Begründung an das Amtsgericht – [X.] – [X.] ([X.]) abgegeben. Das Amtsgericht [X.] ([X.]) hat Bedenken gegen die Abgabe und hat das Verfahren deshalb mit Beschluss vom 9. Mai 2023 dem [X.] zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
2. Der [X.] ist für die Entscheidung des zwischen den [X.] bestehenden Zuständigkeitsstreit gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 JGG als gemeinschaftliches oberes Gericht berufen, weil die Amtsgerichte [X.] ([X.]) und [X.] ([X.]) in den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte liegen.
3. Für die Verhandlung und Entscheidung der Sache ist das Amtsgericht – [X.] – [X.] zuständig.
Die Voraussetzungen für eine Abgabe gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 JGG liegen nicht vor.
Der nicht mit einer näheren Begründung versehene Abgabebeschluss lässt bereits nicht erkennen, ob sich die Jugendrichterin bewusst gewesen ist, dass eine Abgabeentscheidung gemäß § 42 Abs. 3 JGG im pflichtgemäßen Ermessen steht und deshalb einer sachlichen Begründung bedarf (vgl. Senat, Beschluss vom 25. April 2023 – 2 ARs 25/23 mwN).
Abgesehen davon, dass schon unklar ist, ob der Angeklagte seinen Wohnsitz im Bezirk des Amtsgerichts [X.] nicht bereits vor der Anklageerhebung gewechselt hat (vgl. Senat, Beschlüsse vom 27. Mai 2009 – 2 [X.] und vom 13. März 2018 – 2 [X.]) kommt eine Abgabe des Verfahrens nur dann in Betracht, wenn sie zweckmäßig ist. Hingegen ist von einer Abgabe abzusehen, wenn diese – wie hier – keine sachlichen Vorteile für das Verfahren bringt und nur zu dessen Verzögerung führt.
Die [X.] in [X.], wo das Verfahren seit bereits drei Jahren anhängig ist, ist bereits mit der Sache vertraut, während der Jugendschöffenrichter in [X.] sich zunächst noch einarbeiten müsste. Zudem müssten nicht nur mehrere Zeugen sondern auch der Pflichtverteidiger aus [X.]statt nach [X.] in das wesentlich weiter entfernte [X.] anreisen. Schließlich erscheint es angesichts der häufigen Ortswechsel des mittlerweile erwachsenen Angeklagten ohnehin nicht gesichert, ob er sich derzeit – und gegebenenfalls wie lange noch – im Amtsgerichtsbezirk [X.] aufhält. Zur Vermeidung wiederholter Abgaben ist es daher zweckmäßig, das Verfahren in der Zuständigkeit des Amtsgerichts [X.] zu belassen.
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Zeng |
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Grube |
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Schmidt |
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Meta
01.08.2023
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Beschluss
Sachgebiet: ARs
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.08.2023, Az. 2 ARs 255/23 (REWIS RS 2023, 4862)
Papierfundstellen: REWIS RS 2023, 4862
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