Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.11.2018, Az. 9 AZR 328/18

9. Senat | REWIS RS 2018, 1512

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 11. April 2018 - 15 [X.] 1417/17 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an [X.] vom 5. September 2017 - 2 Ca 363/17 - abgeändert.

3. Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 [X.]tz 3 [X.] iVm. Abschn. B des Anhangs zu § 9 [X.] ([X.]) verpflichtet ist, innerhalb der von der Beklagten für den Rettungsdienst angeordneten Schichten eine täglich zehn Stunden überschreitende Arbeitszeit abzuleisten.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des [X.], Dienste mit einer täglichen Arbeitszeit von mehr als zehn Stunden zu leisten.

2

Der Kläger ist seit dem 1. September 1995 bei der [X.] bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als Mitarbeiter im Rettungsdienst beschäftigt. Alleinige Gesellschafterin der [X.] ist die [X.] GmbH. Deren Gesellschaftsanteile werden zu 100 % vom [X.] gehalten, der auf seinem Gebiet Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes ist.

3

Die [X.]eklagte ist nicht Mitglied in einem Arbeitgeberverband. [X.]ei ihr ist ein [X.]etriebsrat gebildet. Sie führt den bodengebundenen Rettungsdienst im [X.] nach Maßgabe eines mit dem [X.] geschlossenen Vertrags vom 22. Juni 2011 durch. In dem Vertrag heißt es ua.:

        

§ 1   

Vertragsgegenstand

        

(1)     

Die [X.] übernimmt die Durchführung des bodengebundenen Rettungsdienstes (außer Wasserrettungsdienst) im [X.] nach Maßgabe aller jeweils gültigen rettungsdienstlichen und sonstigen Vorschriften und Normen (einschließlich Verwaltungsvorschriften, behördlichen Anordnungen sowie [X.] und Empfehlungen der zuständigen [X.]ehörden). Der Rettungsdienst umfasst die bedarfsgerechte und flächendeckende Notfallrettung von Personen, den qualifizierten Krankentransport sowie die Durchführung von Maßnahmen bei Schadensereignissen mit einem Massenanfall von verletzten oder erkrankten Personen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 [X.]bgRettG.

        

(2)     

Der [X.] stellt die zur Erfüllung des Rettungsdienstes notwendige Anzahl von Rettungswachen und die notwendige Ausstattung der Rettungswachen - einschließlich der erforderlichen Fahrzeuge - der [X.] ohne weitere Kosten zur Verfügung. Hierunter fallen sämtliche sächlichen Ausstattungen und dem Rettungsdienst zugeordneten Fahrzeuge, die von dem bisherigen [X.]etreiber des Rettungsdienstes - in dem Zustand, in dem diese sich im Zeitpunkt der Übernahme befinden - ab Vertragsbeginn übernommen werden. …

        

…       

        
        

§ 2     

Pflichten der [X.]

        

(1)     

Die [X.] ist verpflichtet, die Rettungswachen nach Maßgabe des [X.] zu betreiben und zu unterhalten. Hierzu gehören neben der Stellung des erforderlichen Personals und der Durchführung der Einsätze u. a. die Unterhaltung, Versicherung, Wartung, Reparatur und Instandhaltung der Wachen, des gesamten notwendigen Fuhrparks sowie der medizinischen und technischen Ausstattung der Rettungswachen einschließlich der jeweiligen Ersatzbeschaffung.

                 

…       

        

…       

        

§ 4     

Rechte des [X.]es

        

…       

        

(6)     

Zuständig für den Einzug der Gebühren nach der Rettungsdienstgebührensatzung ist der [X.]. Die [X.] hat keine Inkassovollmacht. Sollten Gebühren bei der [X.] eingehen, so sind diese unverzüglich an den [X.] weiterzuleiten.

                 
        

§ 5     

Entgelte

        

(1)     

Die Entgeltkalkulation hat den jeweils geltenden preisrechtlichen Vorschriften zu entsprechen; zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sind dies die Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom [X.] ([X.]. Nr. 244 - [X.] 30/53 - zuletzt geändert durch die [X.] Nr. 1/89 vom 13.06.1998 [richtig 1989] ([X.]G[X.]l. I S. 1094) und die Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten - [X.] - (Anlage zur [X.] 30/53). Der [X.] erstattet der [X.] die für die Durchführung des Rettungsdienstes nach Maßgabe dieses Vertrages angefallenen notwendigen Selbstkosten.

