Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2011, Az. XII ZB 283/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6255

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]

vom

25. Mai 2011

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 271 Nr. 1;
[X.] §§ 1899 Abs. 4, 1908 i; 1795 Abs. 1, 1796
Die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers gemäß §§
1899 Abs.
4, 1908
i, 1795 Abs.
1, 1796 [X.] wird ebenso wie die Ablehnung einer solchen Bestellung nicht von den §§
70 Abs.
3 Nr.
1, 271 Nr.
1 FamFG erfasst. Deshalb ist die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des [X.] in solchen Ver-fahren nicht statthaft (im [X.] an Senatsbeschlüsse vom 15.
September 2010 -
XII
ZB
166/10
-
FamRZ 2010, 1897 und vom 9.
Februar 2011 -
XII
ZB
364/10
-
Fa-mRZ 2011, 632).

[X.], Beschluss vom 25. Mai 2011 -
XII [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.]s hat am
25.
Mai 2011
durch die [X.] Richterin Dr.
Hahne und die Richter [X.], Schilling, Dr.
Klinkhammer und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss der 7.
Zivilkammer des [X.] vom 21.
Mai 2010 wird verworfen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Beschwerdewert:
3.000

Gründe:
I.
Der Betroffene wendet sich gegen die hinsichtlich der Bestellung eines Ergänzungsbetreuers ergangenen Entscheidungen.
Durch Beschluss vom 1.
Juli 2008 wurde die im Wege der einstweiligen Anordnung angeordnete Betreuung für den Betroffenen aufrechterhalten.
Der bisherige Aufgabenkreis der bestellten Betreuerin wurde erweitert und umfasst die Gesundheitsfürsorge, die Aufenthaltsbestimmung im Rahmen der [X.], die Vermögensangelegenheiten sowie die Vertretung bei [X.] und Ämtern. Als Zeitpunkt, bis zu dem über die Aufhebung oder [X.] zu entscheiden ist, hat das Amtsgericht den 1.
Juli 2015 angesetzt.
1
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-
3
-
Am 14.
Oktober 2009 ordnete das Amtsgericht im Wege der einstweili-gen Anordnung für den Aufgabenkreis der Vermögensangelegenheiten einen Einwilligungsvorbehalt an. Durch Beschluss vom 9.
November 2009 wurde die bisherige Betreuerin auf ihren Wunsch entlassen und der Beteiligte zu
2 zum Betreuer bestellt. Ferner wurde der Einwilligungsvorbehalt dauerhaft angeord-net. Gegen den Beschluss legte der Beteiligte zu
2 Beschwerde
ein, die er [X.] bezüglich der Anordnung des [X.] zurücknahm.
Im Dezember 2009 regte der Beteiligte zu
2
die Bestellung eines Ergän-zungsbetreuers an, weil der Betroffene
wünsche, dem Beteiligten zu
4
sowie dessen Schwester
-
beides Kinder des Betreuers
-
größere Geldbeträge zuzu-wenden. Durch Beschluss vom 7.
Dezember 2009 lehnte das Amtsgericht die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die beabsichtigte Vollziehung des formlosen Schenkungsversprechens des Be-troffenen zugunsten der Kinder des Betreuers bewege sich nicht im Rahmen einer Sittlichkeits-, Anstands-
oder Gelegenheitsschenkung. [X.] könne der Betroffene infolge des [X.] selbst nicht machen, der [X.] sei gemäß §
1804 [X.] an Zuwendungen gehindert, die den vorgenann-ten Rahmen überstiegen; die beantragte [X.] sei deshalb nicht erforderlich.
Durch Beschluss vom 16.
Februar 2010 ordnete das Amtsgericht eine [X.] zur Vertretung des Betroffenen in Wahrnehmung der Rechte in Bezug auf zwei
-
gegebenenfalls ehemalige
-
Sparguthaben bei der Volksbank
M. einschließlich der Geltendmachung eventueller Rückerstattungs-ansprüche an.
Zum Ergänzungsbetreuer wurde der Beteiligte zu
3
bestellt. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, der Sachverhalt stelle sich inzwischen so dar, als habe der Betroffene eines der Sparguthaben bereits Mitte [X.] 2009 auf den Beteiligten zu
4 übertragen. Insoweit bestünden allerdings 3
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-
4
-
Bedenken gegen die Wirksamkeit
der Zuwendung. Der sich aus der verwandt-schaftlichen Nähe des Betreuers zu dem
Bedachten ergebenden [X.] sei mit der Anordnung der [X.] Rechnung zu tragen. Auch gegen diesen Beschluss hat der Betroffene Beschwerde eingelegt.
Das [X.] hat die Beschwerde gegen die Beschlüsse vom 7.
Dezember 2009 und vom 16.
Februar 2010 zurückgewiesen. Hiergegen rich-tet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, da sie gemäß §
70 FamFG
i.V.m.
Art.
111 Abs.
1 [X.] unstatthaft ist.
Nach §
70 Abs.
1 FamFG ist die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder
das Oberlandesgericht im [X.] Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. Nach §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 FamFG ist die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des [X.] auch ohne Zulassung unter anderem in [X.] zur Bestellung eines Betreuers sowie zur Aufhebung einer Betreuung statthaft.
