Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.03.2012, Az. 4 StR 20/12

4. Strafsenat | REWIS RS 2012, 7991

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Gegenstand

Gefährliche Körperverletzung: Pumpsprühflasche mit Haushaltsreiniger als gefährliches Werkzeug


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 7. November 2011

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Körperverletzung schuldig ist;

b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht - Strafrichter - [X.] zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Mit Urteil vom 3. Mai 2010 hatte das [X.] den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen versuchter sexueller Nötigung zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft hob der Senat dieses Urteil, soweit der Angeklagte verurteilt worden war, auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück. Nunmehr hat das [X.] den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Hiergegen richtet sich die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zur Änderung des Schuld- und Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

Die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung kann nicht bestehen bleiben, weil die Wertung der [X.], die bei dem tätlichen Angriff des Angeklagten gegen das Tatopfer eingesetzte [X.] mit Haushaltsreiniger sei als gefährliches Werkzeug nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu qualifizieren, einer rechtlichen Prüfung nicht standhält.

3

Ein gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Vorschrift ist jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen (st. Rspr., vgl. [X.], Urteile vom 27. Januar 2011 - 4 StR 487/10, NStZ-RR 2011, 275, 276; vom 27. September 2001 - 4 StR 245/01, [X.], 86). Nach den Feststellungen der [X.] nahm der Angeklagte die [X.] mit dem Haushaltsreiniger und sprühte aus kurzer Distanz einen Sprühstoß in Richtung des Gesichts des [X.], das an der rechten Gesichtshälfte getroffen wurde. Der Sprühstoß aus der Flasche konnte "gegebenenfalls eine Reizreaktion" aufgrund der enthaltenen Chemikalien, nicht aber Defekte der Hornhaut des Auges oder der Haut zur Folge haben. Tatsächlich trug das Opfer eine vorübergehende Reizung des rechten Auges davon. Damit ist die für die Annahme eines gefährlichen Werkzeugs nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB erforderliche potentielle Gefährlichkeit der konkreten Benutzung des Werkzeugs (vgl. [X.], Beschluss vom 5. September 2006 - 4 StR 313/06, [X.], 95) nicht belegt. Die bloße Eignung, nicht näher konkretisierte [X.] auszulösen, reicht hierfür nicht aus. Soweit die [X.] in ihrer rechtlichen Würdigung auf mögliche Entzündungen der Bindehäute und Reizungen der Haut verweist, wird dies durch die [X.] zur Beweiswürdigung, insbesondere zu den wiedergegebenen Darlegungen des hierzu gehörten rechtsmedizinischen Sachverständigen, nicht getragen.

4

Der Angeklagte hat sich daher lediglich der vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Der erforderliche Strafantrag des [X.] ist form- und fristgerecht gestellt. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend.

5

Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der verhängten Freiheitsstrafe. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 3 StPO Gebrauch und verweist die Sache an das Amtsgericht - Strafrichter - [X.] zurück, dessen Strafgewalt ausreicht.

[X.]Franke

                     Bender                                   [X.]

Meta

4 StR 20/12

20.03.2012

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Magdeburg, 7. November 2011, Az: 24 KLs 1/11

§ 224 Abs 1 Nr 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.03.2012, Az. 4 StR 20/12 (REWIS RS 2012, 7991)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7991

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4 StR 487/10

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