Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.12.2023, Az. 2 B 23/23

2. Senat | REWIS RS 2023, 9049

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Verwerfung einer Nichtzulassungsbeschwerde


Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des [X.] vom 18. April 2023 wird verworfen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 16 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Der [X.]eklagte wendet sich mit der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der [X.]egründungsfrist im [X.]erufungsverfahren.

2

1. Der 1981 geborene Kläger wurde im September 2015 als Kommissaranwärter in den Vorbereitungsdienst für die Ausbildung für den [X.] der Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten des beklagten [X.] eingestellt. Im Juli 2018 sprach der [X.]eklagte gegenüber dem Kläger eine Missbilligung wegen verspäteten Dienstantritts aus. Mit [X.]escheid von Mitte Juli 2019 lehnte der [X.]eklagte die Übernahme des [X.] in ein [X.]eamtenverhältnis auf Probe wegen charakterlicher Nichteignung ab. Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die ausgesprochene Missbilligung aufgehoben und den [X.]eklagten unter Aufhebung des entgegenstehenden [X.]escheids verpflichtet, über den Antrag des [X.] auf Übernahme in das [X.]eamtenverhältnis auf Probe erneut zu entscheiden.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die hinsichtlich der begehrten Verbeamtung zugelassene [X.]erufung des [X.]eklagten durch [X.]eschluss als unzulässig verworfen. Zur [X.]egründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der [X.]eklagte habe die Frist zur [X.]egründung der [X.]erufung versäumt. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei wegen verschuldeter [X.] nicht zu gewähren. Die [X.]erechnung und Überwachung schwieriger Fristen wie der [X.]erufungsbegründungsfrist hätte die Prozessvertreterin der [X.]ehörde - auch nach interner Weisungslage - eigenständig erledigen müssen. Selbst wenn man eine Übertragung der Fristenkontrolle (jedenfalls in Teilen) auf andere [X.]ehördenbedienstete im Einzelfall für möglich erachten würde, treffe den [X.]eklagten ein Organisationsverschulden. Mit der personellen Trennung der Kontrolle der Dokumente (zu übermittelnder Schriftsatz, Sende- und Eingangsbestätigung) einerseits und der Kontrolle der notierten Frist "auf Zuruf" andererseits habe die Prozessvertreterin des [X.]eklagten eine ungeeignete Organisationsform gewählt, um Fehler bei der Fristwahrung zu vermeiden. Ungeachtet dessen habe der [X.]eklagte nicht dargetan, die zur Fristenkontrolle eingesetzten nachgeordneten [X.]eamten (stichprobenartig) überwacht zu haben.

4

2. Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte [X.]eschwerde des [X.]eklagten ist unzulässig. Sie genügt nicht den [X.]egründungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

5

Ist eine [X.]erufungsentscheidung auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, kann nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] die Revision nur zugelassen werden, wenn gegenüber jeder der [X.]egründungen ein durchgreifender Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (vgl. u. a. [X.], [X.]eschlüsse vom 15. Juni 1990 - 1 [X.] - [X.] 11 Art. 116 GG Nr. 20 S. 11, vom 20. August 1993 - 9 [X.] 512.93 - [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 320 S. 51, vom 9. Dezember 1994 - 11 PKH 28.94 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4 und vom 13. Oktober 2020 - 2 [X.] 57.20 - juris Rn. 4). Wird nur hinsichtlich einer [X.]egründung ein Zulassungsgrund geltend gemacht, genügt die [X.]eschwerde bereits nicht dem [X.]egründungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Diese [X.]egründung kann hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. Nur wenn das [X.]erufungsgericht eine alternative [X.]egründung gewählt hat, reicht es aus, dass die [X.]eschwerde einen der beiden [X.]egründungsteile in zulässiger Weise angreift. Denn wenn einer von ihnen in Zweifel gerät, ist nicht mehr gesichert, dass der andere [X.]egründungsteil die Entscheidung trägt ([X.], [X.]eschlüsse vom 26. Mai 1993 - 4 N[X.] 3.93 - [X.] 310 § 47 VwGO Nr. 80 S. 144 und vom 22. Juni 2015 - 4 [X.] 60.14 - juris Rn. 5). So liegt es hier aber nicht.

