Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2015, Az. 3 StR 218/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 3287

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
3 StR
218/15
vom
27. Oktober 2015
Nachschlagewerk:
ja
[X.]St:

ja
Veröffentlichung:
ja

___________________________________

[X.] § 89a Abs. 1 Satz 2

Wer sich als Zivilperson in einem ausländischen Staat, auf dessen Gebiet ein be-waffneter Konflikt zwischen Regierungstruppen und Widerstandsgruppen bzw. terro-ristischen Organisationen -
aber auch unter diesen -
ausgetragen wird, bei einem Mitglied einer terroristischen Vereinigung aufhält und sich von diesem im Gebrauch von Schusswaffen zu dem Zweck unterweisen lässt, sich und seine Angehörigen im Falle eines Angriffs auch staatlicher [X.] verteidigen zu können, bereitet in der Regel auch dann keine schwere staatsgefährdende Gewalttat im Sinne von § 89a
Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 [X.] vor, wenn er mit der betreffenden terroristischen Vereinigung sympathisiert.

[X.], Urteil vom 27. Oktober 2015 -
3 [X.] -
LG [X.] I

-
2
-

in der Strafsache
gegen

wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat u.a.

-
3
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung
vom 1.
Oktober 2015
in der Sitzung am 27.
Oktober 2015, an der teilgenommen
haben:
Vorsitzender [X.] am [X.]
Becker,

die [X.] am [X.]
Hubert,
Dr. Schäfer,
[X.],
[X.]in am [X.]
Dr. Spaniol

als beisitzende [X.],

Oberstaatsanwalt beim [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

-
nur in der Verhandlung -

als Verteidiger,

Justizamtsinspektor

-
in der Verhandlung -
,
Justizangestellte

-
bei der Verkündung

als Urkundsbeamte
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
4
-
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landge-richts [X.] I vom 25. Februar 2015 wird verworfen; jedoch wird die Urteilsformel dahin ergänzt, dass die Angeklagte im Übri-gen freigesprochen wird und die Staatskasse insoweit die Kosten des Verfahrens sowie die der Angeklagten entstandenen notwen-digen Auslagen trägt.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die der Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte der Entziehung Minderjähriger in zwei tateinheitlichen Fällen schuldig gesprochen, eine Freiheitsstrafe von ei-nem Jahr und sechs Monaten verhängt und deren Vollstreckung zur [X.] ausgesetzt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich dagegen, dass die Angeklagte nicht auch wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat verurteilt worden ist. Das insoweit wirksam beschränkte, vom [X.] vertretene Rechtsmittel führt lediglich zu einer Ergänzung der Urteils-formel; in der Sache bleibt es ohne Erfolg.
1
-
5
-
1. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen hatte die An-geklagte das Sorgerecht für ihre beiden in den Jahren 2007 und 2011 gebore-nen Töchter. Dem Vater der Kinder stand, nachdem die Beziehung zur [X.] geendet hatte, das gesetzliche Umgangsrecht zu. Die Angeklagte konvertierte im März 2012 zum Islam und wurde in ihren religiösen Ansichten zunehmend radikaler. [X.] kam sie in Kontakt mit der ge-sondert Verfolgten

M.

, die sich mit ihrem Ehemann

K.

und den gemeinsamen Kindern in [X.] aufhielt. Im Dezember 2013 be-schloss die Angeklagte, das Angebot anzunehmen, nach [X.] zu kommen und als Zweitfrau des K.

in die dortige Familie aufgenommen zu werden. Ihr war bewusst, dass K.

gegen die Regierungstruppen kämpfte. Sie reiste zu Beginn des Jahres 2014 mit ihren beiden Töchtern ohne Vorankündigung ge-genüber deren Vater über die [X.] nach [X.].
Dort wurde sie nach islami-schem Recht die Zweitfrau des K.

. Sie erfuhr nach ihrer Ankunft in [X.], dass dieser der [X.], einer der [X.] nahe stehenden Vereini-gung, angehörte, und sympathisierte auch selbst mit dieser Gruppierung. [X.] der kriegerischen Auseinandersetzungen wechselte die Angeklagte mit dem Familienverband mehrfach den Wohnort, um nicht in Kampfhandlungen zu geraten. Während ihres Aufenthalts in [X.] wurde die Angeklagte von ihrem "Ehemann" im Umgang mit einer Maschinenpistole und einem Sturmgewehr der Marke [X.] unterwiesen. Die Familie war zudem im Besitz von Handgranaten, um sich im Notfall gegen Soldaten der [X.] oder Kämpfer gegnerischer Gruppierungen verteidigen zu können. Die Angeklagte war
bereit, bei einem Angriff diese Waffen zur Verteidigung einzusetzen und dabei die Angreifer gegebenenfalls zu töten. Am 23. Mai 2014 kehrte sie [X.] der immer größer werdenden Gefahr für sich und ihre Töchter nach [X.] zurück.

