Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2000, Az. XI ZR 248/99

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 532

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:14. November 2000Herrwerth,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: ja[X.]R: ja_____________________BGB §§ 138 [X.] 1, 139, 366 Abs. 2a) Mitdarlehensnehmer ist nur, wer ein eigenes Interesse an der Kreditge-währung hat und über die Auszahlung und Verwendung der [X.] mitentscheiden darf, Mithaftender, wer der Bank nicht als gleichbe-rechtigter Darlehensnehmer gegenüber steht.b) Eine [X.]e finanzielle Überforderung des mitverpflichteten Ehepartnersoder nahen Angehörigen ist grundsätzlich erst dann zu bejahen, wenn derBetroffene voraussichtlich nicht einmal die laufenden Zinsen der [X.] aufzubringen vermag. Anderweitige Sicherheiten des [X.] nur zu berücksichtigen, soweit sie das Haftungsrisiko des [X.] auf ein rechtlich vertretbares Maß beschränken.c) In den Fällen der [X.]en finanziellen Überforderung besteht eine tat-sächliche (widerlegliche) Vermutung, daß sich der Ehegatte oder naheAngehörige bei der Übernahme der Mithaftung nicht von seinen [X.] 2 -sen und von einer rationalen Einschätzung des wirtschaftlichen Risikoshat leiten lassen und daß das Kreditinstitut die emotionale Beziehungzwischen Hauptschuldner und Mithaftenden in sittlich anstößiger Weiseausgenutzt hat.d) Der Erwerb bloßer mittelbarer Vorteile aus einem Betriebsmittelkredit desHauptschuldners ist nicht geeignet, die tatsächliche Vermutung einer [X.] Willensbeeinflussung zu widerlegen.e) Die gegen die guten Sitten verstoßende [X.] ist nach § 139BGB teilweise aufrecht zu erhalten, wenn die [X.] des [X.] an Stelle der unwirksamen Regelungeine andere auf das zulässige Maß beschränkte vereinbart hätten undsich der Vertragsinhalt in eindeutig abgrenzbarer Weise in den nichtigenTeil und den von der Nichtigkeit nicht berührten Rest aufteilen läßt (Be-stätigung von [X.], [X.], Urteil vom 14. November 2000 - [X.] - [X.] Stuttgart- 3 -Der XI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündlicheVerhandlung vom 14. November 2000 durch den Vorsitzenden [X.][X.] und die [X.] [X.], [X.], [X.] undDr. [X.] Recht erkannt:Die Revisionen der Klägerin und der [X.] gegendas Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 3. August 1999 werden zurückgewiesen.Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegen-einander aufgehoben.Von Rechts [X.]:Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Mitverpflichtungder [X.] aus einem Darlehensvertrag. Dem liegt folgender Sach-verhalt zugrunde:Am 6. April 1992 schloß die klagende Sparkasse mit dem inzwi-schen geschiedenen Ehemann der [X.], dem Alleininhaber einesMontagebetriebes, einen Darlehensvertrag über 47.000 DM zu einemauf fünf Jahre festgeschriebenen Zinssatz von 9%, rückzahlbar in mo-natlichen Raten von 800 DM. Der Vertrag wurde von der [X.] alsDarlehensnehmerin mitunterzeichnet. Nach dem Willen der Vertrags-parteien sollten mit dem Kredit die Geschäftsverbindlichkeiten des [X.] -maligen Ehemannes der [X.] umgeschuldet und gemeinsameRestschulden der Eheleute in Höhe von 9.190,71 DM abgelöst werden.Zur Sicherung des Darlehens wurden der Klägerin eine Lebensversi-cherung der [X.] und zwei Lebensversicherungen ihres geschie-denen Ehemannes übertragen.Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses betreute die [X.] Jahre alte Beklagte, die den Friseurberuf erlernt hat, ihre vier [X.] Alter von einem bis acht Jahren. Ferner half sie für ein geringesEntgelt im Betrieb ihres damaligen Ehemannes aus.Die Darlehensraten wurden bis Oktober 1996 über das Ge-schäftskonto des geschiedenen Ehemannes der [X.] vertragsge-mäß bezahlt. Nachdem weitere Tilgungsleistungen ausgeblieben [X.], kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 24. Februar 1997 [X.] fristlos und verwertete daraufhin die Sicherungs-zwecken dienenden Lebensversicherungen. Nach deren Verwertungverblieb am 12. März 1998 eine Restschuld von 15.143,23 DM zuzüg-lich 3.906,39 DM Zinsrückstände. Mit der Klage nimmt die Klägerin [X.], die im September 1994 eine Teilzeitbeschäftigung mit einemmonatlichen Nettoverdienst von 840 DM aufgenommen hat, als Ge-samtschuldnerin neben ihrem geschiedenen Ehemann auf Zahlung von19.049,62 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch.Die Beklagte ist der Ansicht: Nach dem Inhalt des [X.] sei sie keine Darlehensnehmerin geworden, sondern habe [X.] der Klägerin die unbeschränkte Mithaftung übernommen. [X.] ihr erklärte Schuldbeitritt sei wegen Verstoßes gegen die [X.] nichtig, jedenfalls aber im Hinblick auf die Ehescheidung im Jah-- 5 -re 1998 nach den allgemeinen Regeln über den Wegfall der [X.] erloschen.Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesge-richt hat ihr in Höhe von 9.190,71 DM zuzüglich Zinsen stattgegebenund sie im übrigen abgewiesen. Mit den - zugelassenen - [X.] die Klägerin den abgewiesenen Teil ihres Klageantrags weiter,während die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Ur-teils erstrebt.Entscheidungsgründe:Die Revisionen haben keinen Erfolg.[X.] Berufungsgericht hat die Mitunterzeichnung des [X.] durch die Beklagte für einen gegen die guten Sitten versto-ßenden und zum überwiegenden Teil nichtigen Schuldbeitritt gehalten.Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:Bei dem streitgegenständlichen Darlehen handele es sich [X.] um einen für den damaligen Ehemann der [X.] be-stimmten Betriebsmittelkredit. Bei wertender Betrachtung habe die [X.] nicht die Stellung einer Kreditnehmerin, sondern einer bloßenMitschuldnerin erlangt. Da sie mit ihren monatlichen Einnahmen ausder Mitarbeit im Betrieb ihres geschiedenen Ehemannes weder die inden Monatsraten enthaltenen Zinsen hätte aufbringen, noch innerhalb- 6 -von fünf Jahren ein Viertel der Hauptschuld (ohne Zinsen) hätte [X.], sei sie durch den Schuldbeitritt finanziell [X.] überfordertworden. Auf die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses [X.] die zukünftigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse ihresdamaligen Ehemannes komme es im Rahmen der Wirksamkeitsprüfungnicht an. Die sicherungshalber abgetretenen Lebensversicherungenseien ausweislich der 1997 erzielten Verwertungserlöse von durch-schnittlich 4.500 DM bei Abschluß des Vertrages nicht so wertvoll ge-wesen, daß sie das Haftungsrisiko und damit die finanzielle Leistungs-unfähigkeit der [X.] beseitigt oder entscheidend verringert hätten.Angesichts der [X.]en finanziellen Überforderung sei im [X.] auszugehen, daß die Beklagte sich nur aus emotionaler Verbun-denheit zu ihrem damaligen Ehemann auf das wirtschaftlich sinnloseMithaftungsbegehren eingelassen habe. Diese tatsächliche Vermutunghabe die Klägerin nicht widerlegt.Ein unmittelbares Interesse an der neuen Kreditaufnahme habeauf seiten der [X.] nur insoweit bestanden, als ein Teil des [X.] zur Tilgung ihrer eigenen Schulden verwandt worden sei. [X.] sei sie an der den Hauptzweck des Darlehensvertrages bildendenFinanzierung des Gewerbebetriebes ihres geschiedenen [X.] mittelbar interessiert gewesen. Das reiche nicht aus, um derunbeschränkten Mithaftungsvereinbarung den Makel der Sittenwidrig-keit zu nehmen.Indes sei der Schuldbeitritt gemäß § 139 BGB insoweit wirksam,als mit dem Darlehen die gemeinsamen Schulden der [X.] und ih-res damaligen Ehemannes abgelöst worden seien. Da die [X.] bei Kenntnis des [X.] entweder eine [X.] 7 -tung in Höhe der ursprünglichen Haftung der [X.] vereinbart [X.] bestehen gelassen hätten, sei eine Gesamtnichtigkeit selbst dannnicht gegeben, wenn die gesamtschuldnerische Verpflichtung zur Rück-zahlung des Kredits nicht teilbar sein sollte. Der durch die beschränkte[X.] gesicherte Teil der Darlehensforderung zuzüglichanteiliger Zinsen sei mangels entsprechender Tilgungsbestimmungauch nicht ganz oder teilweise erloschen, sondern werde nach den [X.] des § 366 Abs. 2 BGB nachrangig getilgt.