Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2018, Az. XI ZR 458/17

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 13261

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:270218UXIZR458.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM
NAMEN
[X.]S
VOLKES
URTEIL
XI ZR 458/17
Verkündet am:
27.
Februar 2018
Weber
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Februar 2018 durch den Vizepräsidenten Prof.
Dr.
Ellenberger, die Richter Dr.
Joeres und Dr.
Matthias sowie
die Richterinnen Dr.
Menges und Dr.
Dauber

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8.
Zivilsenats des [X.] vom 23.
Juni 2017 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung der
Kläger
gegen das Urteil der 3.
Zivilkammer des [X.] vom 3.
März 2016
wird insgesamt zurück-gewiesen.
Die
Kläger
tragen
die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf den [X.] eines Verbraucherdarlehensvertrags
gerichteten Willenserklärungen der Kläger.
Die
Kläger besprachen im Mai
2006 mit einem Außendienstmitarbeiter der Beklagten die Einzelheiten einer Darlehensaufnahme und stellten einen Darlehensantrag. Daran anschließend übersandte die Beklagte den Klägern zwei Exemplare eines von ihr unterzeichneten [X.]. Dieses Ver-1
2
-
3
-
tragsformular bezog sich auf ein "Annuitätendarlehen
II"
Nr.

00 über 110.000

nen
bis zum 30.
Juni 2021 festen Zinssatz von 4,55% p.a.
Die Beklagte belehrte die Kläger über ihr Widerrufsrecht wie folgt:

Die Kläger sandten Ende Juni 2006 ein von ihnen gegengezeichnetes Exemplar des [X.] samt Widerrufsbelehrung an die [X.]. Ein Vertragsformular samt Widerrufsbelehrung verblieb in ihrem Besitz. Mit Schreiben vom 21.
Februar 2015 widerriefen die Kläger ihre auf
Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen.
Die
Klage auf Feststellung, dass sich der Darlehensvertrag infolge des Widerrufs in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt habe und dass die Kläger der Beklagten nach Aufrechnung aus diesem Rückabwicklungsverhältnis nur noch die Zahlung von 62.240,63

Erstattung vorgerichtlich verauslagter
Anwaltskosten hat das [X.] abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger, mit der sie zuletzt noch verlangt haben festzustellen, sie seien "aufgrund des Widerrufs"
nur noch zur Zahlung von 57.356,91

r-3
4
-
4
-
pflichtet, und sie von vorgerichtlich verauslagten Anwaltskosten freizustellen, hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert. Es hat unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen die begehrte Feststellung getroffen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Zurückweisung der [X.] weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung

im Wesentlichen ausgeführt:
Die Feststellungsklage sei zulässig. Das hier zur Entscheidung gestellte Begehren, nach eigener Aufrechnung der gegenseitigen Ansprüche durch die Kläger die Höhe ihrer danach verbleibenden Verbindlichkeit gegenüber der Bank festzustellen, lasse sich mit einer Klage auf Leistung aus dem Rückge-währschuldverhältnis nicht abbilden.
Die Kläger hätten ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags
gerichteten Willenserklärungen noch widerrufen können, weil die Beklagte sie
unzureichend deutlich über den Beginn der Widerrufsfrist unterrichtet habe. Nach dem Wort-laut der Widerrufsbelehrung habe für das Anlaufen der Widerrufsfrist genügt, dass
der Darlehensnehmer seine Vertragserklärung und die Widerrufsbeleh-rung zur Kenntnis nehme, ohne dass die Widerrufsbelehrung kenntlich gemacht 5
6
7
8
-
5
-
habe, dass beide Unterlagen dem Darlehensnehmer während der Widerrufsfrist hätten zur Verfügung stehen müssen. [X.] habe damit nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen. Das Widerrufsrecht der Kläger
sei nicht verwirkt.

II.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen,
die Klage sei den Feststellungsantrag betreffend zulässig. Das trifft nicht zu. Für eine [X.] Feststellungsklage wie von den
Klägern
formuliert fehlt, da die Beklagte die Wirksamkeit des Widerrufs und das Zustandekommen eines Rückgewähr-schuldverhältnisses leugnet, das Feststellungsinteresse (Senatsurteil vom 16.
Mai 2017

XI
ZR
586/15, WM
2017, 1258 Rn.
13).
2. Außerdem weisen die Ausführungen zur mangelnden Deutlichkeit der von der Beklagten erteilten Belehrung und damit zur fortbestehenden Widerruf-lichkeit der auf Abschluss des Darlehensvertrags
gerichteten Willenserklärun-gen der Kläger
Rechtsfehler auf.
a) Allerdings hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt richtig erkannt, den
Klägern
sei gemäß §
495 Abs.
1 [X.] zunächst das Recht zugekommen, ihre
auf Abschluss des Darlehensvertrags
gerichteten Willenserklärungen nach §
355 Abs.
1 und
2 [X.] in der hier nach Art.
229 §
9 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, §
22 Abs.
2, §§
32, 38 Abs.
1 Satz
1 EG[X.] maßgeblichen, zwischen dem 1.
August 2002 und dem 10.
Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: aF) zu [X.].
9
10
11
12
-
6
-
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die
Kläger unzureichend über das ihnen
zukommende Widerrufsrecht belehrt, so dass die Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs noch nicht abgelaufen gewesen sei, hält revisionsrechtlicher Überprüfung indessen nicht stand. Die Widerrufsfrist war bei Erklärung des Widerrufs am 21.
Februar 2015
abgelaufen. Die dem
Darlehensvertrag
beigegebene Widerrufsbelehrung entsprach, was der Senat nach den Grundsätzen der objektiven Auslegung selbst bestimmen kann (Se-natsurteile vom 12.
Juli 2016

