Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2017, Az. 3 StR 326/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 12731

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:060417B3STR326.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 [X.]
vom
6. April 2017
Nachschlagewerk:
ja
[X.]St:
ja
Veröffentlichung:
ja

StGB §
89a Abs.
2a

Zur Strafbarkeit der Vorbereitung einer schweren st[X.]tsgefährdenden Gewalttat durch (versuchte) Ausreise aus der [X.].

[X.], Beschluss vom 6.
April 2017 -
3 [X.] -
LG [X.] I

in der Strafsache
gegen

wegen Vorbereitung einer schweren st[X.]tsgefährdenden Gewalttat

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6.
April 2017 gemäß §
349 Abs.
2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.]s
[X.] I vom 19.
Mai 2016 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen "der Vorbereitung einer schweren st[X.]tsgefährdenden Gewalttat in zwei tatmehrheitlichen Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. [X.] wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf eine Verfahrensbean-standung sowie auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Re-vision, mit der er im Wesentlichen die [X.]widrigkeit von §
89a Abs.
1, Abs.
2 Nr.
1, Abs.
2a StGB geltend macht. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
[X.] Nach den Feststellungen des [X.]s ist der Angeklagte, ein in [X.] lebender [X.] St[X.]tsangehöriger, Anhänger einer extremistisch-[X.] Ideologie und unterhält Verbindungen zu Personen aus der [X.] Szene, die die Teilnahme am bewaffneten Kampf in [X.] gegen das Assad-Regime als zentrale Verpflichtung ansehen. [X.] selbst sieht den bewaffneten [X.] als legitimes Mittel zur Durchsetzung ultrakonservativer 1
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islamistischer Interessen und lehnt die Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ab.
Am 24.
Juni 2015 flog er von [X.] nach [X.] in der [X.], um von dort weiter nach [X.] zu reisen. Nachdem ihm von [X.] Behörden der Grenzübertritt nach [X.] verwehrt worden war, kehrte er am 26.
Juni 2015 zurück nach [X.]. Am 10.
Oktober 2015 wurde er am Flughafen [X.] festgenommen, nachdem er bereits bei der [X.] geworden war. [X.] beabsichtigte über Istanbul
nach Adana zu fliegen, von wo er sich weiter nach [X.] begeben wollte. Er verfügte über ein "One-Way-Ticket" und führte neuwertige Outdoor-Bekleidung im Wert von meh-i-dungsstücken handelte es sich teilweise um solche, die auch von Soldaten in Wüstengebieten getragen werden.
In beiden Fällen hatte der Angeklagte die Absicht, in [X.] "im Namen des [X.]" an bewaffneten Kampfhandlungen teilzunehmen. Dazu wollte er sich zunächst im Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoffen unterweisen lassen. Er war fest entschlossen, sich nach Abschluss der Ausbildung als [X.] einer islamistischen Organisation -
mutmaßlich der [X.] bzw. einer mit dieser Vereinigung kooperierenden Gruppierung -
an Kampfhandlun-gen in [X.] zu beteiligen. Ziel der genannten Gruppierungen ist es, den St[X.]t [X.] in seiner jetzigen Form zu zerschlagen und einen sunnitischen islami-schen Gottesst[X.]t unter der Geltung der Scharia aufzubauen.
I[X.] Auf der Grundlage dieser -
rechtsfehlerfrei getroffenen -
Feststellun-gen hat das [X.] den Angeklagten zu Recht wegen zweier Verstöße gegen §
89a Abs.
