Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.12.2021, Az. 1 B 38/21

1. Senat | REWIS RS 2021, 677

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Gegenstand

Begriff der "Ausländerbehörde"; erfolglose Nichtzulassungsbeschwerde


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts der [X.] vom 21. April 2021 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen [X.]edeutung (I.), der Divergenz (II.) und eines Verfahrensmangels (III.) gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

2

I. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

3

Grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung entscheidungserhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts [X.]gerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende [X.]edeutung besteht. Die [X.]eschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher [X.]gerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Die [X.]egründungspflicht verlangt, dass sich die [X.]eschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher [X.]edeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt und im Einzelnen aufzeigt, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der Frage zugrunde liegt, zu folgen ist (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 8. Juni 2006 - 6 [X.] - NVwZ 2006, 1073 Rn. 4 f. und vom 10. August 2015 - 5 [X.] - juris Rn. 3 m.w.N.). Die Darlegung muss sich auch auf die Entscheidungserheblichkeit des jeweils geltend gemachten [X.] erstrecken.

4

Nach diesen Grundsätzen bleibt die Grundsatzrüge ohne Erfolg.

5

1. Der von der Revision aufgeworfenen Frage,

"ob Ausländerbehörden i.S.d. § 71 Abs. 1 [X.] ausschließlich Kommunalbehörden sind oder ob die Wahrnehmung der in § 71 Abs. 1 [X.] gesetzlich geregelten Aufgaben auch den oberen [X.]behörden, den [X.]ministerien, zugewiesen werden darf und soweit das der Fall ist, ob die [X.]egründung einer solchen Zuständigkeit über eine Rechtsverordnung erfolgen darf."

kommt keine grundsätzliche [X.]edeutung zu, weil sie sich unter Heranziehung der einschlägigen Rechtsnormen und Rechtsgrundsätze zweifelsfrei beantworten lässt. Es liegt auf der Hand und bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass § 71 Abs. 1 [X.] keine Aussage darüber enthält, welche [X.]ehörden "Ausländerbehörden" sind. § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] weist die Zuständigkeit für aufenthalts- und passrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen nach diesem Gesetz den Ausländerbehörden zu. Der [X.]undesgesetzgeber hat indes weder in § 71 [X.] noch in einer sonstigen Vorschrift selbst bestimmt, welche [X.]ehörden als Ausländerbehörden anzusehen sind. Das [X.]undesrecht enthält mithin hinsichtlich der Vollziehung des [X.]es keine Vollregelung der sachlichen Zuständigkeit, sondern ist auf eine Ergänzung durch die jeweiligen Organisationsbestimmungen der Länder angewiesen (vgl. [X.], in: GK-[X.], § 71 Rn. 6 ff., Stand April 2021; [X.], in: [X.]eckOK [X.], [X.]. 15.10.2021, § 71 [X.] Rn. 3).

6

Werden [X.]undesgesetze von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt, ist es gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG grundsätzlich Aufgabe der Länder, die Einrichtung der [X.]ehörden und das Verwaltungsverfahren zu regeln. Die Festlegung des [X.] einer [X.]ehörde ist eine Regelung über die "Einrichtung" von [X.]ehörden in diesem Sinne ([X.], Urteil vom 17. Juli 2002 - 1 [X.], 1 [X.] - juris Rn. 48). Die [X.]estimmung, welche konkreten ([X.] als Ausländerbehörde anzusehen sind, fällt deshalb gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG in die Regelungskompetenz der Länder. In welcher Rechtsform sie diese [X.]estimmungen treffen, ist zuvörderst eine Frage des (nicht revisiblen) [X.]rechts. Das [X.]undesrecht enthält offensichtlich keinen Rechtsgrundsatz, wonach derartige Zuständigkeitsfestlegungen nicht durch Rechtsverordnung getroffen werden dürfen, sofern es dafür eine verfassungsgemäße Verordnungsermächtigung im [X.]undes- oder [X.]recht gibt (zur [X.]indung auch der [X.]gesetzgebung an den in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltenen Grundsatz vgl. [X.], [X.]eschluss vom 20. Oktober 1981 - 1 [X.]vR 640/80 - [X.]E 58, 257 <277>; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 5. Januar 2000 - 6 P 1.99 - [X.]VerwGE 110, 253 <255 f.>).

