Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2016, Az. VIII ZR 219/14

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 6441

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:230816BVIIIZR219.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR
219/14

vom

23. August
2016

in dem Rechtsstreit

-
2
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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 23. August 2016
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die
Richter Dr.
Achilles und Dr.
Schneider, die Richterin Dr.
Fetzer sowie den Richter Kosziol
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der [X.] wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 9. Juli 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an einen ande-ren Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

festgesetzt.

Gründe:
I.
1. Der Kläger kaufte mit Vertrag vom 27. Mai 2005 von der [X.], einer
Autohändlerin, einen Pkw
A.

(Neuwagen) zum Preis von
46.908,02

; der Kaufpreis wurde bei Auslieferung des Fahrzeugs am 22. Juli 2005 an den Kläger
bezahlt.
Die Parteien streiten um die Berechtigung zum Rücktritt vom Kaufvertrag, den der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 18. April 2007 unter Hinweis auf diverse Mängel des Fahrzeugs (unter anderem Batterie-
und Stromprobleme) erklärte.

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3
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In der [X.] zwischen dem 22. Juli 2005 und dem Monat März 2006 kam es zu einem [X.] im Motorraum des Fahrzeugs; der genaue [X.]punkt ist nicht festgestellt. Die Zeugen E.

und S.

(Freunde des [X.]) erklär-ten vor dem [X.],
Ende Dezember 2005
seien in einem Winterurlaub, an dem sie teilgenommen hätten, diverse Funktionen des Fahrzeugs nicht mehr verfügbar gewesen; so habe zum Beispiel bei ausgeschaltetem Motor die Heckklappe nicht vollständig geöffnet werden können, die Standheizung habe nicht funktioniert und die Batterie habe einen schwachen Ladezustand gezeigt.
Im März 2006 wurde der [X.] im Autohaus [X.]

repariert und ein technisches Gerät
(sog. [X.]) eingebaut, das direkt an die Batterie angeschlossen wird und Marder vom Motorraum fernhalten soll.
Im November 2006 rügte der Kläger gegenüber der [X.] diverse Mängel am Fahrzeug, unter anderem Stromprobleme.
Der A.

war daraufhin im Dezember 2006 bei der [X.]
zur Reparatur. Mit Schreiben vom
21.
Dezember 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Stromprobleme von
dem eingebauten [X.] kämen.

Mit Schreiben vom 18. April 2007 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag mit dem Hinweis auf diverse Mängel
des Fahrzeugs, unter ande-rem Batterie-
und Stromprobleme.

Am 28. Dezember 2007 beantragte der Kläger beim [X.] die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, unter anderem
zur Frage, ob sich die Stromprobleme als Mangel des Fahrzeugs dar-stellten.
Zu der im jetzigen Beschwerdeverfahren einzig noch interessierenden Frage der Stromprobleme führte der mit der Gutachtenerstellung betraute Sachverständige
Dipl. Ing. [X.]

in
seinem
[X.]
vom

10. Februar 2010 aus, diese hätten ihre Ursache
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auch bei Ausschaltung des 2
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[X.]s -
darin, dass trotz einwandfreier Funktion der Lichtmaschine an der Batterie zu schwache Ladeströme ankämen, um jene ausreichend zu laden.
Im [X.] gab
er weiter an, einen Ladestrom von (nur) [X.] zu haben. Bei seinen Untersuchungen hatte
der Sachverständige [X.]

den [X.] nicht (vollständig) ausgebaut.

Im vorliegenden Verfahren hat das [X.]
den Sachverständigen [X.] [X.]

mit einem Gutachten zur Mangelursache beauf-tragt. Dieser verglich bei seinen Untersuchungen
sowohl die Ladeströme als auch die Ruheströme des A.

mit denen eines Vergleichsfahrzeugs.
In sei-nem Gutachten
vom 16. Juli 2012
kam
er
zu dem Ergebnis, dass der Lade-strom
bei
dem an den Kläger verkauften A.