Im vorliegenden Fall hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde weder zugelassen noch liegen die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde vor.
1. Die Regelung des §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 FamFG, die eine Rechts-beschwerde auch ohne Zulassung erlaubt, knüpft an die gleichlautende Defini-tion des Begriffs der [X.] in §
271 Nr.
1 und 2 FamFG an. Die dort genannten [X.] sind von besonderer Bedeutung, weil 6
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-
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-
durch sie regelmäßig in gravierendem Maße in höchstpersönliche Rechte der Beteiligten eingegriffen wird. Dies wollte der Gesetzgeber mit der Differenzie-rung in §
271 FamFG deutlich machen. Da er mit der Regelung des §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 FamFG gerade für [X.] mit besonders hoher Ein-griffsintensität in höchstpersönliche Rechte der Beteiligten einen zulassungs-freien Zugang zum [X.] schaffen wollte, folgt aus der Verknüp-fung der beiden Vorschriften, dass eine Rechtsbeschwerde ohne Zulassung durch das Beschwerdegericht in allen Verfahren statthaft ist, die von §
271 Nr.
1 und 2 FamFG erfasst werden (Senatsbeschlüsse vom 9.
Februar 2011 -
XII
ZB
364/10
-
FamRZ 2011, 632 Rn.
7 und vom 15.
September 2010 -
XII
ZB
166/10
-
FamRZ 2010, 1897 Rn.
8).
[X.] zur Bestellung eines Betreuers im
Sinne der §§
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1,
271 Nr.
1 FamFG sind Verfahren nach §
1896 [X.]. Dabei kann es sich sowohl um ein Erstverfahren als auch um ein Verlängerungsver-fahren handeln, für das §
295 Abs.
1 FamFG eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahme anordnet.
Die besonders hohe Eingriffsintensität ergibt sich bei diesen Verfahren daraus, dass mit der Bestellung des Betreuers zugleich die Anordnung der Betreuung selbst einhergeht. Denn §
1896 [X.] unterscheidet nicht zwischen Anordnung der Betreuung einerseits und Bestellung eines Betreuers andererseits; vielmehr ist eine Einheitsentscheidung zu treffen (Senatsbeschlüsse vom
9.
Februar 2011 -
XII
ZB
364/10
-
FamRZ 2011, 632 Rn.
8 und vom 15.
September 2010 -
XII
ZB
166/10
-
FamRZ 2010, 1897 Rn.
10).
Demgegenüber liegt nach der Rechtsprechung des Senats kein Anwen-dungsfall der §§
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1, 271 Nr.
1 FamFG vor, wenn bei [X.] Betreuung eine isolierte Entscheidung über die Beendigung des [X.] des bisherigen Betreuers getroffen wird (Senatsbeschluss
vom 9.
Februar 11
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-
6
-
2011 -
XII
ZB
364/10
-
FamRZ 2011, 632 Rn.
9; vgl. auch Senatsbeschluss
vom 15.
September 2010 -
XII
ZB
166/10
-
FamRZ 2010, 1897 Rn.
17). Die Entlas-sung des bisherigen Betreuers berührt nicht den Fortbestand der Betreuung als solche.
2. Ausgehend hiervon liegt auch im vorliegenden Fall keine Betreuungs-sache im Sinne der §§
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1, 271 Nr.
1 FamFG vor. Die Be-stellung eines Ergänzungsbetreuers nach den §§
1899 Abs.
4, 1908
i Abs.
1, 1795 Abs.
1, 1796 [X.] lässt die angeordnete Betreuung und den in Rede ste-henden Aufgabenkreis der Vermögensangelegenheiten in seinem Umfang un-berührt. Eine Änderung ergibt sich allein hinsichtlich der Zuständigkeit der
[X.]
zur Wahrnehmung einzelner Angelegenheiten: Soweit die Ergänzungs-betreuung reicht, tritt der Ergänzungsbetreuer an die Stelle des (eigentlichen) Betreuers; im Übrigen bleibt der Betreuer für den Aufgabenkreis zuständig. Ein solches Verfahren fällt -
ebenso wie die Entlassung des bisherigen Betreuers
-
unter die Auffangbestimmung des §
271 Nr.
3 FamFG.
Die Entscheidung über die Ablehnung der Bestellung eines Ergänzungs-betreuers ist ebenso zu beurteilen. Solange keine [X.] ange-ordnet wird, verbleibt es bei der Zuständigkeit des bestellten Betreuers. Weder die Betreuung an sich noch der Aufgabenkreis des Betreuers werden hiervon tangiert.
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-
Die Rechtsbeschwerde ist danach nicht statthaft. Der Beschluss des Amtsgerichts vom 10.
November 2009 (bezüglich der Betreuerbestellung)
ist nicht Gegenstand der Rechtsbeschwerde, da das [X.] über die insofern eingelegte Beschwerde durch den angefochtenen Beschluss nicht entschieden hat.
Hahne
[X.]
Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.12.2009 und 16.02.2010
-
64 XVII L 909 -

LG [X.], Entscheidung vom 21.05.2010 -
I-7 [X.] und I-7 T
101/10 -

15

Meta

XII ZB 283/10

25.05.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2011, Az. XII ZB 283/10 (REWIS RS 2011, 6255)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6255

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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