Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.02.2013, Az. III R 94/10

3. Senat | REWIS RS 2013, 7755

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Gegenstand

(Verpflegungsmehraufwandspauschale für einen Unternehmensberater - Dreimonatsfrist bei einer längerfristigen vorübergehenden Auswärtstätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte ist verfassungsgemäß - Keine teleologische Reduktion von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG - Änderung einer Steuerfestsetzung nach Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 AO)


Leitsatz

1. Ein selbständiger Unternehmensberater, der über Monate hinweg wöchentlich zwei bis vier Arbeitstage in dem Betrieb eines Kunden auswärts tätig ist, kann Mehraufwendungen für seine Verpflegung nur in den ersten drei Monaten dieser Auswärtstätigkeit geltend machen. Dies gilt auch dann, wenn die Beratungsaufträge kurzfristig immer wieder aufs Neue erteilt werden .

2. Eine Unterbrechung der Tätigkeit, die zum Neubeginn der Dreimonatsfrist führt, liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn sie mindestens vier Wochen andauert .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte im Streitjahr 1999 als Unternehmensberater Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

2

Im Auftrag einer GmbH betreute er die [X.]eratungsprojekte "A." und "[X.]", die die GmbH bei ihrem Auftraggeber, der Firma [X.] (im [X.]), durchführte. Zu diesem Zweck begab sich der Kläger, von einer zweiwöchigen Unterbrechung abgesehen, jede Woche des [X.] zur [X.] in die Stadt [X.] (im Folgenden [X.]). Dort war er zwischen zwei und vier, zumeist drei Tagen (Dienstag, Mittwoch, Donnerstag) zusammenhängend tätig, übernachtete im Hotel und reiste dann wieder zu seiner Wohnung in [X.] zurück. Insgesamt war der Kläger an 153 Tagen in [X.] bei der [X.] beschäftigt. An weiteren 27 Tagen befand er sich auf Dienstreisen in anderen Städten, wo er für andere Kunden [X.]eratungsleistungen erbrachte. Die restliche Arbeitszeit verwandte er auf Vor- und Nachbereitungen, Konzeptentwicklungen, Informationsbeschaffung u.ä. Diese Arbeiten verrichtete er in seinem Heimatort [X.] in einem [X.]üro der GmbH. Die [X.]eratungszeiten bei der [X.] wurden jeweils kurzfristig vereinbart. Der Kläger wurde diesbezüglich immer wieder neu beauftragt.

3

Die Tätigkeit bei der [X.] hatte der Kläger auch bereits im Vorjahr in den Monaten [X.]ktober bis Dezember ausgeübt. In jeder Woche war er jeweils mehrere Tage --insgesamt 41-- in [X.] im Rahmen der genannten Projekte beschäftigt.

