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[X.]UNDESGERICHTSHOF
[X.]ESCHLUSS
XII Z[X.] 445/10
vom
20. Juli 2011
in der [X.]etreuungssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 70 Abs. 1
Eine Rechtmittelbelehrung, die fälschlicherweise darauf hinweist, dass gegen den [X.]eschluss das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde stattfinde, stellt keine Entschei-dung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde dar.
[X.], [X.]eschluss vom 20. Juli 2011 -
XII Z[X.] 445/10 -
LG Hannover
[X.]
-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 20.
Juli 2011
durch die [X.] [X.]in Dr.
Hahne
und die [X.] [X.], Dr.
Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-[X.]oeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]eschluss der 2.
Zivilkammer des [X.] vom 12.
August 2010 wird verworfen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§
131 Abs.
5 Satz
2 KostO).
[X.]eschwerdewert: 3.000
Gründe:
I.
Die [X.]etroffene und der [X.]eteiligte zu 1 wenden sich gegen die [X.]estellung eines Ergänzungsbetreuers sowie gegen die Anordnung, dass die Prüfung der von dem [X.]eteiligten zu 1 erfolgten Rechnungslegung einem Sachverständigen übertragen worden ist.
Durch [X.]eschluss vom 1.
August 2008 wurde für die [X.]etroffene eine [X.]e-treuung angeordnet und der [X.]eteiligte zu 1 zum [X.]etreuer bestellt. Als Aufga-benkreis wurden Gesundheits-
und Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung, Entgegennahme,
Öffnen und Anhalten der Post sowie Rechts-, Antrags-
und 1
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-
[X.]ehördenangelegenheiten bestimmt. Über eine Aufhebung oder Verlängerung der [X.]etreuung sollte bis zum 1.
August 2010 entschieden werden.
Durch [X.]eschluss vom 2.
Oktober 2009 wurde der [X.]eteiligte zu 2, Rechtsanwalt [X.], zum Gegenbetreuer für den Aufgabenkreis Vermögenssorge bestellt. Mit [X.]eschluss vom 30. März 2010, ergänzt durch [X.]eschluss vom 15.
April 2010, wurde er außerdem zum Ergänzungsbetreuer bestellt. Sein [X.] umfasst insoweit die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte der [X.]etroffenen in [X.]ezug auf die F.W. Verwaltungs-
und [X.]eteiligungsgesellschaft mbH. Zur [X.]egründung wurde ausgeführt, die Anordnung sei erforderlich, weil der [X.]eteiligte zu 1 aufgrund der [X.]estellung seiner Ehefrau als Geschäftsführerin an der Vertretung der [X.]etroffenen gehindert sei. Durch [X.]eschluss vom 12.
Juli 2010 wurde die Prüfung der von dem [X.]eteiligten zu
1 eingereichten [X.] vom 17.
Juli 2008 bis zum 16.
Juli 2009 einem Sachverständigen übertragen.
Gegen die Entscheidungen vom 30.
März 2010 und vom 12.
Juli 2010 haben die [X.]etroffene und der [X.]eteiligte zu 1 [X.]eschwerde eingelegt. Das [X.] hat den [X.]eschwerden nicht abgeholfen und die Sache dem [X.] zur Entscheidung vorgelegt. Das [X.] hat die [X.]eschwerden aus den Gründen der Nichtabhilfeentscheidungen zurückgewiesen. Der [X.]eschluss ent-hält am Ende eine -
kleiner gedruckte und als solche bezeichnete
-
Rechtsmit-telbelehrung, nach deren erstem Satz gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zum [X.] stattfindet. Die [X.]etroffene und der [X.]eteiligte zu 1 haben Rechtsbeschwerde eingelegt; sie erstreben die [X.] der ergangenen Entscheidungen.
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-
4
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II.
Die Rechtsbeschwerden sind unzulässig, da sie gemäß §
70 FamFG i.V.m. Art.
111 Abs.
1 [X.] unstatthaft sind.
Nach §
70 Abs.
1 FamFG ist die Rechtsbeschwerde eines [X.]eteiligten statthaft, wenn sie das Rechtsbeschwerdegericht oder das [X.] im ersten Rechtszug in dem [X.]eschluss zugelassen hat. Nach §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 FamFG ist die Rechtsbeschwerde gegen einen [X.]eschluss des [X.] auch ohne Zulassung unter anderem in [X.] zur [X.]estellung eines [X.]etreuers sowie zur Aufhebung einer [X.]etreuung statthaft.
1. Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen für eine zulassungs-freie Rechtsbeschwerde nicht vor.
a) Die Regelung des §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 FamFG, die eine Rechts-beschwerde auch ohne Zulassung erlaubt, knüpft an die gleichlautende Defini-tion des [X.]egriffs der [X.] in §
271 Nr.
1 und 2 FamFG an. Die dort genannten [X.] sind von besonderer [X.]edeutung, weil durch sie regelmäßig in gravierendem Maße in höchstpersönliche Rechte der [X.]eteiligten eingegriffen wird. Dies wollte der Gesetzgeber mit der Differenzie-rung in §
271 FamFG deutlich machen. Da er mit der Regelung des §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 FamFG gerade für [X.] mit besonders hoher Ein-griffsintensität in höchstpersönliche Rechte der [X.]eteiligten einen zulassungs-freien Zugang zum [X.] schaffen wollte, folgt aus der Verknüp-fung der beiden Vorschriften, dass eine Rechtsbeschwerde ohne Zulassung durch das Rechtsbeschwerdegericht in allen Verfahren statthaft ist, die von §
271 Nr.
1 und 2 FamFG erfasst werden (Senatsbeschlüsse vom 9.
Februar 2011 -
XII
Z[X.]
364/10
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FamRZ 2011, 632 Rn.
7 und vom 15.
September 2010 -
XII
Z[X.]
166/10
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FamRZ 2010, 1897 Rn.
8).
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[X.] zur [X.]estellung eines [X.]etreuers im Sinne der §§
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1, 271 Nr.
1 FamFG sind Verfahren nach §
1896 [X.]G[X.]. Dabei kann es sich sowohl um ein Erstverfahren als auch um ein Verlängerungsver-fahren handeln, für das §
295 Abs.
1 FamFG eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahme bestimmt. Die besonders hohe Eingriffsintensität ergibt sich bei diesen Verfahren daraus, dass mit der [X.]estellung des [X.]etreuers zugleich die Anordnung der [X.]etreuung selbst einhergeht. Denn §
1896 [X.]G[X.] unterscheidet nicht zwischen Anordnung der [X.]etreuung einerseits und [X.]estellung eines [X.]etreuers andererseits; vielmehr ist eine Einheitsentscheidung zu treffen (Senatsbeschlüsse vom 9.
Februar 2011 -
XII
Z[X.]
364/10
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FamRZ 2011, 632 Rn.
8 und vom 15.
September 2010 -
XII
Z[X.]
166/10
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FamRZ 2010, 1897 Rn.
10).
Demgegenüber liegt nach der Rechtsprechung des Senats kein Anwen-dungsfall der §§
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1, 271 Nr.
1 FamFG vor, wenn -
wie hier mit [X.]eschluss vom 30.
März 2010 geschehen
isoliert die [X.]estellung eines Ergänzungsbetreuers gemäß §§
1899 Abs.
4, 1908
i, 1795 Abs.
1, 1796 [X.]G[X.] angeordnet worden ist (Senatsbeschluss vom 25.
Mai 2011
XII
Z[X.]
283/10
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zur Veröffentlichung bestimmt). Deshalb findet die zulassungsfreie Rechtsbe-schwerde gegen einen [X.]eschluss des [X.] in solchen Verfah-ren nicht statt.
b) Auch bei der mit [X.]eschluss vom 12.
Juli 2010 angeordneten Prüfung der Rechnungslegung durch einen Sachverständigen handelt es sich nicht um ein Verfahren nach §
1896 [X.]G[X.] und damit nicht um eine [X.]etreuungssache zur [X.]estellung eines [X.]etreuers. Davon geht auch die Rechtsbeschwerde aus.
2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das [X.] die Rechtsbeschwerde auch nicht zugelassen.
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a) Die Rechtsbeschwerde macht geltend: Die [X.], die die [X.] erlassen hätten, hätten
die Rechtsmittelbelehrung unterschrie-ben, die zum Inhalt habe, dass gegen den vom [X.]eschwerdegericht erlassenen [X.]eschluss das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zum [X.] stattfindet. Die [X.]elehrung sei nicht auf die Entscheidung über die [X.]estellung eines Ergänzungspflegers beschränkt worden. Da bezüglich des [X.]eschlusses über die Prüfung der Rechnungslegung eine zulassungsfreie [X.] nicht eröffnet sei, liege in der Rechtsmittelbelehrung insofern die [X.] Zulassung der Rechtsbeschwerde.
b) Damit vermag die Rechtsbeschwerde nicht durchzudringen.
aa) Die Zulassung der Rechtsbeschwerde hat nach §
70 Abs.
1 FamFG in dem [X.]eschluss zu erfolgen, mit dem das [X.]eschwerdegericht über die [X.]eschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung oder das [X.] in erster Instanz entschieden hat. Dabei kann die Zulassung in der Entscheidungsformel oder in den Gründen ausgesprochen werden ([X.]/[X.] FamFG 16.