7

Davon ausgehend ist die Revision auch nicht zur Klärung der von der [X.]eschwerde in diesem Zusammenhang formulierten weiteren Fragen zuzulassen,

"ob die durch eine Rechtsverordnung geregelte Wahrnehmung von Aufgaben nach § 71 Abs. 1 [X.] durch die [X.]ministerien zu einer Umgehung, bzw. Abschaffung des § 68 VwGO führt und dies mit der Intention des [X.]undesgesetzgebers vereinbar ist oder aber gegen [X.]undesrecht verstößt."

"ob die Verordnung ([X.]) mit der bundesrechtlichen Vorschrift des § 68 VwGO vereinbar ist, ob die Verordnung [X.]undesrecht in verfassungskonformer Weise zum Nachteil der [X.]etroffenen geändert hat und ob das [X.]undesrecht in § 71 Abs. 1 [X.] dadurch geändert wurde, dass über eine landesrechtliche Verordnung ein [X.]ministerium dazu bestimmt worden ist, eine kommunale Ausländerbehörde i.S.d. § 71 Abs. 1 [X.] zu sein und entsprechende Aufgaben wahrzunehmen."

"ob durch landesrechtliche Rechtsverordnungen oberste [X.]behörden dazu bestimmt werden können, Aufgaben unterer kommunaler [X.]ehörden wahrzunehmen und ob dies mit einerseits bundesrechtlichen Vorgaben, die die Aufgabenwahrnehmung nach § 71 Abs. 1 [X.] bei den (unteren kommunalen) Ausländerbehörden verortet und den entsprechenden Rechtsbehelf in § 68 VwGO geregelt haben, andererseits unionsrechtlichen Vorgaben (vergl. dazu [X.]VerwG [X.]eschluss vom 15. April 2013 - 1 [X.] 22.12 -) vereinbar ist."

"ob senatorische [X.]ehörden mit einer sog. Doppelstellung Aufgaben der unteren oder mittleren Kommunalbehörden wahrnehmen dürfen und Ausländerbehörden i.S.d. § 71 Abs. 1 [X.] sein können."

8

Mit diesen Fragen und dem zugehörigen Vorbringen ist eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache nicht dargelegt. Das folgt im Wesentlichen schon daraus, dass sie ganz überwiegend an die unzutreffende Annahme anknüpfen, der [X.]undesgesetzgeber habe in § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] eine Zuständigkeit der "unteren kommunalen [X.]ehörden" geregelt. Inwiefern § 68 VwGO einer [X.]estimmung von obersten [X.]behörden zu Ausländerbehörden i.S.d. § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] durch Rechtsverordnung des [X.] entgegenstehen könnte, zeigt die [X.]eschwerde nicht substantiiert auf. Sie legt insbesondere nicht dar, dass die Regelung über das Widerspruchsverfahren in § 68 VwGO dadurch abgeschafft, umgangen oder verletzt werden könnte. § 68 VwGO enthält in Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 1 VwGO selbst eine [X.]estimmung über die Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens in Fällen, in denen der Verwaltungsakt von einer obersten [X.]behörde erlassen worden ist. Danach ist nicht nachvollziehbar, inwiefern Rechtsvorschriften, die für den Erlass bestimmter Verwaltungsakte die Zuständigkeit der obersten [X.]behörde - und sei es durch eine Selbsteintrittsbefugnis - begründen, § 68 VwGO "verletzen" könnten. Wie sich bereits aus den obigen Ausführungen ergibt, bewirken die in der Verordnung der [X.] über die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden nach dem [X.] vom 28. November 2017 ([X.] 2018) enthaltenen Zuständigkeitsbestimmungen - auch soweit sie den Senator für Inneres zu einer weiteren Ausländerbehörde bestimmen (§ 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 [X.] 2018) - offensichtlich keine Änderung des § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.], sondern ergänzen diesen. Die [X.]eschwerde zeigt auch nicht auf, dass der [X.]undesgesetzgeber ausdrücklich geregelt hätte, "dass auf dem Gebiet des Ausländerrechts ein Vorverfahren stattfindet." Aus der von der [X.]eschwerde herangezogenen Regelung des § 84 Abs. 2 [X.] ergibt sich dies offenkundig ebensowenig wie aus § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.]. § 84 Abs. 2 [X.] regelt lediglich die Wirkung von Widerspruch und Klage im Falle von Ausweisungen und sonstigen Verwaltungsakten, die die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beenden. Damit ist keine Aussage darüber verbunden, dass gegen Ausweisungen in jedem Fall ein Widerspruch statthaft sein soll.