2
-
6
-
Die Strafkammer hat diesen Sachverhalt rechtlich als Kindesentziehung in zwei tateinheitlichen Fällen nach § 235 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gewertet und von einer Verurteilung wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a [X.] abgesehen, weil dessen [X.] nicht erfüllt seien. Der Angeklagten könne auch unter Berücksichtigung -Nachrichten nicht widerlegt werden, dass sie nach [X.] gekommen sei, um humanitäre Hilfe zu leisten, und die Waffen, die in der Familie vorhanden ge-wesen seien und in deren Handhabung K.

sie unterwiesen habe, lediglich zu Verteidigungszwecken habe einsetzen wollen. Zweifelhaft sei auch, ob eine Bereitschaft zum Einsatz von Waffen und die Tötung von einigen Soldaten der staatlichen Regierungstruppen bei potentiellen, in keiner Weise konkretisierten Angriffen überhaupt bestimmt und geeignet sein könnte, den Bestand oder die Sicherheit [X.]s zu beeinträchtigen.
Die [X.] meint im Rahmen ihrer Ausführungen zu der er-hobenen Sachrüge, die Strafkammer verkenne die Reichweite des Tatbestands und den Schutzzweck des § 89a [X.]. Ohne die Beweiswürdigung des Land-gerichts anzugreifen, trägt sie vor, die Angeklagte sei nach [X.] gereist, um dort ihren Traum vom islamistischen Gottesstaat unter Geltung der Scharia zu verwirklichen. Zur Erreichung dieses Ziels sei sie notfalls auch zum Kampf ge-gen die Truppen der [X.] fest entschlossen gewesen. Die Tötung von Angehörigen der [X.] Regierungstruppen sei bestimmt und geeignet, die Sicherheit des Staates [X.] zumindest zu beeinträchtigen.
Der [X.] ist der Auffassung, für das intendierte [X.] der Angeklagten ergebe sich aus dem Völkervertrags-
und -gewohnheits-recht kein Rechtfertigungsgrund. Im Übrigen habe das [X.] den § 89a [X.] rechtsfehlerhaft zu eng ausgelegt.
3
4
5
-
7
-
2. Das Urteil hält [X.] Überprüfung stand.
a) Die Beweiswürdigung des [X.]s weist, gemessen an dem revi-sionsrechtlichen Überprüfungsmaßstab ([X.], Urteile
vom 9. Juni 2005 -
3 [X.], NJW 2005, 2322, 2326; vom 21. Mai 2015 -
3 [X.], juris Rn.
14), keinen Rechtsfehler auf. Soweit die Staatsanwaltschaft insbesondere im Zusammenhang mit dem Motiv der Angeklagten für die Reise nach [X.] und den Einsatz der Waffen gegen syrische Regierungssoldaten auf die [X.] der Angeklagten von einem islamistischen Gottesstaat und damit einen von den Urteilsgründen abweichenden Sachverhalt abstellt,
kann derartiges urteilsfremdes Vorbringen im Rahmen der Sachrüge nach [X.] revisionsrechtlichen Grundsätzen dem Rechtsmittel von vorneherein nicht zum Erfolg verhelfen. Eine Verfahrensrüge ist nicht erhoben.
b) Auf der Grundlage des rechtsfehlerfrei festgestellten Sachverhalts hat das [X.] zu Recht die Angeklagte nicht wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat verurteilt, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 89a [X.] liegen nicht vor. Die Angeklagte ließ sich
zwar im Sinne des § 89a Abs. 2 Nr. 1 [X.] im Umgang mit Schusswaffen [X.]. Ihre Handlungen dienten aber nicht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat im Sinne des § 89a Abs. 1 Satz 2 [X.]; die
Voraussetzungen der dort normierten sog. [X.] sind nicht er-füllt.
aa) Dies ergibt sich bereits bei verständiger Würdigung des Wortlauts der Vorschrift.
Nach der Legaldefinition des § 89a Abs. 1 Satz 2 [X.] ist eine schwere staatsgefährdende Gewalttat umschrieben als eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des §
211 oder des §
212 oder gegen die persönliche Freiheit in den 6
7
8
9
10
-
8
-
Fällen des §
239a oder des §
239b [X.], die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer
in-ternationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik [X.] zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben. Die [X.] des § 89a Abs. 1 Satz 2 [X.] ist somit derjenigen des §
