Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.07.2014, Az. 3 B 70/13

3. Senat | REWIS RS 2014, 3933

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Gegenstand

Beweiserhebung zur Klärung der Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) verkennt deren prozessuale Filterfunktion; Änderung des Berufungsurteils im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde


Leitsatz

1. Verkennt ein Gericht die prozessuale Bedeutung des § 42 Abs. 2 VwGO und weist es daher eine Anfechtungsklage wegen Fehlens der Klagebefugnis als unzulässig ab, so liegt darin ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn in der Sache hätte entschieden werden müssen (Fortführung der stRspr).

2. Ein solcher Verfahrensmangel liegt vor, wenn ein Gericht Tatsachen, die zur Begründung der Rechtsverletzung im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO geltend gemacht werden und - wenn sie sich als zutreffend erweisen - eine Rechtsverletzung ergäben, nach einer Beweiserhebung als widerlegt ansieht und die Klage auf dieser Grundlage in einem Zwischenstreit nach § 109 VwGO als unzulässig abweist.

3. In einem solchen Fall kann das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision das Berufungsurteil durch Beschluss nach § 133 Abs. 6 VwGO selbst ändern und die Berufung als unbegründet zurückweisen.

Gründe

1

Der Kläger [X.]det sich gegen eine Anordnung des [X.]eklagten aus dem Jahre 2008, einen Putenbestand wegen einer Tierseuche, einer Form der so genannten Vogelgrippe, zu töten. Adressiert hatte der [X.]eklagte die Tötungsanordnung an den Kläger "als verantwortlichen Gesellschafter" der [X.]. Putenmast, einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, der [X.], die er als Halterin der Puten ansah. Die Anordnung wurde Mitte Dezember 2008 vollzogen. Zwischen den [X.]eteiligten ist streitig, ob und gegebenenfalls wann die [X.] aufgelöst worden und der Kläger an ihrer Stelle Halter der Puten geworden ist. Die Tierseuchenkasse lehnte eine Entschädigung für die getöteten Tiere ab, weil [X.]eiträge nicht fristgerecht gezahlt worden waren.

2

Die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Tötungsanordnung hat das Verwaltungsgericht - nach Erlass eines Zwischen-Gerichtsbescheides - durch Zwischenurteil gemäß § 109 [X.] für zulässig erklärt. Der Kläger habe nach Erledigung der Tötungsanordnung ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Auf die [X.]erufung des [X.]eklagten hat das [X.]erufungsgericht dieses Urteil geändert und die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Klagebegehren sei hauptsächlich auf die - weiterhin statthafte - Anfechtung der Tötungsanordnung gerichtet. Entgegen der Annahme des [X.] und der [X.]eteiligten sei die Tötungsanordnung nicht erledigt, denn sie behalte im [X.] bzw. Regelungsfunktion. Es fehle aber die Klagebefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 [X.]. Der Kläger werde durch die Tötungsanordnung nicht in einer geschützten eigenen Rechtsposition betroffen. Er sei, wie er eingeräumt habe, nicht Eigentümer der unter Eigentumsvorbehalt gekauften Puten. Ein etwaiges Anwartschaftsrecht an den Puten vermittle ihm kein Klagerecht neben dem insofern vorrangig berechtigten Eigentümer oder Halter der Tiere. Die Tötungsanordnung sei auch nicht an ihn adressiert worden; Adressat sei vielmehr, wie eine Auslegung des [X.]escheides ergebe, die [X.] gewesen. Der Kläger sei schließlich auch nicht Halter der Tiere gewesen, wie er geltend mache. Der [X.] lege einen eigenständigen öffentlich-rechtlichen Tierhalterbegriff zugrunde, der nur voraussetze, dass die Haltereigenschaft der zuständigen Stelle angezeigt worden sei. Hieran gemessen sei die [X.] als Halterin anzusehen. Dies gelte auch dann, [X.]n auf die [X.] abgestellt werde. Der [X.] habe im Rahmen der [X.]eweiswürdigung nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die [X.] bis zum Erlass der streitigen Verfügung vollständig im Sinne des § 730 [X.]G[X.] aufgelöst worden sei. Zwar hätten die Zeugen bestätigt, dass eine Auflösung auf Initiative der Hauptgläubigerin beschlossen worden sei; zu ausreichenden Umsetzungsmaßnahmen hätten sie aber [X.]ig sagen können. Auch sei der Kläger im Rechtsverkehr noch bis ins [X.] ausdrücklich im Namen der [X.] aufgetreten. Unabhängig davon gelte diese nach den Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung dem [X.]eklagten gegenüber als fortbestehend. Der Kläger habe die Klagebefugnis auch nicht dadurch erlangt, dass er während des Verfahrens Rechtsnachfolger der [X.] geworden sei. Eine Rechtsnachfolge habe er selbst nicht geltend gemacht.

