Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2016, Az. AnwZ (Brfg) 46/13

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2016, 8053

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:180716UANWZ.[X.]RFG.46.13.0

[X.]UN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

AnwZ ([X.]) 46/13

Verkündet am:

18. Juli 2016

[X.]oppel

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Anerkennung eines Fortbildungsnachweises
-
2
-
Der [X.], [X.],
hat auf die mündliche [X.] vom 18. Juli 2016
durch die Präsidentin des [X.]s
Limperg, die Richterin [X.], [X.] Remmert sowie den
Rechts-anwalt
Dr. [X.] und die Rechtsanwältin Merk

für Recht erkannt:

Auf die [X.]erufung des [X.] wird das Urteil
des 4. Senats des [X.]ayerischen [X.]s vom 13. Mai 2013 im Kosten-punkt sowie insoweit aufgehoben, als der Hilfsantrag des [X.] abgewiesen
worden ist.

Es wird festgestellt, dass es sich bei dem von der D.

Gesellschaft für Aus-
und Fortbildung sowie Ser-viceleistungen mbH am 22. Juni 2012 veranstalteten Seminar "Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik"
um eine anwaltliche Fortbildungsveranstaltung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 der Fachanwaltsordnung für das Fachgebiet Verkehrsrecht handelt.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

etzt.

-
3
-
Tatbestand:

Der Kläger ist im [X.]ezirk der [X.]eklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelas-sen. Seit dem 28. Juli 2011 darf er die [X.]ezeichnung "Fachanwalt für Verkehrs-recht"
führen. Am 22. Juni 2012 besuchte der Kläger ein sechsstündiges [X.] "Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik". Unter dem 27. Juni 2012 reichte er die dieses Seminar betreffende Teilnahmebestätigung bei der [X.] ein und bat um [X.]estätigung, dass er seiner Fortbildungsverpflichtung für das [X.] nachgekommen sei. Die [X.]eklagte antwortete, es handele sich um ein allgemeines Seminar ohne besonderen [X.]ezug zum Fachgebiet "[X.]". Im folgenden Schriftverkehr stellte die [X.]eklagte sich auf den Standpunkt, ihre Auskunft sei nicht rechtsbehelfsfähig. Ob der Kläger seine Fortbildungsverpflichtung erfüllt habe, werde abschließend erst im Verfahren über den Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung we-gen Verletzung der Fortbildungspflicht entschieden.
Nachdem der Kläger an-waltlichen [X.]eistand in Anspruch genommen und eine Klage, gegebenenfalls auch einen Antrag auf Eilrechtsschutz angekündigt hatte, lehnte die [X.]eklagte mit Schreiben vom 21. Dezember 2012 ab, sich zu verpflichten, bis zum [X.] des zu erwartenden Rechtsstreits von der Einleitung eines Verfahrens auf Rücknahme der Erlaubnis zur Führung des [X.] abzusehen; nach ständiger Übung der Kammer könne die versäumte Fortbildung jedoch ohne Angabe von Gründen bis zum 31. März 2013 nachgeholt werden.
[X.] hiervon könnten die im [X.] absolvierten Fortbildungen vorläufig
-
bis zu einer gerichtlichen Entscheidung
-
auf die fehlenden sechs Fortbil-dungsstunden für das [X.] angerechnet werden.
In einem weiteren Schreiben vom 24. Januar 2013 heißt es, die Fortbildungspflicht sei während des laufenden Rechtsstreits nicht suspendiert. Wenn der Kläger bis zum 1
-
4
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30.
November 2013 keine anerkennungsfähigen Fortbildungsnachweise einrei-chen werde, werde über einen Widerruf der [X.]efugnis entschieden werden.

Der Kläger will erreichen, dass das Seminar, welches hinreichende [X.]e-züge zum Fachgebiet "Verkehrsrecht"
aufgewiesen habe,
als Fortbildungs-nachweis für das [X.] anerkannt wird. Er hat
gemeint, Anspruch auf [X.] in Form eines Verwaltungsaktes zu haben, wobei sich die erforderli-che Ermächtigungsgrundlage aus § 43c Abs. 4 Satz 2 [X.] in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] ergebe. Hilfsweise möge
die Anerkennungsfähigkeit festgestellt werden. Das Feststellungsinteresse folge daraus, dass er sein künf-tiges Verhalten an der begehrten Feststellung ausrichten wolle. Der Kläger hat
beantragt,

1. die [X.]eklagte zu verpflichten, die von der D.