4

Der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) lehnte es ab, dem Kläger für seine Tätigkeit in [X.] Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen zu gewähren. Zur [X.]egründung führte das [X.] an, dass die Auswärtstätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte in [X.] zu [X.]eginn des [X.] bereits länger als drei Monate angedauert habe. Das Einkommensteuergesetz (EStG) sehe eine [X.]erücksichtigung des [X.] über die Dreimonatsgrenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG hinaus nicht vor. Das Finanzgericht ([X.]) folgte im angegriffenen Urteil dieser [X.]etrachtungsweise im Wesentlichen.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger, dass das [X.] rechtsfehlerhaft davon ausgegangen sei, dass es sich bei seiner Auswärtstätigkeit in [X.] tatsächlich um die gleichbleibende nämliche Auswärtstätigkeit i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG gehandelt habe. Die dort vorgesehene Dreimonatsfrist sei nur in den Fällen einer tatsächlich ununterbrochenen und fortlaufend durchgeführten Auswärtstätigkeit im Zusammenhang mit einer Vollzeittätigkeit, z.[X.]. im Rahmen einer klassischen Fünf-Tage-Woche, anwendbar. Eine derartige ununterbrochene Auswärtstätigkeit sei eventuell auch dann gegeben, wenn ein Steuerpflichtiger tatsächlich --und im Vorhinein bestimmt-- dauerhaft im Rahmen einer klassischen Fünf-Tage-Woche mit jeweiliger Rückkehr zum Familienwohnsitz am Wochenende (sog. [X.]) auswärts tätig sei. Demgegenüber sei in seinem Fall eine vollkommen unregelmäßige Tätigkeitsstruktur mit laufenden Unterbrechungen der [X.] in [X.] gegeben gewesen. Eine dauerhafte Tätigkeit sei weder beabsichtigt noch vorhersehbar gewesen. Die Aufeinanderfolge einzelner Aufträge sei kein Kriterium für die Anwendung der Dreimonatsfrist. Die [X.] seien vielmehr als einzelne Geschäftsreisen anzusehen. Das [X.]-Urteil stehe auch mit den Entscheidungen des [X.]undesfinanzhofs ([X.]FH) vom 16. November 2005 VI R 12/04 ([X.]FHE 212, 64, [X.]St[X.]l II 2006, 267) und vom 19. Dezember 2005 VI R 30/05 ([X.]FHE 212, 218, [X.]St[X.]l II 2006, 378) nicht im Einklang. Dort habe der [X.]FH im Falle eines auswärtig eingesetzten [X.] klargestellt, dass es sich nur dann um die gleichbleibende nämliche Auswärtstätigkeit handele, wenn und solange diese ununterbrochen fortlaufend ausgeführt werde. Die in den Lohnsteuer-Richtlinien 2008 (LStR 2008) enthaltene Regelung, wonach bei derselben Auswärtstätigkeit eine neue Dreimonatsfrist erst nach einer Unterbrechung von mindestens vier Wochen beginne, finde im Gesetz keine Grundlage. Diese [X.]ewertung treffe auch auf die weitere Regelung zu, wonach dieselbe Auswärtstätigkeit nicht vorliege, wenn die auswärtige Tätigkeitsstätte an nicht mehr als (ein bis) zwei Tagen wöchentlich aufgesucht werde. Würde man diesen Grundsatz für anwendbar halten, so käme es zu eklatanten Ungleichbehandlungen zwischen verschiedenen Gruppen von Steuerpflichtigen. [X.]hnehin stünden verfassungsrechtliche Vorgaben der gesetzlichen Dreimonatsfrist entgegen. Zu verweisen sei auf die Entscheidung des [X.]undesverfassungsgerichts ([X.]VerfG) zur zeitlichen [X.]egrenzung der doppelten Haushaltsführung ([X.]eschluss vom 4. Dezember 2002  2 [X.]vR 400/98, [X.]VerfGE 107, 27, [X.]St[X.]l II 2003, 534). Durch die Anwendung der Dreimonatsfrist werde er im Vergleich zu anderen Gruppen von Steuerpflichtigen benachteiligt. So könnten etwa andere Unternehmensberater bei entsprechender Gestaltung für alle Abwesenheitstage sämtlicher [X.] die Pauschbeträge auf Dauer ansetzen.

6

Der Kläger beantragt,
1. das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1999 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus selbständiger Tätigkeit wegen zusätzlich abzugsfähiger [X.]etriebsausgaben (Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen) um 4.652 DM reduziert wird;
2. hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und dem [X.]VerfG die Frage vorzulegen, ob § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG, wonach der Abzug pauschaler Verpflegungsmehraufwendungen auf die ersten drei Monate einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt ist, mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist;
3. das [X.] zu verpflichten, ihm einen angemessenen Schadensersatz für seine eigenen Zeit- und Geldaufwendungen, die für das vorliegende Verfahren über den zumutbaren Aufwand weit hinausgehen, zu leisten;
4. anzuordnen, dass die Fortsetzungsfeststellung für die Jahre 2002 bis 2008 gilt.

7

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat die Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG rechtsfehlerfrei angewendet.