3

Die [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil ist begründet. Zwar rechtfertigen weder die erhobene [X.] noch die geltend gemachte grundsätzliche [X.]edeutung der Sache die Zulassung der Revision. Der vom Kläger zu Recht gerügte Verfahrensmangel führt aber zur Aufhebung des angegriffenen Urteils des [X.] und zur Zurückweisung der [X.]erufung gegen das Zwischenurteil des [X.].

4

1. Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 [X.], die eine Zulassung der Revision unabhängig von dem unten zu behandelnden Verfahrensmangel rechtfertigen könnte (vgl. [X.]eschluss vom 26. Juni 2000 - [X.]VerwG 7 [X.] 26.00 - [X.] 428 § 1 Abs. 3 [X.] Nr. 15), ist nicht dargelegt. Eine Divergenz liegt vor, [X.]n sich das vorinstanzliche Gericht in An[X.]dung [X.]elben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz in Wi[X.]pruch gesetzt hat zu einem ebensolchen Rechtssatz, der in einer Entscheidung eines divergenzfähigen Gerichts aufgestellt worden ist (stRspr, [X.]eschluss vom 11. August 1999 - [X.]VerwG 11 [X.] - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 [X.] Nr. 19 m.w.N.; [X.], in: [X.], [X.], 13. Aufl. 2010, § 132 Rn. 29 ff.). Ein solcher Wi[X.]pruch wird im [X.]eschwerdevorbringen nicht aufgezeigt.

5

Die [X.]eschwerde meint, das [X.]erufungsgericht sei von dem Urteil des [X.] vom 11. Januar 2001 ([X.]VerwG 7 [X.] 10.00 - [X.]VerwGE 112, 335) abgewichen, weil es das Anwartschaftsrecht an den getöteten Puten nicht als Grundlage einer möglichen Rechtsverletzung im Sinne des § 42 Abs. 2 [X.] angesehen habe. Damit ist ein Wi[X.]pruch zu dem genannten Urteil nicht dargetan. Das [X.]erufungsgericht hat angenommen, dass ein - von ihm unterstelltes - Anwartschaftsrecht "jedenfalls in der vorliegenden Konstellation" nicht geeignet sei, seinem Inhaber eine eigenständige, durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition zu vermitteln. Nach den tierseuchenrechtlichen Entschädigungsvorschriften (§§ 66, 72 [X.]) gingen die von einer Tötungsanordnung betroffenen Eigentümer und Tierhalter einem Anwartschaftsberechtigten vor ([X.] ff.). Damit ist das angefochtene Urteil schon deshalb nicht von der genannten Entscheidung des [X.] abgewichen, weil diese zum [X.] ([X.]) und also nicht in An[X.]dung [X.]elben Rechtsvorschrift ergangen ist. Abgesehen davon liegt in der Sache keine Abweichung vor. Das [X.] hat im Urteil vom 11. Januar 2001 eine Anwartschaft als restitutionsfähigen Gegenstand im Sinne des § 3 [X.] anerkannt, weil kein geschädigter Grundstückseigentümer vorhanden war (a.a.[X.]). Damit lag der Entscheidung vom 11. Januar 2001 ein anderer als der vom [X.]erufungsgericht entschiedene Sachverhalt zugrunde. Ob im Übrigen dem geschädigten Inhaber eines Anwartschaftsrechts an einem Grundstück das Vollrecht auch dann [X.] ist, [X.]n zugleich das Grundstückseigentum von einer Schädigungsmaßnahme betroffen ist, hat das [X.] ausdrücklich offen gelassen. Diese Frage ist in einer früheren Entscheidung ([X.]eschluss vom 24. Februar 1995 - [X.]VerwG 7 [X.] - [X.] 428 § 2 [X.] Nr. 9) sogar - insoweit übereinstimmend mit dem [X.]erufungsgericht - verneint worden, worauf das [X.]erufungsurteil zutreffend hinweist.