Gesellschaft für Aus-
und Fortbildung sowie Serviceleistungen mbH aus-gestellte [X.]estätigung über die Teilnahme des [X.] an dem Seminar "Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik"
am 22. Juni 2012 als [X.] im Sinne des § 15 Abs. 3 der Fachanwaltsordnung für das Fachgebiet Verkehrsrecht anzuerkennen;

2. hilfsweise festzustellen, dass es sich bei dem von der D.

Gesellschaft für Aus-
und Fortbildung sowie Serviceleis-tungen mbH am 22. Juni 2012 veranstalteten Seminar "Vernehmungsleh-re und Vernehmungstaktik"
um eine anwaltliche Fortbildungsveranstal-tung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 der Fachanwaltsordnung für das Fachgebiet Verkehrsrecht handelt.

2
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5
-
Die [X.]eklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Klage insgesamt für unzulässig gehalten, weil dem Kläger derzeit kein Widerruf der Erlaubnis zum Führen des [X.] drohe.

Der [X.] hat die Klage abgewiesen. Die [X.]eklagte sei nicht verpflichtet, außerhalb eines Widerrufsverfahrens durch selbständigen Verwal-tungsakt über die Anerkennungsfähigkeit von Fortbildungsveranstaltungen und über die Erfüllung der Fortbildungspflicht zu entscheiden. Die Klage könne nicht in eine Anfechtungsklage umgedeutet werden, weil die von der [X.]eklagten [X.] Auskunft kein Verwaltungsakt sei; sie stelle weder eine [X.]elehrung noch eine Rüge dar. Der Hilfsantrag sei als Feststellungsantrag zulässig, aber nicht [X.]. Ob ein allgemeiner [X.]ezug zum Fachgebiet ausreiche
oder ob sich die Fortbildung speziell auf ein Thema oder Gebiet des § 14d [X.] beziehen [X.], könne offenbleiben. Ein [X.]ezug zum Fachgebiet Verkehrsrecht, insbesonde-re
zum Verkehrsstraf-
und Ordnungswidrigkeitenrecht und zu den [X.]esonderhei-ten der Verfahrens-
und Prozessführung
im Verkehrsrecht
könne durchaus her-gestellt werden. Das Seminar habe jedoch nur Grundkenntnisse allgemeiner Art vermittelt.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zuge-lassenen [X.]erufung. Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen und beantragt,

unter Abänderung des Urteils des [X.]ayerischen [X.]s vom 13. Mai 2013, [X.]. [X.]

28/12,
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6
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1. die [X.]eklagte zu verpflichten, die von der D.

Gesellschaft für Aus-
und Fortbildung sowie Serviceleistungen mbH aus-gestellte [X.]estätigung über die Teilnahme des [X.] an dem Seminar "Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik"
am 22. Juni 2012 als [X.] im Sinne des § 15 Abs. 3 der Fachanwaltsordnung für das Fachgebiet Verkehrsrecht anzuerkennen;

2. hilfsweise festzustellen, dass es sich bei dem von der D.

Gesellschaft für Aus-
und Fortbildung sowie Serviceleis-tungen mbH am 22. Juni 2012 veranstalteten Seminar "Vernehmungsleh-re und Vernehmungstaktik"
um eine anwaltliche Fortbildungsveranstal-tung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 der Fachanwaltsordnung für das Fachgebiet Verkehrsrecht handelt.

Die [X.]eklagte beantragt,

die [X.]erufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der weiteren
Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst An-lagen
sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung
[X.]ezug genommen.

6
-
7
-
Entscheidungsgründe:

Die [X.]erufung führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Verurteilung der [X.]eklagten nach dem Hilfsantrag des [X.].

