Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.01.2014, Az. 3 StR 372/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 8883

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 372/13
vom
8. Januar 2014
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen
besonders schweren Raubes
u.a.
hier:
Revision des Angeklagten M.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 8.
Januar 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO einstimmig beschlos-sen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten M.

wird das Urteil des [X.] vom 27.
Juni 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a)
soweit es ihn und den Mitangeklagten B.

betrifft, im Strafausspruch,
b)
soweit es ihn betrifft, im [X.] und im
Adhäsionsausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückver-wiesen.
2.
Die weitergehende Revision des Angeklagten M.

wird verworfen.

-
3
-
Gründe:
Das [X.]
hat den Angeklagten M.

sowie den
Mitangeklagten B.

, der keine Revision eingelegt hat, wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung
jeweils zu der Freiheitsstrafe von sechs
Jahren und sechs
Monaten verurteilt. Es hat die Unterbringung des An-geklagten
M.

in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass vor Vollziehung der Maßregel ein Jahr und drei Monate der Freiheitsstrafe zu vollstrecken sind. Darüber hinaus hat es die Angeklagten sowie einen weiteren Mitangeklagten dazu verurteilt, als Gesamtschuldner an den Nebenkläger ein [X.] über dem Basiszinssatz seit dem 17. Juni 2013 zu zahlen. Das auf sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützte Rechtsmittel des Angeklagten M.

hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg und führt gemäß § 357 Satz 1 StPO auch zur Aufhebung der gegen den Mitangeklagten B.

verhängten Strafe; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.

1. Der Strafausspruch kann keinen Bestand haben. Die Strafkammer
hat keinen minder schweren Fall des besonders schweren Raubes angenommen. Dabei hat sie im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung zuunguns-ten des Angeklagten berücksichtigt, dass er bei den Angriffen
auf den Geschä-digten mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt habe. Dies ist rechtsfehlerhaft, weil der Angeklagte
nach den Feststellungen der Kammer vom Versuch der Tötung strafbefreiend zurückgetreten ist. Der auf die versuchte Straftat gerich-tete Vorsatz
durfte deshalb nicht straferschwerend berücksichtigt werden ([X.], Urteil vom 14. Februar 1996 -
3 [X.], [X.]St 42, 43, 44; S/S-Eser, StGB, 28. Aufl., § 24 Rn. 114 mwN). Allein auf diesen Vorsatz und -
entgegen der Ansicht des [X.] -
nicht auf das sowohl dem vollendeten 1
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besonders schweren Raub wie dem bedingten Tötungsvorsatz [X.] Tatmotiv hat das [X.]
abgehoben. Schon deshalb kann der Senat offenlassen (s. bereits [X.], Beschluss vom 25. Juli 2002 -
3
StR 41/02, [X.], 143, 144), ob in einem Fall, in dem sich der auf das weitergehende ver-suchte Delikt gerichtete Vorsatz mit dem Motiv für die verbleibende vollendete Tat überschneidet, im Einzelfall etwas anderes gelten könnte. Im Übrigen dürfte das hier dem Tötungsvorsatz zugrundeliegende Motiv der Beuteerlangung dem Angeklagten aber ohnehin nicht strafschärfend angelastet werden; denn da der Angeklagte
wegen besonders schweren Raubes verurteilt worden ist, wäre eine solche Erwägung mit § 46 Abs. 3 StGB unvereinbar.

Auf dem dargelegten Rechtsfehler beruht die gegen den Angeklagten verhängte Strafe; denn da die Strafkammer
das Vorliegen eines minder schwe-ren Falles "maßgeblich" mit Hinweis auf den Tötungsvorsatz abgelehnt hat, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Berücksichtigung dieses Um-standes sowohl bei der [X.] als auch bei der Bemessung der [X.] Strafe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat.

Die damit veranlasste Aufhebung des Strafausspruchs erstreckt sich auch auf die gegen
den Mitangeklagten B.

verhängte Freiheitsstrafe (§ 357 StPO); denn auch bei diesem hat das [X.]
den Tötungsvorsatz in glei-cher Weise rechtsfehlerhaft bei der Strafzumessung berücksichtigt.

