Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2002, Az. VIII ZR 64/01

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 2272

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[X.] DES [X.]/01Verkündet am:17. Juli 2002Kirchgeßner,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: ja[X.] § 242 AZum Auskunftsanspruch eines Vertragshändlers gegen den [X.] Verträge, welche die mit diesem verbundenen Unternehmen im [X.] über die Produkte des Herstellers geschlossen haben.[X.], Versäumnisurteil vom 17. Juli 2002 - [X.] - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 17. Juli 2002 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die [X.]. [X.], [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] [X.] vom 23. [X.] im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die [X.]rufungder Klägerin gegen das Teilurteil der Kammer 018 für [X.] des [X.] vom 11. November 1999 hin-sichtlich des [X.] zu dem Klageantrag zu [X.] auf [X.] Auskunft über diejenigen Verträge zurückgewiesen wordenist, welche die mit der [X.] im Sinne der §§ 15 ff. [X.] ver-bundenen Unternehmen auf Veranlassung der [X.] [X.] haben.Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweitenVerhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.]rufungsgericht zurückverwiesen.Im übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die in [X.]ansässige [X.]klagte, die über ihre Muttergesellschaft inL. mit deren anderen Tochtergesellschaften verbunden ist, produziert undverkauft [X.]. Am 23. Juni 1995 schloß sie mit der Klägerin, ei-ner [X.] Firma, einen "Distributionsvertrag". Darin verpflichtete sich dieKlägerin, die Produkte der [X.] im eigenen Namen und auf eigene Rech-nung zu vermarkten. Im Gegenzug übernahm die [X.]klagte die Verpflichtung,die Klägerin "als exklusiven Vertriebspartner für das [X.]", [X.] und [X.], einzusetzen. Zugleich behielt sie sich "allerdingsauch für die vertragsgegenständlichen Produkte - unter [X.]eiliger Abstimmungmit der [Klägerin] - im Einzelfall das Recht vor, direkt oder mit einem anderenVertriebspartner im [X.] vertrieblich zu agieren" (§ 3 Nr. 2). Weiterwurde in dem Vertrag unter anderem vereinbart, daß der [X.] unterliegt.In der Folgezeit nahm die [X.]klagte mit mehreren Kunden in der [X.]unmittelbar Verbindung auf. Einen Kunden, die [X.], ver-wies die [X.]klagte mit Schreiben vom 11. März 1997 an "unsere [X.]nKollegen". Die Klägerin sieht darin eine Verletzung des Distributionsvertrages,die die [X.]klagte zum Schadensersatz und zwecks dessen [X.]rechnung [X.] über alle derartigen Vorgänge verpflichte.Dementsprechend nimmt die Klägerin die [X.]klagte in dem vorliegendenRechtsstreit im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Schadensersatz in [X.]. Auf einen Hilfsantrag der Klägerin zu dem Auskunftsbegehren hat [X.] die [X.]klagte durch Teilurteil verurteilt, der Klägerin in einem näherbestimmten Umfang Auskunft darüber zu erteilen, welche Kauf-, Werk-,Dienstleistungs-, Lizenz- oder Supportverträge sie, die [X.]klagte, in der [X.] vom- 4 -1. Januar 1997 bis zur Rechtshängigkeit der Klage am 23. März 1999 mit [X.] mit Sitz in der [X.] oder [X.] bezüglich im einzelnen bezeich-neter Produkte abgeschlossen hat. Im übrigen hat das [X.] nicht nurden weitergehenden Hauptantrag der Klägerin zu dem Auskunftsbegehren ab-gewiesen, sondern auch ihren Hilfsantrag insoweit, als die Klägerin damit [X.] über die betreffenden Verträge der mit der [X.] im Sinne [X.] 15 ff. [X.] verbundenen Unternehmen verlangt hat. Gegen dieses Urteilhaben beide Parteien [X.]rufung eingelegt. Das [X.]rufungsgericht hat sowohl die[X.]rufung der [X.] als auch die der Klägerin, mit der diese lediglich denabgewiesenen Teil ihres [X.] weiterverfolgt hat, zurückgewiesen. [X.] Revision wendet sich die Klägerin gegen die Zurückweisung ihrer [X.]rufung.Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht, zu dem [X.] ordnungsgemäß geladen worden ist, ist für diese niemand erschienen.Entscheidungsgründe:Die Revision, über die durch Versäumnisurteil zu entscheiden ist, hatteilweise Erfolg. Die Entscheidung beruht jedoch inhaltlich nicht auf der [X.] der [X.], sondern auf einer Sachprüfung ([X.]Z 37, 79, 81 f).[X.]Das [X.]rufungsgericht hat, soweit in der Revisionsinstanz noch von [X.], im wesentlichen ausgeführt:Der Klägerin stehe - gemäß der vertraglichen Vereinbarung in Anwen-dung [X.] Rechts - nach § 242 [X.] ein Auskunftsanspruch gegen die- 5 -[X.]klagte zu. Die Klägerin könne von der [X.] Schadensersatz wegenVerletzung des Distributionsvertrages durch die direkte [X.]lieferung [X.]Kunden verlangen. Keiner Entscheidung bedürfe, ob sich das Verbot des Di-rektvertriebs bereits aus § 3 Nr. 2 des Vertrages ergebe. Jedenfalls sei die Klä-gerin als Vertragshändlerin rechtlich und tatsächlich in einem solchen Maß indie Vertriebsorganisation der [X.] eingebunden gewesen, daß sich [X.] der [X.] im [X.] als Verstoß gegen die [X.], die berechtigten Geschäftsinteressen der Klägerin zu wahren. Demstehe der Vorbehalt der [X.] in § 3 Nr. 2 des Vertrages nicht entgegen,denn die danach erforderliche Abstimmung mit der Klägerin habe unstreitignicht stattgefunden. Der von der [X.] selbst eingeräumte Direktkontakt mitder S. B. mache weitere Direktvertriebsfälle wahrschein-lich. Die [X.]klagte sei deswegen insoweit zur Auskunft verpflichtet, weil sie die-se Fälle ohne weiteres feststellen könne, während die Klägerin hierüber nichtunterrichtet sei.Die von der [X.] geschuldete Auskunft erstrecke sich jedoch nichtauf Direktvertriebsgeschäfte der mit ihr verbundenen Unternehmen. Der [X.]sanspruch diene nicht dazu, die Grundlage für die Inanspruchnahme [X.] zu schaffen. Der Auskunftsanspruch sei insoweit auch nicht durch eine ei-gene Haftung der [X.] für Direktvertriebsgeschäfte der mit ihr verbunde-nen Unternehmen begründet. Eine solche Haftung bestehe nicht allein aufgrundder konzernrechtlichen Verbundenheit. Eine Zurechnung von [X.] auf-grund einer Abschirmungspflicht komme ebenfalls nicht in [X.]tracht. Die [X.] habe zwar gegen § 3 des Distributionsvertrages verstoßen, wenn sie- konzernrechtlich mit ihr verbundene oder andere - Dritte unter Umgehung derKlägerin zum Direktvertrieb im [X.] veranlaßt und dabei aktiv [X.] habe. Daß die [X.]klagte ihre [X.] Muttergesellschaft nach [X.] vom 11. März 1997 möglicherweise zu [X.] -habe veranlassen wollen und veranlaßt habe, genüge jedoch nicht für die [X.], daß die [X.]klagte jeden eventuellen Direktvertrieb durch weitere ihrverbundene Unternehmen veranlaßt und aktiv unterstützt habe. Eine [X.] gehe im übrigen nicht so weit, daß der Pflichtige mögliche Direkt-vertreiber aufzuspüren und dem Vertragshändler namhaft zu machen habe.Insgesamt sei daher ein Anspruch der Klägerin gegen die [X.]klagte auf [X.] über [X.] der mit dieser verbundenen Unternehmen zu vernei-nen. Die [X.]rufung der Klägerin sei daher zurückzuweisen.I[X.]Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung in demmaßgeblichen Punkt nur teilweise stand. Nach dem in der Revisionsinstanzzugrunde zu legenden Sachverhalt wendet sich die Revision zu Recht dagegen,daß das [X.]rufungsgericht wie schon das [X.] die in dem Hilfsantrag derKlägerin näher bezeichneten Verträge, welche die mit der [X.] im Sinneder §§ 15 ff. [X.] verbundenen Unternehmen abgeschlossen haben, insoweitvon der Auskunftspflicht der [X.] ausgenommen hat, als diese Verträgeauf Veranlassung der [X.] zustande gekommen [X.] Das [X.]rufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen,daß nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ein [X.] aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gegeben ist, wenn diezwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen,daß der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das [X.]stehen oderden Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und wenn der Verpflichtete in derLage ist, unschwer die zur [X.]seitigung dieser Ungewißheit erforderliche [X.] zu erteilen (zuletzt z.B. Senatsurteil vom 22. November 2000 - [X.] -40/00, [X.], 686 unter II 1 m.w.Nachw.). Soll die begehrte Auskunft einenvertraglichen Schadensersatzanspruch belegen, muß dieser nach allgemeinerMeinung nicht bereits dem Grund nach feststehen; vielmehr reicht schon derbegründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung aus ([X.]/[X.],[X.], 61. Aufl., §§ 259 ff. [X.]. 10; Soergel/[X.], [X.], 12. Aufl., § 260[X.]. 25 und 28; teilweise kritisch, jedoch für den hier vorliegenden Fall einesDauerschuldverhältnisses zustimmend MünchKomm/[X.], [X.], 4. Aufl.,§ 260 [X.]. 16, [X.]. m. Verweis auf [X.], Urteil vom 22. Januar 1964 - [X.], [X.] § 242 ([X.]) [X.] Nr. 19, sowie die ständige Rechtsprechung [X.], zuletzt z.B. Urteil vom 18. Januar 1996 - 6 [X.], [X.] 1996, 2182unter I 2 a m.w.Nachw.).2. Von diesem rechtlichen Ausgangspunkt aus hat das [X.]rufungsgerichtunangegriffen - und auch zu Recht - den geltend gemachten [X.] hinsichtlich der von der [X.] selbst abgeschlossenen [X.], weil aufgrund eines unstreitigen Falles der begründete Verdacht beste-he, daß die [X.]klagte unter Verletzung der durch den [X.] begründeten Pflicht zur Wahrung der berechtigten Geschäftsinteres-sen der Klägerin (vgl. Senatsurteil vom 10. Februar 1993 - [X.], [X.], 1464 unter [X.]) Direktbelieferungen von [X.] Kunden vorge-nommen und sie sich deswegen der Klägerin aus positiver Vertragsverletzungschadensersatzpflichtig gemacht habe.3. Dagegen hat das [X.]rufungsgericht einen Auskunftsanspruch der Klä-gerin zu denjenigen Verträgen verneint, welche die mit der [X.] im Sinneder §§ 15 ff. [X.] verbundenen Unternehmen abgeschlossen haben. Nach denbisher getroffenen Feststellungen kann dem nicht zu allen diesen [X.] Unternehmen gefolgt [X.] 8 -Soweit das [X.]rufungsgericht angenommen hat, ein solcher Anspruchbestehe nicht zu dem Zweck, die Grundlage für die Inanspruchnahme Dritter zuschaffen, stimmt die Revision dem ausdrücklich zu. Sie verweist darauf, daß dieKlägerin stets nur einen Schadensersatzanspruch gegen die [X.]klagte selbstverfolgt habe. Ein solcher bestehe deswegen, weil die [X.]klagte zum einen [X.] der mit ihr verbundenen Unternehmen aktiv unterstützt [X.] anderen die Klägerin nicht vor solchen Vertriebsaktivitäten abgeschirmthabe. Im ersten Punkt ist der Revision zuzustimmen, im zweiten dagegen [X.]) Das [X.]rufungsgericht hat aufgrund tatrichterlicher Vertragsauslegungangenommen, daß die [X.]klagte gegen § 3 des [X.] hätte, wenn sie - konzernrechtlich mit ihr verbundene oder andere - Dritteunter Umgehung der Klägerin zum Direktvertrieb der [X.] im [X.] veranlaßt hätte. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies im Widerspruchdazu steht, daß das [X.]rufungsgericht offen gelassen hat, ob sich das [X.] bereits aus § 3 Nr. 2 des Distributionsvertrages ergebe. [X.] wäre ein solches Verhalten der [X.] auch als Verstoß gegen ihrevom [X.]rufungsgericht zutreffend bejahte Pflicht zur Wahrung der berechtigtenGeschäftsinteressen der Klägerin anzusehen (vgl. dazu oben unter [X.]). [X.] Pflichtverletzung ist zwar nicht festgestellt. Jedoch hat das [X.]rufungs-gericht unter Hinweis auf das Schreiben der [X.] vom 11. März 1997 andie S. B. ausdrücklich offengelassen ("möglicherweise"),ob die [X.]klagte ihre [X.] Muttergesellschaft zu [X.] wollte und veranlaßt hat. Hiervon ist in der Revisionsinstanz zu-gunsten der Klägerin auszugehen. Trotz dieses revisionsrechtlich zu [X.] Vorgehens der [X.] hat das [X.]rufungsgericht indessen gemeint,das genüge nicht als Anhaltspunkt dafür, daß die [X.]klagte einen eventuellenDirektvertrieb durch weitere ihr verbundene Unternehmen veranlaßt habe. [X.], wie die Revision zu Recht beanstandet, rechtsfehlerhaft. Es widerspricht- 9 -dem vom [X.]rufungsgericht selbst angeführten Grundsatz, daß ein begangenerVertragsverstoß auf weitere Vertragsverstöße schließen läßt (vgl. [X.], [X.] 6. Februar 1962 - [X.], NJW 1962, 731; vgl. auch [X.]Z 95, 274,280). Daher kann die Klägerin nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zulegenden Sachverhalt von der [X.] auch Auskunft hinsichtlich solcherVerträge verlangen, welche die mit der [X.] verbundenen [X.] Veranlassung der [X.] abgeschlossen haben.b) Einen darüber hinausgehenden Auskunftsanspruch der Klägerin hin-sichtlich solcher Verträge, welche die mit der [X.] verbundenen Unter-nehmen ohne Veranlassung der [X.] abgeschlossen haben, hat das [X.]-rufungsgericht dagegen zu Recht verneint. Wie auch die Revision einräumt,stellt der Konzernverbund für sich allein keinen Grund dar, einem abhängigenUnternehmen selbständige Aktivitäten verbundener Unternehmen zuzurechnen.[X.] bleiben kann, ob die von der Klägerin geltend gemachte vertragli-che "[X.]" der [X.] anzuerkennen ist, die darauf gerichtet [X.], sie, die Klägerin, vor selbständigen Eingriffen Dritter in ihr Vertriebsrecht [X.] des Zumutbaren und Möglichen zu schützen. Denn es ist weder fest-gestellt noch dargetan, daß ein derartiger Eingriff, der eine Auskunftspflicht der[X.] insoweit rechtfertigen könnte, stattgefunden hat.II[X.]Nach alledem kann das angefochtene Urteil insoweit keinen [X.]stand ha-ben, als der Klägerin ein Auskunftsanspruch wegen solcher Verträge der mitder [X.] verbundenen Unternehmen versagt worden ist, die auf Veranlas-sung der [X.] zustande gekommen sind. Der Rechtsstreit ist nicht zurEndentscheidung reif, da es noch weiterer Feststellungen dazu bedarf, ob die- 10 -[X.]klagte im Fall der [X.]ihre [X.] Muttergesell-schaft zu Direktvertriebsgeschäften veranlaßt hat. Daher sind das [X.]rufungs-urteil in dem oben bezeichneten Umfang aufzuheben und die Sache zur ander-weiten Verhandlung und Entscheidung an das [X.]rufungsgericht zurückzuver-weisen.[X.] Dr. [X.] [X.][X.] Dr. Frellesen

Meta

VIII ZR 64/01

17.07.2002

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2002, Az. VIII ZR 64/01 (REWIS RS 2002, 2272)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 2272

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