[X.] Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in allen we-sentlichen Punkten stand.Gemäß § 138 Abs. 1 BGB verstößt eine Schuldmitübernahme beinicht ganz geringfügigen Bankkrediten auch ohne Hinzutreten den [X.] Ehepartner bzw. nahen Angehörigen besonders bela-stender Umstände oder Verhältnisse im allgemeinen gegen die [X.] und ist daher nichtig, wenn die Verpflichtung nicht aufgrund einerfreien Entscheidung übernommen wurde, sondern die Bank die emotio-nale Bindung des Ehepartners oder des nahen Angehörigen an [X.] ausgenutzt hat. Davon ist hier im Hinblick auf die[X.]e finanzielle Überforderung der [X.] auszugehen. [X.] einer Aufrechterhaltung des Schuldbeitritts in Höhe der abgelö-sten gemeinsamen Verbindlichkeiten der geschiedenen Eheleute nachder Wertung des § 139 BGB kein Hinderungsgrund entgegen. Nach§ 366 Abs. 2 BGB ist auch eine Tilgung des durch die beschränkte [X.] gesicherten Teils der Darlehensforderung sowieder darauf entfallenden Zinsen nicht [X.] -A. Revision der [X.] Revision der Klägerin ist [X.] Ihrer Ansicht, die Beklagte sei nach den getroffenen Vereinba-rungen nicht nur zur Sicherung des Rückzahlungsanspruches in [X.] einbezogen worden, sondern zusammen mit ihrem [X.] in jeder Beziehung gleichberechtigte Mitdarlehensnehmerin,kann nicht gefolgt werden.Von solchen echten Mitdarlehensnehmern, bei denen eine Sit-tenwidrigkeit des Darlehensvertrages auch bei [X.]er finanziellerÜberforderung grundsätzlich nicht in Betracht kommt, kann in aller [X.] nur bei Personen ausgegangen werden, die ein eigenes Interessean der Kreditgewährung haben, sich als Gesamtschuldner verpflichtenund im wesentlichen gleichberechtigt über die Verwendung der Darle-hensvaluta mitentscheiden ([X.], Bankrecht - Aktuelle höchst- undobergerichtliche Rechtsprechung Rdn. 1328). So liegen die Dinge, [X.] Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hier jedoch nicht.Zwar sollten die neuen Kreditmittel nach dem Willen der [X.] nicht nur zur Umschuldung der Geschäftsverbindlichkei-ten des damaligen Ehemannes der [X.], sondern auch zur Ablö-sung der gemeinsamen Restschulden aus einem Allzweckdarlehen undeinem Girovertrag verwandt werden. Dies bedeutet aber nicht, daß derKlägerin von Anfang an zwei gleichberechtigte [X.]. Denn abgesehen davon, daß der ganz überwiegen-de Teil des Kredits für die Finanzierung des Gewerbebetriebes benötigt- 9 -wurde, deutet nichts darauf hin, daß es ohne die von der Klägerin mitdem damaligen Ehemann der [X.] vereinbarte [X.] überhaupt zum Abschluß des Darlehensvertrages gekom-men wäre. Daß die formelle Mitantragstellung der [X.] Siche-rungszwecken dienen und keine echte Gläubigerstellung begründensollte, ist im übrigen von der Klägerin in den Vorinstanzen nicht sub-stantiiert bestritten [X.] Die Mithaftungsübernahme überforderte die Beklagte [X.] [X.]er Weise.a) Wie der erkennende Senat bereits in seinem [X.]an den [X.] vom 29. Juni 1999 ([X.], [X.], 1556,1559) näher dargelegt hat, ist eine [X.]e finanzielle Überforderungdes mitverpflichteten Ehepartners oder nahen Angehörigen bei [X.] geringfügigen Bankschulden grundsätzlich dann zu bejahen, wenner voraussichtlich