2a StGB, jeweils in Verbindung mit §
89a Abs.
1, Abs.
2 Nr.
1 StGB, schuldig gesprochen.
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-
Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer eine schwere [X.] Gewalttat dadurch vorbereitet, dass er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer solchen Gewalttat oder der in §
89a Abs.
2 Nr.
1 StGB ge-nannten Handlungen (also um sich unterweisen zu lassen oder um andere Per-sonen in der Herstellung oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, den weiteren in der Vorschrift aufgeführten Vorrichtungen oder Stoffen oder in sonstigen Fertigkeiten zu unterweisen) aus der [X.] auszureisen, um sich in einen St[X.]t zu begeben, in dem solche [X.] durchgeführt werden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Im Einzel-nen:
1. [X.] hat es in beiden Fällen unternommen (§
11 Abs.
1 Nr.
6 StGB), aus der [X.] auszureisen. Im ersten Fall war die Ausreise vollendet; der Angeklagte hatte bereits die [X.] erreicht. Im zweiten Fall lag ein für das [X.] ausreichender Versuch vor, weil der Angeklagte schon bei der Ausreisekontrolle vorstellig geworden war. Das Versuchsstadium ist erreicht, wenn die Handlungen des [X.] bei unge-störtem Fortgang ohne weitere Zwischenakte unmittelbar in die Tatbestands-verwirklichung, mithin das Verlassen der [X.], einmün-den sollen. Bei der Ausreise mittels eines Flugzeugs muss der Antritt des [X.] unmittelbar bevorstehen, was regelmäßig ab dem Einchecken und dem Passieren der nachfolgenden Kontrollen angenommen werden kann (vgl. MüKoStGB/[X.], 3. Aufl., §
89a Rn.
53 mwN).
2. [X.] reiste aus der [X.] aus bzw. versuchte dies, um sich nach [X.] zu begeben, mithin in einen St[X.]t, in dem unter-schiedliche Gruppierungen, die gegen die syrische Regierung, teils aber auch untereinander, kämpfen, Ausbildungslager unterhalten. In diesen werden Un-6
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terweisungen der in §
89a Abs.
2 Nr.
1 StGB genannten Art durchgeführt. Zweck der Ausreise war es zudem, sich in einem solchen Lager im Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoffen ausbilden zu lassen, mithin Handlungen im Sinne von §
89a Abs.
2 Nr.
1 StGB zu begehen.
In subjektiver Hinsicht lag somit die von §
89a Abs.
2a StGB geforderte doppelte Absicht vor, die nach der Konzeption des Gesetzgebers den
weiten Anwendungsbereich der Vorschrift beschränken und sicher stellen soll, dass lediglich Reisen in terroristischer Absicht unter Strafe gestellt werden
(BT-Drucks. 18/4087, S.
8).
3. Die von dem Angeklagten erstrebte Ausbildung sollte wiederum der Vorbereitung einer schweren st[X.]tsgefährdenden Gewalttat im Sinne von §
89a Abs.
1 StGB dienen:
Die Fertigkeiten, die er durch die Ausbildung erlangen wollte, benötigte er, um sich im [X.] daran -
wie von ihm beabsichtigt -
auf Seiten einer Organisation, die die syrische Regierung mit Waffengewalt bekämpft, um das bisherige System zu zerschlagen und einen sunnitischen [X.] Gottes-st[X.]t unter Geltung der Scharia zu errichten, an Kampfhandlungen zu beteili-gen.
Eine solche Beteiligung an Kampfhandlungen in [X.], jedenfalls wenn dabei -
wie hier zumindest auch -
Soldaten der Regierungstruppen getötet wer-den sollen, würde -
wenn sie tatsächlich begangen würde -
eine hinreichend konkretisierte Tat im Sinne von §
89a Abs.
1 StGB darstellen.