1. Der Hauptantrag bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf
Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes des Inhalts, dass die [X.]e-scheinigung des Anbieters des Seminars "Vernehmungslehre und Verneh-mungstaktik"
am 22. Juni 2012 als Fortbildungsnachweis im Sinne des §
15 [X.] für das Fachgebiet Verkehrsrecht
anerkannt
wird. Der Senat nimmt inso-weit [X.]ezug auf die Gründe der Entscheidung des [X.]s und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 112e
Satz 2 [X.], § 130b Satz 2 VwGO). Hinsichtlich des [X.]erufungsvorbringens des [X.] ist ergänzend folgendes auszuführen:

a) Weder die Vorschrift des § 43c Abs. 4 Satz 2 [X.] noch diejenige
des § 15 Satz 1 und 3 [X.] in der hier anwendbaren
Fassung
vom 1. Juli 2009
ermächtigen die zuständige Rechtsanwaltskammer, im Wege des Verwaltungs-aktes abschließend über die Eignung einer Fortbildungsveranstaltung zur Erfül-lung der Fortbildungspflicht zu entscheiden.
In beiden genannten Vorschriften ist von einer selbständigen Entscheidung über die Anerkennung nicht die Rede. Die Vorschrift des
§ 43c Abs. 4 Satz 2 [X.] ermächtigt die Kammer,
nach ih-rem pflichtgemäßen Ermessen
die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbe-zeichnung zu widerrufen, wenn die in der Fachanwaltsordnung vorgeschriebene Fortbildung unterblieben ist. § 15 [X.] regelt
die Anforderungen an die Fortbil-dung, die einem Fachanwalt obliegt. Das einzuhaltende Verfahren ergibt sich aus den §§ 17 ff., 25 [X.]. Nach § 25 Abs. 2 und 3 [X.] ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit Kenntnis des Vorstandes von den sie rechtfertigen-7
8
9
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8
-
den
Tatsachen zulässig. Vor der Entscheidung ist der Rechtsanwalt zu hören. Der [X.] ist mit Gründen zu versehen und dem Rechtsanwalt zuzustellen.
Danach wird
die Kammer erstmals nach Ablauf des jeweiligen Ka-lenderjahres mit der Frage des Widerrufs befasst
und hat innerhalb dieses Folgejahres eine Entscheidung zu treffen.
Damit wäre auch dem Interesse des Rechtsanwalts an Rechtsklarheit Genüge getan.

b) Nach gefestigter Senatsrechtsprechung hat die Kammer bei der Aus-übung ihres pflichtgemäßen
Ermessens über die Widerrufsentscheidung aller-dings gegebenenfalls auch
nach Ablauf des maßgeblichen Kalenderjahres
ein-getretene Umstände zu berücksichtigen ([X.], Urteil vom 26. November 2012
-
AnwZ ([X.]) 56/11, [X.], 175 Rn. 8 f.; vom 8. April 2013
-
AnwZ ([X.]) 16/12, [X.], 2364 Rn. 10; [X.]eschluss vom 5. Mai 2014 -
AnwZ ([X.]) 76/13, Anw[X.]l.
2014, 755 Rn. 10). Da die Jahresfrist, innerhalb derer der
Wider-ruf zu erfolgen hat, erst mit Kenntnis aller maßgebenden Umstände beginnt (§
25 Abs. 2 [X.]; vgl. [X.], [X.]eschluss vom 2. April 2001 -
AnwZ ([X.]) 37/00, NJW 2001, 1945 f.),
kann sich ein längerer Zeitraum der Unsicherheit ergeben. Das liegt jedoch an der Ausgestaltung der Widerrufsentscheidung als Ermes-sensentscheidung. Der Tatbestand der Erfüllung oder der Nichterfüllung steht
nach wie vor
mit Ablauf des Kalenderjahres fest ([X.], Urteil vom 8. April 2013
-
AnwZ ([X.]) 16/12, [X.], 2364 Rn. 10; [X.]eschluss vom 5. Mai 2014
-
AnwZ ([X.]) 76/13, Anw[X.]l.
2014, 755 Rn.
9). Der Satzungsgeber hat die [X.], immerhin aus dem [X.] stammende Rechtsprechung nicht zum Anlass genommen, ein gesondertes,
auf die Erfüllung oder Nichterfüllung der Fortbil-dungsobliegenheit bezogenes und dem Widerrufsverfahren vorgeschaltetes Feststellungsverfahren einzuführen.
Erst recht hat er
kein Verfahren vorgese-hen, welches eine verbindliche Entscheidung über die Erfüllung oder Nichter-füllung der [X.] bereits innerhalb des laufenden [X.]
-
9
-
jahres und damit so rechtzeitig ermöglicht, dass etwa nicht anerkannte Fortbil-dungen noch rechtzeitig nachgeholt werden können. Da die erstmalige Verlet-zung der Fortbildungspflicht nicht zwingend zu einem Widerruf führt und eine überobligationsmäßige Fortbildung im [X.] bei Ausübung des pflicht-gemäßen Ermessens ein Absehen vom Widerruf der Erlaubnis zur Folge haben kann (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 5. Mai 2014 -
AnwZ ([X.]) 76/13, Anw[X.]l.
2014, 755 Rn. 10), ist eine derartige Regelung
auch nicht zwingend
zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen des Fachanwalts
am
Fortbestand der Erlaubnis er-forderlich.