nicht einmal in der Lage ist, die laufenden Zinsen [X.] eigenen finanziellen Mitteln auf Dauer aufzubringen. In einemsolchen Falle spricht ohne Hinzutreten weiterer Umstände eine wider-legliche tatsächliche Vermutung dafür, daß sich der Ehegatte oder na-he Angehörige bei der Übernahme der Mithaftung nicht von seinen In-teressen und von einer rationalen Einschätzung des [X.] hat leiten lassen und das Kreditinstitut die emotionale Bezie-hung zwischen dem Hauptschuldner und dem Mithaftenden in sittlichanstößiger Weise ausgenutzt hat (vgl. [X.], 346, 351; [X.], Ur-teile vom 11. Dezember 1997 - [X.], [X.], 235, 236, in-soweit in [X.]Z 137, 292 ff., nicht abgedruckt; vom 6. Oktober 1998- XI ZR 244/98, [X.], 2366, 2367; vom 8. Oktober 1998 - [X.], [X.], 2327, 2328 und vom 27. Januar 2000 - [X.]/98, [X.], 410, 411).- 10 -Auf dieser Betrachtungsweise beruht - anders als die [X.] Klägerin meint - auch die angefochtene Entscheidung. Zwar hat [X.] in Anlehnung an die frühere, spätestens seit der Ent-scheidung vom 27. Januar 2000 ([X.], [X.], 410, 411)überholte Rechtsprechung des [X.]. Zivilsenats des [X.], daß die Beklagte mit ihren monatlichen Einnahmen aus [X.] im Betrieb ihres damaligen Ehemannes voraussichtlich nichtein Viertel der [X.] (ohne Zinsen) innerhalb eines Zeitraumsvon fünf Jahren hätte aufbringen können. Nach den an gleicher Stellegetroffenen [X.] Feststellungen hätte der Lohn aber auchnicht zur ordnungsmäßigen Bedienung der laufenden Zinsen ausge-reicht. Da die Beklagte bei Abgabe der [X.] ihre vier,damals ein, zwei, sechs und acht Jahre alten Kinder betreute, war ent-gegen der Ansicht der Revision jedenfalls innerhalb der acht- bisneunjährigen Laufzeit des Darlehens nicht mit einer ganz- oder halbtä-gigen Ausübung des erlernten Friseurberufs zu rechnen und konnteangesichts der bestehenden Unterhaltspflichten erst recht kein [X.] Einkommen aus einer solchen Tätigkeit erwartet werden. Für ei-ne Vereinbarung der Parteien, daß die [X.] nur im Falleeiner wesentlichen Verbesserung der Einkommens- oder Vermögens-verhältnisse der [X.] gelten sollte, ist nichts vorgetragen odersonst ersichtlich.b) Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der[X.] ist das Leistungsvermögen ihres Ehemannes nicht zu be-rücksichtigen, sondern nur ihr eigenes pfändbares Einkommen [X.]. Die Bürgschaft oder Mithaftung wird in aller Regel geradefür den Fall der Insolvenz des Hauptschuldners oder anderer [X.] vereinbart. Auf diese Situation ist deshalb nach der- 11 -ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (siehe [X.] vom 29. Juni 1999 - [X.], aaO S. 1559 m.w.Nachw.) [X.] der Prüfung der finanziellen Möglichkeiten des mitverpflichte-ten Ehepartners oder nahen Angehörigen abzustellen. Diese [X.] wird auch vom [X.]. Zivilsenat des [X.] geteilt. Sei-nen früheren gegenteiligen Standpunkt hat er inzwischen ausdrücklichaufgegeben ([X.], Urteil vom 27. Januar 2000 - [X.],[X.], 410, 412).3. Das von der [X.] übernommene Haftungsrisiko wurdedurch die der Klägerin zur Sicherheit übertragenen Lebensversicherun-gen der [X.] und ihres Ehemannes nicht entscheidend [X.]) Bei der Beurteilung der finanziellen Überforderung sind nachder gefestigten Rechtsprechung des [X.] anderweitigeSicherheiten des Kreditgebers grundsätzlich nur dann zu [X.], wenn sie das Haftungsrisiko des Mitverpflichteten oder Bürgen inrechtlich gesicherter Weise auf ein vertretbares Maß beschränken (vgl.