Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.03.2014, Az. 9 AZR 877/13

9. Senat | REWIS RS 2014, 7024

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 30. August 2013 - 4 [X.]/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der [X.], einer Fluggesellschaft, die Gewährung von Erholungsurlaub aus den Jahren 2011 und 2012.

2

Die Parteien begründeten mit schriftlichem Arbeitsvertrag vom 13. Dezember 1991 ein Arbeitsverhältnis. Ziff. 1 des Arbeitsvertrags lautet:

        

„1.     

Beginn und Ort der Tätigkeit

                 

Herr T wird im [X.] an die erfolgreich abgeschlossene Schulung (voraussichtlich 20.06.1992) als Flugzeugführer mit Einsatzort Köln beschäftigt.

                 

[X.] kann [X.] entsprechend seinen Fähigkeiten und Kenntnissen auch mit einer anderen im Interesse der [X.] liegenden Aufgabe im Flugbetrieb betrauen, unter Umständen auch an einem anderen Ort im In- und Ausland.“

3

Die Vergütung des [X.] betrug nach den Feststellungen des [X.] in der Kapitänsstufe 17 monatlich 11.297,00 Euro brutto. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag Nr. 1 für die Mitarbeiter des [X.] der [X.] vom 17. April 2004 (im Folgenden: [X.]) kraft vertraglicher Vereinbarung Anwendung. Dieser sieht ab dem 5. Kalenderjahr der Beschäftigung einen Anspruch auf 42 Urlaubstage vor.

4

Gemäß einer Mitteilung des flugmedizinischen Sachverständigen vom 19. November 2008 kann dem Kläger dauerhaft kein Tauglichkeitszeugnis als Flugzeugführer iSd. [X.] erteilt werden. Über die Fluguntauglichkeit des [X.] besteht zwischen den Parteien kein Streit. Wegen ihr wird der Kläger von der [X.] nicht beschäftigt.

5

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 1. September 2011 die Gewährung von Erholungsurlaub. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 12. September 2011 ab, weil der Kläger „unbefristet arbeitsunfähig erkrankt“ sei.

6

Der Kläger hat mit seiner der [X.] am 6. Oktober 2011 zugestellten Klage zunächst die Gewährung des Urlaubs für das [X.] begehrt. Mit Schriftsatz vom 9. August 2012, der [X.] zugestellt am 14. August 2012, hat er die Klage hinsichtlich der Gewährung des Urlaubs für das [X.] erweitert. In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger seinen Antrag bezüglich des Urlaubs für das [X.] ausdrücklich auch als Schadensersatz geltend gemacht. Dazu hat er die Ansicht vertreten, die Gewährung von Urlaub setze nicht die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers voraus.

7

Er hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm sowohl für das Urlaubsjahr 2011 42 Urlaubstage als auch für das Urlaubsjahr 2012 42 Urlaubstage ab dem Tag zu gewähren, der 10 Tage hinter der Verkündung der Entscheidung liegt.

8

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der Kläger könne eine Urlaubsgewährung nicht verlangen, weil der Urlaubsanspruch wegen der Fluguntauglichkeit des [X.] nicht erfüllt werden könne.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Klage auf Urlaubsgewährung ist zulässig, aber unbegründet.

A. Der auf Gewährung von jeweils 42 Tagen Urlaub aus den Jahren 2011 und 2012 gerichtete Leistungsantrag ist zulässig. Der Antrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Klagen, mit denen der Arbeitgeber zur Gewährung einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen ab einem in der Zukunft liegenden, nicht näher genannten Zeitpunkt verurteilt werden soll, sind zulässig ([X.]/[X.] 14. Aufl. § 7 [X.] Rn. 31 unter Hinweis auf [X.] 5. September 2002 - 9 [X.] 355/01 - zu [X.] der Gründe, [X.]E 102, 294; [X.]/[X.] Urlaubsrecht 2. Aufl. § 7 [X.] Rn. 80 f. unter Hinweis auf [X.] 25. November 1982 - 6 [X.] 1254/79 - zu 4 der Gründe, [X.]E 40, 379).