        

…“    

        

4

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet [X.] der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst im [X.]ereich der [X.] ([X.] [[X.]]) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Im Anhang zu § 9 [X.] ([X.]) ist unter Abschn. [X.] bestimmt:

        

[X.].    

[X.]ereitschaftszeiten im Rettungsdienst und in Leitstellen

        

(1)     

1Für [X.]eschäftigte im Rettungsdienst und in den Leitstellen, in deren Tätigkeit regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang [X.]ereitschaftszeiten fallen, gelten folgende besondere Regelungen zu § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD:

                 

2Die Summe aus den faktorisierten [X.]ereitschaftszeiten und der [X.] darf die Arbeitszeit nach § 6 Abs. 1 nicht überschreiten. 3Die Summe aus Vollarbeits- und [X.]ereitschaftszeiten darf durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich nicht überschreiten. 4[X.]ereitschaftszeiten sind die Zeiten, in denen sich die/der [X.]eschäftigte am Arbeitsplatz oder einer anderen vom Arbeitgeber bestimmten Stelle zur Verfügung halten muss, um im [X.]edarfsfall die Arbeit selbständig, ggf. auch auf Anordnung, aufzunehmen und in denen die Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen. 5[X.]ereitschaftszeiten werden zur Hälfte als tarifliche Arbeitszeit gewertet (faktorisiert). 6[X.]ereitschaftszeiten werden innerhalb von [X.]eginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit nicht gesondert ausgewiesen.

        

(2)     

Die zulässige tägliche Höchstarbeitszeit beträgt zwölf Stunden zuzüglich der gesetzlichen Pausen.

        

(3)     

Die allgemeinen Regelungen des TVöD zur Arbeitszeit bleiben im Übrigen unberührt.

        

…“    

        

5

Der Kläger ist im [X.]ereich der Rettungswachen F und [X.] tätig. Die [X.]eklagte teilt ihn regelmäßig zu Schichten im Rettungsdienst mit einer täglichen Arbeitszeit von mehr als zehn Stunden und bis zu zwölf Stunden ein.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Anordnung von [X.] mit einer täglichen Arbeitszeit von mehr als zehn Stunden verstoße gegen § 3 Satz 2 [X.]. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Abweichung von der dort geregelten täglichen Höchstarbeitszeit lägen nicht vor.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Relevanz - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass er nicht nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 3 [X.] iVm. Abschn. [X.] des Anhangs zu § 9 TVöD ([X.]) verpflichtet ist, innerhalb der von der [X.] für den Rettungsdienst angeordneten Schichten eine täglich zehn Stunden überschreitende Arbeitszeit abzuleisten.

8

Die [X.]eklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass sie nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 3 [X.] iVm. Abschn. [X.] des Anhangs zu § 9 [X.] ([X.]) berechtigt sei, [X.] bis zu zwölf Stunden täglich anzuordnen. Sie finanziere die Kosten ihres [X.]etriebs überwiegend durch Zuwendungen im Sinne des Haushaltsrechts. In diesem Zusammenhang hat sie behauptet, ihre Auslagen zu 95 % mit Zuwendungen des [X.]es H zu decken.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die [X.]erufung des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist begründet. Das [X.] hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist begründet. Die Beklagte ist nicht berechtigt, dem Kläger [X.] im Rettungsdienst zuzuweisen, die eine tägliche [X.] von zehn Stunden überschreiten.

A. Der Feststellungsantrag ist in der gebotenen rechtsschutzgewährenden Auslegung (vgl. [X.] 19. November 2015 - 6 [X.] - Rn. 16, [X.]E 153, 271) zulässig.

I. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er nicht nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 3 [X.] iVm. Abschn. B des Anhangs zu § 9 [X.] ([X.]) verpflichtet ist, innerhalb der von der Beklagten für den Rettungsdienst angeordneten Schichten eine täglich zehn Stunden überschreitende [X.] abzuleisten. Es geht ihm nicht darum, für sämtliche denkbaren Fälle feststellen zu lassen, nicht länger als täglich zehn Stunden arbeiten zu müssen. Der Klageantrag bezieht sich auf die den Anlass für die Klage bildende, konkret behauptete Form des Verstoßes gegen § 3 Satz 2 [X.]. Der Kläger stellt darauf ab, die Beklagte dürfe keine von § 3 Satz 2 [X.] abweichende [X.] festlegen, weil die Voraussetzungen für die Anordnung einer täglichen [X.] von bis zu zwölf Stunden nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 3 [X.] iVm. Abschn. B des Anhangs zu § 9 [X.] ([X.]) nicht vorlägen. Weitere ggf. erst künftig eintretende Fallkonstellationen sollen von dem Feststellungsantrag nicht erfasst werden.

II. Mit diesem Inhalt ist das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Der angestrebte [X.] ist trotz seiner nicht vollstreckbaren Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Verpflichtung des [X.] zur Teilnahme an den bis zu zwölf Arbeitsstunden umfassenden Schichten beizulegen und insoweit weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Dies rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses (vgl. [X.] 22. März 2018 - 6 [X.] - Rn. 15).

B. Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Kläger ist nicht verpflichtet, die von der Beklagten angeordneten Schichten im Rettungsdienst abzuleisten, soweit sie abweichend von § 3 Satz 2 [X.] eine tägliche [X.] von zehn Stunden überschreiten. Entgegen der Annahme des [X.]s kann die Beklagte die Anordnung von [X.] bis zu zwölf Stunden nicht auf § 7 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 3 [X.] iVm. Abschn. B des Anhangs zu § 9 [X.] ([X.]) stützen.

I. Nach § 3 [X.] darf die werktägliche [X.] der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. § 3 [X.] ist ein Verbotsgesetz iSv. § 134 BGB ([X.] 24. August 2016 - 5 [X.] - Rn. 30 mwN, [X.]E 156, 157), das den Arbeitnehmer vor Überforderung durch übermäßige zeitliche Inanspruchnahme schützen soll. Die Vorschrift begründet ein gesetzliches Beschäftigungsverbot, aufgrund dessen es dem Arbeitgeber untersagt ist, Arbeitsleistungen in einem die gesetzlichen Höchstgrenzen übersteigenden Umfang anzuordnen oder entgegenzunehmen ([X.] 24. August 2016 - 5 [X.] - Rn. 33, aaO). Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 [X.] ist [X.] die [X.] vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst sind arbeitszeitrechtlich [X.] (vgl. [X.] 19. November 2014 - 5 [X.] - Rn. 16, [X.]E 150, 82). Sie müssen bei der Berechnung des zulässigen Umfangs der [X.] in vollem Umfang und nicht nur im Umfang des tatsächlichen Arbeitseinsatzes berücksichtigt werden (vgl. [X.] 23. Juni 2010 - 10 [X.] - Rn. 18, [X.]E 135, 34).

II. Sofern der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer durch einen entsprechenden [X.]ausgleich gewährleistet wird, kann gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 4 [X.] in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung ua. zugelassen werden, die Regelung des § 3 [X.] über die zulässige werktägliche [X.] bei Verwaltungen und Betrieben des [X.], der Länder, der Gemeinden und sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie bei anderen Arbeitgebern, die der Tarifbindung eines für den öffentlichen Dienst geltenden oder eines im wesentlichen inhaltsgleichen Tarifvertrags unterliegen, der Eigenart der Tätigkeit bei diesen Stellen anzupassen. Nach § 7 Abs. 3 Satz 3 [X.] hat eine nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 [X.] getroffene abweichende tarifvertragliche Regelung zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen ihnen die Anwendung der für den öffentlichen Dienst geltenden tarifvertraglichen Bestimmungen vereinbart ist und die Arbeitgeber die Kosten des Betriebs überwiegend mit Zuwendungen im Sinne des [X.] decken.

III. Im Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der privatrechtlich organisierten, nicht tarifgebundenen Beklagten findet § 7 Abs. 3 Satz 3 [X.] bereits deshalb keine Anwendung, weil die Beklagte die Kosten ihres Betriebs nicht überwiegend mit Zuwendungen im Sinne des [X.] deckt. Das [X.] hat das Entgelt, das der [X.] aufgrund des [X.] als Gegenleistung für die Erbringung des bodengebundenen Rettungsdienstes an die Beklagte zahlt, rechtsfehlerhaft als eine solche Zuwendung qualifiziert.