[X.], 347, 352 f.; Urteile vom 8. Oktober 1998 - [X.] ZR 257/97,[X.], 2327, 2328 und 27. Januar 2000 - [X.], [X.],410, 412; siehe ferner [X.] des erkennenden Senats vom29. Juni 1999 - [X.], aaO S. 1560). Gemessen an diesen stren-gen Grundsätzen hat das Berufungsgericht den abgetretenen [X.] zu Recht keine wesentliche Bedeutung beigemessen.Dabei kann offenbleiben, welcher Zeitraum für die zukünftigeWertentwicklung von Lebensversicherungen oder anderen Sicherheitenvernünftigerweise prognostizierbar ist und unter welchen Vorausset-zungen bloße Erwerbsaussichten des Mitverpflichteten zu berücksichti-- 12 -gen sind. Denn da zwischen der Mithaftungsvereinbarung und der [X.] der Lebensversicherungen ein Zeitraum von mehr als fünf [X.] liegt und mit dem Gesamterlös dennoch nicht einmal ein Drittel derursprünglichen Darlehensschuld getilgt werden konnte, war nicht vonBeginn an gewährleistet, daß die Beklagte im [X.] nur nochin einem sie nicht mehr unzumutbar belastenden Umfang haften würde.Entgegen der Auffassung der Revision ist auf die Sicherheiten auchnicht im Rahmen einer "Gesamtwürdigung" der damaligen [X.] Vermögensverhältnisse der geschiedenen Eheleute Rücksicht zunehmen, weil es aus den bereits dargelegten Gründen allein auf die [X.] der [X.] ankommt.b) Die Klägerin muß die danach gegebene finanzielle Leistungs-unfähigkeit der [X.] als bekannt gegen sich gelten lassen. Nachbanküblichen Gepflogenheiten überprüfen Kreditinstitute die geforder-ten Sicherheiten vor der Hereinnahme mit kaufmännischer Sorgfalt aufihre Werthaltigkeit. Sieht eine Bank - wie hier - davon ab, befragt [X.] insbesondere den Betroffenen nicht nach seinen derzeitigen undzukünftigen finanziellen Möglichkeiten, so ist im Zweifel davon auszu-gehen, daß sie die die [X.]e finanzielle Überforderung begründendenobjektiven Tatsachen und Verhältnisse schon bei [X.] oder sich ihnen bewußt verschlossen hat (vgl. [X.], Urteile vom2. November 1995 - [X.] ZR 222/94, [X.] 1996, 53, 54; 8. Oktober 1998- [X.] ZR 257/97, [X.], 2327, 2329 m.w.Nachw. und 27. [X.] - [X.], [X.], 410, 412).4. Die angesichts der [X.]en finanziellen Überforderung der [X.]n bestehende tatsächliche Vermutung, daß sie sich bei der Über-nahme der Mithaftung nicht von einer realistischen Einschätzung deswirtschaftlichen Risikos, sondern von ihrer emotionalen Bindung an ih-- 13 -ren damaligen Ehemann hat leiten lassen und die Klägerin dies in sitt-lich anstößiger Weise ausgenutzt hat, hat die darlegungs- und [X.] Klägerin nicht ausgeräumt.a) Nach Ansicht des erkennenden Senats ist ein auf einen freienWillensentschluß hindeutendes oder ein Handeln allein aus emotiona-ler Verbundenheit voll ausgleichendes Eigeninteresse des finanziell[X.] überforderten Ehepartners an der Darlehensgewährung allerdingsgrundsätzlich zu bejahen, wenn er zusammen mit dem Ehepartner eingemeinsames Interesse an der Kreditgewährung hat oder ihm aus [X.] der Darlehensvaluta unmittelbare und ins Gewicht fallendegeldwerte Vorteile erwachsen sind. Bei wirtschaftlicher Betrachtung [X.] dann kein wesentlicher Unterschied zu den Fällen, in denen [X.] den Kredit als gleichberechtigte Vertragspartner aufgenom-men und verwandt haben. In solchen Fällen muß sich der nur aus Si-cherungsgründen in die Haftung einbezogene Mitverpflichtete daher beider Beurteilung der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB wie einechter Mitdarlehensnehmer behandeln lassen (siehe [X.]vom 29. Juni 1999 - [X.], aaO S. 1560, 1561 m.w.[X.]) Damit ist jedoch der Erwerb bloßer mittelbarer geldwerterVorteile aus einem von dem Hauptschuldner aufgenommenen [X.] grundsätzlich nicht zu vergleichen ([X.]vom 29. Juni 1999 - [X.], aaO S. 1561 m.w.Nachw.). Der ge-genteilige Standpunkt führt zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Be-nachteiligung der Ehepartner selbständiger Unternehmer ohne [X.] auf ihre eigene finanzielle Leistungsfähigkeit und Berufsausbil-dung. Insbesondere ist die Unterhaltsbedürftigkeit des einen Partnersfür sich genommen kein triftiger Grund, um ihm gegen seinen aus-drücklichen oder mutmaßlichen Willen das unternehmerische Risiko- 14 -des andern aufzubürden, zumal sich häufig nicht einmal ein innerer Zu-sammenhang zwischen den Unterhaltsleistungen und der [X.] zuverlässig feststellen läßt. Auch diese differenzierendeBetrachtungsweise wird inzwischen vom [X.]