c) Entgegen der Ansicht der [X.]erufung ist die Ermächtigungsgrundlage nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger den Erlass eines für ihn günstigen Verwaltungsaktes begehrt. Wenn die Kammer auf Antrag oder von Amts wegen über die Eignung einer Fortbildungsveranstaltung zu befinden hätte, könnte die Entscheidung positiv oder abschlägig ausfallen.
Die Schreiben der [X.]eklagten, in welchen diese eine Anerkennung der Fortbildungsanträge ablehnte, stellen nach Form und Inhalt keine Verwaltungsakte (§ 35 VwVfG) dar. Anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger zitierten Entscheidung [X.]VerwGE 140, 256 Rn.
25. In dieser Entscheidung ging es um eine Vorschrift, die den Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes ausdrücklich vorsah. Das [X.]undesverwaltungs-gericht hat also nicht angenommen, dass der feststellende Verwaltungsakt kei-ner rechtlichen Grundlage bedurfte, sondern umgekehrt ausgeführt, das ange-strebte Ziel -
die Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis
-
könne im Wege eines (in der Verordnung vorgesehenen) feststellenden Verwaltungsak-tes oder aber im Wege der Feststellungsklage der gerichtlichen Feststellung erreicht werden. Im Fall, welcher der Entscheidung [X.]VerwGE 117, 133, 134 zugrunde lag, war die [X.]efugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes immerhin dem Gesetz im Wege der Auslegung zu entnehmen.
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-
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-

2. Der hilfsweise geltend gemachte Feststellungsantrag hat demgegen-über Erfolg.

a) Der Antrag ist zulässig.
Feststellungsanträge sind im Verfahren der Anwaltsgerichtsbarkeit seit der Änderung des Verfahrensrechts zum 1. Sep-tember 2009 und dem damit verbundenen Wegfall der Vorschriften der §§
39
ff., 223 [X.] a.F. nicht mehr grundsätzlich unzulässig ([X.], [X.]eschluss vom 24. Februar 2016 -
AnwZ ([X.]) 62/15, juris
Rn. 7).
Durch Klage kann die Feststellung des [X.]estehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (§ 112c Abs. 1 Satz 1
[X.], § 43 Abs. 1 VwGO).

[X.]) Das erforderliche konkrete Rechtsverhältnis zwischen den Parteien
folgt aus der
bereits zitierten Vorschrift des §
15 [X.] in der hier maßgeblichen Fassung vom 1. Juli 2009, nach welcher der Kläger sich im [X.]
fortzubil-den und die Fortbildung unaufgefordert der [X.]eklagten
nachzuweisen hatte.

[X.]) Auch ein Feststellungsinteresse kann nicht verneint werden. Die [X.], ob das vom Kläger im Jahre 2012 besuchte Seminar als Fortbildungsveran-staltung im Sinne von § 15 [X.] für einen Fachanwalt für Verkehrsrecht anzu-sehen ist, ist zwar in erster Linie eine Vorfrage für die Entscheidung der [X.] über die Frage des
Widerrufs
der [X.]efugnis, den Titel eines Fachanwalts für Verkehrsrecht zu führen.
Hätte die [X.]eklagte -
wie es möglicherweise der [X.] entsprach, nach deren Vorstellung wohl bereits die einmalige Nichterfüllung der Fortbildungs-
und Nachweispflicht einen Wider-ruf der Fachanwaltserlaubnis nach sich ziehen sollte (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 2.
April 2001 -
AnwZ ([X.]) 37/00, NJW 2001,
1945 mwN)
-
unverzüglich nach Ab-12
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-
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-
lauf des jeweiligen Kalenderjahres eine gebundene Entscheidung über den [X.] zu treffen, ließe sich ein schutzwürdiges Interesse an einer dem Streit über den Widerruf vorgelagerten verbindlichen Feststellung schwerlich bejahen.