9

Die [X.]ehauptung, die Zuständigkeitsverordnung verstoße gegen das Gesetz zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 15. März 1960 ([X.]), indem es den Senator für Inneres zur Ausländerbehörde werden lasse und dadurch Art. 8 Abs. 4 [X.] "umgehe", vermag der Rechtssache ebenfalls keine grundsätzliche [X.]edeutung zu verleihen. Sie betrifft ein irrevisibles [X.]gesetz, das nach der - [X.]gerichtlicher Prüfung nicht unterliegenden - Auffassung des [X.]erufungsgerichts an Art. 8 Abs. 2 Satz 1 [X.] anknüpft, welcher indes nur dann Anwendung finde, wenn eine senatorische [X.]ehörde als Kommunalbehörde tätig wird, was hier nicht der Fall sei (vgl. [X.]erufungsurteil, [X.] sowie [X.], Urteil vom 30. September 2020 - 2 LC 166/20 - [X.] 2021, 12 <15>).

Klärungsbedürftige unionsrechtliche [X.]edenken gegen die mit der vorliegenden Zuständigkeitsbestimmung verbundene Unstatthaftigkeit des Widerspruchsverfahrens legt die [X.]eschwerde schließlich ebensowenig dar. Aus dem nicht weiter erläuterten Hinweis auf den [X.]eschluss des Senats vom 15. April 2013 - 1 [X.] 22.12 - ergibt sich ein solcher Klärungsbedarf nicht.

2. Eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache ist auch nicht mit der Frage dargelegt,

"ob das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht aus der Richtlinie [X.] auch dann weiterhin besteht, wenn dem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis auf einer anderen Rechtsgrundlage nach dem nationalen [X.] erteilt worden ist."

Soweit mit der Frage ein materielles assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht gemeint ist, ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass sich diese Frage im vorliegenden Verfahren entscheidungserheblich stellt. Das [X.]erufungsgericht hat ausgeführt, dass der Kläger die materiellen Voraussetzungen für ein (konstitutives) assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1 [X.] im Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung gerade nicht erfüllt hat ([X.]). Dies hat es damit begründet, dass der Kläger durch seine in der Vergangenheit ausgeübten [X.]eschäftigungen bei der "[X.]" bzw. bei der "... GmbH" jeweils allenfalls die erste Verfestigungsstufe nach Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 [X.] erreicht hat, die damit verbundenen Aufenthaltsrechte aber jedenfalls durch die Aufgabe der [X.]eschäftigung bei demselben Arbeitgeber wieder entfallen seien. Daraus folgt zugleich, dass der Kläger auch bei Ablauf der ihm (gleichwohl) erteilten assoziationsrechtlichen Aufenthaltserlaubnis am 11. März 2004 deren materiell-rechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt hat. Dem tritt die [X.]eschwerde nicht entgegen.