. Zivilsenat des [X.] jedenfalls bei [X.]er finanzieller Überforderung des Bürgengeteilt (Urteil vom 27. Januar 2000 - [X.], [X.], 410, 412,413). Von hier entscheidungsrelevanten Meinungsunterschieden in [X.], ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen der Erwerbbloßer mittelbarer Vorteile des Bürgen oder Mitverpflichteten aus [X.] einen angemessenen Interessenausgleich dar-stellt, kann daher entgegen der Auffassung der Revision keine Redemehr sein.c) Das Berufungsgericht hat ein rechtlich vertretbares Interesseder Klägerin an der Mitverpflichtung der [X.] zu Recht auch nichtin der abstrakten Gefahr gesehen, ihr damaliger Ehemann könne [X.] Vermögen oder wesentliche Teile davon auf sie übertragen. DerGesichtspunkt, solchen Vermögensverlagerungen vorzubeugen, [X.] den eigenen Angaben der Klägerin für das unbeschränkte [X.] bedeutungslos, so daß er weder zum Inhalt noch zurGeschäftsgrundlage des Schuldbeitritts gemacht worden ist. Auf diestrittige Frage, ob die in einer [X.] nicht zum Ausdruckgekommene Absicht des Kreditinstituts, Vermögensverlagerungen vor-zubeugen, überhaupt eine unbeschränkte Mithaftung rechtfertigenkann, kommt es somit nicht [X.] Die von der Klägerin verlangte [X.] der [X.]n verstößt danach gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB) undist nichtig, soweit sie nicht den für die Ablösung der gemeinsamen Alt-- 15 -schulden der [X.] und ihres Ehemannes erforderlichen Teil [X.] betrifft.B. Revision der [X.]Im übrigen wird der Schuldbeitritt entgegen der Ansicht der [X.]n nicht von der Nichtigkeitsfolge des § 138 Abs. 1 BGB erfaßt.Auch die Revision der [X.] ist deshalb [X.] Nach § 139 BGB bleibt bei Teilnichtigkeit eines Rechtsge-schäfts der von der Nichtigkeit nicht erfaßte Teil bestehen, wenn [X.] hypothetischen Parteiwillen entspricht. Eine solche Teilnichtigkeitist zwar in erster Linie gegeben, wenn nach Entfernung ([X.]") des unwirksamen Teils ein Vertragsinhalt übrigbleibt, der für sich allein genommen einen Sinn behält. Nach der Ziel-setzung der Norm ist sie aber grundsätzlich auch dann anwendbar,wenn die Vertragsschließenden an Stelle der unwirksamen Regelung,hätten sie die Nichtigkeit von Anfang an gekannt, eine andere auf daszulässige Maß beschränkte vereinbart hätten und sich der Vertragsin-halt in eindeutig abgrenzbarer Weise in den nichtigen Teil und den vonder Nichtigkeit nicht berührten Rest aufteilen läßt ([X.], 351,355 f.).Das ist unter den hier gegebenen Umständen und [X.] bejahen. Für die Beklagte war es nämlich schon für sich allein sinn-voll und vorteilhaft, wenn die bezüglich der alten Verbindlichkeiten [X.] Primärhaftung vollständig erlischt und durch eine grundsätz-lich auf den Sicherungsfall beschränkte Subsidiärhaftung ersetzt wird.Es ist daher, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, [X.] für die Annahme ersichtlich, die Beklagte hätte als rational han-delnde Vertragspartei keinen Schuldbeitritt in Höhe der abgelöstenSchulden erklärt und auch keine vergleichbare Sicherungsabrede ge-troffen.Die Anwendung des § 139 BGB steht - anders als die [X.] [X.] meint - nicht in Widerspruch zum Schutzgedanken des§ 138 BGB. Zwar dürfen sittenwidrige Rechtsgeschäfte für den [X.] nicht das Risiko verlieren, mit dem sie durch die gesetzlich [X.] behaftet sind; das wäre aber der Fall,wenn er im allgemeinen