6

2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

7

a) Das gilt zunächst, soweit die [X.]eschwerde die Frage aufwirft, "unter welchen Voraussetzungen ein Anwartschaftsberechtigter i.S.d. § 42 Abs. 2 [X.] klagebefugt ist". Auch in der vom Kläger gemeinten Verengung auf Fälle, in denen "ein Eigentümer gleichartige Ersatzansprüche geltend machen" kann, würde die Frage nicht zu einer grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache führen und könnte überdies in dieser Allgemeinheit auch nicht geklärt werden. Stellen könnte sich diese Frage hier nur für das Entschädigungsrecht nach dem Tierseuchengesetz ([X.]) und also für ausgelaufenes Recht. Denn das Tierseuchengesetz ist mit Wirkung zum 1. Mai 2014 vom [X.] (Tiergesundheitsgesetz - TierGesG) vom 22. Mai 2013 ([X.]) abgelöst worden und außer [X.] getreten (§ 45 Abs. 1 TierGesG). Fragen, die sich nur aufgrund von auslaufendem und ausgelaufenem Recht stellen, verleihen einer Rechtssache regelmäßig keine grundsätzliche [X.]edeutung. Mit der Revision könnten Fragen zur Auslegung des geltenden Rechts nicht mehr mit [X.]lick auf die Zukunft fallübergreifend geklärt werden (stRspr; vgl. [X.]eschlüsse vom 7. Oktober 2004 - [X.]VerwG 1 [X.] 139.04 - [X.] 402.240 § 7 AuslG Nr. 12 und vom 5. Oktober 2009 - [X.]VerwG 6 [X.] 17.09 - [X.] 442.066 § 24 TKG Nr. 4). Davon abgesehen ist nicht erkennbar, dass die Frage, wie die [X.]eschwerde ohne Erläuterung behauptet, noch für eine größere Zahl von Fällen [X.]edeutung haben könnte. Dagegen spricht schon die besondere Fallkonstellation, die ihr zugrunde liegt.

8

b) Die unter 4. der [X.]eschwerdeschrift aufgeworfene Frage, "unter welchen Voraussetzungen der im Adressfeld als Empfänger Ausgewiesene zugleich auch Adressat der behördlichen Maßnahme ist", hat keine grundsätzliche [X.]edeutung, weil sie sich nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise beantworten lässt. Die Frage, an [X.] sich ein [X.]escheid richtet, wer also so genannter [X.]ekanntgabeadressat der Regelungen des [X.]escheides ist (zum Unterschied von Inhalts- und [X.]ekanntgabeadressat vgl. [X.], in: [X.], [X.], 13. Aufl. 2010, § 42 Rn. 88 und 10), muss durch Auslegung des jeweiligen [X.]escheides im Einzelfall beantwortet werden. So ist das [X.]erufungsgericht auch vorgegangen ([X.]). Die [X.]eschwerde formuliert hierzu keine abstrakte klärungsfähige und -bedürftige Rechtsfrage, sondern bemängelt die Auslegung des [X.]erufungsgerichts. Die Frage weist deshalb trotz ihrer generalisierenden Einkleidung nicht über die konkrete Rechtssache hinaus. Dies zeigt auch die [X.]eschwerdebegründung, die der Sache nach vornehmlich die rechtlichen Ansätze und die tatrichterliche Würdigung des Sachverhalts in Zweifel zieht.

9

c) Grundsätzliche [X.]edeutung hat die Rechtssache auch nicht, soweit die [X.]eschwerde unter 5. rügt, dass das [X.]erufungsgericht "die Haltereigenschaft des [X.] verneint und die Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bei Fortführung der tatsächlichen Sachherrschaft durch einen früheren Gesellschafter [X.]elben im Rahmen der Klagebefugnis für unerheblich erachtet" hat. Mit der in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Frage, "unter welchen Voraussetzungen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die aufgelöst worden ist, weiterhin Halter von Tieren im verwaltungsrechtlichen Sinne sein kann", soll offenbar der vom [X.]erufungsgericht entwickelte eigenständige öffentlich-rechtliche [X.] ([X.]) zur Überprüfung gestellt werden. Dieser Frage fehlt hier im Ergebnis aber die Klärungsbedürftigkeit.