XI
ZR
564/15, [X.]Z
211, 123 Rn.
15, vom 11.
Oktober 2016

XI
ZR
482/15, [X.]Z
212, 207 Rn.
12 und vom 24.
Januar 2017

XI
ZR
183/15, WM
2017, 766 Rn.
28), den gesetzlichen Anforderungen.
aa) Das gilt zunächst für die Belehrung über die Bedingungen für das [X.] der Widerrufsfrist.
(1) Der Senat hat im Revisionsverfahren davon auszugehen, dass
un-streitig
ist, dass dem Vertragsschluss im Juni
2006 eine persönliche Beratung durch einen Außendienstmitarbeiter der Beklagten vorausgegangen ist. Dies hat die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung
vorgetragen. Die Kläger haben diesen Vortrag nicht bestritten, so dass er im Berufungsverfahren zu berück-sichtigen war ([X.], Urteil vom 18.
November 2004

IX
ZR
229/03, [X.]Z
161, 138, 141
ff.). Das Berufungsgericht hat im Berufungsurteil auf die bei ihm einge-reichten Schriftsätze verwiesen.
Damit haben die Parteien einen Fernabsatzvertrag im Sinne des §
312b Abs.
1 Satz
1 [X.] in der bis zum 12.
Juni 2014 geltenden Fassung nicht [X.]. Wie der Senat mit Urteil vom heutigen [X.] XI
ZR
160/17 näher dargelegt hat, fehlt es an einem Vertragsschluss "unter aus-schließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln", wenn der [X.] während der Vertragsanbahnung persönlichen Kontakt zu einem Mitarbei-13
14
15
16
-
7
-
ter des Unternehmers oder einem vom Unternehmer bevollmächtigten Vertreter hat.
(2) Die Bedingungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist richteten sich damit allein nach §
355 Abs.
2 Satz
3 [X.] aF. Eines Hinweises auf §
312d Abs.
2, letzter Halbsatz [X.] in der hier maßgeblichen, zwischen dem 8.
De-zember 2004 und dem 3.
August 2009 geltenden Fassung bedurfte es nicht (dazu Senatsurteil vom 24.
Januar 2017

XI
ZR
183/15, WM
2017, 766 Rn.
29). Wie der Senat mit Urteil vom heutigen [X.] XI
ZR
160/17 für eine insoweit gleichlautende Widerrufsbelehrung entschieden hat, informierte die von der Beklagten verwandte Widerrufsbelehrung die
Kläger hinreichend deut-lich über die Voraussetzungen des Beginns der Widerrufsfrist nach §
355 Abs.
2 Satz
3 [X.] aF.
bb) [X.] entsprach auch zu den Widerrufsfolgen (Se-natsbeschluss vom 5.
Dezember 2017

XI
ZR
294/17, juris Rn.
8) den gesetzli-chen Vorgaben.

III.
Das Berufungsurteil unterliegt mithin der Aufhebung (§
562 ZPO), weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§
561 ZPO). [X.] erfüllte die Beklagte die
Anforderungen des §
355 Abs.
2 Satz 3 [X.] aF, wenn sie den
Klägern
ein Exemplar des [X.] überließ, das nach Unterschriftsleistung durch die Kläger

wenn auch nicht notwendig auf dem bei ihnen
verbliebenen Exemplar

deren Vertragserklärung dokumentierte. Weil nach §
355 Abs.
2 Satz
3
[X.] aF die Abschrift der Vertragserklärung des Verbrauchers genügt, muss das ihm belassene Exemplar nicht von ihm [X.] oder mit dem Abbild seiner Unterschrift versehen sein (vgl. zu §
361a 17
18
19
-
8
-
Abs.
1 Satz
4 [X.] BT-Drucks.
14/2658, S.
47 rechte Spalte
oben; vgl. auch BT-Drucks.
16/11643, S.
80 linke Spalte unten; OLG
Frankfurt am Main, [X.] vom 7.
September 2017

17
U
107/17, juris Rn.
5
und vom 30.
Januar 2012

19
W
4/12, BKR
2012, 243, 244; OLG
Köln, Beschluss vom 1.
September 2017

12
U
203/16, juris Rn.
33
f.). §
492 Abs.
3 [X.] in der hier maßgeblichen, bis zum 10.
Juni 2010 geltenden Fassung, der sich nicht mit den Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist befasst, enthält keine Mo-difikation des §
355 Abs.
2 Satz
3 [X.] aF für [X.] (undeutlich MünchKomm[X.]/[X.], 5.
Aufl., §
492 Rn.
86; [X.]/
[X.], [X.], 69. Aufl., §
492 Rn.
18).

Da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO), weist der Senat die Berufung der Kläger

soweit noch nicht geschehen
zurück. Das Feststellungsinteresse gemäß §
256 Abs.
1 ZPO, an dem es hier für die [X.] Feststellungsklage fehlt, ist nur für ein stattgebendes Urteil echte Prozessvo-raussetzung. Ein Feststellungsbegehren, das das Berufungsgericht für zulässig

20
-
9
-

erachtet hat, kann bei tatsächlich fehlendem Feststellungsinteresse in der Revi-sionsinstanz aus sachlichen Gründen abgewiesen werden (st.
Rspr., zuletzt etwa Senatsurteile vom 4.
Juli 2017

XI
ZR
741/16, WM
2017, 1602 Rn.
31 und vom 10.
Oktober 2017

XI
ZR
457/16, WM
2017, 2256 Rn.
29).

Ellenberger
Joeres
Matthias

Menges
Dauber
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.03.2016 -
3 O 441/15 -

O[X.], Entscheidung vom 23.06.2017 -
8 U 391/16 -

Meta

XI ZR 458/17

27.02.2018

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2018, Az. XI ZR 458/17 (REWIS RS 2018, 13261)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13261

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