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a) Insoweit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die geplante Tat bereits so weit konkretisiert ist, dass überprüft werden kann, ob sie die
Voraussetzungen der [X.] erfüllt. Es bedarf deshalb Feststel-lungen, denen sich entnehmen lässt, dass die ins Auge gefasste Tat neben den in § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB aufgeführten Deliktstypen auch die dort genannten weiteren Voraussetzungen der Norm erfüllt. Weitergehende Anforderungen an die Konkretisierung der künftigen Tat -
etwa mit Blick
auf Tatort, Tatzeit und Tatopfer -
ergeben sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch nach dem Ge-setzeszweck; sie sind auch von [X.] wegen nicht zu fordern ([X.], Ur-teil vom 8.
Mai 2014 -
3 [X.] -
[X.]St 59, 218, 237 f.).
b) Vorliegend fällt die von dem Angeklagten beabsichtigte Teilnahme an Kampfhandlungen, bei der Soldaten der Regierungstruppen getötet werden sollen, unter den Deliktstypus einer Straftat gegen das Leben in den Fällen der §§
211, 212 StGB. Sie erfüllt auch die weiteren Voraussetzungen der [X.], denn die in Aussicht genommene Tat des Angeklagten wäre be-stimmt -
Ziel der Kampfhandlungen sollte es gerade sein, das bestehende st[X.]tliche System zu zerschlagen -
und geeignet, den Bestand oder -
jeden-falls
-
die Sicherheit des [X.] St[X.]tes zu beeinträchtigen. Im Einzelnen:
[X.]) § 89a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2a StGB enthält keine Einschränkungen bezüglich des Tatorts, an dem nach der Vorstellung des [X.] die schwere st[X.]tsgefährdende Gewalttat begangen werden soll. Es
werden von der Be-stimmung somit potentiell derartige Taten überall auf der Welt erfasst. Dies gilt unabhängig von der jeweiligen St[X.]tsform und der konkreten Ausgestaltung des Regierungshandelns in dem Land des ins Auge gefassten Tatorts ([X.], Urteil vom 27.
Oktober 2015 -
3
[X.], [X.]St 61, 36, 41 f.). Die [X.] ist daher auch dann anwendbar, wenn die vorbereitete Tat bestimmt und 13
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geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines diktatorischen oder sonst von einem Unrechtsregime regierten St[X.]tes zu beeinträchtigen. Dies gilt im Grundsatz sogar dann, wenn sich dieses Regime selbst verbrecherischer [X.] bedient, um seine Herrschaft durchzusetzen oder zu erhalten. [X.] kann insoweit eine Grenze erst dort gezogen werden, wo die Bekämpfung des Unrechtsregimes nach völkervertrags-
oder völkergewohnheitsrechtlichen Prinzipien gerechtfertigt wäre. Im Speziellen kommt darüber hinaus in Betracht, dass die besondere Situation in dem in Rede stehenden St[X.]t Bedeutung für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der [X.] des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB erlangt (vgl. [X.], Urteil vom 27.
Oktober 2015 -
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[X.], [X.]St 61, 36, 41 f.). Allgemeine strafrechtliche Rechtfertigungs-
oder Entschuldigungsgründe, etwa bei (völker-)rechtswidrigem Vorgehen der Ge-genseite im Zusammenhang mit Kampfhandlungen, können -
wie in anderen Fällen der Strafbarkeit von Vorbereitungshandlungen auch -
erst bei der Beur-teilung eines versuchten oder vollendeten Delikts gegen das Leben oder die persönliche Freiheit
(§§
211, 212, 239a, 239b StGB) Bedeutung erlangen, nicht jedoch für das von § 89a StGB erfasste allgemeine [X.] be-waffneter Auseinandersetzungen.
Aus diesen Grundsätzen ergibt sich ein weiter Anwendungsbereich des §
89a StGB auf Auslandssachverhalte, den der Gesetzgeber über das Erfor-dernis der Verfolgungsermächtigung für Vorbereitungshandlungen im Ausland (§ 89a Abs. 4 StGB) und mithin über politische Entscheidungen zu begrenzen gesucht hat (vgl. BT-Drucks. 16/11735, S.