120 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 Buchst.
a) und b) [X.] nachgebildet. Der Gesetzgeber stellt insoweit auf ein Verständnis der Klausel ab, wie es in der Rechtsprechung des Senats zu dieser Vorschrift (vgl. insbesondere [X.], Urteil vom 22.
Dezember 2000 -
3
StR
378/00, [X.]St 46, 238
ff.; vgl. auch [X.] vom 24.
November 2009 -
3
StR
327/09, [X.], 468) formuliert worden ist (BT-Drucks.
16/12428, S.
14). Danach umfasst der Begriff der Si-cherheit eines Staates dessen innere und äußere Sicherheit. Die innere Si-cherheit ist
der Zustand relativer Ungefährdetheit von dessen Bestand und Ver-fassung gegenüber gewaltsamen Aktionen innerstaatlicher Kräfte, wobei inso-weit die Fähigkeit eines Staates im [X.] steht, sich nach innen gegen [X.] zur Wehr zu setzen. Sie wird in der Regel beeinträchtigt sein, wenn die vorbereitete Tat, so wie der Täter sie sich vorstellt, nach den Umständen [X.] wäre, das innere Gefüge eines Staates zu beeinträchtigen. Die erforder-liche Eignung ist objektiv anhand der (gleichsam fiktiven) Umstände der vorbe-reiteten Tat festzustellen. In subjektiver Hinsicht ("bestimmt") ist Vorausset-zung, dass der Täter die möglichen Folgen der vorbereiteten Tat in seinen Wil-len aufgenommen hat. Dazu reicht es aus, dass er die tatsächlichen Umstände, welche die Eignung zur Beeinträchtigung des Schutzguts ergeben, erkannt und in seinen Willen einbezogen hat. Ein zielgerichtetes Handeln zur Beeinträchti-gung der inneren Sicherheit im Sinne einer Absicht ist dagegen nicht erforder-lich. Hinsichtlich der entsprechenden
Eignung und Bestimmung ist auf die [X.] Umstände des Einzelfalls abzustellen; dabei kann es für die Frage der Staatsgefährdung auf Einzelheiten wie etwa die Prominenz der Opfer, die Öf--
9
-
fentlichkeit oder Symbolträchtigkeit des Ortes und die Umstände der [X.] ankommen (vgl. im Einzelnen schon [X.], Urteil vom 8. Mai 2014 -
3 [X.], [X.]St 59, 218, 233 ff. mwN).
An diesen Maßstäben gemessen belegen die Feststellungen nicht, dass die Angeklagte fest entschlossen war, eine schwere staatsgefährdende [X.] zu begehen. Dies bedarf keiner weiteren Erläuterung, soweit sie plante, sich und ihre Kinder gegen Angriffe von gegnerischen Gruppierungen zu wehren, die sich an dem bewaffneten Konflikt in [X.] auf nichtstaatlicher Seite beteili-gen. Aber auch soweit die Angeklagte die ihr von ihrem "Ehemann" vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten bei der Bedienung der in der Familie vorhandenen Waffen im Notfall nutzen wollte, um sich und ihre Kinder bei Angriffen von syri-schen Regierungstruppen zu verteidigen, gilt im Ergebnis nichts anderes. In die erforderliche Gesamtbetrachtung der maßgebenden Einzelfallumstände ist zwar auch einzubeziehen, dass die Angeklagte mit der [X.] und damit einer terroristischen Vereinigung im Sinne der §§ 129a, 129b [X.] sym-pathisierte, die -
was dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannt ist -
die staatlichen Strukturen in [X.] mit Gewalt bekämpft, um dort einen Gottes-staat islamistischer Prägung zu errichten. Allein dies reicht aber nicht aus; denn nicht jede Gewalthandlung gegen Leib oder Leben von Personen, die auf Seite eines Staates in einem bewaffneten Konflikt kämpfen, erfüllt per se ohne Be-rücksichtigung der sonstigen Umstände die Voraussetzungen der [X.] des § 89a Abs. 1 Satz 2 [X.]. So fällt im vorliegenden Fall be-reits ins Gewicht, dass die Angeklagte lediglich -
was im Übrigen nach [X.] Recht als solches straflos ist -
mit der [X.] sympathisierte, sich aber nicht aktiv an deren Kampfhandlungen beteiligte. Vielmehr wechselte sie mit ihren Kindern sogar mehrfach den Wohnort, um nicht in Kämpfe verwi-ckelt zu werden. Von besonderem Belang ist daneben, dass es der Angeklag-11