9

1. Die vom Kläger unter [X.] und 4. gestellten Anträge sind unzulässig. Sie überschreiten den Rahmen revisionsrechtlicher Prüfung.

a) Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 [X.]O sind Klageänderungen im Revisionsverfahren unzulässig. Eine solche Klageänderung ist gegeben, wenn der erstmals im Revisionsverfahren gestellte Antrag einen anderen Streitgegenstand betrifft als der Klageantrag ([X.]-Urteil vom 4. Mai 2006 VI R 17/03, [X.], 383, [X.], 830).

b) Erstinstanzlich hat der Kläger ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung und des Tatbestands des angegriffenen Urteils ausschließlich einen auf Änderung des Einkommensteuerbescheids 1999 gerichteten Anfechtungsantrag gestellt. Die erstmals im Revisionsverfahren gestellten Anträge unter [X.] und 4. betreffen einen Schadensersatzanspruch und einen sich auf die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2008 beziehenden Feststellungsantrag. Die Streitgegenstände sind damit verschieden.

2. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die [X.]egrenzung des Abzugs von Mehraufwendungen für Verpflegung auf drei Monate bei einer längerfristigen vorübergehenden Auswärtstätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte verfassungswidrig ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen ist auf die Gründe des [X.] vom 8. Juli 2010 VI R 10/08 ([X.], 352, [X.], 32) zu verweisen. Der Senat schließt sich der dort vertretenen Auffassung an. Der [X.] hat in dieser Entscheidung die Dreimonatsfrist bei doppelter Haushaltsführung für verfassungsgemäß erachtet.

Der Senat vermag keine Gesichtspunkte zu erkennen, die eine abweichende verfassungsrechtliche Würdigung bei der vorliegend zur [X.]eurteilung anstehenden Dienstreisetätigkeit des [X.] rechtfertigen würden. Der Hinweis des [X.] auf die bei Dienstreisen typischerweise fehlende Kochgelegenheit ist zwar zutreffend, ändert aber nichts daran, dass der Steuerpflichtige sich auch in solchen Fällen auf die [X.] am [X.]eschäftigungsort einstellen, die Höhe der Kosten beeinflussen und damit einen "Mehr"-Aufwand minimieren oder sogar vermeiden kann. So gibt es für das vom Kläger angesprochene Frühstück und das Abendessen im Hotel durchaus preiswertere Alternativen.

3. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG ist der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen wegen Auswärtstätigkeit auf die ersten drei Monate einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt.

a) Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor. Die Gesetzesbestimmung ist bereits nach ihrem Wortlaut erfüllt. Denn der Kläger war nach den nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) seit Anfang Oktober 1998 über den Jahreswechsel hinaus noch während des gesamten Streitjahres und damit längerfristig vorübergehend bei der [X.] und damit in derselben Tätigkeitsstätte als Unternehmensberater beruflich aktiv. Die Dreimonatsfrist war zu [X.]eginn des Streitjahres bereits abgelaufen. Zu rechtlich erheblichen Unterbrechungen der Auswärtstätigkeit, die zu einem Neubeginn der Dreimonatsfrist führen würden, ist es nicht gekommen.

b) Der Revision ist nicht darin zu folgen, dass die Auswärtstätigkeit gänzlich ununterbrochen beziehungsweise in jeder Woche durchgehend an fünf Arbeitstagen ausgeübt werden müsste, um die streitige gesetzliche Regelung anwenden zu können.

aa) Eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs der Abzugsbegrenzung kann dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnommen werden. Dort findet sich die Formulierung "ununterbrochen" nicht. Auch Sinn und Zweck der Regelung gebieten eine teleologische Reduktion nicht. Die Abzugsbegrenzung beruht auf der gesetzgeberischen Überlegung, dass die Steuerpflichtigen nach Ablauf der auf drei Monate typisierten Übergangszeit regelmäßig eine [X.] vorfinden, die keine beruflich veranlassten Mehraufwendungen verursacht ([X.]TDrucks 13/901, S. 129). Der Streitfall lässt keine atypischen [X.]esonderheiten erkennen. Ganz im Gegenteil war es dem Kläger durch die über Monate hinweg fast in jeder Arbeitswoche mehrtägig ausgeübte Tätigkeit in [X.] ohne Weiteres möglich, mit der gewonnenen Kenntnis der örtlichen Verhältnisse auf eine Reduzierung seiner Ernährungsausgaben hinzuwirken und seine auswärtige [X.] insgesamt der seines Wohnortes anzupassen.