Weshalb ein allein auf der erteilten, deklaratorisch wirkenden Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 [X.] (a.F.) beruhendes (zeitweises) Aufenthaltsrecht nach Ablauf von deren Geltungszeitraum fortbestehen sollte, legt die [X.]eschwerde nicht dar. Die in der [X.]eschwerde wiedergegebene Rechtsprechung des [X.], wonach bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einem Ausländer grundsätzlich auch mehrere Aufenthaltstitel aufgrund unterschiedlicher Anspruchsgrundlagen erteilt werden können (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 19. März 2013 - 1 C 12.12 - [X.]VerwGE 146, 117 Rn. 19), gibt dafür nichts her. Die weiteren Überlegungen des Klägers beruhen auf unzutreffenden Grundannahmen. Das gilt namentlich für seine Auffassung, das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht habe rein deklaratorischen Charakter und könne deshalb neben dem Aufenthaltsrecht aus anderen Vorschriften bestehen, auch ohne dass es bescheinigt werde. Die [X.]ehauptung, das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht sei als solches deklaratorisch, ist durch nichts belegt. [X.] ist vielmehr nach allgemeiner Rechtsauffassung lediglich die das Aufenthaltsrecht bescheinigende Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 2 [X.]/§ 4 Abs. 5 [X.] (a.F.) (vgl. etwa [X.], in[X.]/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 4 Rn. 60). Das bedeutet, dass das (konstitutive) assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht bei Vorliegen seiner Voraussetzungen auch dann besteht, wenn eine (deklaratorische) [X.]escheinigung im Sinne von § 4 Abs. 2 [X.] nicht erteilt ist. Soweit die Erteilung einer solchen [X.]escheinigung bzw. Aufenthaltserlaubnis bei Nichtvorliegen ihrer Voraussetzungen - wie hier - nach Auffassung des [X.]erufungsgerichts "(quasi) konstitutive" [X.]edeutung hat ([X.]; siehe auch [X.], in[X.]/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 4 Rn. 61 f.; [X.], [X.]eschluss vom 13. Juni 2019 - 4 [X.]s 110/19 - [X.] 2019, 321 <322>), legt der Kläger schon keine Anhaltspunkte dafür dar, dass eine solche auch nach Ablauf der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis fortwirken könnte.

3. Die Revision ist nicht unter dem Gesichtspunkt einer (im Rahmen der "[X.]") möglicherweise sinngemäß geltend gemachten grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit der Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 20 A[X.]V zuzulassen. Auch insoweit ist eine entscheidungserhebliche und grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfrage nicht dargelegt.

a) Die [X.]eschwerde rügt, das Oberverwaltungsgericht habe den Rechtssätzen des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) in dessen Urteil vom 8. Mai 2018 - [X.]/16 [[X.]:[X.]:[X.]] - zum Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses i.S.d. Art. 20 A[X.]V "widersprochen, bzw." habe diese "nicht angewendet". Das diesbezügliche Vorbringen erschöpft sich im Wesentlichen in dem Vorwurf, das [X.]erufungsgericht habe bestimmte vom [X.] genannte Prüfkriterien nicht oder nicht hinreichend angewendet bzw. in seine Würdigung einbezogen. Die [X.]eschwerde zeigt hingegen weder einen prinzipiellen Auffassungsunterschied des [X.] und des [X.] hinsichtlich der Voraussetzungen für ein Abhängigkeitsverhältnis auf, der eine grundsätzliche [X.]edeutung oder eine materielle Divergenz indizieren könnte, noch legt sie sonst dar, inwieweit die vom [X.] entwickelten Rechtsgrundsätze zum unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht sui generis nach Art. 20 A[X.]V weiterer Klärung bedürfen.

