Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.10.2011, Az. 10 AZR 510/10

10. Senat | REWIS RS 2011, 2463

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Gegenstand

Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz - Bonuszahlung


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. August 2010 - 10 Sa 1574/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Zahlung eines Incentive [X.]ompensation Plan [X.] (im Folgenden: [X.]) aus Gleichbehandlungsgründen.

2

Der Kläger war bei der [X.], einem Dienstleistungsunternehmen für die Erdöl- und Erdgasindustrie, vom 15. September 1995 bis zum 31. Juli 2009 beschäftigt und zuletzt als sog. „Tool Specialist Technician/[X.]“ am Standort [X.] tätig. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 13. September 1995 regelt [X.].:

        

„4    

        

Tätigkeitsvergütung

        

(1) Nach der Probezeit erhält der Arbeitnehmer ein monatliches Gehalt von [X.] 6.250,00 ... brutto.

        

…       

        
        

(4) Zusätzlich erhält der Arbeitnehmer eine Weihnachtsgratifikation in Höhe des am 1. November gezahlten, gültigen Grundgehalts zahlbar mit den [X.]ezügen für den Monat November. Im [X.] erhält der Arbeitnehmer für jeden vollen Monat Dienst ein Zwölftel der Weihnachtsgratifikation. Ebenfalls erhält der Arbeitnehmer ein Urlaubsgeld von 1.425,00 DM, das mit den [X.]ezügen für den Monat Juni zur Auszahlung kommt. Im [X.] erhält der Arbeitnehmer für jeden vollen Monat Dienst ein Zwölftel der [X.]. Die Zahlungen des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes erfordern eine [X.]etriebszugehörigkeit von mindestens einem halben Jahr.

        

…       

        
        

(5) Die vorgenannten Sonderleistungen sind vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens abhängig und begründen bei Zahlungen über den festgelegten Mindestbetrag keinen Rechtsanspruch für folgende Jahre. Die zusätzlichen Zahlungen von Gratifikationen, Tantiemen, Prämien und sonstigen Leistungen liegen im freien Ermessen des Arbeitgebers und begründen keinen Rechtsanspruch, auch wenn die Zahlung wiederholt ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit erfolgt.

        

(6) Zusätzlich erhält der Arbeitnehmer ‚Job bonus’ für Feldarbeitstage, die auf Job Ticket und Kundenrechnung stehen. ‚Service [X.]’ wird bezahlt für vom Kunden bezahlte ‚Job-Tage’ im Feld, wenn der Arbeitnehmer als Aufsichtsperson tätig ist, das heißt für den ‚[X.]aker’ job zuständig und verantwortlich ist.

        

(7) ‚Service [X.]’ wird nicht bezahlt für ‚Job Training’ am Einsatzort.“

3

Der Kläger wurde hauptsächlich auf Ölfeldern eingesetzt. An ca. 30 Tagen im Jahr arbeitete er in der [X.]etriebswerkstatt. Er erhielt zuletzt eine Grundvergütung von 48.575,00 Euro brutto pro Jahr zuzüglich Weihnachts- und Urlaubsgeld. [X.] erzielte er eine Gesamtvergütung von 103.592,64 Euro brutto, in der der sog. [X.] in Höhe von 46.200,00 Euro brutto für 154 Feldeinsätze enthalten war. Den [X.] in Höhe von 300,00 Euro brutto gewährte die [X.]eklagte dem Kläger für jeden Einsatztag im Ölfeld.

4

Am Standort [X.] sind insgesamt 57 Mitarbeiter beschäftigt, davon 15 im sog. „Field Service“ und mindestens 15 in der Werkstatt. Die Werkstattmitarbeiter und die Anwendungsingenieure werden nur gelegentlich auf Ölfeldern eingesetzt.

5

[X.]is zum [X.] erhielten alle Arbeitnehmer des [X.]etriebs einen sog. „[X.]“ (im Folgenden: [X.]), dessen Höhe allein vom Unternehmensergebnis und nicht von individuellen Leistungen der Mitarbeiter abhing. Diesen [X.] ersetzte die [X.]eklagte im [X.] durch den [X.]. Am 4. Juli 2005 ließ sie die Mitarbeiter wissen:

        

„Lieber Kollege,

        

wie Ihnen bekannt sein muss, gibt es den SPA, den [X.] für Sonderleistungen, nicht mehr, dieser wird ersetzt durch den I[X.]P, den Plan, 2005 eine zusätzliche Zahlung als Anreiz zu gewähren.