bb) Dass ihrem Charakter nach vorübergehende Unterbrechungen der Auswärtstätigkeit (Wochenendheimfahrten, einzelne Arbeitstage im heimischen [X.]üro, kurzfristige [X.] in anderen Orten, Krankheits- und Urlaubszeiten) unschädlich für den Ablauf der Dreimonatsfrist sind und nicht jeweils zu einem Neubeginn derselben führen, hat der [X.] bereits mehrfach entschieden ([X.]-Urteile vom 19. Juli 1996 VI R 38/93, [X.]E 181, 161, [X.]St[X.]l II 1997, 95; vom 4. Mai 1990 VI R 83/86, [X.]/NV 1991, 40; vom 27. Juli 2004 VI R 43/03, [X.]E 207, 196, [X.]St[X.]l II 2005, 357). Danach liegt noch dieselbe und nicht bereits eine neue Dienstreise vor, wenn der Steuerpflichtige nach einer Unterbrechung die Auswärtstätigkeit mit gleichem Inhalt, am gleichen Ort und im zeitlichen Zusammenhang mit der bisherigen Tätigkeit ausübt. Hinsichtlich des zeitlichen Zusammenhangs hatte der [X.] keine [X.]edenken, die typisierende Regelung der damals geltenden [X.] (vgl. jetzt R 9.6 Abs. 4 Sätze 2 und 4 [X.] 2008 bzw. 2011) heranzuziehen, wonach erst bei einer Unterbrechung von mindestens vier Wochen eine neue Dienstreise anfängt und damit die Dreimonatsfrist erneut zu laufen beginnt ([X.]-Urteil in [X.]E 181, 161, [X.]St[X.]l II 1997, 95; vgl. auch [X.]-Urteil in [X.]E 207, 196, [X.]St[X.]l II 2005, 357, zu einer über vier Wochen hinausgehenden Unterbrechung durch Einsatz an einer anderen Tätigkeitsstätte). Das [X.]-Urteil in [X.]E 181, 161, [X.]St[X.]l II 1997, 95 ist zwar zu der früher in Abschn. 25 Abs. 3 [X.] 1987 enthaltenen Dreimonatsfrist ergangen. Nach Auffassung des Senats spricht aber nichts dagegen, die Grundsätze dieser Entscheidung für die Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG zu übertragen. Denn mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber des Jahressteuergesetzes vom 11. Oktober 1995 ([X.]G[X.]l I 1995, 1250, [X.]St[X.]l I 1995, 438) die Dreimonatsfrist speziell für den Ansatz von Verpflegungsmehraufwendungen übernommen. Der Senat folgt damit insbesondere nicht der zum Teil in der Literatur vertretenen Auffassung, wonach schon jedwede Unterbrechung der Auswärtstätigkeit, z.[X.]. durch kurzfristige Rückkehr an den [X.]etriebssitz oder kurzfristige Geschäftsreisen zu anderen Tätigkeitsorten (vgl. [X.], [X.], 2112, m.w.[X.]), zu einem Neubeginn der Dreimonatsfrist führt. Diese Auffassung findet im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze und würde überdies den praktischen Anwendungsbereich der Norm --auch und vor allem in Anbetracht der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten (hierzu z.[X.]. [X.], [X.]etriebsberater 1997, 1821, [X.] entgegen dem gesetzlichen Regelungszweck erheblich einschränken.