B. Die Klage ist unbegründet.

I. Dem Kläger steht der beanspruchte Urlaub aus dem [X.] nicht zu.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Urlaub im Umfang von 42 Tagen aus § 17 [X.] bzw. 20 Arbeitstagen gemäß §§ 1, 3 [X.]. Der im [X.] entstandene Urlaub ist spätestens am 31. März 2013 verfallen. Aufgrund der Vorgaben des Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) ist § 7 Abs. 3 [X.] zwar unionsrechtskonform so auszulegen, dass der gesetzliche Urlaub nicht erlischt, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres oder des [X.] erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist (vgl. [X.] 24. März 2009 - 9 [X.] 983/07 - Rn. 47 ff., [X.]E 130, 119). Die unionsrechtskonforme Auslegung hat jedoch nur zur Folge, dass der aufrechterhaltene Urlaubsanspruch zu dem im Folgejahr entstandenen Urlaubsanspruch hinzutritt und damit erneut dem Fristenregime des § 7 Abs. 3 [X.] unterfällt (vgl. [X.] 9. August 2011 - 9 [X.] 425/10 - Rn. 19). Besteht die Arbeitsunfähigkeit auch am 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres fort, so gebietet auch das Unionsrecht keine weitere Aufrechterhaltung des Urlaubsanspruchs (vgl. [X.] 22. November 2011 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 38, Slg. 2011, [X.]). Der zunächst aufrechterhaltene Urlaubsanspruch erlischt somit zu diesem Zeitpunkt (vgl. [X.] 16. Juli 2013 - 9 [X.] 914/11 - Rn. 26; 7. August 2012 - 9 [X.] 353/10 - Rn. 32 ff., [X.]E 142, 371). Der [X.] enthält keinen längeren Übertragungszeitraum. § 17 Abs. 4 [X.] entspricht weitgehend § 7 Abs. 3 [X.], sodass insoweit von einem Gleichlauf der gesetzlichen und tariflichen Urlaubsregelungen auszugehen ist.

2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Gewährung von 42 Tagen Urlaub unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zu. Die Beklagte ist nicht gemäß § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger 42 Arbeitstage [X.] für verfallenen Urlaub aus dem [X.] zu gewähren. Zwar hat der Kläger mit seinem Schreiben und der Klage den Urlaubsanspruch rechtzeitig geltend gemacht (vgl. [X.] 11. Juli 2006 - 9 [X.] 535/05 - Rn. 18). Die Beklagte konnte dem Kläger jedoch keinen Urlaub gewähren.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hängt die Erfüllbarkeit des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nach dem nationalen Urlaubsrecht von der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers ab. Wer arbeitsunfähig krank ist, kann durch [X.] von seiner Arbeitspflicht nicht mehr befreit werden ([X.] 26. Mai 1992 - 9 [X.] 172/91 - zu 1 a der Gründe; zust. [X.] NZA Beilage 3/2011, 133, 134; vgl. auch [X.]/[X.] § 7 [X.] Rn. 21; [X.]/[X.] § 7 [X.] Rn. 134; [X.]/[X.] § 7 Rn. 51). Eine Freistellungserklärung des Arbeitgebers kann nach § 362 Abs. 1 BGB das Erlöschen des Urlaubsanspruchs nur bewirken, soweit für den Freistellungszeitraum eine Arbeitspflicht des Arbeitnehmers besteht (vgl. [X.] 14. Mai 2013 - 9 [X.] 760/11 - Rn. 17 mwN; 8. September 1998 - 9 [X.] 161/97 - zu I 2 c der Gründe, [X.]E 89, 362; krit. [X.]/[X.] 6. Aufl. § 3 [X.] Rn. 4). Kann der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeit nicht mehr erbringen, wird ihm die Arbeitsleistung nachträglich unmöglich. Er wird nach § 275 Abs. 1 BGB von der Pflicht zur Arbeitsleistung frei ([X.]/[X.] ArbR-HdB 15. Aufl. § 49 Rn. 5). Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet (vgl. [X.]/[X.] 2002, 2106, 2111 f. mwN zur Abgrenzung zwischen § 275 Abs. 1 und Abs. 3). Es handelt sich um eine Leistungsstörung auf Seiten des Arbeitnehmers ([X.] 25. September 2013 - 10 [X.] 850/12 - Rn. 14 mwN).

b) Diese Rechtsprechung steht im Einklang mit dem Recht der [X.] Union.

aa) Soweit der [X.] davon ausgeht, die Arbeitszeitrichtlinie behandele den Anspruch auf Jahresurlaub und denjenigen auf Zahlung des [X.] als zwei Teile eines einzigen Anspruchs ([X.] 16. März 2006 - [X.]/04 und [X.]/04 - [[X.] ua.] Rn. 58, Slg. 2006, [X.]), folgt daraus nicht, dass einem Arbeitnehmer, dem die Erbringung der Arbeitsleistung nicht möglich ist, Urlaub zu gewähren ist. Gerade wenn man mit dem [X.] davon ausginge, es bestehe ein einheitlicher Anspruch auf bezahlten Urlaub, kann nicht ein Teilaspekt - der Anspruch auf Urlaubsvergütung - erfüllt werden, ohne dass zugleich auch der andere Teil - der Anspruch auf Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung - erfüllt wird. Wäre der Arbeitgeber gemäß der Rechtsansicht des [X.] verpflichtet, im fortbestehenden Arbeitsverhältnis einem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer trotz der nicht möglichen Freistellung von der Verpflichtung zur [X.] zu zahlen, käme dies im Ergebnis einer Abgeltung des Urlaubs im laufenden Arbeitsverhältnis gleich. Der bezahlte [X.] darf jedoch nach Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.