aa) Allerdings ist der vom [X.]erufungsgericht herausgearbeitete [X.] nicht in einer Weise Zweifeln entzogen, die weitere Klärung erübrigen würde. Der [X.]eschwerde ist zuzugeben, dass eine allein auf die Anzeige abstellende Haltereigenschaft [X.]edenken unter dem Gesichtspunkt der Effektivität des Eingreifens in Fällen weckt, in denen die Fortexistenz des [X.] oder seine tatsächliche oder rechtliche Herrschaftsmacht über den Tierbestand zweifelhaft sind. Solchen Zweifeln ist das Urteil ausgesetzt, sofern es - wohl selbstständig tragend - darauf abstellt, die [X.]G[X.]-Gesellschaft sei nach den Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung dem [X.]eklagten gegenüber als fortbestehend zu behandeln gewesen ([X.] f.). Diese Grundsätze dienen schon handelsrechtlich nicht dazu, ein nicht existentes Rechtssubjekt zu fingieren, sondern sollen die Haftung der den Rechtsschein setzenden Rechtsperson begründen, was hier gerade für die Haltereigenschaft des [X.] sprechen würde. Vor allem aber wäre ein fiktiver Halter kein geeigneter Regelungsadressat einer ordnungsrechtlichen Verfügung, wie sie in Rede steht.

bb) Für den konkreten Fall hat das Oberverwaltungsgericht die Zweifel an der Effektivität seines [X.]s aber sinngemäß durch den Hinweis ausgeräumt, dass der Kläger bei Erlass der gegen ihn als Gesellschafter ergangenen Tötungsanordnung keine Einwände in die Richtung erhoben hat, ihm fehlten die Handlungsmöglichkeiten. Diese bindende Feststellung schließt aber die Not[X.]digkeit aus, die Tragfähigkeit des vom [X.]erufungsgericht entwickelten [X.]s grundsätzlich zu klären. [X.] wäre nur, ob der Kläger - sei es als tatsächlicher Gesellschafter, sei es, weil er den Rechtsschein einer in Wirklichkeit nicht mehr bestehenden Gesellschaft gesetzt hatte - tierseuchenrechtlich in Anspruch genommen werden durfte. Dies liegt jedoch - vorbehaltlich des Vorliegens der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für die Tötungsanordnung - auf der Hand und bedarf nicht der [X.]eantwortung in einem Revisionsverfahren.

d) Die Sache hat auch mit der Frage keine grundsätzliche [X.]edeutung, "ob die [X.]rechtsprechung der zivilrechtlichen Konstruktion der Rechtsnachfolge uneingeschränkt folgt oder hiervon eigenständige Ausnahmen vorsieht". Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich. Wie die [X.]eschwerde im Zusammenhang mit der Klagebefugnis zu Recht geltend macht, betrifft sie einen denkbaren Aspekt der [X.]egründetheit der Klage, die nicht Gegenstand eines Zwischenurteils zur Feststellung der Zulässigkeit nach § 109 [X.] sein kann.

3. Dem [X.]erufungsgericht ist aber ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 [X.] unterlaufen, auf dem das Urteil beruht.

a) Dieser Verfahrensfehler liegt freilich nicht darin, dass das [X.]erufungsgericht nicht festgestellt hat, "ob der Veräußerer der Puten einen eigenständigen Ersatzanspruch gegen den [X.]eklagten" hatte.

aa) Ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Aufklärungsmangel leidet, ist vom materiellrechtlichen Standpunkt der Vorinstanz aus zu beurteilen, und zwar unabhängig davon, ob dieser Standpunkt zutrifft (stRspr; vgl. [X.]eschlüsse vom 30. Dezember 2009 - [X.]VerwG 4 [X.]N 13.09 - juris und vom 23. Januar 1996 - [X.]VerwG 11 [X.] 150.95 - [X.] 424.5 [X.] Nr. 1 m.w.N.). Das [X.]erufungsgericht hat den Rechtsstandpunkt eingenommen, dass allein schon die Existenz eines dinglich [X.]erechtigten zur [X.] verhindere, dass an den [X.]esitzer oder Anwartschaftsberechtigten der Tiere eine Entschädigung mit befreiender Wirkung gezahlt werden darf. Als [X.]erechtigter komme insoweit nur der Eigentümer der Tiere in [X.]etracht, sofern nicht ausnahmsweise ein anderer, dinglich vorrangiger [X.]erechtigter (z.[X.]. [X.]) vorhanden sei ([X.]). Mit diesem rechtlichen Ansatz befand sich das [X.]erufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.]s (vgl. Urteil vom 20. Januar 2005 - [X.]VerwG 3 [X.] 15.04 - [X.] 418.6 [X.] Nr. 18 = NVwZ-RR 2005, 446). Hiervon ausgehend war die Frage, ob dem Eigentümer tatsächlich ein Entschädigungsanspruch zustand, nicht entscheidungserheblich; das [X.]erufungsgericht musste ihr nicht nachgehen.