1. § 7 Abs. 3 Satz 3 [X.] geht seinem Wortlaut nach von dem Begriff der „Zuwendung im Sinne des Haushaltrechts“ aus. Danach erlaubt nicht der Erhalt jedweder, sondern nur bestimmter öffentlicher Mittel - namentlich von „Zuwendungen im Sinne des [X.]“ - eine einzelvertragliche Bezugnahme auf tarifvertragliche Abweichungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 [X.] (vgl. [X.]/[X.] [X.] 4. Aufl. § 7 Rn. 92; [X.]/[X.] [X.] 3. Aufl. § 7 Rn. 131; [X.] in [X.]/[X.]/Schubert [X.]recht 2. Aufl. § 7 [X.] Rn. 83).

a) Der Begriff der „Zuwendung im Sinne des [X.]“ ist rahmenmäßig in § 14 [X.] sowie für den [X.] in § 23 [X.] und für die Länder in den entsprechenden landesrechtlichen [X.] bestimmt. Nach § 23 [X.] und dem inhaltsgleichen § 23 der Landeshaushaltsordnung des [X.] ([X.]) werden Zuwendungen als Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Leistungen an Stellen außerhalb der [X.]- bzw. Landesverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke definiert. Zuwendungen dürfen danach nur veranschlagt werden, wenn der [X.] bzw. das Land an der Erfüllung durch solche Stellen ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendungen nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann. Eine nähere Konkretisierung des Begriffs der Zuwendung im haushaltsrechtlichen Sinne nehmen die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften ([X.]) zu den [X.] durch [X.] sowie durch [X.] zu anderen Leistungen vor (vgl. von [X.]/[X.] [X.] § 23 Rn. 8). Nach der [X.] 1.1 zu § 23 [X.]/[X.] können Zuwendungen sowohl zweckgebundene Zuschüsse, Zuweisungen, Schuldendiensthilfen als auch andere nicht rückzahlbare Leistungen sowie zweckgebundene Darlehen und andere bedingt oder unbedingt rückzahlbare Leistungen sein. Keine Zuwendungen im haushaltsrechtlichen Sinne sind hingegen nach der [X.] 1.2 zu § 23 [X.]/[X.] ua. Entgelte aufgrund von öffentlichen Aufträgen ([X.] 1.2.4 zu § 23 [X.]) bzw. Verträgen, die den Preisvorschriften für öffentliche Aufträge unterliegen ([X.] 1.2.4 zu § 23 [X.]). Zu den öffentlichen Aufträgen zählen insbesondere Kauf-, Miet-, Pacht-, Werk- und Werklieferungsverträge sowie sonstige gegenseitige Verträge, sofern der Entgeltsverpflichtung des [X.] eine für dieses Entgelt zu erbringende Leistung gegenübersteht (Nr. 1 der Anlage zur [X.] 1.2.4 zu § 23 [X.]).

b) Zuwendungen sind danach von Entgelten aus einem öffentlichen Auftrag abzugrenzen. Im Falle eines öffentlichen Auftrags ist der Auftragnehmer verpflichtet, die vertraglich vereinbarten Leistungen auch tatsächlich zu erbringen. Im Unterschied dazu stellt eine Zuwendung die Gewährung wirtschaftlicher Vorteile in Form von Geldleistungen zur Erreichung eines im Allgemeininteresse liegenden Zwecks dar, ohne dass der verfolgte Zweck und die gewährten Vorteile ein marktkonformes Geschehen widerspiegeln. Bei einer Zuwendung kommt es vorrangig darauf an, dass die Fördermittel zweckentsprechend eingesetzt werden, ohne dass eine einklagbare Leistungspflicht besteht (vgl. [X.] 11. Juli 2018 - [X.] 1/18 - zu II 2 a der Gründe). Zuwendungen iSv. § 7 Abs. 3 Satz 3 [X.] können somit nicht aufgrund gegenseitiger Verträge, in denen die Erbringung von Leistungen gegen Entgelt vereinbart wird, gewährt werden (vgl. [X.]/[X.] [X.] 4. Aufl. § 7 Rn. 92; vgl. auch zur insoweit inhaltsgleichen Norm des § 22 Abs. 2 [X.]: [X.]/[X.] 5. Aufl. [X.] § 22 Rn. 12; HK-[X.]/Boecken 5. Aufl. § 22 Rn. 19). Bei einem Leistungsaustausch zur Deckung eines [X.] der öffentlichen Hand gegen Entgelt liegt mithin ein der Annahme einer Zuwendung entgegenstehender öffentlicher Auftrag vor.