cc) Zu einer erheblichen zeitlichen Unterbrechung der Auswärtstätigkeit in [X.] ist es im Streitfall nicht gekommen. Neben den zu Hause verbrachten Wochenenden, den "Heimarbeitstagen" im [X.]üro und einigen Dienstreisen zu anderen Kunden, die jeweils nur von kurzer Dauer waren, hat das [X.] lediglich eine einmalige Unterbrechung von zwei Wochen festgestellt. Im Übrigen war der Kläger im Zeitraum von Oktober 1998 bis Dezember 1999 in jeder Woche mehrere Tage in [X.] tätig. [X.]ei wertender [X.]etrachtung sieht der Senat die Arbeiten, die der Kläger bei der [X.] über Monate hinweg verrichtet hat, auch inhaltlich als gleichartig an. Es ging jeweils um [X.]eratungsleistungen. Auf welchen Teil der Unternehmenstätigkeit (Produktion, Absatz, Logistik, EDV usw.) sich die [X.]eratung genau bezog, ist ebenso irrelevant wie die Tatsache, dass der Kläger immer wieder aufs Neue mit [X.]eratungsleistungen beauftragt wurde. Dies führte deswegen nicht zu einer rechtlich relevanten Zäsur, weil es nach dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes nicht auf die zivilrechtliche Auftragslage oder den konkreten Inhalt der geschuldeten Tätigkeit, sondern maßgeblich auf die Ausübung der Arbeit "an derselben Tätigkeitsstätte", also auf die Identität des Arbeitsortes ankommt. Nichts anderes ist gemeint, wenn in der Rechtsprechung des [X.] dieses Tatbestandsmerkmal gelegentlich mit der Formulierung "gleichbleibende, nämliche Auswärtstätigkeit" umschrieben wird (z.[X.]. [X.]-Urteil in [X.]E 212, 64, [X.], 267).

dd) Die Auswärtstätigkeit muss auch nicht, wie der Kläger meint, an allen fünf regelmäßigen Arbeitstagen einer Woche ausgeübt worden sein. Wortlaut und Zweck des Gesetzes gebieten eine solche [X.]etrachtungsweise nicht. Mit der soeben dargestellten Rechtsprechung zu Unterbrechungen des Dreimonatszeitraums ist sie offenkundig nicht zu vereinbaren. Außerdem hat die Rechtsprechung die Abzugsbegrenzung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG auch bei einem nur an bestimmten Wochentagen erfolgten [X.]esuch einer auswärtigen Fortbildungseinrichtung angewandt ([X.]-Urteil vom 10. April 2008 VI R 66/05, [X.]E 221, 35, [X.]St[X.]l II 2008, 825).

c) Die [X.]erufung des [X.] auf die [X.]-Urteile in [X.]E 212, 64, [X.], 267 und in [X.]E 212, 218, [X.], 378 vermag den Erfolg der Revision nicht zu begründen. Die beiden Entscheidungen betrafen jeweils die Fahrtätigkeit eines [X.]. Dass der [X.] jede einzelne Seereise des Schiffes von dessen Auslaufen bis zur Rückkehr in den Heimathafen als dieselbe Auswärtstätigkeit, eine "neue" Reise dementsprechend als eine davon unabhängige zweite Auswärtstätigkeit qualifiziert hatte, besagt für die Lösung des [X.] nichts. Der [X.] hatte in den genannten Entscheidungen eine konkrete Art von Auswärtstätigkeit rechtlich zu würdigen. Eine andere Form von Auswärtstätigkeit, wie sie vorliegend zur [X.]eurteilung ansteht, muss entsprechend ihrer Eigenart gesondert gewürdigt werden. Der Kläger zieht im Übrigen aus dem Umstand, dass eine Seereise in der Tat ununterbrochen an sieben Tagen jeder Woche bis zur Rückkehr in den Heimathafen andauert, offenbar die unzutreffende rechtliche Schlussfolgerung, dass die Abzugsbegrenzung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG nur bei vergleichbar "unterbrechungslosen" Auswärtstätigkeiten angewandt werden dürfte. Dies ist aber, wie vorstehend unter I[X.]b der Gründe aufgezeigt, nicht zutreffend.

d) Nach Auffassung des Senats wird der Kläger durch die soeben dargelegte Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG nicht in seinem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt. Der Kläger verkennt bei seinen verfassungsrechtlichen [X.]etrachtungen, dass den von ihm dargestellten Vergleichsrechnungen andere --hypothetische-- Sachverhalte zugrunde liegen als dem Streitfall. [X.]ereits dieser Unterschied im Sachverhalt rechtfertigt eine unterschiedliche steuerrechtliche [X.]eurteilung. Falls die Ausführungen der Revision dahin zu verstehen sein sollten, dass mit den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Unterbrechung einer Auswärtstätigkeit nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen einhergehen, ist darauf hinzuweisen, dass mit jeder typisierenden und vereinfachenden [X.]etrachtungsweise Härten einhergehen, die als solche aber noch nicht zu einem Gleichheitsverstoß führen.

e) Ob es sich bei der Auswärtstätigkeit des [X.] um eine [X.] handelt oder um Dienstreisen, kann dahinstehen. Denn bei beiden Formen der Auswärtstätigkeit gilt die Dreimonatsfrist ([X.]-Urteil in [X.]E 207, 196, [X.]St[X.]l II 2005, 357).

