Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2015, Az. I ZR 69/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 918

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:101215B[X.]69.11.0
BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

I ZR 69/11
vom
10. Dezember
2015
in dem Rechtsstreit
-
2
-
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat am 10.
Dezember
2015
durch die
Richter Prof.
Dr.
[X.], Prof. Dr. Schaffert, [X.], Dr. [X.] und die Richterin Dr. Schwonke

beschlossen:

Die Anhörungsrüge gegen das Senatsurteil vom 16.
April 2015 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß §
321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhö-rungsrüge ist nicht begründet.

I. Der Senat
hat angenommen, es sei weder vom [X.] festgestellt noch von der Klägerin vorgetragen
worden,
dass es in konkreten Fällen zu un-berechtigten Vervielfältigungen der an den elektronischen [X.] zugäng-lich gemachten Werke und insbesondere des im Verlag der Klägerin erschiene-nen Lehrbuchs Einführung in die neuere Geschichte

von [X.] durch Nutzer der Leseplätze gekommen
sei;
davon könne auch nicht ohne [X.] ausgegangen werden ([X.], Urteil vom 16.
April 2015

I
ZR 69/11, [X.], 1101 Rn. 44 = [X.], 1361 -
Elektronische Leseplätze II).

Die Klägerin macht geltend, diese Annahme des Senats werde ihrem
Vorbringen nicht gerecht. Sie
habe vorgetragen, dass derartige Missbräuche zu erwarten seien, wenn die Leseplätze nicht technisch so ausgestattet würden, dass keine Ausdrucke und Abspeicherungen möglich seien. Ferner habe sie ausgeführt, dass etwaige Missbräuche nur durch die von ihr erwirkte einstweili-1
2
3
-
3
-
ge Verfügung des [X.]s Frankfurt verhindert worden seien. Mit diesem Vorbringen hätte sich der Senat auseinandersetzen müssen.

Die Rüge der Klägerin ist unbegründet. Der Senat hat sich eingehend mit der Frage
auseinandergesetzt, ob unbefugte Vervielfältigungen des Werkes durch Nutzer der elektronischen Leseplätze zu erwarten sind. Er hat angenom-men, davon könne nicht ohne Weiteres ausgegangen werden, weil zahlreiche Fallgestaltungen in Betracht
kämen, in denen ein Ausdrucken oder Abspeichern der an elektronischen [X.] im Sinne von §
52b Abs.
1 [X.] zur For-schung und
für private Studien

zugänglich gemachten Werke von der Schran-kenregelung des §
53 [X.] gedeckt sei
und der Umfang der vervielfältigten Texte die berechtigten Interessen des Urheberrechtsinhabers nicht ungebühr-lich verletze ([X.], [X.], 1101 Rn. 44 bis 51 -
Elektronische Leseplätze II).

II. Die Klägerin macht weiter geltend, das Urteil stelle
eine unzulässige Überraschungsentscheidung dar, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger [X.] nicht habe rechnen müssen. Nach der Rechtsauffassung der Klägerin und des [X.]s seien allein
die Voraussetzungen des §
52b [X.] streitig gewesen. Folglich sei
es in erster Instanz auf das Verhalten der Bibliothek und nicht auf das Verhalten der Nutzer
angekommen. Erst die auf Vorlage des Senats
ergangene Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] vom 11.
September 2014 habe mittelbar einen Hinweis auf §
53 [X.] enthalten. Der Senat sei daher auf der Grundlage seiner Rechtsansicht gehalten gewesen, das Verfahren an das [X.] zurückzuverweisen und den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Die Klägerin [X.] in der
wiedereröffneten Tatsacheninstanz
unter Beweisantritt vorgetragen, dass es an den [X.] der [X.] durch Nutzer zu

näher bezeichne-ten

unberechtigten Vervielfältigungen von Werken
und
insbesondere des 4
5
-
4
-
Lehrbuchs Einführung in die neuere Geschichte

von [X.] ge-kommen
sei.

Auch diese Rüge der Klägerin hat keinen Erfolg. Entgegen der Ansicht der Klägerin kam es im
vorliegenden Rechtsstreit
bereits in erster Instanz nicht nur auf das Verhalten der Bibliothek, sondern auch auf das der Nutzer an. Ein gewissenhafter und kundiger [X.] musste damit rechnen, dass die Frage
entscheidungserheblich war, ob Nutzer der Leseplätze die von der [X.] zugänglich gemachten Werke und insbesondere das Lehrbuch Ein-führung in die neuere Geschichte

von [X.] unberechtigt vervielfäl-tigten.

Mit dem Klageantrag zu 1b wollte
die Klägerin der [X.] verbieten lassen, Nutzern der Universitäts-
und Landesbibliothek Darmstadt zu ermögli-chen, digitale Versionen der in ihrem Verlag veröffentlichten Werke und insbe-sondere die Einführung in die neuere Geschichte

von [X.] an elektronischen [X.] der Bibliothek ganz oder teilweise auszudrucken und/oder auf USB-Sticks oder anderen Trägern für digitalisierte Werke zu ver-vielfältigen und/oder solche Vervielfältigungen aus den Räumen der Bibliothek mitzunehmen
(vgl. [X.], [X.], 1101 Rn.
34 -
Elektronische Leseplät-ze
II).
Dieser Klageantrag wäre zum einen begründet gewesen, wenn die [X.] durch die beanstandete Handlung das Werk als Täter widerrechtlich zu-gänglich gemacht hätte; das hätte vorausgesetzt, dass
der mit dem [X.] verbundene Eingriff in das Urheberrecht nicht von der Schrankenregelung des §
52b Satz
1 und 2 [X.] gedeckt gewesen wäre (vgl. [X.], [X.], 1101 Rn.
35 bis 42
-
Elektronische Leseplätze II).
Der Kla-geantrag wäre zum anderen begründet gewesen, wenn die Beklagte als [X.] oder Störer für widerrechtliche Vervielfältigungen des Werkes durch Nutzer der elektronischen Leseplätze auf Unterlassung haften würde; das hätte erfordert, dass der mit dem Vervielfältigen des Werkes verbundene Eingriff in 6
7
-
5
-
das Urheberrecht nicht von der Schrankenregelung des §
53 [X.] gedeckt ist (vgl. [X.], [X.], 1101 Rn.
43 bis 53 -
Elektronische Leseplätze II).

Die Parteien haben bereits in erster Instanz darüber gestritten, ob es [X.] ausdrückliche gesetzliche Regelung zulässig ist, dass ein aufgrund der Schrankenregelung des §
52b [X.] durch eine Bibliothek an einem elektroni-schen Leseplatz zugänglich gemachtes Werk aufgrund der Schrankenregelung des §
53 [X.] durch einen Benutzer des elektronischen Leseplatzes vervielfäl-tigt wird (vgl. [X.], [X.], 1101 Rn.
41 -
Elektronische Leseplätze II). Die Klägerin musste damit rechnen, dass der Senat diese Frage bejaht und es daher darauf ankommt, inwieweit Nutzer von [X.] zu Vervielfältigungen nach §
53 [X.] berechtigt sind
und ob Nutzer
der elektronischen Leseplätze der [X.] das von der Klägerin verlegte Werk Einführung in die neuere Geschichte

von [X.] unbefugt vervielfältigen.

[X.]

Schaffert

Kirchhoff

[X.]

Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.03.2011 -
2-6 O 378/10 -

8

Meta

I ZR 69/11

10.12.2015

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2015, Az. I ZR 69/11 (REWIS RS 2015, 918)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 918

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