2. Auch die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

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Die Verhängung dieser Maßregel setzt unter anderem die Gefahr vo-raus, dass der Täter infolge seines Hanges zum übermäßigen Genuss alkoholi-scher Getränke oder anderer berauschender Mittel erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Eine solche Gefahr hat das [X.] vorliegend bejaht. Es hat sich insoweit die Ausführungen des Sachverständigen zu Eigen [X.], der darauf abgestellt hat, die bei dem Angeklagten diagnostizierte Poly-toxikomanie werde in Kombination mit der vorliegenden dissozialen Persönlich-keitsstörung mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass er erneut Gewalt-delikte verüben werde. Das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung wird durch die Feststellungen indes nicht belegt. Diesen kann nur entnommen werden, dass der Angeklagte
zwar weder über einen Schulabschluss noch über einen beruflichen Abschluss verfügt, aber, wenn auch mit Unterbrechungen, immer wieder gearbeitet hat. Auch ist der Angeklagte
ausweislich des [X.] bislang unbestraft. Danach liegt die Diagnose einer dissozialen Per-sönlichkeitsstörung nicht ohne weiteres auf der Hand. Ebenso
wenig versteht es sich aufgrund der genannten Umstände von selbst, dass der Angeklagte in Zukunft erneut straffällig werden wird. Beides hätte daher näherer Darlegung bedurft.

Über die Anordnung der Maßregel ist deshalb neu zu befinden. Sollte die Beweisaufnahme eine Persönlichkeitsstörung des Angeklagten belegen, so wird diese nicht nur bei der für eine Unterbringung geforderten Gefahrprogno-se, sondern auch bei der Beurteilung seiner Schuldfähigkeit zu berücksichtigen sein. Darüber hinaus weist der Senat darauf hin, dass im Falle der erneuten Anordnung der Unterbringung in einer Erziehungsanstalt
zur Berechnung des [X.] eines Teils der verhängten Freiheitsstrafe (§ 67 Abs. 2 Satz 2 6
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StGB) die voraussichtliche Therapiedauer bestimmt werden muss (vgl. [X.], Beschluss vom 27. März 2008 -
3 [X.], juris Rn. 16).

3. Schließlich ist auch der Adhäsionsausspruch gegen den Angeklagten rechtsfehlerhaft.

Das [X.] hat die Höhe des von dem Angeklagten in [X.] mit den beiden Mitangeklagten zu zahlenden Schmerzensgel-at für den Geschädig-ten sowie der besonderen Bedeutung der Genugtuungsfunktion des [X.] bei vorsätzlichen Körperverletzungsdelikten bemessen. Diese [X.] hat schon deshalb keinen Bestand, weil nicht deutlich wird,
ob die Kammer dabei, wie regelmäßig erforderlich, die per-sönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Tatbeteiligten berücksichtigt hat (vgl. [X.], Beschluss vom 7. Juli 2010 -
2 StR 100/10, [X.], 344).

Da die Sache auch aus anderen Gründen
zurückverwiesen wird, wird der neue Tatrichter auch über den Adhäsionsanspruch gegen den Angeklagten M.

nochmals zu befinden haben. Die Erstreckung der Aufhebung des [X.] auf den [X.] B.

kommt jedoch nicht in [X.]. Es liegt kein Fall des § 357 StPO vor, weil der Aufhebung der

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Adhäsionsentscheidung gegen den Angeklagten M.

keine Gesetzesver-letzung bei Anwendung eines Strafgesetzes zugrunde liegt (vgl. [X.], [X.] vom 19. November 2002 -
3 [X.], [X.], 61, 62; Beschluss vom 7. Juli 2010 -
2
StR 100/10, [X.], 344).

Becker [X.]Schäfer

Gericke

Spaniol

Meta

3 StR 372/13

08.01.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.01.2014, Az. 3 StR 372/13 (REWIS RS 2014, 8883)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8883

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3 StR 372/13

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