        

Die hauptsächlichen Unterschiede sind:

        

- [X.] war eine einmalige Leistung, während der I[X.]P ein Prozentteil ihres Grundgehalts ist.

        

- Die Zentrale von [X.] hat entschieden, dass die Arbeiter auf dem Feld, welche tägliche [X.]oni als Teil ihrer normalen Vergütung erhalten, nicht für I[X.]P infrage kommen.

        

- Für Angestellte der höheren Zahlungsgruppen werden neunzig (90) Prozent ihrer I[X.]P-[X.]oni nach den finanziellen und/oder nicht finanziellen Resultaten des [X.], Gebietes, der Abteilung oder anderer Kriterien der Leistungen des Teilnehmers berechnet. Die restlichen zehn (10) Prozent der Auszahlung, die Leistung und [X.]asiswerte (P[X.]V) genannt werden, werden so vergütet, wie der Manager die Leistung des Angestellten beurteilt.

        

- In Ihrem persönlichen I[X.]P-[X.]rief finden Sie den Prozentsatz ihrer EV und ob der PV[X.] sich auf Sie bezieht.

        

...     

        

Die Auszahlung des I[X.]P wird bestimmt, indem die folgenden Leistungsmerkmale erreicht werden:

        

1. [X.][X.]PV (Gewichtung 90 %): 50 % [X.] WW [X.]VA / 50 % [X.] WW P[X.]T

        

([X.]VA = [X.]-Mehrwert, ...; P[X.]T (Profit vor Steuern))

        

2. WWT (Gewichtung 10 %): 100 % [X.] WW Inventar- Umsatz

        

...     

        

Lassen Sie uns zusammenarbeiten beim Erreichen des Ziels, welches für [X.] gesetzt ist. ...

        

...     

        

V“    

6

Ein Anhang „zur Police für 2005“ hat folgenden Inhalt:

        

„Leistung und [X.]asis-Werte (P[X.]V)

        

Für die Angestellten der Einstufungen 8 bis 19 bei der Firma [X.] werden neunzig Prozent (90 %) ihrer [X.]oni berechnet nach den finanziellen und/oder nicht finanziellen Ergebnissen des [X.], der Region, der Abteilung oder anderen Leistungs-Merkmalen des Teilnehmers. Die verbleibenden zehn Prozent (10 %) der Auszahlung, welche Leistung und [X.]asis-Werte (P[X.]V) genannt werden, werden gezahlt basierend auf der Einschätzung der Leistungen des Angestellten durch den Manager. Die Leistung wird gemessen an der Fertigstellung des [X.], des [X.] des Angestellten oder anderer Leistungs-Kriterien, die die Abteilung hat, ebenso wie Leistung gegenüber den [X.]HI-[X.]asiswerten und Schlüsseln zum Erfolg.

        

Für die Angestellten von [X.] in allen anderen Einstufungen basieren 100 % ihrer [X.]oni auf den finanziellen und/oder nicht finanziellen Resultaten des [X.], der Region, der Abteilung oder anderen Leistungs-Merkmalen des Teilnehmers.

        

Angestellte, die unter den [X.] Plan des Anreizes (OIP) fallen sowie Aufseher (Arbeiter auf dem Feld, die tägliche [X.]oni als einen Teil ihrer normalen Kompensation erhalten), kommen nicht für I[X.]P infrage.“

7

Der Kläger erhielt als [X.] keinen [X.]. Hiergegen hat er sich mit der beim Arbeitsgericht am 7. März 2008 eingegangenen Stufenklage gewandt, mit der er Auskunft über die [X.]erechnungsgrundlagen des [X.] sowie die Auszahlung möglicher [X.]ansprüche geltend gemacht hat. Er hat die Auffassung vertreten, seine Herausnahme aus dem [X.]system verletze den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der [X.] sei - jedenfalls für seine Vergütungsgruppe - lediglich vom Unternehmenserfolg abhängig. Er gewähre eine Teilhabe der Mitarbeiter an dem von ihnen erarbeiteten Erfolg und diene der Mitarbeitermotivation. Zum Unternehmenserfolg habe er mit seiner Tätigkeit wesentlich beigetragen. Mit dem leistungsabhängigen [X.], der nur für tatsächlich geleistete Einsätze gezahlt werde und ausschließlich den persönlichen Einsatz des Mitarbeiters belohnen solle, erhalte er keinen, nur vom Unternehmenserfolg abhängigen [X.]. Seine höhere Vergütung, die im Übrigen seine gefahrträchtigere und höherwertige Tätigkeit kompensiere, rechtfertige einen Ausschluss vom [X.] nicht. Auch die Anwendungsingenieure der Abteilung „[X.]ig Fishing“, die vergleichbare Arbeit wie er leisteten, erhielten alle Vergütungsbestandteile einschließlich des [X.] und des [X.].