14). Eines näheren [X.] auf diese Bestimmung bedarf es in vorliegender Sache indes nicht; denn Taten nach § 89a Abs. 2a StGB sind Inlandstaten, sodass das Erfordernis einer [X.] in keiner denkbaren Konstellation besteht.
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[X.]) Nach diesen Maßstäben sind die Handlungen des Angeklagten als rechtswidrige Vorbereitungen einer schweren st[X.]tsgefährdenden Gewalttat zu bewerten.
(1) Die vom Angeklagten mit seiner Ausreise nach und seiner Waffen-ausbildung in [X.] bezweckte Teilnahme an Kämpfen gegen syrische [X.] und damit verbundenen Tötungen von Angehörigen dieser [X.] ist nicht gerechtfertigt. Ein UN-Mandat für den bewaffneten Kampf gegen das Assad-Regime in [X.] besteht nicht. Eine völkergewohnheitsrechtliche Überzeugung der St[X.]tengemeinschaft, dass ein derartiges Regime angesichts seines eigenen Vorgehens gegen Teile der Bevölkerung [X.]s und im Rah-men des dort herrschenden bewaffneten Konflikts, von bewaffneten, zu großen Teilen im Ausland rekrutierten paramilitärischen Gruppierungen mit kriegeri-schen Mitteln bekämpft werden darf, vermag der [X.] ebenfalls nicht zu er-kennen.
[X.] kann in rechtlicher Hinsicht auch nicht daraus etwas für sich
Günstiges herleiten, dass die Regierung der [X.] das Assad-Regime für sein Vorgehen in dem bewaffneten Konflikt in [X.] und insbesondere gegen die Zivilbevölkerung kritisiert (vgl. etwa BT-Drucks.
18/1746) sowie selbst gemäßigte, gegen das Assad-Regime [X.] unterstützt. Eine strafrechtlich relevante Rechtfertigung oder Entschuldigung seines Tuns ergibt sich daraus nicht. Nach der Konzeption des § 89a StGB kommt es für die Strafbarkeit des [X.] nicht auf das Endziel seines Tuns an; insbesondere unterfallen der Norm die aufgelisteten Vorberei-tungshandlungen einer schweren st[X.]tsgefährdenden Gewalthandlung [X.] davon, welches Regime der Täter anstelle des von ihm bekämpften St[X.]tes errichtet sehen möchte. Auf [X.] übertragen bedeutet dies, dass 17
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nach den Gesetzesvorgaben nicht maßgebend ist, ob der Täter einen islami-schen Gottesst[X.]t nach den Regeln der Scharia oder ein anderes St[X.]tsgebil-de als Zielvorstellung verfolgt. [X.] wäre deshalb dem Grunde nach auch dann strafrechtlich zu verfolgen gewesen, wenn er sich nach seiner Aus-reise nach und Ausbildung in [X.] einer gegen das [X.] hätte anschließen wollen, die von der Bundesregierung unterstützt wurde oder wird.
(2) Das vom Angeklagten verfolgte Vorhaben ist auch nicht mit
der Fall-gestaltung vergleichbar, die der [X.] in seinem Urteil vom 27. Oktober 2015 (3 [X.], [X.]St 61, 36) als nicht der [X.] des § 89a Abs.
1 Satz 2 StGB unterfallend angesehen hat, weil es nicht bestimmt und geeignet war die Sicherheit [X.]s zu beeinträchtigen. In jenem Fall hatte sich die Angeklagte in [X.] zwar bei der -
mutmaßlich auch vom Angeklagten prä-ferierten -
terroristischen Vereinigung [X.] aufgehalten, sich dort aber allein deshalb einer Waffenausbildung unterzogen, um sich und ihre [X.] bei einem befürchteten Angriff feindlicher anderer Gruppierungen, aber auch [X.] Regierungstruppen verteidigen zu können. Davon unterscheidet sich das Vorhaben des Angeklagten unter dem Aspekt der Sicherheit [X.]s
in entscheidender Weise. Er beabsichtigte aktive, offensive Kampfeinsätze gegen syrische [X.] mit dem Ziel des [X.], nicht dage-gen ausschließlich eine defensive Verteidigung zum Schutz seiner eigenen Person und naher Angehöriger. Die demgegenüber rein defensive [X.] durch die dortige Angeklagte war angesichts der [X.] in [X.] bei der Auslegung der St[X.]tschutzklausel von maßgeblichem Belang.