b) Die weitere Rüge, das [X.]erufungsgericht verstoße gegen Rechtssätze des [X.] und gegen Verfassungsrecht, wenn es ausführe, dass selbst bei Zugrundelegung eines abgeleiteten Aufenthaltsrechts aus Art. 20 A[X.]V eine Aufenthaltsbeendigung wegen der vom "Antragsteller" ausgehenden schwerwiegenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht entgegenstehe, kann schon mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung führen. Der Kläger knüpft insoweit augenscheinlich an den im Eilverfahren ergangenen [X.]eschluss vom 26. November 2020 - 2 [X.]/20 - (juris Rn. 26 ff.) an. Hierbei übersieht er, dass das hier angefochtene Urteil anders als jener auf ein solches "zweites Standbein" nicht mehr gestützt ist (und darin auch keine Rede von einem "bandenmäßigen" Handel mit [X.]etäubungsmitteln ist).

II. Auch die [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) bleibt ohne Erfolg.

Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.]undesverfassungs- oder des [X.] aufgestellten ebensolchen die dortige Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Eine - hier allein gerügte - Abweichung von Entscheidungen des [X.] kann nicht mit der [X.] geltend gemacht werden, weil der [X.] nicht zu den in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO angeführten Gerichten gehört. Angesichts der eindeutigen Aufzählung ist für eine analoge Anwendung der Vorschrift kein Raum (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 23. Januar 2001 - 6 [X.] 35.00 - juris Rn. 10 und vom 26. Januar 2010 - 9 [X.] - [X.] 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 48 Rn. 2). Die entsprechenden Einwände des [X.] könnten allenfalls unter dem Gesichtspunkt einer grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache zur Zulassung der Revision führen, genügen aber aus den genannten Gründen auch insoweit nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

III. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Ohne Erfolg rügt die [X.]eschwerde, das Oberverwaltungsgericht habe einen in der [X.]erufungsverhandlung gestellten [X.]eweisantrag des [X.] rechtsfehlerhaft abgelehnt und dadurch die gerichtliche Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt.

1. In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht hat der Kläger die Einholung eines kinderpsychologischen bzw. kinderpsychiatrischen Sachverständigengutachtens zum [X.]eweis der Tatsache beantragt,

"dass die Abschiebung des [X.]

1. schwerwiegende gesundheitliche Folgen für dessen Tochter haben würde

2. die [X.]indung zwischen dem Kläger und seiner Tochter auch dann unwiederbringlich zerstören [würde] und sich auch dann nicht wieder als tragfähige [X.]indung aufbauen ließe, wenn der Kläger drei oder sechs Jahre nach einer Ausreise oder Abschiebung, wenn die Tochter also fünf oder sechs Jahre alt [...] wäre, wieder zu ihr in die [X.] zurückkehren könnte und dass sich dies sogar noch verstärken würde, wenn die Tochter den Kläger in den Jahren seiner Abwesenheit sporadisch in der [X.] besuchen würde."

Das [X.]erufungsgericht hat diesen [X.]eweisantrag in der mündlichen Verhandlung (§ 86 Abs. 2 VwGO) der Sache nach als unsubstantiierten [X.] abgelehnt, weil die zum [X.]eweis gestellten Tatsachen durch keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte gestützt seien. Für schwerwiegende gesundheitliche Folgen, die über die gewöhnlichen Auswirkungen einer vorübergehenden Trennung eines Kleinkindes von dem mit ihm in familiärer Gemeinschaft lebenden Vater hinausgingen, gebe es keine konkreten Anhaltspunkte. Dasselbe gelte für die [X.], ob eine Zerstörung der [X.] unwiederbringlich wäre. Im angefochtenen Urteil ist ergänzend ausgeführt, dass es an tatsächlichen Anhaltspunkten dafür fehle, dass die gesundheitlichen Folgen über die gewöhnlichen Auswirkungen einer vorübergehenden Trennung eines Kleinkindes von dem mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Vater hinausgingen und dass dieser Rahmen auch nicht dadurch überschritten werde, dass die Ehefrau des [X.] in der mündlichen Verhandlung angegeben habe, ihre Tochter wache jetzt häufig nachts auf und schreie, dass sie Angst habe, was wohl bedeute, dass sie die Angst der Eltern vor einer Abschiebung des [X.] spüre.