8

Nachdem die [X.]eklagte in der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2011 erklärt hat, der [X.] würde bei Anwendung auf die [X.] für das [X.] fünf Prozent des [X.] (bei 100%iger Erfüllung der gewöhnlichen Ziele) betragen, hat der Kläger seinen ursprünglichen Auskunftsantrag für erledigt erklärt und - soweit für die Revision noch von [X.]edeutung - beantragt,

        

die [X.]eklagte zu verurteilen, an ihn einen nach Erteilung der Auskunft näher zu beziffernden Incentive [X.]ompensation Plan [X.] für das Kalenderjahr 2005 zu zahlen.

9

Die [X.]eklagte hat zur [X.]egründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, der Kläger gehöre nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten des freiwillig geleisteten [X.]. Dieser [X.] sei eingeführt worden, um die freiwilligen Entgeltbestandteile neu zu strukturieren und ein durchgehendes System von unterschiedlichen ergebnis- und leistungsabhängigen [X.] zu schaffen. Die [X.] sollten mit ihrer individuellen Ergebnisbeteiligung am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens teilhaben. Da die [X.] mit den [X.] und den Anwendungsingenieuren nicht vergleichbar seien, werde auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt. Es bestünden hinreichende sachliche Differenzierungsgründe. Die Werkstattmitarbeiter würden im Wesentlichen die Geräte in der Werkstatt reparieren und warten. Die Anwendungsingenieure hätten sich mit komplexen technischen und kaufmännischen Planungsaufgaben eines Projekts zu befassen. Zu [X.] seien beide Gruppen arbeitsvertraglich nicht verpflichtet; sie würden lediglich bei Engpässen (Not- und Ausnahmefälle) ausnahmsweise auf freiwilliger [X.]asis dort eingesetzt. Auch verfolgten I[X.]P- und Feld-[X.] den gleichen Zweck, einen vom Unternehmenserfolg abhängigen Vergütungsbestandteil zu gewähren. Mit dem [X.] erhielten die [X.] bereits eine entsprechende Zusatzleistung. [X.]ei einer Gewährung beider [X.]oni würde der Kläger ungerechtfertigt besserstehen als die anderen Arbeitnehmer, die im Übrigen nur den deutlich geringeren [X.] (im [X.] in Höhe von durchschnittlich 2.000,00 Euro) bekämen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die [X.]erufung des [X.] hat das [X.]arbeitsgericht die klageabweisende erstinstanzliche Entscheidung teilweise abgeändert und die [X.]eklagte zur Auskunft über die Einstufungen (grades) in den [X.] sämtlicher bei ihr angestellter Anwendungsingenieure und Werkstattmitarbeiter verurteilt. Mit der vom [X.]arbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die [X.]eklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Nachdem die Beklagte über die Rahmendaten und den Prozentsatz des [X.] Auskunft gegeben und der Kläger seinen Auskunftsanspruch für erledigt erklärt hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das [X.] muss nunmehr über den Zahlungsanspruch und darüber entscheiden, ob sich der Auskunftsanspruch erledigt hat oder von vornherein unbegründet war.

I. Aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob der Auskunftsanspruch begründet war und ob dem Kläger der Anspruch auf Zahlung des [X.] für das Kalenderjahr 2005 in einer von ihm noch zu beziffernden Höhe gemäß dem Gleichbehandlungsgrundsatz zusteht.

1. Ein Arbeitgeber ist grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er seinen Arbeitnehmern eine vertraglich nicht vereinbarte Leistung freiwillig gewährt. Bei einer solchen Gewährung ist er aber an den Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden, wenn er die freiwillige Leistung nach von ihm selbst gesetzten allgemeinen Regelungen gewährt. Der gewohnheitsrechtlich anerkannte arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage ebenso wie eine sachfremde Differenzierung zwischen Gruppen von Arbeitnehmern. Zwar gilt im Bereich der Vergütung der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell vereinbarte Löhne und Gehälter Vorrang hat. Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen aufgrund genereller Regelungen für bestimmte Zwecke gewährt. Zahlt er aufgrund einer abstrakten Regelung eine freiwillige Leistung nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip und legt er entsprechend dem mit der Leistung verfolgten Zweck die Anspruchsvoraussetzungen für diese Leistung fest, darf er einzelne Arbeitnehmer von der Leistung nur ausnehmen, wenn dies den sachlichen Kriterien entspricht. Arbeitnehmer werden nicht sachfremd benachteiligt, wenn nach dem Zweck der Leistung Gründe vorliegen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, ihnen die anderen Arbeitnehmern gewährten Leistungen vorzuenthalten.