Es handelt sich jedoch nicht um eine gebundene Entscheidung, sondern um eine Ermessensentscheidung. [X.]ei der Ausübung des Ermessens kann auch eine nachträgliche überobligationsmäßige Fortbildung im folgenden Kalender-jahr zu berücksichtigen sein
([X.], Urteil vom 26. November 2012 -
AnwZ ([X.]) 56/11, [X.], 175 Rn. 8 f.; vom 8. April 2013 -
AnwZ ([X.]) 16/12, [X.], 2364 Rn. 10; [X.]eschluss vom 5. Mai 2014 -
AnwZ ([X.]) 76/13,
Anw[X.]l.
2014, 755 Rn. 10).
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat die [X.]eklagte eigener Darstellung nach die in den Folgejahren vorgelegten Nach-weise jeweils auf die
älteste
ihrer Ansicht nach noch offene Fortbildungsoblie-genheit
angerechnet. Solange der Kläger seiner [X.] [X.], hat sie bei dieser Vorgehensweise keinen Anlass, ein Widerrufsverfah-ren im Hinblick auf das [X.] einzuleiten. Der Kläger könnte sich damit zu-frieden geben
und sich bis zum Ende seines [X.]erufslebens nach Maßgabe des §
15 [X.] fortbilden. Er liefe
dann
jedoch Gefahr,
dass
eine
künftige Nichterfül-lung der jährlichen [X.] -
sei sie auf [X.] über die Eignung eines Seminars, sei sie auf unverschuldete Unmöglich-keit der Teilnahme an einem zweifelsfrei geeigneten Seminar zurückzuführen
-

als Wiederholungsfall eingestuft würde, was
Auswirkungen
auf die Ausübung des Ermessens im Widerrufsverfahren hätte. Gegebenenfalls würde die [X.] vom 22. Juni 2012 viele Jahre später beurteilt werden [X.]n. Aufgrund dieser besonderen Vorgehensweise der [X.]eklagten kennt der Kläger
-
der sich ja grundsätzlich [X.] verhalten will
-
auf Dauer den Um-fang seiner [X.]
nicht.
Darauf, dass die Fortbildung für das [X.] schon lange nicht mehr nachgeholt werden kann, kommt es nicht
an.
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-
Der Streit über die Eignung des Seminars ist nicht nur im Hinblick auf künftige Ermessensentscheidungen von [X.]edeutung, was der Senat -
allerdings unter der Geltung des alten Verfahrensrechts
-
nicht für ausreichend erachtet hat (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 6. März 2006 -
AnwZ ([X.]) 38/05, [X.], 2926 f.).
Die-se andauernde Unsicherheit lässt sich für den Kläger nur durch die begehrte Feststellung beseitigen.

b) Der Antrag ist auch begründet.
Das Seminar vom 22. Juni 2012 ge-nügte den Anforderungen, die an eine anwaltliche Fortbildungsveranstaltung auf dem Fachgebiet "Verkehrsrecht"
zu stellen sind.

[X.]) Die hier maßgebliche Vorschrift des § 15 Satz 1
[X.] in der Fassung vom 1. Juli 2009
sah vor, dass der Fachanwalt an einer anwaltlichen
Fortbil-dungsveranstaltung
auf seinem Fachgebiet teilzunehmen hatte. Die [X.]eifügung "auf diesem Gebiet"
kann sprachlich auch allein auf die Fortbildungsform
des wissenschaftlichen Publizierens bezogen werden. Zwingend ist dies jedoch nicht. In der ersten Fassung des § 15 [X.] vom 1. September 1999 hieß es, der eine Fachanwaltsbezeichnung führende Rechtsanwalt müsse "auf diesem Fachgebiet"
jährlich an einer Fortbildungsveranstaltung teilnehmen.
Durch die
Einfügung des wissenschaftlichen Publizierens als weitere Fortbildungsart durch § 15 [X.] in der Fassung vom 1. Januar 2003, die zu der geschilderten sprachlichen Unklarheit geführt hat, sollten
jedoch die Anforderungen an die "Fortbildungsveranstaltung"
nicht verändert werden; jedenfalls gibt es hierfür keine Anhaltspunkte [X.], NJW 2014, 2758, 2760). Die seit dem [X.] geltende Fassung des § 15 sieht dementsprechend vor, dass der Fachanwalt an "fachspezifischen der Aus-
oder Fortbildung dienenden Veran-staltungen"
hörend oder dozierend teilzunehmen habe.
Dass die Fortbildungs-veranstaltung i.S.v.
§ 15 [X.] einen [X.]ezug zum Fachgebiet des jeweiligen 17
18
-
13
-
Fachanwalts aufweisen muss, wird von den Parteien auch nicht in Zweifel [X.]. Welche [X.]ereiche zum Fachgebiet "Verkehrsrecht"
gehörten, ist der Vor-schrift des § 14d [X.] zu entnehmen.