2. Aus dem [X.]eschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass das [X.]erufungsgericht diesen [X.]eweisantrag verfahrensfehlerhaft abgelehnt hätte. Die Ablehnung eines förmlichen (unbedingt gestellten) [X.]eweisantrags ist nur dann verfahrensfehlerhaft, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 14. August 2017 - 9 [X.] 4.17 - juris Rn. 6). Dies ist hier nicht der Fall.

Das [X.]erufungsgericht hat den Antrag, wie nach § 86 Abs. 2 VwGO erforderlich, noch in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich und begründet beschieden.

Auch die [X.]egründung ist [X.](zulassungs)rechtlich nicht zu beanstanden. Ein [X.]eweisantrag ist unter anderem dann unzulässig und kann abgelehnt werden, wenn es sich um einen Ausforschungs- oder [X.]eweisermittlungsantrag handelt, wenn er also lediglich zum Ziel hat, Zugang zu einer bestimmten Informationsquelle zu erlangen, um auf diesem Wege Anhaltspunkte für neuen Sachvortrag zu gewinnen. Auch [X.]eweisanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die [X.]eweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und [X.]ehauptungen aufdecken kann, müssen regelmäßig dem Gericht eine weitere Sachaufklärung nicht nahelegen und können als unsubstantiiert abgelehnt werden. So liegt es, wenn für den Wahrheitsgehalt der [X.]n nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, das heißt wenn sie mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich "aus der Luft gegriffen", "ins [X.]laue hinein", also "erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage" behauptet worden sind. Welche Anforderungen vom [X.] an die Substantiierung gestellt werden dürfen, bestimmt sich zum einen danach, ob die zu beweisende Tatsache in den eigenen Erkenntnisbereich des [X.]eteiligten fällt, und zum anderen nach der konkreten prozessualen Situation ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 30. Mai 2014 - 10 [X.] 34.14 - juris Rn. 9 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen ist ein Verfahrensfehler nicht dargelegt. Die [X.]eschwerde zeigt nicht auf, dass das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage vom Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefährdung oder eine unwiederbringliche Zerstörung der [X.] hätte ausgehen müssen. Der Hinweis auf das Vorbringen der Ehefrau in der mündlichen Verhandlung, das Kind habe inzwischen eine deutliche [X.]indung zum Vater, der seit geraumer Zeit erhebliche Aufgaben in [X.]ezug auf die [X.]etreuung und Versorgung der gemeinsamen Tochter wahrnehme, weist für sich genommen noch nicht auf die Möglichkeit einer Gesundheitsgefährdung des Kindes oder sonstige [X.]eeinträchtigung des Kindeswohls infolge einer Abschiebung des [X.]. Dass die Ausweisung eines ein Kleinkind mitbetreuenden Elternteils und die bevorstehende Trennung von diesem, namentlich bei einer mehrjährigen physischen Abwesenheit, die Familiensituation insgesamt und damit auch die Eltern-Kind-[X.]eziehung belastet, reicht hierfür ebenfalls nicht aus. Dasselbe gilt aber auch für das von der Ehefrau geschilderte nächtliche Aufwachen des Kindes und Äußern von diffusen Ängsten, die die Ehefrau als ein Verspüren der drohenden Abschiebung des [X.] deutet. Indem es dieses Vorbringen, das nach dem Vorbringen der [X.]eschwerde nicht durch weitere tragfähige tatsächliche Anhaltspunkte für die geltend gemachte Gefahrenprognose gestützt oder durch ein insoweit aussagekräftiges ärztliches Attest o.Ä. untermauert worden ist, für nicht hinreichend substantiiert gehalten hat, hat sich das Oberverwaltungsgericht auch keine ihm nicht zukommende eigene Sachkunde angemaßt. Ein [X.]eweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens setzt vielmehr seinerseits ein Mindestmaß an Substantiierung der unter [X.]eweis gestellten Tatsachen voraus.