6

Das [X.]erufungsgericht hat die Ablehnung der vom [X.]eklagten beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt. Es hat ein Verschulden des [X.]eklagten an der [X.] angenommen, weil die Prozessvertreterin die Überwachung der [X.]erufungsbegründungsfrist nicht auf andere [X.]ehördenbedienstete habe übertragen dürfen. Es hat weiter angenommen, dass die Prozessvertreterin selbst bei einer im Einzelfall möglichen Übertragung der Fristenkontrolle auf nachgeordnete [X.]eamte eine ungeeignete Organisationsform gewählt habe, und ferner, dass ungeachtet dessen der [X.]eklagte nicht innerhalb der [X.] dargetan habe, ob und in welchem Umfang das eingesetzte Hilfspersonal (stichprobenartig) überwacht worden sei.

7

Die [X.]eschwerde greift mit den geltend gemachten Zulassungsgründen lediglich den letztgenannten Grund an, nicht aber die anderen beiden selbstständig tragenden Gründe der [X.]erufungsentscheidung. Sie macht mit der Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) allein geltend, das [X.]erufungsgericht habe die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verfahrensfehlerhaft versagt, weil es die Anforderungen an die Überwachung des bei der Fristenkontrolle eingesetzten nachgeordneten Personals überspannt habe. Auch die von der [X.]eschwerde erhobene [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) hinsichtlich der Entscheidungen des [X.] vom 28. April 2008 (4 [X.] 48.07 - juris) und vom 4. August 2000 (3 [X.] 75.00 - juris) bezieht sich auf die Anforderungen an die Überwachungspflicht bei der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze durch Hilfspersonal. Abgesehen davon sei angemerkt, dass die [X.]eschwerde auch insoweit eine Rechtssatzdivergenz nicht aufzeigt. Die [X.]ehauptung einer Abweichung im Einzelfall genügt den [X.] an eine [X.] nicht (vgl. zu den [X.]: [X.], [X.]eschlüsse vom 4. August 2020 - 2 [X.] 41.19 - juris Rn. 6 und vom 26. April 2023 - 2 [X.] 41.22 - juris Rn. 20 f.). Mit der in der [X.]eschwerde im Übrigen allenfalls angedeuteten Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wird auch nur auf den Klärungsbedarf zum "Inhalt bzw. Umfang der Überwachungspflicht" hingewiesen.

8

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Sätze 2 und 3 GKG.

Meta

2 B 23/23

07.12.2023

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 18. April 2023, Az: 6 A 3495/20, Beschluss

§ 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 2 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 133 Abs 3 S 3 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.12.2023, Az. 2 B 23/23 (REWIS RS 2023, 9049)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9049

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 B 39/16 (Bundesverwaltungsgericht)

Wirkung des Antrags auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde


10 B 10/13, 10 B 10/13, 10 PKH 10/13 (Bundesverwaltungsgericht)

Wiedereinsetzung; unverschuldete Verhinderung; Wegfall des Hindernisses; Akteneinsicht


2 B 1/19 (Bundesverwaltungsgericht)

Keine Wiedereinsetzung wegen fehlender Notierung einer Vorfrist für Rechtsmitteleinlegung im Disziplinargerichtsverfahren


7 B 24/15 (Bundesverwaltungsgericht)

Zugang zum Telefonverzeichnis eines Gerichts nach dem InfFrG NW; Vertretungsordnung


8 B 7/21 (Bundesverwaltungsgericht)

Klagefristversäumnis; Poststreik; Zurechnung des Verschuldens von Hilfspersonen


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.