bb) Diese [X.]etrachtung kann der Kläger nicht allein unter Hinweis darauf infrage stellen, dass er die Kaufpreisforderung des Verkäufers und Eigentümers der Puten beglichen habe. Zwar bewirkt die Kaufpreiszahlung, dass ein Anwartschaftsrecht zu Eigentum erstarkt, im Fall des [X.] das Eigentum an den Puten also auf ihn übergeht. Maßgeblich war aber nach Ansicht des [X.]erufungsgerichts, das sich hierfür auf die Regelung in § 72 Abs. 1 [X.] gestützt hat, die Eigentumslage zum Zeitpunkt der Tötung der Tiere. Dass die Kaufpreisforderung seinerzeit bereits erfüllt war, hat das [X.]erufungsgericht nicht festgestellt und die [X.]eschwerde nicht behauptet.

b) [X.] war es aber, dass das [X.]erufungsgericht im Rahmen der Klagebefugnis abschließend geprüft hat, wer Halter der Puten und damit [X.]etroffener der Tötungsanordnung und möglicher Geschädigter gewesen ist, der Kläger oder die [X.]. Die [X.]eschwerde macht zu Recht geltend, dass das [X.]erufungsgericht mit der [X.]eweisaufnahme die Anforderungen an die Klagebefugnis überspannt hat.

aa) [X.]ei der Anfechtungsklage verlangt § 42 Abs. 2 [X.], dass der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Zur Geltendmachung ist es in tatsächlicher Hinsicht erforderlich, aber auch ausreichend, dass er Tatsachen vorträgt, die es denkbar und möglich erscheinen lassen, dass er durch den Verwaltungsakt in einer eigenen rechtlich geschützten Position beeinträchtigt ist (vgl. Urteil vom 27. November 1996 - [X.]VerwG 11 A 100.95 - [X.] 442.09 § 18 [X.] Nr. 18 = NVwZ 1997, 994). Der Kläger hat diese Anforderungen erfüllt, indem er seine Rechtsverletzung damit begründet hat, er sei Halter der Puten gewesen. Dieser Vortrag, seine Richtigkeit unterstellt, hätte nach dem rechtlichen Ausgangspunkt des [X.]erufungsgerichts die tierseuchenrechtliche Verantwortlichkeit (§ 24 [X.] a.F.) sowie eine potenzielle Entschädigungsberechtigung des [X.] und damit seine Klagebefugnis begründet. Das [X.]erufungsgericht hat ungeachtet dessen im Rahmen der Zulässigkeit durch [X.]eweiserhebung geklärt, ob die [X.] vor dem Erlass der Tötungsanordnung rechtlich vollständig aufgelöst war und den Kläger als Halter verdrängte, und hat dabei seinen Tatsachenvortrag als widerlegt angesehen. Damit ist es deutlich darüber hinausgegangen, was die Geltendmachung nach § 42 Abs. 2 [X.] erfordert. Für die im Rahmen der Zulässigkeit nur zu prüfende Möglichkeit einer Rechtsverletzung genügt es, dass der Kläger Tatsachen behauptet, die - [X.]n sie sich als zutreffend erweisen - eine Rechtsverletzung ergeben können. Darin erschöpft sich die Filterfunktion der Klagebefugnis (vgl. Wahl/[X.], in: [X.]/[X.]/[X.]ier, [X.], [X.]d. I, Stand: April 2013, § 42 Abs. 2 Rn. 10; [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl. 2014, § 42 Rn. 365 ff.).

Sind die vom Kläger zur [X.]egründung der Rechtsverletzung vorgebrachten Tatsachen, wie hier, streitig oder sonst zweifelhaft, ist die Klärung ihrer Richtigkeit im Rahmen der [X.]egründetheit der Klage vorzunehmen. Zwar hat das Gericht die Sachentscheidungsvoraussetzungen in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen und ihre tatsächlichen Voraussetzungen gegebenenfalls aufzuklären (vgl. [X.]eschluss vom 9. Januar 2013 - [X.]VerwG 9 [X.] 20.12 - [X.] 424.01 § 64 FlurbG Nr. 8 m.w.N.). Die Aufklärung wird insoweit jedoch durch die Anforderungen begrenzt, welche die jeweilige Sachentscheidungsvoraussetzung stellt. Das ist im Falle des § 42 Abs. 2 [X.] die bloße Geltendmachung der Rechtsverletzung; dass sie vorliegt, ist für die Zulässigkeit ohne [X.]edeutung. Lässt sich die Rechtsverletzung nicht bereits auf der [X.]asis des [X.] offensichtlich und eindeutig verneinen, ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der [X.]egründetheitsprüfung der Anfechtungsklage, gegebenenfalls durch [X.]eweiserhebung, festzustellen, ob die geltend gemachten Tatsachen zutreffen. Das gilt auch dann, [X.]n wie hier in einem Zwischenverfahren nach § 109 [X.] nur die Zulässigkeit der Klage zur Prüfung steht. Dies verschärft nicht die Anforderungen des § 42 Abs. 2 [X.]. Im Gegenteil besteht die Funktion des Zwischenverfahrens gerade darin, unter prozessökonomischen Gesichtspunkten zu klären, ob in der [X.]egründetheit erforderliche umfangreiche Erörterungen oder [X.]eweiserhebungen vergeblich wären (vgl. [X.]amberger, in: [X.], [X.], 2011, § 109 Rn. 1).