-
entgegen dem
von dem Sachverständigen [X.]

gefundenen Ergebnis -
mit 35,65 A
nicht
zu [X.] sei,
jedoch der an der Batterie liegende Ruhestrom bei dem A.

nur dann innerhalb der Norm
liege, wenn der [X.] ausgebaut sei. Sei
er hingegen eingebaut, sei der Ruhestrom signifikant höher und entlade
die Batte-rie sehr schnell. Als Ursache identifizierte der Sachverständige
[X.]

eine Über-hitzung der Platine. Die entscheidenden
Passagen
des Gutachtens lauten:
"Es ist vielmehr so, dass durch den Einsatz eines defekten
Marder-schrecks die Stromversorgung des Fahrzeugs im Ruhezustand, d.h. bei ausgeschalteter Zündung, dauerhaft mit [X.] wurde.
Dadurch ist es möglich, dass die Batterie des Fahrzeugs Schaden nahm und deshalb die Batterie bei vier Testversuchen immer unterschiedliche Ergebnisse aufwies und die Batterie nach einer Stand-zeit des Fahrzeugs beim Ingenieurbüro P.

& Partner komplett ent-laden war. Nach Ausbau des [X.]s und Installation einer [X.] sind die angegebenen Fehler nicht mehr aufgetreten."

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5
-

Da der Fehler am Fahrzeug nachweislich auf einen defekten Marder-schreck und eine geschwächte Batterie zurückzuführen ist, ist davon auszugehen, dass der Fehler am Fahrzeug mit Einbau des Marder-schrecks in das Fahrzeug angelegt wurde."
Ergänzend führte der Sachverständige [X.]

aus, zum Zustand des [X.] vor dem Einbau des [X.]s könne er keine Angaben machen; möglicherweise habe es zuvor eine andere Mangelursache gegeben.
Zu den von dem Sachverständigen [X.]

gemessenen Ladeströmen, die von seinen Untersuchungsergebnissen signifikant abweichen, führte der Gutachter
[X.]

aus, der Sachverständige [X.]

habe eine [X.] mit einem wesentlich höheren Messbereich (bis zu 1800 A) verwendet, er ([X.]

) verwende hingegen eine Zange mit einem Messbereich "bis zu 50 A", was für die Prüfung einer Autobatterie völlig ausreichend sei. Er könne daher
nicht aus-schließen, dass die Messergebnisse des Sachverständigen [X.]

aufgrund der Verwendung der
anderen [X.], verfälscht worden seien.
In der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] führte der Sachverständige er-gänzend aus, er sei sich sicher, dass seine Messergebnisse zuträfen, weil er eine Vergleichsmessung an einem solchen Fahrzeug durchgeführt habe.
2. Das [X.] hat
die unter anderem auf Rückgabe des A.

Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage abgewiesen, das [X.] hat ihr auf die Berufung des [X.] in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils im Wesentlichen stattgegeben.
a) Das [X.] hat
zur Begründung
seiner klageabweisenden Ent-scheidung
im Wesentlichen ausgeführt:

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Es könne nach den Aussagen der Zeugen E.

und S.

nicht ausge-schlossen werden, dass bereits Ende Dezember 2005, mithin innerhalb der Frist des § 476 BGB, Stromprobleme am streitgegenständlichen Fahrzeug [X.] hätten. Es könne vermutet werden, dass deren Ursache in einem [X.] im Motorraum gelegen hätten; letztlich sei dies allerdings nicht mehr aufklärbar.

Nach dem Gutachten des Sachverständigen
[X.]

stehe
fest, dass die Stromprobleme nach Beseitigung des [X.]es und dem Einbau des [X.]s im März 2006 allein an dem eingebauten Gerät gelegen hätten, da dieses zu viel Ruhestrom von der Batterie beansprucht habe.
Dessen Ein-bau falle indes nicht in die Verantwortung der [X.].
Selbst wenn während der ersten sechs Monate seit Übergabe ein Sachmangel vorgelegen hätte, wäre dieser beseitigt worden und habe jedenfalls im [X.]punkt der Rücktrittserklärung (18. April 2007) nicht mehr vorgelegen.
b) Das Berufungsgericht
hat zur Begründung seiner der Klage im [X.] stattgebenden Entscheidung, soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse,
ausgeführt:
Dem Kläger sei nach §§ 433, 434,
437 Nr. 2, §§ 440, 323 ff. BGB zum Rücktritt berechtigt, da das Fahrzeug im [X.]punkt des Gefahrübergangs am
22. Juli 2005 mit einem Sachmangel behaftet gewesen sei. Denn die Batterie sei von der Lichtmaschine nur unzureichend geladen worden
und habe deshalb eine mangelhafte Leistung aufgewiesen.
Nach dem Gutachten des Sachverständigen [X.]