bb) Der [X.] hat ausdrücklich klargestellt, dass Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten nicht entgegensteht, nach denen ein Arbeitnehmer „im [X.] nicht berechtigt ist, während eines Zeitraums, der in die Zeit des [X.]s fällt, bezahlten Jahresurlaub zu nehmen“ ([X.] 20. Januar 2009 - [X.]/06 und [X.]/06  - [[X.] ua.] Rn. 32, Slg. 2009, [X.]). Was den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub betrifft, ist es, wie sich aus dem Wortlaut der Arbeitszeitrichtlinie und der Rechtsprechung des [X.] ergibt, Sache der Mitgliedstaaten, in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Voraussetzungen für die Ausübung und die Umsetzung dieses Anspruchs festzulegen und dabei die konkreten Umstände zu bezeichnen, unter denen die Arbeitnehmer von diesem Anspruch Gebrauch machen können, ohne dabei aber bereits die Entstehung dieses sich unmittelbar aus der Richtlinie ergebenden Anspruchs von irgendeiner Voraussetzung abhängig zu machen ([X.] 20. Januar 2009 - [X.]/06 und [X.]/06 - [[X.] ua.] Rn. 28, aaO). Wenn nach dem Unionsrecht der Urlaub eines Arbeitnehmers auch dann abzugelten ist, wenn dieser längere Zeit krankheitsbedingt arbeitsunfähig war, wird daraus deutlich, dass während der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit der Freistellungsanspruch nicht erfüllt werden konnte (nochmals bestätigend: [X.] 8. November 2012 - [X.]/11 und [X.]/11 - [[X.] und [X.]] Rn. 25).

cc) Aus Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der [X.] Union ([X.]) folgt nichts anderes. Die Vorschrift bestimmt nur, dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer das Recht auf bezahlten Jahresurlaub hat. Die Grundrechtecharta enthält keine Regelung über die Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung des Urlaubs. Die Frage, inwieweit Art. 31 Abs. 2 [X.] im Verhältnis zwischen zwei Privaten überhaupt unmittelbare Wirkung entfalten kann (vgl. [X.] 15. Januar 2014 - [X.]/12 - [[X.]]), kann vor diesem Hintergrund offenbleiben.

dd) Der Durchführung eines [X.] nach Art. 267 AEUV bedarf es nicht. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind - wie dargestellt - durch die Rechtsprechung des [X.] geklärt oder ihre Beantwortung ist offenkundig.

c) Entgegen der Ansicht des [X.] gibt auch das nationale Recht keinen Anlass, die Rechtsprechung zur Unvereinbarkeit von Urlaub und Krankheit in Frage zu stellen.

aa) Dies gilt insbesondere für die Bestimmung des § 9 [X.] (vgl. [X.] 10. Oktober 2012 - 5 [X.]/12 - zu II 2 b bb der Gründe; aA noch [X.] 7. Februar 2011 - 5 Sa 891/10 - zu V 2 d der Gründe). Die Vorschrift regelt den Fall, dass der Arbeitgeber vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers diesem Urlaub gewährt hat, indem er ihn für einen bestimmten Zeitraum von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit hat. Ohne die Regelung in § 9 [X.] würde der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch ersatzlos verlieren, wenn er während eines bereits bewilligten Urlaubs arbeitsunfähig erkrankt. Dies folgt aus § 275 Abs. 1 BGB. Der Arbeitgeber würde von der Leistungspflicht frei, weil er mit der Festlegung des [X.] als Schuldner das nach § 7 Abs. 1 [X.] Erforderliche getan hätte ([X.]/[X.] 2. Aufl. Bd. 2 § 9 [X.] Rn. 8). Bei bestehender Arbeitsunfähigkeit träte somit Unmöglichkeit ein, die an sich eigentlich zum Ausschluss einer Verpflichtung des Arbeitgebers, erneut Urlaub zu bewilligen, führen würde. Hiervon enthält § 9 [X.] eine Ausnahme zugunsten des Arbeitnehmers. Diese führt indes nicht dazu, dass der Arbeitnehmer den Urlaub während der Arbeitsunfähigkeit nehmen kann. Er soll ihn vielmehr, wenn er initiativ wird, danach erneut beanspruchen können. Wird er nicht initiativ, bleibt es bei der Rechtsfolge, dass der Arbeitgeber von der Leistungspflicht frei wird.