bb) Die Klage war auf der Grundlage des Streitstoffs im [X.]erufungsverfahren zulässig, die Abweisung als unzulässig daher verfahrensfehlerhaft. [X.] ein Gericht die prozessuale [X.]edeutung des § 42 Abs. 2 [X.] und weist es daher eine Anfechtungsklage wegen Fehlens der Klagebefugnis als unzulässig ab, so liegt darin ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 [X.], [X.]n in der Sache hätte entschieden werden müssen (vgl. auch [X.]eschluss vom 17. Dezember 2001 - [X.]VerwG 6 [X.] 61.01 - NVwZ-RR 2002, 323 und vom 6. September 2000 - [X.]VerwG 7 [X.] 216.99 - [X.] 428 § 37 [X.] Nr. 29 m.w.N.; [X.], in: [X.]., [X.], 2011, Vorb. §§ 40 bis 53 Rn. 14 m.w.N.).

cc) Das angefochtene Urteil beruht auch im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 [X.] auf diesem Verfahrensmangel. Die Entscheidung wäre bei Vermeidung des Fehlers zu dem vom Kläger erstrebten Ergebnis der Zurückweisung der [X.]erufung gelangt, sodass es bei der erstinstanzlichen Feststellung der Zulässigkeit geblieben wäre. Eine Abweisung als unbegründet mangels Rechtsverletzung im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 [X.], wie sie bei Zugrundelegung des materiellrechtlichen Standpunkts und der tatsächlichen Feststellungen des [X.]erufungsgerichts sachlich geboten war, kommt im Zwischenverfahren schlechthin nicht in [X.]etracht. Damit würde ein Gericht über den Streitgegenstand des Zwischenverfahrens hinausgehen.

4. Der [X.] nimmt den Verfahrensfehler zum Anlass, das [X.]erufungsurteil zu ändern und die [X.]erufung des [X.]eklagten zurückzuweisen. Dies hätte der [X.] auch in einem Revisionsverfahren auszusprechen, ohne dass in dem auch dort zu wahrenden Rahmen des § 109 [X.] ein Spielraum bestünde. Dann aber kann eine gebotene Korrektur des [X.]erufungsurteils in entsprechender An[X.]dung des § 133 Abs. 6 [X.] bereits im [X.]eschwerdeverfahren bewirkt werden. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass das [X.] auf der Grundlage dieser Vorschrift ermächtigt ist, ein prozessrechtlich zwingendes Verfahrensergebnis im Interesse der Verfahrensökonomie selbst herzustellen (vgl. [X.]eschlüsse vom 2. November 2011 - [X.]VerwG 3 [X.] 54.11 - [X.] 310 § 133 (nF) [X.] Nr. 96 = NVwZ-RR 2012, 86 m.w.N. und vom 24. Oktober 2006 - [X.]VerwG 6 [X.] 61.06 - [X.] 310 § 113 Abs. 1 [X.] Nr. 24 Rn. 8).

Da das Verfahren nach der Zurückweisung der [X.]erufung gegen das Zwischenurteil beim Verwaltungsgericht fortzusetzen ist, muss die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten bleiben.

Meta

3 B 70/13

21.07.2014

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend OVG Lüneburg, 20. August 2013, Az: 10 LB 6/11, Urteil

§ 42 Abs 2 VwGO, § 109 VwGO, § 66 ViehSeuchG, § 72 Abs 1 ViehSeuchG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.07.2014, Az. 3 B 70/13 (REWIS RS 2014, 3933)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3933

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Wird zitiert von

M 7 K 14.4432

B 9 V 63/20 B

VI-Kart 6/16 (V)

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