4. a) Ob der Kläger unter [X.]erufung auf das Schreiben des [X.]undesministeriums der Finanzen ([X.]MF) vom 11. April 2005 IV C 5 –S 2353- 77/05 ([X.]St[X.]l I 2005, 673) beanspruchen kann, dass die streitigen Aufwendungen ungeachtet der dargestellten Rechtslage als [X.]etriebsausgaben behandelt werden, kann im vorliegenden Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Denn die in dem [X.]MF-Schreiben aus [X.] vorgesehene Übergangsregelung (keine Anwendung der Dreimonatsfrist bei [X.]) stellt eine [X.]illigkeitsmaßnahme gemäß § 163 der Abgabenordnung ([X.]) dar, über die in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden ist (vgl. [X.]-Urteile vom 30. November 2004 VIII R 76/00, [X.]/NV 2005, 856; vom 14. April 2011 IV R 15/09, [X.]E 233, 206, [X.], 706).

b) Eine Aussetzung des Revisionsverfahrens nach § 74 [X.]O bis zur Entscheidung über eine [X.]illigkeitsmaßnahme nach § 163 [X.] bzw. § 227 [X.] ist aus Rechtsgründen nicht geboten und bei [X.]erücksichtigung des Sach- und Streitstandes auch nicht zweckmäßig. Die Entscheidung über die Aussetzung steht grundsätzlich im Ermessen des Gerichts. Zwar ist es regelmäßig sinnvoll, den Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit eines Folgebescheids auszusetzen, solange noch unklar ist, ob und wie ein angefochtener Grundlagenbescheid geändert wird. Auch der Verwaltungsakt, der eine [X.]illigkeitsmaßnahme nach § 163 [X.] zulässt, wird als Grundlagenbescheid angesehen (vgl. [X.]-Urteil vom 21. Januar 1992 VIII R 51/88, [X.]E 168, 500, [X.]St[X.]l II 1993, 3, m.w.[X.]). Da indes das [X.] im Streitfall über eine [X.]illigkeitsmaßnahme noch nicht entschieden hat und die Frage, ob eine [X.] überhaupt vorliegt, noch gar nicht geklärt wurde, würde sich die Erledigung des anhängigen Revisionsverfahrens bei einer Aussetzung nach § 74 [X.]O erheblich verzögern. Im Übrigen hält es der Senat für sinnvoll, zunächst die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerfestsetzung festzustellen, ehe über eine [X.]illigkeitsmaßnahme entschieden wird. Nachteile ergeben sich für den Kläger aus dieser Entscheidung nicht, denn die [X.]estandskraft der Steuerfestsetzung schließt die Entscheidung über einen [X.]illigkeitserlass nach § 163 [X.] nicht aus. Sollte eine [X.]illigkeitsmaßnahme nach Rechtskraft der Entscheidung des erkennenden Senats gewährt werden, ist der Einkommensteuerbescheid nach § 175 [X.] zu ändern ([X.]-Urteil in [X.]/NV 2005, 856).

Meta

III R 94/10

28.02.2013

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 3. Dezember 2009, Az: 11 K 1111/06, Urteil

§ 4 Abs 5 S 1 Nr 5 S 5 EStG 1997, Art 3 Abs 1 GG, R 9.6 Abs 4 S 2 LStR 2008, R 9.6 Abs 4 S 4 LStR 2008, R 9.6 Abs 4 S 2 LStR 2011, R 9.6 Abs 4 S 4 LStR 2011, Abschn 25 Abs 3 LStR 1987, § 74 FGO, § 163 AO, § 175 Abs 1 S 1 Nr 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.02.2013, Az. III R 94/10 (REWIS RS 2013, 7755)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7755

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