Weitere Anforderungen an eine den Anforderungen des §
15 [X.] genü-gende Fortbildungsveranstaltung ergeben sich aus dem Zusammenspiel
des §
15 [X.] mit anderen Vorschriften der Fachanwaltsordnung und der [X.]undes-rechtsanwaltsordnung. Auszugehen ist von § 43c Abs. 1 [X.]. Nach dieser Vorschrift wird die [X.]efugnis, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen, nur ei-nem solchen Rechtsanwalt verliehen, der besondere Kenntnisse und Erfahrun-gen in einem Rechtsgebiet erworben hat. Die satzungsrechtlichen Vorschriften, welche die Voraussetzungen der Verleihung der Fachanwaltsbezeichnungen betreffen (§§ 2 ff.
[X.]), nehmen diese Formulierung auf. Der Anwärter muss danach besondere theoretische Kenntnisse auf dem jeweiligen Gebiet [X.] (§ 4 [X.]) und besondere praktische Erfahrungen auf ihm gesammelt haben (§ 6 [X.]).

An die Pflichtfortbildung können keine geringeren Anforderungen gestellt werden. Sie muss besondere Kenntnisse vermitteln. Es kann nicht darum ge-hen, den (erneuten) Erwerb von [X.] nachzuweisen, die bei jedem Anwalt vorausgesetzt werden können. Die Fortbildung nach § 15 [X.] dient vielmehr dem Aufbau, der Vertiefung und der Aktualisierung der bereits vorhandenen besonderen Kenntnisse des Fachanwalts (vgl. [X.] in [X.][X.], [X.], 9. Aufl., § 15 [X.] Rn. 4a; Qu[X.]s in [X.]/Wolf/
Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, 2. Aufl., § 15 [X.] Rn. 14). Nur diese Ausle-gung wird auch dem Ziel des § 15 [X.] gerecht. Die Vorschrift soll erreichen, dass der Fachanwalt nicht nur bei Erwerb des [X.] über besonde-re theoretische Kenntnisse und praktischen Erfahrungen auf seinem Fachgebiet 19
20
-
14
-
verfügt, sondern auch später und dauerhaft. Sie dient damit der Qualitätssiche-rung
(vgl. [X.], [X.]eschluss vom 2. April 2001 -
AnwZ ([X.]) 37/00, NJW 2001, 1945, 1946). Dadurch wird das rechtsuchende Publikum geschützt, welches auf den Fachanwaltstitel vertraut, ohne zu wissen, wann dieser verliehen worden ist. Zugleich soll ein einheitlicher Qualitätsstandard aller Fachanwälte gesichert werden
(Qu[X.]s in [X.]/Wolf/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, 2. Aufl., § 15 [X.] Rn. 8).

[X.]) Das Seminar, welches der Kläger
am 22. Juni 2012 besucht hat, [X.] diesen Anforderungen.