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(3) Unter diesen Prämissen steht der Eignung der vom Angeklagten be-absichtigten Kampfeinsätze, jedenfalls die Sicherheit des [X.] St[X.]tes zu beeinträchtigen, nicht für sich entgegen, dass sich das Land bereits seit Jahren in einem [X.] befindet, in welchem sich mehrere unterschiedliche Bür-gerkriegsparteien in teilweise wechselnden Bündnissen bekämpfen und der weite Teile [X.]s ergriffen hat.
(a) Nach der Rechtsprechung des [X.]s umfasst der Begriff der
Sicherheit eines St[X.]tes dessen innere und äußere Sicherheit. Die innere
Sicherheit ist der Zustand relativer Ungefährdetheit von dessen Bestand und Verfassung gegenüber gewaltsamen Aktionen innerst[X.]tlicher Kräfte, wobei insoweit die Fähigkeit eines St[X.]tes im [X.] steht, sich nach innen gegen Störungen zur Wehr zu setzen. Sie wird in der Regel beeinträchtigt sein, wenn die vorbereitete Tat, so wie der Täter sie sich vorstellt, nach den Umständen geeignet wäre, das innere Gefüge eines St[X.]tes zu beeinträchtigen, wofür [X.] nicht erforderlich ist, dass die Funktionsfähigkeit des St[X.]tes und sei-ner Einrichtungen in Mitleidenschaft gezogen wird. Es kann grundsätzlich aus-reichen, wenn durch die Tat das Vertrauen der Bevölkerung erschüttert wird, vor gewaltsamen Einwirkungen in ihrem St[X.]t geschützt zu sein. Die erforderli-che Eignung ist objektiv anhand der (gleichsam fiktiven) Umstände der vorbe-reiteten Tat festzustellen (vgl. [X.], Urteile
vom 27.
Oktober 2015 -
3
[X.], [X.]St 61, 36, 38 f.; vom 8.
Mai 2014 -
3 [X.], [X.]St 59, 218, 234
f. mwN).
(b) Durch die Beteiligung an Kampfhandlungen in [X.], bei denen -
wie hier nach der Vorstellung des Angeklagten -
paramilitärische Organisationen mit dem Ziel, den St[X.]t [X.] in seiner jetzigen Gestalt zu zerschlagen und 21
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eine andere St[X.]tsform zu errichten, gegen die Regierungstruppen kämpfen, wird die innere Sicherheit des [X.] St[X.]ts beeinträchtigt.
Es kommt insoweit nicht darauf an, ob angesichts der fortdauernden be-waffneten Auseinandersetzungen ein Vertrauen der Bevölkerung, vor [X.] geschützt zu sein, überhaupt oder jedenfalls in einem Maße be-steht, wie es in St[X.]ten üblich ist, in denen kein [X.] herrscht. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, dass die Fähigkeit des [X.] St[X.]tes, sich ge-gen Störungen der inneren Sicherheit zur Wehr zu setzen, jedenfalls in Teilen der [X.] aufgrund des fortdauernden [X.]s bereits so einge-schränkt ist, dass sie durch die Teilnahme einzelner Kämpfer am [X.] auf Seiten einer der beteiligten oppositionellen Gruppierungen nicht weiter spürbar beeinträchtigt würde. Im Gegenteil ist gerade das erhebliche Maß der Destabilisierung der Sicherheitslage, das in [X.] zu beobachten ist, ein Grund dafür, dass auch die Beteiligung Einzelner an -
gegebenenfalls nur ein-zelnen -
Kampfhandlungen ausreichen kann, die Fähigkeit des [X.] St[X.]-tes, sich gegen solche Störungen aus seinem Inneren heraus zur Wehr zu set-zen, empfindlich zu beeinträchtigen, weil am Ende einer Reihe von -
weiteren -
Destabilisierungen letztlich jederzeit der Zusammenbruch des st[X.]tlichen [X.] stehen kann.
II[X.] Sind nach alledem die Tatbestandsvoraussetzungen des §
89a Abs.
2a StGB in Verbindung mit §
89a Abs.
1, Abs.
2 Nr.
1 StGB jeweils erfüllt, kommt entgegen den Anträgen der Verteidigung auch nicht in Betracht, das Strafverfahren auszusetzen und ein Normenkontrollverfahren gemäß Art.
100 Abs.
1 Satz
1 GG einzuleiten. Denn es fehlt an den Voraussetzungen dieser Norm; der [X.] hält die entscheidungserhebliche Vorschrift des §