damit rechnen könnte, schlimmstenfalls durchgerichtliche Festsetzung das zu bekommen, was gerade noch rechtlichvertretbar und damit sittengemäß ist (vgl. [X.]Z 68, 204, 207; [X.],Urteil vom 13. März 1979 - [X.], NJW 1979, 1605, 1606). Sitten-widrige und vor allem wucherische Rechtsgeschäfte sind daher grund-sätzlich als Einheit zu werten und dürfen auch nicht durch eine gel-tungserhaltende Reduktion oder Umdeutung im Sinne des § 140 [X.] einem zulässigen Inhalt aufrechterhalten werden ([X.]Z 68, 204,207 m.w.Nachw.; vgl. auch [X.], Urteil vom 27. Januar 2000 - [X.]/98, [X.], 410, 413).Hier geht es aber nicht darum, daß der [X.] für die Parteienanstelle der sittenwidrigen Vereinbarungen eine Vertragsgestaltungfindet, die auf die beiderseitigen Interessen hinreichend Rücksichtnimmt und die Nichtigkeitsfolge des § 138 BGB vermeidet. Vielmehr istder sittenwidrige Teil der unbeschränkten Mithaftungsvereinbarungaufgrund der objektiven Umstände und Verhältnisse genau [X.] kann infolgedessen ohne weiteres ausgesondert werden.- 17 -2. Der Revision der [X.] kann schließlich auch nicht gefolgtwerden, soweit sie den durch die beschränkte [X.] Teil der Darlehensforderung aufgrund der erbrachten [X.]raten und der Verwertung der sicherungshalber abgetretenenLebensversicherungen für erloschen erachtet.Nach § 366 Abs. 1 BGB kann der Schuldner mehrerer Forderun-gen, wenn seine Leistung nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden [X.], selbst bestimmen, welche Schuld oder Schulden getilgt werdensollen. In Abs. 2 dieser Vorschrift ist eine ergänzende Regelung für [X.] vorgesehen, daß der Schuldner - wie hier - eine solche Bestim-mung weder ausdrücklich noch stillschweigend getroffen hat. Diese Til-gungsbestimmung entspricht dem vermuteten Willen vernünftiger undredlicher Vertragsparteien. [X.] jedoch ausnahmsweise die ge-setzlich normierte Reihenfolge der Kategorien des Abs. 2 (Fälligkeit,Sicherheit der Forderung, Lästigkeit, Alter der Schuld) ganz offensicht-lich dem hypothetischen Parteiwillen, so ist allein dieser maßgebend([X.], Urteil vom 5. Februar 1969 - [X.], NJW 1969, 1846,1847). Daraus vermag die Revision aber für sich nichts herzuleiten.Zwar hält die Revision es für ausgeschlossen, daß die Beklagteals ursprüngliche Mitdarlehensnehmerin einer Tilgungsvereinbarungzugestimmt hätte, nach der die über einen Zeitraum von rund vier [X.] geleisteten Tilgungsraten und die bei der Verwertung der [X.] erzielten Erlöse ausschließlich mit den Geschäfts-schulden ihres damaligen Ehemannes verrechnet werden sollen. Fürdiese Argumentation fehlt aber bereits die notwendige [X.]. Zwar hat das Berufungsgericht es immerhin für möglich er-achtet, daß die Prozeßparteien bei Kenntnis der Nichtigkeit eines [X.] Schuldbeitritts die Haftung der [X.] aus den [X.] bestehen gelassen hätten. Eine solche Entschei-dung hätte aber im Hinblick auf die finanzielle Leistungsunfähigkeit der[X.] und die schlechte Zukunftsprognose ersichtlich keinen Sinnergeben. Da bei objektiver Betrachtungsweise davon auszugehen ist,daß die Beklagte ihre eigene Lebensversicherung in jedem Falle [X.] des neuen Kredits abgetreten hätte, gibt es auch sonst kei-nen Grund, der die in § 366 Abs. 2 BGB normierte nachrangige Tilgungdes am besten gesicherten Teils der Darlehensforderung als grob un-billig erscheinen [X.] -III.Die Revisionen der Klägerin und der [X.] waren deshalbals unbegründet zurückzuweisen.[X.] [X.] Dr. [X.] [X.] Dr. [X.]

Meta

XI ZR 248/99

14.11.2000

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2000, Az. XI ZR 248/99 (REWIS RS 2000, 532)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 532

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