c) Dieses Verständnis liegt entgegen der Annahme des [X.]s auch dem Zuwendungsbegriff des § 2 Nr. 52 der durch den Minister des Innern des [X.] erlassenen Verordnung über die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans der Gemeinden ([X.]) vom 14. Februar 2008 (GVBl. II [Nr. 3] S. 14) idF vom 15. Februar 2018 (GVBl. II [Nr. 15]) zugrunde. Diese Bestimmung verwendet den Fachbegriff „Zuwendung“ in seinem haushaltsrechtlichen Kontext und unterscheidet ebenso wie die [X.] 1.1 zu § 23 [X.]/[X.] zwischen Zuweisungen (Finanzhilfen innerhalb des öffentlichen Bereichs) und Zuschüssen (Finanzhilfen an den unternehmerischen oder privaten Bereich). Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass dem Begriff der Zuwendung durch die [X.] für das kommunale Haushaltsrecht ein von § 23 [X.] abweichender Bedeutungsgehalt beigemessen werden sollte.

2. Daran gemessen sind die aufgrund des [X.] im [X.] vom 22. Juni 2011 gezahlten Entgelte nicht als Zuwendungen im haushaltsrechtlichen Sinne zu qualifizieren. Die Vertragsparteien haben aufgrund eines konkreten Beschaffungsinteresses des [X.] eine bestimmbare Leistungspflicht der Beklagten (Durchführung des bodengebundenen Rettungsdienstes nach den vertraglich vereinbarten Maßgaben) gegen Entgelt vereinbart. Dabei stellt das Entgelt die synallagmatische Gegenleistung für die Durchführung des bodengebundenen Rettungsdienstes dar (vgl. zur Einordnung von Verträgen über Rettungsdienstleistungen im sogenannten „[X.]“, in dem die Gegenleistung vom öffentlichen Auftraggeber unmittelbar an den Dienstleistungserbringer gezahlt wird, als öffentliche Dienstleistungsaufträge [X.] 10. März 2011 - [X.]/09 - [Privater Rettungsdienst und Krankentransport Stadler] Rn. 22, 24; vgl. auch [X.] 29. April 2010 - [X.]/08 - [Kommission/[X.]land] Rn. 131). Nach § 5 des Vertrags hat die Entgeltkalkulation den jeweils geltenden preisrechtlichen Vorschriften zu entsprechen. Hierzu haben die Vertragsparteien ausdrücklich auf die Preisvorschriften für öffentliche Aufträge ([X.] Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21. November 1953 idF der [X.] Nr. 1/89 vom 13. Juni 1989 [BGBl. I S. 1094] und die Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten - [X.] - [Anlage zur [X.] 30/53]) Bezug genommen. Der [X.] erstattet der Beklagten die für die Durchführung des bodengebundenen Rettungsdienstes angefallenen notwendigen Selbstkosten.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Kiel    

        

    [X.]    

        

    Zimmermann    

        

        

        

    Vogg    

        

    Pielenz    

                 

Meta

9 AZR 328/18

20.11.2018

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Brandenburg, 5. September 2017, Az: 2 Ca 363/17, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.11.2018, Az. 9 AZR 328/18 (REWIS RS 2018, 1512)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 1512

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

9 AZR 327/18 (Bundesarbeitsgericht)

Tägliche Höchstarbeitszeit für Rettungssanitäter - Begriff der Zuwendung iSv. § 7 Abs 3 S 3 …


6 AZR 16/19 (Bundesarbeitsgericht)

Bereitschaftszeit in einer Rettungsdienstleitstelle


8 AZR 63/15 (Bundesarbeitsgericht)


8 AZR 53/15 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebsübergang - Wahrung der Identität der Einheit - Gesamtbewertung


8 AZR 62/15 (Bundesarbeitsgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.