Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 23.07.2020, Az. 2 BvR 1233/20

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2020, 2920

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtannahme einer mangels hinreichender Begründung unzulässigen Verfassungsbeschwerde gegen die Fortdauer von Untersuchungshaft - unzureichende Darlegung des Verfahrensgangs und der prozessualen Lage des Ausgangsverfahrens - mangelnde Auseinandersetzung mit angegriffenen Entscheidungen


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

1

Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] sind nicht erfüllt. Zwar erscheint die Dauer der Untersuchungshaft von bereits rund siebeneinhalb Jahren bedenklich. Ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung ist jedoch im Einzelfall nicht von vornherein ausgeschlossen. Die nur äußerst knappe Begründung der Verfassungsbeschwerde erlaubt keine verantwortbare verfassungsrechtliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidungen (vgl. [X.] 105, 252 <264>; 130, 1 <21>; BVerfGK 14, 402 <417>; 19, 362 <363>). Die Verfassungsbeschwerde ist daher unzulässig (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.]).

2

Soweit die Verfassungsbeschwerde einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot in [X.] geltend macht, stellt sie den Verfahrensgang und die prozessuale Lage, die den einzelnen Hauptverhandlungstagen zugrunde gelegen hat, nicht einmal kursorisch nachvollziehbar dar. Die bloße Bezugnahme auf die durchschnittliche Dauer der einzelnen Verhandlungstage ist nicht aussagekräftig, da ohne eine zusätzliche Schilderung des Ablaufs der jeweiligen Verhandlungstage nicht geprüft werden kann, ob die Ursache für eine frühzeitige Beendigung eines Verhandlungstags im Verantwortungsbereich der Justiz oder des Beschwerdeführers wurzelt (vgl. [X.], 166 <167>). Auch eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung durch die Revisionsverfahren ist nicht erkennbar. Dass den Landgerichten eklatante Gesetzesverletzungen, etwa bei schwerwiegenden, offensichtlich der Justiz anzulastenden Verfahrensfehlern (vgl. [X.], 239 <251>; 7, 21 <35 ff.>), unterlaufen oder die Revisionsverfahren ihrerseits nicht hinreichend beschleunigt bearbeitet worden wären, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

3

Auch soweit der Beschwerdeführer durch die Auflistung von Unterschieden zur Strafhaft anspricht, dass die ganz überwiegende oder gar vollständige Verbüßung einer verhängten Freiheitsstrafe durch Anrechnung der Untersuchungshaft in ein Spannungsverhältnis zum Resozialisierungszweck der Strafhaft tritt (vgl. [X.], 140 <161 f.>), versäumt er es, sich mit den angegriffenen Entscheidungen inhaltlich auseinanderzusetzen (vgl. [X.] 130, 1 <21>). Auf die Gründe des Nichtabhilfebeschlusses des [X.] vom 3. Juni 2020 und der Beschwerdeentscheidung des [X.] vom 16. Juni 2020 geht die Verfassungsbeschwerde nicht substantiiert ein. Sie setzt sich insbesondere nicht mit der ausführlichen Begründung der Gerichte auseinander, dass eine Fluchtgefahr fortbestehe, zumal die Feststellungen zum Tatgeschehen in Rechtskraft erwachsen seien, eine Reststrafenaussetzung zur Bewährung nach § 57 Abs. 1 StGB nicht in Betracht komme und dementsprechend noch mit der Vollstreckung einer Restfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten zu rechnen sei.

4

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

5

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 1233/20

23.07.2020

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 16. Juni 2020, Az: 1 Ws (s) 179/20, Beschluss

Art 2 Abs 2 S 2 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 121 Abs 1 StPO, § 122 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 23.07.2020, Az. 2 BvR 1233/20 (REWIS RS 2020, 2920)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2920

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 BvR 644/12 (Bundesverfassungsgericht)

Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung von Art 2 Abs 2 S 2 GG durch unzureichend begründete …


2 BvR 2248/13, 2 BvR 2301/13 (Bundesverfassungsgericht)

Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Anforderungen des Beschleunigungsgrundsatzes in Haftsachen im Zwischenverfahren (§§ 119 ff StPO) - …


2 BvR 1183/09 (Bundesverfassungsgericht)

Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG) durch Vorenthalten …


2 BvR 1113/10 (Bundesverfassungsgericht)

Stattgebender Kammerbeschluss: Grenzen der Anordnung und des Vollzugs von Untersuchungshaft bei Verletzung des strafprozessualen Beschleunigungsgebots …


2 BvR 1275/16 (Bundesverfassungsgericht)

Stattgebender Kammerbeschluss: Unzureichend begründete Entscheidung über die Fortdauer von Untersuchungshaft verletzt Freiheitsrecht des Betroffenen (Art …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.