89a Abs.
2a 24
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StGB in Verbindung mit
§
89a Abs.
1, Abs.
2 Nr.
1 StGB nicht für verfassungs-widrig.
Der [X.] hat zu §
89a StGB in der Fassung des "Gesetzes zur Verfol-gung der Vorbereitung schwerer st[X.]tsgefährdender Gewalttaten" vom 30.
Juli 2009 bereits entschieden, dass die Vorschrift bei verfassungskonformer Ausle-gung mit dem Grundgesetz in Einklang steht, insbesondere dem Be-stimmtheitsgebot des Art.
103 Abs.
2 GG genügt, einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck verfolgt und -
jedenfalls bei der durch den [X.] vorgenom-menen verfassungskonformen Auslegung -
den Grundsatz der [X.] wahrt ([X.], Urteil vom 8.
Mai 2014 -
3 [X.], [X.]St 59, 218, 221 ff.).
1. Mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot ergeben sich für die Vorschrift des §
89a Abs.
2a StGB keine Besonderheiten, die eine abweichende Beurtei-lung rechtfertigen könnten (vgl. [X.], Schriftliche Stellungnahme für den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des [X.] vom 19.
März 2015, S.
13). Der [X.] hält an seiner Rechtsprechung insoweit ([X.] [X.]O, S.
221 ff.) ausdrücklich fest, so dass auch die Neuregelung keinen durch-greifenden Bedenken im Hinblick auf die Bestimmtheit des Gesetzes begegnet.
2. Die Vorschrift des §
89a Abs.
2a StGB verfolgt auch ein legitimes Ziel (vgl. [X.] [X.]O, S.
8) und
erweist sich jedenfalls nicht zur Überzeugung des [X.]s als unverhältnismäßige Regelung. Nur wenn letzteres der Fall wäre, käme eine Vorlage an das [X.] gem. Art. 100 GG in [X.]; allein Zweifel an der [X.]mäßigkeit der Norm
genügen hierfür nicht (etwa [X.], Urteil vom 20. März 1952 -
1 [X.], 15, 16, 24, 28/51, [X.]E 1, 184, 188 f.; Beschluss vom 19.
Dezember 1984 -
2 BvL 20, 21/84, [X.]E 68, 352, 359; Beschluss vom 5. April 1989 -
2 BvL 1, 2, 3/88,
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13
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[X.]E 80, 54, 59). Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich der bisherigen Rechtsprechung des [X.]s keine eindeutigen Maßstäbe für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit strafrechtlicher Normen entnehmen lassen, die präventiv weit im Vorfeld eigentlicher Rechtsgutverletzungen ange-siedelte Handlungen pönalisieren. Insoweit gilt:
a) Wie schon §
89a StGB aF bezweckt auch Abs. 2a die Verfolgung der Vorbereitung schwerwiegender Straftaten und damit deren Verhinderung, was sich ohne weiteres als verfassungsrechtlich zulässig erweist ([X.] [X.]O, S.
225 f. mwN).
b) Die Vorschrift, die potentielle Täter schwerer
st[X.]tsgefährdender
Ge-walttaten von den Ländern fernhalten will, in denen diese in den Fähigkeiten unterwiesen werden können, die sie zur Begehung solcher Taten benötigen, ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Sie erweist sich auch als erforderlich, weil der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können (vgl. [X.] [X.]O, S.
226): Insoweit ergibt sich nichts anderes daraus, dass auch die [X.] von Verstößen gegen zu verhängende Ausreiseverbote denkbar gewesen wäre. Es erscheint schon zweifelhaft, ob eine solche Lösung, die den Behörden vor der Ausreise unbekannte
Täter nicht erfasst hätte, gleich gut geeignet ge-wesen wäre, um das angestrebte Ziel zu erreichen (vgl. auch [X.] [X.]O, S.
8
f.). Jedenfalls ist aber nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber den ihm in-soweit zustehenden weiten Beurteilungsspielraum, der nur in begrenztem [X.] überprüft werden kann ([X.], Beschluss vom 9. März 1994 -
2
BvL 43/92 u.a., [X.]E 90, 145, 173 mwN), mit der Schaffung von §
89a Abs.
2a StGB überschritten hätte.