Die Zweckbestimmung einer Sonderzahlung ergibt sich vorrangig aus ihren tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen. Dementsprechend ist zunächst der Zweck der Leistung zu ermitteln und zu beurteilen, ob der von ihr ausgeschlossene Personenkreis berechtigterweise außerhalb der allgemeinen Zweckrichtung steht ([X.] 26. September 2007 - 5 [X.] - Rn. 24, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = [X.] 2002 § 305c Nr. 13; 3. Dezember 2008 - 5 [X.]/08 - Rn. 15, [X.]E 128, 342). Steht eine unterschiedliche Ausgestaltung der Zusatzleistung nach Gruppen von Arbeitnehmern fest, hat der Arbeitgeber die Gründe für eine Differenzierung offenzulegen und substanziiert die sachlichen Unterscheidungskriterien darzutun. Sind die Unterscheidungsmerkmale nicht ohne Weiteres erkennbar und legt der Arbeitgeber seine Differenzierungsgesichtspunkte nicht dar oder ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt, kann der benachteiligte Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmer(gruppe) behandelt zu werden (st. Rspr., vgl. [X.] 1. April 2009 - 10 [X.] - Rn. 14, [X.] § 611 Gratifikation Nr. 284; 3. Dezember 2008 - 5 [X.]/08 - Rn. 17, aaO; 30. Juli 2008 - 10 [X.] - Rn. 19, [X.] 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 17; 26. September 2007 - 10 [X.] - Rn. 15, [X.] § 242 Gleichbehandlung Nr. 205 = [X.] 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 13; 28. März 2007 - 10 [X.] - Rn. 14, [X.] § 611 Gratifikation Nr. 265 = [X.] 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21; 14. März 2007 - 5 [X.]/06 - Rn. 19, [X.]E 122, 1; 1. Dezember 2004 - 5 [X.] II 2 c aa der Gründe, [X.]E 113, 55).

2. Danach kann eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes bisher weder bejaht noch verneint werden.

a) Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet ist. Die Beklagte hat den [X.] nicht als eine individuelle Leistung an einzelne Mitarbeiter, sondern nach einem allgemeinen System an eine Gruppe von Arbeitnehmern gezahlt.

b) Das [X.] hat bisher über den Zahlungsanspruch nicht entschieden. Es hat im Rahmen der Entscheidung über den Auskunftsanspruch ausgeführt, eine sachwidrige Ungleichbehandlung des [X.] mit der Folge eines Zahlungsanspruchs erscheine möglich. Der Anspruch auf einen [X.] ist aber nur begründet, wenn eine sachwidrige Ungleichbehandlung feststeht. Hierfür kommt es darauf an, ob der [X.] lediglich eine vom Unternehmenserfolg abhängige Zusatzleistung darstellt oder ob mit ihm weitere Zwecke verfolgt werden.

aa) Die Beklagte hat den [X.] - zunächst für bestimmte „grades“ (Einstufung 1 bis 7) - als eine Leistung ausgestaltet, die auf den finanziellen und/oder nicht finanziellen Resultaten des [X.], der Region, der Abteilung oder anderen Leistungsmerkmalen beruht. Der [X.] stellt damit die Teilhabe am Unternehmenserfolg als Zweck der Leistung in den Vordergrund.

bb) Dies gilt auch bei den anderen „grades“ (Einstufung 8 bis 19). Nur 90 % des [X.] sind von finanziellen und/oder nicht finanziellen Ergebnissen abhängig. Lediglich die restlichen 10 % stehen mit den individuellen Leistungen des Mitarbeiters im Zusammenhang.