bb) Auch die Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 2 [X.] spricht gegen die Rechtsauffassung des [X.], einem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer könne Urlaub erteilt werden. Nach dieser Bestimmung findet eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr statt, wenn in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Damit ist insbesondere die mit einer Erkrankung des Arbeitnehmers verbundene Arbeitsunfähigkeit gemeint (vgl. [X.] 5. Dezember 1995 -  9 [X.] 871/94  - zu II 2 a der Gründe mwN, [X.]E 81, 339; [X.]/[X.] 6. Aufl. § 7 [X.] Rn. 82). Einer derartigen Übertragungsvorschrift bedürfte es nicht, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer während seiner Erkrankung Urlaub gewähren könnte.

d) Vor diesem Hintergrund war es der Beklagten bis zum Untergang des Urlaubsanspruchs unmöglich, dem Kläger Urlaub durch Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung zu gewähren. Der Kläger war schon aufgrund seiner Fluguntauglichkeit nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet. Davon ist das [X.] ohne Rechtsfehler ausgegangen. Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Tätigkeit beim Arbeitgeber wegen Krankheit nicht mehr ausüben kann oder nicht mehr ausüben sollte, weil die Heilung einer vorhandenen Krankheit nach ärztlicher Prognose verhindert oder verzögert wird ([X.] 23. Januar 2008 - 5 [X.] 393/07 - Rn. 19 mwN). Der Urlaubsanspruch ist auch dann erfüllbar, wenn der Arbeitnehmer andere Arbeitsleistungen hätte erbringen können, welche der Arbeitgeber nach dem Arbeitsvertrag als vertragsgemäß hätte annehmen müssen ([X.] 24. Juni 2003 - 9 [X.] 423/02 - zu [X.]I 2 b bb der Gründe, [X.]E 106, 361). Aufgrund seiner durch den flugmedizinischen Sachverständigen festgestellten Fluguntauglichkeit konnte der Kläger seine Arbeitsleistung als Flugzeugführer dauerhaft nicht mehr erbringen. Die Beklagte hatte auch keine Möglichkeit, dem Kläger in Ausübung ihres Direktionsrechts einen sogenannten leidensgerechten Arbeitsplatz zuzuweisen. Die hierauf gerichteten Klageanträge hat das Hessische [X.] in einem Parallelverfahren zwischen den Parteien mit Urteil vom 12. Dezember 2011 (- 17 Sa 496/11 -) rechtskräftig abgewiesen. Für den Kläger bestand demnach gemäß § 275 Abs. 1 BGB keine Arbeitspflicht.

Da es nur darauf ankommt, ob dem Arbeitgeber die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung möglich ist, ist es unerheblich, ob unabhängig davon bei dem Arbeitnehmer der Zweck der Urlaubsgewährung eintreten kann. Entgegen der Ansicht des [X.] ist es daher ohne Bedeutung, ob er sich trotz seiner Krankheit hätte erholen können (vgl. [X.]/[X.] § 9 [X.] Rn. 14; [X.]/[X.] § 9 Rn. 3).

II. Auch in Bezug auf das [X.] steht dem Kläger kein Anspruch auf Urlaubsgewährung zu. Der (verlängerte) Übertragungszeitraum endet zwar erst am 31. März 2014, mithin nach der Entscheidung des Senats. Aufgrund der dauerhaften Fluguntauglichkeit stand jedoch fest, dass die Gewährung des Urlaubs bis zum Ablauf der Frist unmöglich ist. Insofern besteht auch im Hinblick auf den [X.] keine Pflicht der Beklagten zur Urlaubsgewährung.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    W. Schmid    

        

    [X.]    

                 

Meta

9 AZR 877/13

18.03.2014

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Köln, 16. April 2013, Az: 14 Ca 9189/12, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.03.2014, Az. 9 AZR 877/13 (REWIS RS 2014, 7024)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7024

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

9 AZR 669/12 (Bundesarbeitsgericht)

Urlaubsgewährung - Unmöglichkeit der Arbeitsleistung


5 Sa 255/12 (Landesarbeitsgericht Köln)


9 AZR 420/10 (Bundesarbeitsgericht)

Urlaubsabgeltung - Verfall trotz unwirksamer Arbeitgeberkündigung und Bestandrechtsstreit- Verzug des Arbeitgebers mit der Urlaubsgewährung


9 AZR 652/10 (Bundesarbeitsgericht)

Urlaubsabgeltungsanspruch - Aufgabe der Surrogatstheorie


9 AZR 577/20 (A) (Bundesarbeitsgericht)

Vorabentscheidungsersuchen - Urlaub - Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell - Mitwirkungsobliegenheiten


Referenzen
Wird zitiert von

6 Sa 320/17

4 Sa 482/13

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.