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14
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c) Zur Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn gilt:
[X.]) Wie bei dem Grundtatbestand des §
89a Abs.
1 StGB steht der Schwere des Eingriffs durch die angedrohte Strafe das große Gewicht der be-drohten Rechtsgüter (Sicherheit eines St[X.]tes, Leben, persönliche Freiheit) gegenüber. Unterschiede in Bezug auf die Art und das Maß der Gefährdung dieser Rechtsgüter und auf den individuellen Unrechts-
sowie Schuldgehalt können grundsätzlich bei der Zumessung der Rechtsfolgen angemessen [X.] werden (vgl. [X.] [X.]O, S.
228 f.).
[X.]) In der Vorverlagerung der Strafbarkeit in das Vorfeld der Gefährdung der Rechtsgüter durch die Vorbereitung von Straftaten (vgl. dazu [X.] [X.]O, S.
229 ff.) vermag der [X.] weder einen Verstoß gegen das Übermaßverbot noch eine Missachtung des Schuldgrundsatzes durch Normierung eines Gesin-nungs-
oder Gedankenstrafrechts zu erkennen.
(1) Allerdings ist jedenfalls in den Fällen des §
89a Abs.
2a Alternative
2 StGB eine weitere Vorverlagerung darin zu sehen, dass schon die Ausreise in einen St[X.]t, in dem der Täter alsdann Vorbereitungshandlungen im Sinne von §
89a Abs.
2 Nr.
1 StGB begehen will, Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit ist. Hinzu kommt die Ausgestaltung als [X.], die dazu führt, dass schon der (erfolglose) Versuch der Ausreise bestraft werden kann. Es handelt sich in solchen Fällen somit faktisch um den Versuch der Vorbereitung zur [X.] einer in § 89a Abs. 1 StGB genannten Gewalttat.
In der bereits zitierten Entscheidung des [X.]s, in der er eine ver-fassungskonforme Auslegung von §
89a Abs.
1 StGB dahin vorgenommen hat, dass der Täter bei der Vornahme der in §
89a Abs.
2 StGB normierten Vorbe-reitungshandlungen bereits fest entschlossen sein muss, eine schwere st[X.]ts-31
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gefährdende Gewalttat zu begehen ([X.] [X.]O, S.
239), hatten sich Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der Vorschrift unter anderem auch aus einer besonders weiten Vorverlagerung der Strafbarkeit ergeben. Im konkreten Fall hatte sich der Täter Gegenstände verschafft und diese verwahrt, die er für die Herstellung einer Sprengvorrichtung der in §
89a Abs. 2 Nr. 1 StGB bezeichne-ten Art benötigte, weshalb die von ihm verwirklichte [X.] des §
89a Abs.
2 Nr.
3 StGB in der Sache letztlich ein Vorbereitungsdelikt zu dem weiteren Vorbereitungsdelikt des §
89a Abs. 2 Nr. 1 StGB darstellte (vgl. [X.] [X.]O, S.
238 ff.). Diesen Bedenken hat der Gesetzgeber indes nunmehr durch das Erfordernis der doppelten Absicht nach §
89a Abs.
2a StGB Rechnung ge-tragen (MüKoStGB/[X.] [X.]O, §
89a Rn.
59; [X.], [X.], 457, 459 ff., 462; kritisch zur Gesetzesfassung [X.], [X.], 561, 569).
Im Rahmen der vom Gesetzgeber vorzunehmenden [X.] ist weiter der hohe Rang der geschützten Individual-
und Allgemein-rechtsgüter auch im Fall von §
89a Abs.
2a StGB zu berücksichtigen. Hierbei ist auch in den Blick zu nehmen, dass die (versuchte) Ausreise in vielen Fällen die letzte Möglichkeit darstellen wird, den potentiellen Täter einer Gewalttat noch zu erreichen, bevor er sich noch weiter radikalisiert und gegebenenfalls in äu-ßerst brutal vorgehende Organisationen verstrickt (vgl. [X.]/[X.], Terroris-musfinanzierung, 2015, S.
141). Von den gegebenenfalls aus [X.] wieder-kehrenden Personen geht zudem eine eigenständige erhebliche Gefahr
für die innere Sicherheit der [X.] aus (vgl. BT-Drucks.
18/4087, S.
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f.). Insoweit ist wiederum dem Schutz der demokrati-schen und freiheitlichen Ordnung durch eine effektive Bekämpfung von Strafta-ten mit dem Gepräge des Terrorismus, wie sie hier in Rede stehen, ein großes Gewicht beizumessen (vgl. [X.], Urteil vom 24.
April 2013 -
1 BvR 1215/07, [X.]E 133, 277, 333 f. mwN). Vor diesem Hintergrund sieht der [X.] § 89a 36
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Abs. 2a StGB zwar durchaus im Grenzbereich des verfassungsrechtlich Zuläs-sigen, vermag aber nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass die Norm das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verletzt.