sei davon auszuge-hen, dass bis zum Tag der
Untersuchung des Fahrzeugs durch den Sachver-ständigen und damit auch bis zum [X.]punkt des Rücktritts (18.
April 2007) die mangelhafte Batterieleistung jedenfalls auch daran gelegen habe, dass der von 12
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der Lichtmaschine an der Batterie ankommende Ladestrom mit etwa 4 A zu gering gewesen sei. Denn die Zeugen
hätten bereits vor Einbau des Marder-schrecks von
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innerhalb
der
Sechsmonatsfrist
des § 476 BGB -
bestehenden Problemen an der Heckklappe und der Standheizung berichtet.
Der zu geringe Ladestrom sei ein Sachmangel.
Dass der Gutachter
[X.]

die alleinige Ursache der Stromprobleme in dem nach der Beseitigung des [X.]es eingebauten [X.] gesehen habe, schließe die Feststellungen des Sachverständigen [X.]

nicht aus. Vielmehr hätten während der Messungen des Gutachters
[X.]

"wohl beide technischen Fehler parallel"
vorgelegen; den abfließenden Ruhestrom durch den [X.]
habe der Sachverständige [X.]

übersehen, was aber nicht ausschließe, dass daneben (auch) ein zu schwacher Ladestrom zu verzeichnen gewesen sei.
Soweit der Gutachter
[X.]

, der einen ausreichenden Ladestrom gemes-sen habe,
die Ursache der voneinander abweichenden
Messergebnisse in
den von den Sachverständigen verwendeten (unterschiedlichen) [X.]n sehe, stelle dies die Feststellungen des Sachverständigen
[X.]

nicht in Frage. Der Gutachter [X.]

habe sich zu den Zangen nur "spekulativ"
geäußert und [X.] "einen Grund zu finden, warum sein Gutachten und seine Messungen richtiger sind als die des Sachverständigen [X.]

", nachdem er ([X.]

) keinen so starken Spannungsabfall zwischen Lichtmaschine und Batterie festgestellt habe wie der Sachverständige [X.]

. Dafür, dass das Messgerät des Gutach-ters [X.]

zutreffende
Werte angezeigt und ordnungsgemäß gearbeitet habe, spreche mangels anderweitiger Feststellungen die Tatsache, dass sein Mess-gerät Kommawerte
angegeben habe.
Auch ergebe sich aus dem schriftlichen Gutachten [X.]

, dass dieser bei seiner Untersuchung eine [X.] mit einem Messbereich von bis zu 100 A zur Verfügung gehabt habe, sich aber 17
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dennoch für eine [X.] mit einem Messbereich von bis zu 1800 [X.] habe; daraus sei der Schluss zu ziehen, dass [X.]

von einer aus-reichenden Messgenauigkeit der 1800 A-Zange ausgegangen sei.

Entscheidend für die Beurteilung sei, dass das Gutachten
[X.]

erklä-ren könne, warum die Batterie bereits vor Einbau des [X.]s im
Dezember 2005 nicht ordnungsgemäß funktioniert habe, während der Sachver-ständige
[X.]

und die Klägerin hierfür keine Erklärung hätten anbieten können.
Einer nochmaligen Anhörung der beiden Sachverständigen bedürfe es entge-gen dem Antrag der [X.] nicht, weil beide Gutachten in sich schlüssig seien und sich die dort getroffenen Feststellungen nicht gegenseitig ausschlös-sen.
Gegen diese Beurteilung des Berufungsgerichts richtet sich die [X.] der [X.].
II.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2, § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO) Nichtzulassungsbeschwerde führt gemäß §
544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurück-verweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das Berufungsgericht hat den
Sachverständigen [X.]

entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1, § 402 ZPO nicht erneut
angehört, obwohl es dessen
Ausführungen in für die Bewertung entscheidenden Teilen anders gewürdigt hat als das [X.]. Dadurch hat es den Anspruch der [X.] auf
rechtli-ches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.

1. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner [X.] und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestell-19
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ten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststel-lungen begründen und deshalb erneute Feststellungen gebieten. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben, ins-besondere daraus, dass das Berufungsgericht -
wie vorliegend -
das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders würdigt als das Gericht der Vorinstanz (Senatsurteil vom 29. Juni 2016 -
VIII
ZR 191/15, juris,
Rn.
26;
Senatsbeschluss vom 24. März 2010 -
VIII [X.], aaO Rn. 6; Senatsurteil vom 9. März 2005 -
VIII ZR 266/03, [X.], 313, 317; jeweils mwN). Wenn sich das Berufungsgericht von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswür-digung nicht zu überzeugen vermag, so ist es an die erstinstanzliche Beweis-würdigung, die es aufgrund konkreter Anhaltspunkte nicht für richtig hält, nicht gebunden, sondern zu einer erneuten Tatsachenfeststellung nicht nur berech-tigt, sondern -
was
das Berufungsgericht im Streitfall verkannt hat -
sogar ver-pflichtet (Senatsbeschluss vom 24. März 2010 -
VIII [X.], aaO).
Beim [X.] bedarf es einer erneuten Anhörung des Sachverständigen durch das Berufungsgericht dann, wenn das Berufungsge-richt Erläuterungen eines Sachverständigen abweichend von der Vorinstanz würdigen will, insbesondere ein anderes Verständnis der Ausführungen des Sachverständigen zugrunde legen und damit andere Schlüsse aus diesen zie-hen will als der Erstrichter (Senatsbeschluss vom 24. März 2010 -
VIII [X.], aaO Rn. 8; [X.], Urteile vom 8. Juni 1993 -
VI [X.], NJW 1993, 2380, unter [X.] a; vom 3. Dezember 1985 -
VI [X.], NJW 1986, 1540 un-ter [X.]).
2. So
verhält es sich im Streitfall.

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-
a) Das [X.] hat die Ursache der Stromprobleme am streitgegen-ständlichen Fahrzeug, gestützt auf die gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen [X.]

, allein in dem nicht von der [X.] in das Fahrzeug eingebauten [X.] gesehen; dieses Gerät habe den [X.] zu stark beansprucht. Der Ladestrom sei entgegen den
gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen [X.]

vielmehr völlig ausreichend gewesen, so dass innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 476 BGB ein von der [X.] zu verantwortender Mangel am Fahrzeug nicht [X.] werden könne. Soweit die vernommenen Zeugen von bereits vor Einbau des [X.]s
aufgetretenen Stromproblemen im Dezember 2005 berich-tet hätten, sei zu vermuten, dass diese von dem [X.] gekommen [X.]; jedenfalls lasse sich eine eindeutige Ursache hierfür nicht mehr feststellen. Selbst wenn während der ersten sechs
Monate seit Übergabe ein Sachmangel vorgelegen hätte, wäre dieser beseitigt worden und habe jedenfalls im [X.]punkt der Rücktrittserklärung (18. April 2007) nicht mehr vorgelegen.
b) Im Widerspruch hierzu hat das Berufungsgericht hingegen angenom-men, dass das Fahrzeug im [X.]punkt der Begutachtung im selbständigen Be-weisverfahren und auch noch im [X.]punkt des Rücktritts (18. April 2007) we-gen des unzureichenden Ladestroms mangelhaft gewesen sei und dieser Man-gel auch die Ursache für die von den Zeugen beschriebenen und innerhalb der Frist
des § 476 BGB aufgetretenen Probleme mit dem Fahrzeug gewesen [X.].
Damit hat das Berufungsgericht die Gutachten in zentralen Punkten [X.] gewürdigt als das [X.]. Diese abweichende Würdigung durfte das Berufungsgericht zumindest nicht ohne erneute Anhörung des vom [X.] mündlich angehörten Sachverständigen [X.]

vornehmen; inwieweit sich daraus noch zusätzlich die Notwendigkeit einer mündlichen Anhörung auch des Sach-26
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verständigen [X.]

oder die Einholung eines von der Beschwerde angespro-chenen weiteren Gutachtens hätte
ergeben können, kann hier dahin stehen.
c) Die Beschwerde rügt ferner zu Recht, dass das Berufungsgericht die hinsichtlich der Ladeströme erheblich voneinander abweichenden Messergeb-nisse der
beiden Sachverständigen mit Erwägungen begründet hat, die eine technische Sachkunde voraussetzten, ohne dass
dargelegt oder ersichtlich wä-re, dass das Berufungsgericht über eine solche Sachkunde verfügt hätte (vgl. [X.], Beschlüsse vom
16. Juni 2015 -
VI [X.], [X.], 1293 Rn. 8; vom 29. Oktober 2008 -
IV ZR 272/06, NJW-RR 2009, 517 Rn. 14). Dies gilt insbesondere für die Überlegungen des Berufungsgerichts, die von dem Sach-verständigen [X.]