Aufl. §
70 Rn.
36; [X.]/[X.] 3.
Aufl. §
543 Rn.
29 f.). [X.] hat die Prüfung, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung (hier: des §
70 Abs.
2 FamFG) erfüllt sind, sowie eine Entschließung über die Zulassung.
[X.]) Eine unzutreffend erteilte Rechtsmittelbelehrung kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht ersetzen. Sie dient nicht der Ergänzung oder [X.] der Entscheidung, sondern allein der Information der [X.]eteiligten über bestehende Rechtsmittel (vgl. §
39 FamFG). Durch eine insofern unrichti-ge Angabe wird deshalb ein unstatthaftes Rechtsmittel nicht statthaft ([X.] [X.]e-schluss vom 21.
Februar 2007 -
AnwZ([X.]) 86/06 -
NJW-RR 2007, 1071 Rn.
9; [X.]AGE 102, 213, 218). In der Rechtsprechung der [X.]e ([X.] 13
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Stuttgart [X.] 2009, 114, 115; [X.] Koblenz FamRZ 2010, 908 f.; [X.] Schleswig FamRZ 2008, 75, 76; [X.] Köln [X.] 2005, 205, 206; [X.] Karls-ruhe FamRZ 2000, 302; [X.]ayObLG [X.]ayObLGZ 2000, 318
-
juris Rn.
9 ff. und [X.], 70
f.) sowie im Schrifttum ([X.]/[X.] aaO §
70 Rn.
39; [X.]/[X.] aaO §
39 FamFG Rn.
10; [X.]/[X.]/
[X.] FamFG §
39 Rn.
5; [X.] in [X.]eckOK FamFG §
39 Rn.
26) wird das, soweit ersichtlich, nicht anders beurteilt. Dabei gilt diese [X.]ewertung auch dann, wenn die Rechtsmittelbelehrung als [X.]estandteil des [X.]eschlusses durch die Un-terschriften der erkennenden [X.] gedeckt ist ([X.] Stuttgart [X.] 2009, 114, 115; [X.]ayObLG [X.]ayObLGZ 2000, 318
-
juris Rn.
10). Hierdurch ändert sich der Charakter als bloße [X.]elehrung über das für statthaft gehaltene Rechtsmittel nicht. Eine Willensentschließung
im Sinne einer Zulassungsentscheidung kann daraus nicht entnommen werden.
c) Danach ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass das [X.] die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat. In der Entscheidungsformel ist dies nicht erfolgt; gesonderte
Gründe weist der angefochtene [X.]eschluss nicht auf. Die Rechtsmittelbelehrung ist durch eine kleinere Schrift erkennbar von dem übrigen Text abgesetzt. [X.]ei ihr handelt es sich nicht um die gesetzlich vorgesehene Einzelfallentscheidung über die Zulassung der [X.], sondern -
entsprechend der Überschrift "Rechtsmittelbelehrung"
-
um An-gaben zu der nach Auffassung des [X.]s bestehenden Rechtsmittel-möglichkeit. Enthalten aber weder Tenor noch Gründe einen Hinweis auf die17
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Zulassung der Rechtsbeschwerde, ist diese nicht zugelassen worden ([X.]/[X.] aaO §
543 Rn.
31 mwN; Musielak/[X.]all ZPO 8.
Aufl. §
543 Rn.
14).
Hahne
[X.]
Klinkhammer
Schilling
Nedden-[X.]oeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.03.10 -
671 XVII P 2261 -
LG Hannover, Entscheidung vom 12.08.10 -
2 T 61/10 und 2 [X.]/10 -
Meta
20.07.2011
Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2011, Az. XII ZB 445/10 (REWIS RS 2011, 4595)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 4595
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
XII ZB 283/10 (Bundesgerichtshof)
XII ZB 671/10 (Bundesgerichtshof)
XII ZB 445/10 (Bundesgerichtshof)
Betreuungsverfahren: Fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung als Zulassung der Rechtsbeschwerde
XII ZB 283/10 (Bundesgerichtshof)
Betreuung: Statthaftigkeit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde in Verfahren über die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers
XII ZB 241/12 (Bundesgerichtshof)
Betreuung: Folgen der Bestellung eines Ergänzungsbetreuers