cc) Ob die Beklagte mit dem [X.] noch weitere Zwecke verfolgt, steht aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht fest. Zum einen enthält der [X.] bei einigen „grades“ noch eine individuelle Leistungskomponente. Zum anderen kann der Arbeitgeber ein Vergütungssystem mit unterschiedlichen Komponenten und Faktoren einführen. So kann er beispielsweise Arbeitnehmern im Innendienst eine höhere Grundvergütung zahlen als Mitarbeitern im Außendienst. Er kann die verschiedenartigen Tätigkeiten, wie beispielsweise die Tätigkeit eines Field-Service-Technikers und die eines [X.] oder eines Anwendungsingenieurs, auch unterschiedlich vergüten, indem er ihnen nicht nur abweichende [X.], sondern auch verschiedene, unterschiedlich hohe und an die Tätigkeit oder den Marktwert der Arbeitsleistung anknüpfende Zuschläge und Boni zahlt. So gewährt die Beklagte den [X.], ohne dass dagegen rechtliche Bedenken bestünden, bei einem entsprechenden Einsatz den [X.]. Einem Arbeitgeber ist es darüber hinaus möglich, zur Schaffung einer ausgewogenen Vergütungsstruktur im Betrieb Arbeitnehmergruppen unter bestimmten Voraussetzungen zusätzliche Leistungen - abhängig von seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - zu gewähren, um bestehende erhebliche Vergütungsunterschiede (siehe bspw. [X.] 23. Februar 2011 - 5 [X.] - Rn. 19, [X.] § 242 Gleichbehandlung Nr. 213 = [X.] 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 24) oder andere finanzielle Nachteile, die zwischen den verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern bestehen, abzumildern oder auszugleichen (vgl. bspw. [X.] 1. April 2009 - 10 [X.] - Rn. 18, [X.] § 611 Gratifikation Nr. 284; 14. März 2007 - 5 [X.]/06 - [X.]E 122, 1).

II. Das [X.] muss demnach aufklären, ob für die verschiedenen Arbeitnehmergruppen eine unterschiedliche Vergütungsstruktur in dem bezeichneten Sinne besteht und aus welchen [X.] sich die Vergütung ggf. zusammensetzt. Sofern aufgrund einer andersartigen Tätigkeit der [X.] eine unterschiedliche Vergütungsstruktur gerechtfertigt ist, dürfen diese Arbeitnehmer von der Zahlung des [X.] ausgenommen werden. Mit einer durch Besonderheiten charakterisierten und deshalb eigenständig zu bewertenden Tätigkeit können nicht nur unterschiedliche [X.], sondern auch unterschiedliche Zusatzzahlungen verbunden sein. Auch diese Wertung ist noch vom [X.] nach Feststellung der hierfür maßgeblichen Tatsachen vorzunehmen.

Darüber hinaus kann es darauf ankommen, ob dem [X.] neben der Teilhabe am Unternehmenserfolg weitere Zwecke beizulegen sind. In diesem Zusammenhang ist erheblich, welche Arbeitnehmer in der Werkstatt und bei den Anwendungsingenieuren welche [X.] erhalten und ob und welche Vergütungsdifferenzen insoweit gegenüber der Grundvergütung der [X.] bestehen. Sollten sich schon bei der [X.] erhebliche Differenzen zwischen den Arbeitnehmergruppen ergeben, kann dies dafür sprechen, dem [X.] auch eine entsprechende Kompensationsfunktion beizulegen, was ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Gruppenbildung sein kann.

Bei dem [X.] ist allerdings der [X.] außer Betracht zu lassen. Dabei handelt es sich um eine zusätzliche Vergütung für eine tatsächliche, unter erschwerten Bedingungen erbrachte Arbeitsleistung. Entgegen der Ansicht der Revision ist er keine vom Unternehmenserfolg abhängige Zusatzleistung, sondern eine zusätzliche „Prämie“ für jeden konkreten Einsatztag. Die [X.] erhalten für ihre konkrete - auch gefährlichere - Tätigkeit und ihren täglichen Einsatz eine Einsatzprämie oder Erschwerniszulage. Eine sachgerechte Differenzierung kann demgemäß nicht bei einer Gruppenbildung ansetzen, die zwischen Mitarbeitern mit [X.] und Mitarbeitern ohne [X.] unterscheidet. Dies gilt um so mehr, als auch die anderen Mitarbeiter, wenn sie entsprechende Feldeinsätze leisten, den [X.] erhalten.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    [X.]    

        

    Rigo Züfle    

                 

Meta

10 AZR 510/10

12.10.2011

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Celle, 2. September 2008, Az: 1 Ca 130/08, Urteil

§ 611 Abs 1 BGB, § 242 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.10.2011, Az. 10 AZR 510/10 (REWIS RS 2011, 2463)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2463

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Referenzen
Wird zitiert von

7 Sa 229/19

11 Sa 248/16

8 Sa 1454/15

11 Sa 845/13

9 Sa 1207/13

4 Sa 1506/11

12 Sa 925/21

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