verwendete [X.] habe ordnungsgemäß gemessen, da seine Ergebnisse "Kommawerte"
ergeben hätten. Auch ist nicht nachvoll-ziehbar, dass der vom Berufungsgericht herangezogene Umstand, dem Sach-verständigen [X.]

habe auch eine andere [X.] (100 A Messbereich) zur Verfügung gestanden, diese sei aber nicht
eingesetzt
worden, für eine aus-reichende
Messgenauigkeit der verwendeten [X.] sprechen soll.

d) Das angefochtene Urteil beruht auf den oben beschriebenen [X.]. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer abweichenden Entscheidung gekommen wäre, wenn es den
Sachverständigen [X.]

angehört
hätte.
3. Es kann dahin stehen, ob -
wie die Beschwerde meint -
das [X.] darüber hinaus verpflichtet gewesen wäre, die Beklagte
gemäß
§ 139 ZPO darauf hinzuweisen, dass es den von der [X.]
gehaltenen und mit einem Beweisangebot (Zeuge L.

) versehenen Vortrag, "das Fahr-zeug sei
bei Übergabe mangelfrei"
gewesen,
für nicht ausreichend substantiiert hielt. Denn nicht jede Verletzung der richterlichen Hinweispflicht nach § 139 29
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ZPO ist auch eine Verletzung des [X.] auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Eine solche liegt nur vor, wenn ein Gericht ohne vorheri-gen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag
stellt, mit denen auch ein ge-wissenhafter und kundiger [X.] -
selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen -
nach dem bisherigen Prozessver-lauf nicht zu rechnen brauchte ([X.], NJW 1994, 1274 f.; vgl. auch [X.]E 84, 188, 190; [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., vor § 128 Rn. 6a mwN).
So verhält es sich im Streitfall nicht. Die Frage der vom Kläger behaupte-ten Stromprobleme
ist,
angefangen von dem selbständigen Beweisverfahren,
[X.] des Streits zwischen den Parteien und des vorliegenden Verfahrens. Es musste daher einer gewissenhaften und kundigen Prozesspartei bereits bei der Formulierung eines
beweisbewehrten Vortrags
hierzu, spätestens aber nach Vorliegen des Gutachtens des Sachverständigen [X.]

, das in [X.] Punkten in
Widerspruch zu den Ausführungen des Sachverständigen [X.]

steht, bewusst sein, dass es bei der Formulierung des [X.] zu den Bekundungen des
Zeugen L.

nicht mit der pauschalen Be-hauptung der Mangelfreiheit bei Fahrzeugübergabe getan sein konnte, sondern eine weitere Substantiierung zu den Wahrnehmungen des Zeugen erforderlich sein würde. Insofern war die wegen mangelnder Substantiierung erfolgte Zu-rückweisung des Beweisangebots im Urteil des Berufungsgerichts keine das rechtliche Gehör des [X.] verletzende Überraschungsentscheidung, mit der eine sorgfältige Prozesspartei nicht hätte rechnen müssen.

Sollte die Beklagte den bisher nur in der Revisionsinstanz gehaltenen Sachvortrag hinsichtlich der in die Wahrnehmung des Zeugen L.

gestellten Tatsachen zum Zustand des Fahrzeugs bei Übergabe im neuen Be-rufungsverfahren wiederholen, entbinden die vorstehenden Ausführungen das Berufungsgericht nicht von der Prüfung, ob dieser Vortrag unter den Vorausset-32
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zungen des § 531 Abs. 2 Satz
1 Nr. 1 ZPO zuzulassen ist (vgl. hierzu [X.] vom 23. August 2016 -
VIII ZR
178/15 unter [X.] b bb (1), zur [X.] bestimmt).
4. Bei der nach allem
gebotenen Zurückverweisung der
Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch, der im Beschlussver-fahren nach § 544 Abs. 7 ZPO entsprechend herangezogen werden kann ([X.], Beschluss vom 1. Februar 2007 -
V [X.], NJW-RR 2007, 1221 Rn.
12).
Dr. Milger
Dr. Achilles
Dr. Schneider

Dr. Fetzer
Kosziol
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.11.2013 -
3 [X.]/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 09.07.2014 -
3 [X.] -

34

Meta

VIII ZR 219/14

23.08.2016

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2016, Az. VIII ZR 219/14 (REWIS RS 2016, 6441)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6441

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 270/09

VI ZR 332/14

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