Soweit die [X.]eschwerde dahin zu verstehen sein sollte, dass auch über die Ablehnung des [X.]eweisantrags hinaus das Unterbleiben einer weiteren sachverständigen Aufklärung von "Tatsachen für ein Abhängigkeitsverhältnis" gerügt wird, fehlt es an deren konkreter [X.]enennung; die Rüge ist vielmehr - nach Art eines [X.]eweisermittlungsantrags - der Sache nach darauf gerichtet, dass der oder die Sachverständige solche Tatsachen erst ausfindig machen soll. Die [X.]eschwerde legt insgesamt nicht dar, dass sich dem Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung, wonach es für ein (emotionales) Abhängigkeitsverhältnis zwischen einem Drittstaatsangehörigen und einem [X.]sbürger, das dem ersteren ein einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehendes Aufenthaltsrecht nach Art. 20 A[X.]V verleihen könnte, einer affektiven [X.]indung bedarf, die über das übliche Maß hinausgeht, eine weitere Sachaufklärung durch einen Sachverständigen hätte aufdrängen müssen.

Art. 20 A[X.]V verbietet den Mitgliedstaaten im Übrigen nicht, die Darlegungslast hinsichtlich der Tatsachen, die belegen können, dass eine Aufenthaltsversagung gegenüber dem Drittstaatsangehörigen das Kind dazu zwänge, das Gebiet der [X.] als Ganzes zu verlassen, zunächst dem Drittstaatsangehörigen aufzuerlegen. Jedoch haben die zuständigen [X.]ehörden bzw. Gerichte auf der Grundlage der von dem Drittstaatsangehörigen beigebrachten Informationen die erforderlichen Ermittlungen anzustellen, um im Lichte aller Umstände des Einzelfalls beurteilen zu können, ob eine Entscheidung, mit der das Aufenthaltsrecht versagt wird, solche Folgen hätte (vgl. [X.], Urteil vom 10. Mai 2017 - [X.]/15 [[X.]:[X.]:[X.]] - Rn. 78). Dem ist nicht zu entnehmen, dass die nationalen Instanzen zur [X.]eurteilung der Frage, ob zwischen einem Drittstaatsangehörigen und seinem die [X.]sbürgerschaft besitzenden Kind ein solches Abhängigkeitsverhältnis besteht, generell auch ein Sachverständigengutachten einholen müssten. Sie haben vielmehr lediglich die nach Lage des Einzelfalls "erforderlichen" Ermittlungen durchzuführen (vgl. bereits [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 21. Januar 2020 - 1 [X.] 65.19 - [X.] 310 § 86 VwGO Nr. 382 Rn. 26). Dem hat das [X.]erufungsgericht hier (unter anderem durch die in der mündlichen Verhandlung durchgeführte Sachverhaltsaufklärung durch Anhörung des [X.] und der Kindesmutter) genügt.

IV. Der Senat sieht von einer weiteren [X.]egründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Meta

1 B 38/21

02.12.2021

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, 21. April 2021, Az: 2 LC 215/20, Urteil

Art 80 Abs 1 S 2 GG, Art 84 Abs 1 S 1 GG, § 68 VwGO, § 86 Abs 2 VwGO, § 4 Abs 2 AufenthG 2004, § 71 Abs 1 AufenthG 2004, § 84 Abs 2 AufenthG 2004, Art 6 Abs 1 EWGAssRBes 1/80, Art 20 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.12.2021, Az. 1 B 38/21 (REWIS RS 2021, 677)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 677

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