(1) Das Seminar kann
den
[X.]ereichen "Verkehrszivilrecht"
(§ 14d Nr. 1 [X.]), "Verkehrsstraf-
und Ordnungswidrigkeitenrecht"
(§ 14d Nr. 3 [X.]) und
"[X.]esonderheiten der Verfahrens-
und Prozessführung"
(§ 14d Nr. 5 [X.]) des Fachgebiets "Verkehrsrecht"
zugeordnet werden. Vernehmungslehre und Ver-nehmungstaktik
können
allerdings durchaus auch in anderen Fachgebieten von [X.]edeutung sein.
Die [X.]eklagte verweist zutreffend darauf, dass jeder forensisch tätige Rechtsanwalt vom [X.]esuch eines derartigen Seminars profitieren könnte.
Dieser Umstand allein schließt die Eignung
des Seminars zur Pflichtfortbildung eines Fachanwalts jedoch nicht aus.
Fachanwaltsfortbildungen dürfen
mehr als ein Fachgebiet betreffen, wenn sie Fachwissen behandeln, welches auf mehr als einem Gebiet von [X.]edeutung ist
(vgl. etwa Offermann-[X.]urckart, Fachanwalt werden und bleiben, 3. Aufl. Rn. 1348; [X.]/Scharmer, [X.]/[X.], 5. Aufl., § 15 [X.] Rn. 60). Die besondere [X.]edeutung der Vernehmungslehre und Ver-nehmungstaktik für das Fachgebiet "Verkehrsrecht"
erschließt sich ohne [X.] daraus, dass sich die
Ereignisse, welchen den
Fällen
dieses Fachgebiets
zugrunde liegen,
durchweg in der Öffentlichkeit, nämlich im Straßenverkehr [X.] und überdurchschnittlich häufig von zunächst unbeteiligten
Personen, 21
22
-
15
-
die dann als Zeugen in [X.]etracht kommen, wahrgenommen werden.
In diesem Punkt unterscheidet sich das Verkehrsrecht
von anderen Fachgebieten, etwa denjenigen, in denen es um Vertragsrecht geht; hier steht häufig eher die Aus-legung der Verträge im [X.] des Rechtsstreits.
Einer der Schwerpunkte des fraglichen Seminars lag folgerichtig auf dem Gebiet des Verkehrsrechts.
Der Referent hat in seiner als Anlage zum Schriftsatz des [X.] vom 14. August 2013 überreichten Stellungnahme erklärt, vor allem Fälle und [X.]eispiele aus den
[X.]ereichen
Straf-, Verkehrs-, Familien-, Versicherungs-
und [X.]aurecht behandelt zu haben.
Insofern handelt es sich auch nicht um ein bloßes Querschnittssemi-nar ohne spezifischen [X.]ezug zum Verkehrsrecht.

(2) Entgegen der Ansicht des [X.]s vermittelte das [X.]
auch
nicht nur Grundkenntnisse, die bei jedem forensisch tätigen Rechts-anwalt vorausgesetzt werden können. Die
ausweislich der überreichten [X.] und der ergänzenden Stellungnahme des Referenten im Seminar vermit-telten Grundlagen
der Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik sind
von den im Studium und Referendariat vermittelten juristischen Grundkenntnissen
zu unterscheiden, welche eine Fachanwaltsbezeichnung nicht zu rechtfertigen vermögen. Die schriftlichen Unterlagen, welche der [X.] für un-zulänglich hielt, enthielten den Angaben des Referenten zufolge zudem nur das Grundlagenwissen, welches im Seminar vorausgesetzt und auf welchem [X.] wurde. Dass ein Skript von 29 Seiten nicht ausreicht, um ein sechsstün-diges Seminar zu bestreiten, liegt auf der Hand. Ein Rechtsanwalt, der die Grundlagen der Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik beherrscht, wird
überdies den auf diesem Gebiet nicht besonders geschulten
Rechtsanwälten
regelmäßig
überlegen
sein.
Dies rechtfertigt jedenfalls dann die (weitere)
Füh-rung einer Fachanwaltsbezeichnung, wenn es -
wie hier
-
um einen Fachbe-reich geht, in denen die Sachverhaltsermittlung durch Zeugenbeweis [X.]
-
16
-
weise von besonderer [X.]edeutung ist.
Dass die hier in Frage stehende Fortbil-dung nicht alle [X.]ereiche des Fachgebiets "Verkehrsrecht"
ausschöpft, steht ih-rer Anerkennung nicht entgegen.

3. [X.] ergeht nach § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], §
155 Abs. 1 VwGO. Der Streitwert wurde nach § 194 Abs. 1 [X.], § 52 GKG festgesetzt.

Limperg
[X.]
Remmert

[X.]
Merk

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 13.05.2013 -
[X.] -
28/12 -

24

Meta

AnwZ (Brfg) 46/13

18.07.2016

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2016, Az. AnwZ (Brfg) 46/13 (REWIS RS 2016, 8053)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8053

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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