-
10
-
ten bei der von ihr in den Blick genommenen Verteidigung gegen Angriffe der [X.] allein darum ging, der mit solchen Aktionen verbundenen [X.] zu begegnen, mithin ihr eigenes Leben und dasjenige ihrer Kinder zu schützen. Bei derartigen in erster Linie allein der Verteidigung und dem Schutz der eigenen physischen Existenz dienenden
Handlungen von sich im Gebiet eines bewaffneten Konflikts aufhaltenden Zivilpersonen, die [X.] einen rein defensiven Charakter aufweisen und allenfalls mittelbar gegen die staatliche Ordnung gerichtet sind, liegt die Bejahung der Voraussetzungen des § 89a Abs. 1 Satz 2 [X.] regelmäßig fern. Dabei kommt es nicht ent-scheidend darauf an, ob der Betreffende unter den Voraussetzungen eines formalen Rechtfertigungsgrundes -
hier etwa der Notwehr bzw. Nothilfe -
han-delt. Dementsprechend ist im vorliegenden Fall
die völkerrechtliche Bewertung der Handlungen der Beteiligten ebenfalls nicht maßgebend.
bb) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft streitet auch der Zweck des § 89a [X.] nicht gegen, sondern für das vom [X.] gewon-nene Ergebnis.
Die Vorschrift ist ein wesentlicher Teil des [X.] von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten vom 30. Juli 2009 ([X.] [X.]), mit dem daneben auch die §§ 89b und 91 [X.] in das [X.] aufgenommen worden sind. Mit diesen Regelungen wollte der Ge-setzgeber vor allem auf die Bedrohungen durch den internationalen Terroris-mus reagieren. Ziel war es, eine möglichst effektive strafrechtliche Verfolgung auch von organisatorisch nicht gebundenen ([X.] zu ermöglichen, die besonders gewichtige, staatsgefährdende Gewalttaten vorbereiten (BT-Drucks. 16/12428, [X.], 12). Der Gesetzgeber sah vor dem Hintergrund der zunehmen-den Dezentralisierung organisatorischer Strukturen vor allem im militant-12
13
-
11
-
islamistischen Bereich und der damit einhergehenden nur losen Einbindung der Täter in gefestigte Verbände das Bedürfnis für ein möglichst frühzeitiges Ein-greifen des Strafrechts (BT-Drucks. 16/12428, S. 1 f., 12). Nach zuvor gelten-dem Recht waren Handlungen im Stadium der Vorbereitung auch schwerster Gewalttaten, welche die Schwelle zum Versuch noch nicht überschritten, nur unter den Voraussetzungen des § 30 [X.] oder der §§ 129, 129a, 129b [X.] strafrechtlich erfassbar. Mit § 89a [X.] sollen deshalb vor allem Fälle erfasst werden,
in denen Handlungen zur Vorbereitung schwerster Straftaten wie Mord,
Totschlag, erpresserischer Menschenraub oder Geiselnahme, die auch in dem Katalog des § 129a Abs. 1 [X.] enthalten sind, mangels Bestehens oder Nachweisbarkeit einer Vereinigung nicht gemäß den §§
129 ff. [X.] verfolgt werden können ([X.] aaO, [X.]St 59, 218, 225). Nach dem hier allein in [X.] kommenden § 89a Abs. 2 Nr. 1 [X.] sollen vor allem die Ausbildung und das Sichausbildenlassen in einem terroristischen Ausbildungslager straf-bewehrt sein (BT-Drucks. 16/12428, [X.]).
Demnach zielt die ratio legis der Vorschrift auf die Verfolgung des sog. terroristischen Einzeltäters und nicht auf Fälle, in denen wie hier eine Person, die sich in dem Gebiet eines im außereuropäischen Ausland stattfindenden bewaffneten Konflikts aufhält, ohne sich an diesem aktiv durch eigene Gewalt-handlungen zu beteiligen, von einem Familienangehörigen in die Bedienung der der Familie zur Verfügung stehenden Waffen eingewiesen wird, um sich mit diesen bei einem
Angriff einer der Konfliktparteien auf Leib und Leben gegen die konkret angreifenden Personen verteidigen zu können. Mit Blick darauf, dass nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut sämtliche ausländische [X.] -
darunter etwa auch Diktaturen oder sonstige Unrechtsstaaten -