(2) Der vereinzelt erhobene Vorwurf, bei der Vorschrift handele es sich um Gesinnungsstrafrecht ([X.] [X.]O, S.
11), ist ebenfalls nicht gerechtfertigt.
Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn eine gesetzliche Rege-lung vorsieht, dass objektive -
unter Umständen für sich genommen neutrale -
Handlungen erst im Zusammenhang mit dem subjektiven Kontext, den Plänen und Absichten des [X.], strafbares Unrecht begründen ([X.] [X.]O, S.
232 mwN). Die Berücksichtigung eines Schädigungsvorsatzes bedeutet noch kein Gesinnungsstrafrecht; im Gegenteil sind bei einem weit in das Vorfeld der tat-sächlichen Rechtsgutsverletzung verlagerten Straftatbestand mit einem gerin-gen objektiven Unrechtskern regelmäßig erhöhte Anforderungen an das [X.] zu stellen ([X.]/[X.] [X.]O, S.
143).
Die Grenze zu mit den Grundsätzen des Tatstrafrechts nicht zu verein-barendem Gesinnungs-
oder Gedankenstrafrecht wäre allenfalls dann über-schritten,
wenn sich die auf eine Deliktsbegehung abzielende innere Vorstel-lung des [X.] nicht in einer äußeren Handlung manifestieren würde (vgl. Sie-ber/[X.] [X.]O, S.
140 f. mwN). Davon kann indes hier keine Rede sein, viel-mehr muss zur Verwirklichung des §
89a Abs.
2a StGB
zumindest durch den Versuch der Ausreise zum Ausdruck kommen, dass der Täter seine Absicht, sich zum Zweck der Begehung einer schweren st[X.]tsgefährdenden Gewalttat oder zur Begehung von Vorbereitungshandlungen in ein Land zu begeben, in dem sich Ausbildungslager befinden, umsetzen will; bestraft wird auch insoweit nicht der Gedanke an eine Tat, sondern dessen rechtsgutsgefährdende Betäti-gung (vgl. [X.] [X.]O, S.
233 mwN).
37
38
39
-
17
-
IV. Nach alledem bleibt auch der Rüge der Entziehung des gesetzlichen Richters gemäß Art.
101 Abs.
2 Satz
1 GG der Erfolg versagt. Das [X.] hat mit begründetem Beschluss dargelegt, dass und warum es sich nicht zur Aussetzung des Verfahrens und zur Vorlage der Sache an das Bundesverfas-sungsgericht verpflichtet gesehen hat. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
[X.][X.] Gericke

Tiemann

Hoch
40

Meta

3 StR 326/16

06.04.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2017, Az. 3 StR 326/16 (REWIS RS 2017, 12731)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12731

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3 StR 326/16

3 StR 243/13

3 StR 218/15

1 BvR 1215/07

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