von der [X.] mitumfasst werden, ist über den hiesigen Einzelfall hinaus darauf hinzuweisen, dass Sinn und Zweck der Norm sowie völkerrechtli-14
-
12
-
che Grundsätze wie derjenige der Nichteinmischung eine zurückhaltende, die
konkreten Umstände angemessen in den Blick nehmende Anwendung der Vor-schrift auf ausländische Sachverhalte und dabei insbesondere solche nahele-gen, die sich in einem bereits lange andauernden bewaffneten Konflikt ereig-nen, der sich auf dem Gebiet eines ausländischen Staates oder mehrerer aus-ländischer [X.] zuträgt und insgesamt wesentlich durch massive Gewalt-handlungen der an dem Konflikt beteiligten zahlreichen Parteien geprägt wird. Die Vorschrift würde -
unabhängig von der Notwendigkeit einer Strafverfol-gungsermächtigung in den Fällen des § 89a Abs. 4 [X.] und der insoweit be-stehenden Möglichkeit der restriktiven Handhabung -
bezüglich ihrer materiell-rechtlichen Voraussetzungen überdehnt bzw. entgrenzt, wollte man sie in [X.] Weise auf die Vorbereitung jedweder die äußere oder innere Sicher-heit eines beliebigen Staates dieser Welt gefährdenden Gewalttat anwenden. Dies zeigt auch ein Vergleich der insoweit denkbaren vielfältigen Sachverhalte mit denjenigen Fallgestaltungen, in denen der Senat bisher die Voraussetzun-gen der [X.] bejaht hat. Diese waren wesentlich dadurch [X.], dass aus Feindschaft der Täter gegen das freiheitlich-demokratische Staats-
und Gesellschaftssystem der [X.] das friedliche Zusammenleben der unterschiedlichen Bevölkerungsgrup-pen in [X.] durch die jeweilige Tat in Frage gestellt und das Vertrauen aller Bevölkerungsteile darauf erschüttert werden sollte, in [X.] vor ge-waltsamen Einwirkungen geschützt zu sein, indem die Täter etwa aus rechtsge-richteter Gesinnung ohne nachvollziehbaren Grund ausländische Mitbürger [X.] und schwer verletzten ([X.] aaO, [X.]St 46, 238), oder aus Hass-
und Rachegefühlen gegen die westliche Welt Anschlagsopfer und [X.] auswählten und die potentiellen Opfer nur deshalb angreifen wollten, weil sie Bürger der Einwohner der Bundesrepublik [X.] waren oder sich hier aufhielten ([X.] aaO, [X.], 468; aaO, [X.]St 59, 218).
-
13
-
3. Die Urteilsformel ist dahin zu ergänzen, dass die Angeklagte im Übri-gen freigesprochen wird. Die abgeurteilte Kindesentziehung
und die der Ange-klagten vorgeworfenen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden [X.] stehen im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander; denn zwischen den jeweiligen [X.] besteht keine auch nur teilweise Identität. Allein deren gleichzeitige Vornahme vermag eine Tateinheit nicht zu [X.].
[X.]Schäfer

[X.] Spaniol
15

Meta

3 StR 218/15

27.10.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2015, Az. 3 StR 218/15 (REWIS RS 2015, 3287)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3287

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 218/15 (Bundesgerichtshof)

Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat: Unterweisung im Gebrauch von Schusswaffen durch ein Mitglied einer terroristischen …


3 StR 326/16 (Bundesgerichtshof)


3 StR 326/16 (Bundesgerichtshof)

Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat durch Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland: Beeinträchtigung des Bestands oder …


AK 8/19 (Bundesgerichtshof)

(Schutz eines Unrechtsstaats durch die Staatsschutzklausel des § 89a Abs. 1 S. 2 StGB)


AK 54/17 (Bundesgerichtshof)

Fortdauer von Untersuchungshaft: Dringender Tatverdacht der Beteiligung an der ausländischen terroristischen Vereinigung "Jabhat Fath al-Sham"; …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

3 StR 218/15

3 StR 575/14

3 StR 243/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.