Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.11.2021, Az. 5 P 6/20

5. Senat | REWIS RS 2021, 872

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Berücksichtigung von nach § 44g SGB II dem Jobcenter zugewiesenen Beschäftigten bei der Freistellung von Personalratsmitgliedern der Stammdienststelle


Leitsatz

1. Die einem Jobcenter nach § 44g SGB II zugewiesenen Beschäftigten eines Berliner Bezirksamts sind jedenfalls nach Ablauf der in § 14 Abs. 2 Satz 1, 3 und 4 BPersVG bezeichneten Fristen keine berücksichtigungsfähigen Dienstkräfte des Bezirksamts im Sinne von § 43 Abs. 1 PersVG BE mehr, weil sie dort nicht länger nach Weisung des Dienststellenleiters an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitwirken.

2. Der Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 PersVG BE erstreckt sich nicht auf eine Zuweisung von Beschäftigten eines Berliner Bezirksamts an ein Jobcenter nach § 44g SGB II.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des [X.] vom 30. Juni 2020 wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Verfahrensbeteiligten streiten darum, ob bei der Bemessung der Anzahl der Freistellungen von [X.]ern, die dem Antragsteller zustehen, auch die durch den Beteiligten dem Jobcenter zugewiesenen Beschäftigten des [X.] zu berücksichtigen sind.

2

Nachdem die Zahl der Beschäftigten des [X.] unter Einschluss der dem Jobcenter zugewiesenen Personen seit September 2017 über den nach § 43 Abs. 1 [X.] [X.] maßgeblichen Schwellenwert für die Freistellung eines vierten [X.]s gestiegen war, wählte der Antragsteller am 17. Januar 2018 das [X.] Frau ... in seinen Vorstand und bat den Beteiligten, sie für die Dauer der Amtsperiode des Personalrats freizustellen. Dies lehnte der Beteiligte ab. Daraufhin leitete der Antragsteller das Beschlussverfahren ein.

3

Hiermit ist der Antragsteller vor dem Verwaltungsgericht erfolglos geblieben. Dieses hat darauf verwiesen, dass die dem Jobcenter zugewiesenen Beschäftigten des [X.] bei der Berechnung der in der Regel beschäftigten [X.] nach § 43 Abs. 1 [X.] [X.] nicht mitzurechnen seien, weil diese nicht in das Bezirksamt, sondern in das Jobcenter eingegliedert seien. Eine Ausnahme lasse sich insbesondere nicht mit landesrechtlichen Besonderheiten der Wahlberechtigung bei abgeordneten [X.] nach § 12 Abs. 2 [X.] [X.] begründen, wonach diese nur bei ihrer Stammbehörde wahlberechtigt seien. Selbst wenn man die dem Jobcenter zugewiesenen Beschäftigten wie abgeordnete [X.] im Sinne des § 12 Abs. 2 [X.] [X.] betrachtete, stünde der landesrechtlichen Regelung, die das Wahlrecht auf die Wahl des Personalrats der Stammdienststelle beschränke, die bundesgesetzliche Vorgabe des § 44h Abs. 2 [X.] entgegen; das danach begründete Wahlrecht könne der Landesgesetzgeber nicht einschränken. Daher sei § 12 Abs. 2 [X.] [X.] auf Abordnungen im [X.] zu beschränken und nicht auf Zuweisungen zum Jobcenter auszuweiten.

4

Der Antragsteller hat die erstinstanzliche Entscheidung mit der Beschwerde angefochten und vor dem Oberverwaltungsgericht beantragt, den Beschluss des [X.] zu ändern und den Beteiligten zu verpflichten, das [X.] Frau ... vollumfänglich von ihrer dienstlichen Tätigkeit freizustellen, und festzustellen, dass bei der Ermittlung der gemäß § 43 Abs. 1 [X.] [X.] freizustellenden Anzahl der [X.]er diejenigen [X.] zu berücksichtigen seien, die der gemeinsamen Einrichtung [X.] zugewiesen seien. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Zwar durchbreche § 12 Abs. 2 [X.] [X.] für die Wahlberechtigung und dort für abgeordnete [X.] das allgemeine Prinzip der Dienststellenzugehörigkeit nach Maßgabe der Eingliederung, indem abgeordnete [X.] unabhängig von der Dauer der Abordnung und abweichend von der Fristenregelung des [X.]personalvertretungsrechts nur in ihrer Stammdienststelle wahlberechtigt seien. Es möge deshalb in der Konsequenz dieser Vorschrift und dem einheitlich zu verstehenden Begriff der [X.] liegen, die weiterhin wahlberechtigten abgeordneten [X.] auch als Regeldienstkräfte der Stammdienststelle im Sinne der §§ 14 und 43 Abs. 1 [X.] [X.] zu berücksichtigen. [X.] unterscheide sich die Abordnung aber von einer Zuweisung im Sinne des § 44g [X.]. Zudem sei die Regelung des § 12 Abs. 2 [X.] [X.] ebenso wie das [X.] geprägt, dass eine eindeutige Zuordnung zu der einen oder anderen Dienststelle erfolgt und dort die Wahlberechtigung bestehe, nicht aber an der Stammdienststelle und der aufnehmenden Dienststelle zugleich.

5

Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers, mit der dieser nur noch beantragt, unter Abänderung bzw. Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen festzustellen, dass bei der Ermittlung der gemäß § 43 Abs. 1 [X.] [X.] freizustellenden Anzahl der [X.]er diejenigen [X.] zu berücksichtigen sind, die der gemeinsamen Einrichtung [X.] zugewiesen sind. In der Sache macht er eine unrichtige Anwendung von § 43 Abs. 1 und § 12 Abs. 2 [X.] [X.] geltend. Auch die [X.] sei im Jahr 2012 davon ausgegangen, dass den [X.] zugewiesenen Beschäftigten der Bezirksämter ein Wahlrecht nach § 12 Abs. 2 [X.] [X.] (jedenfalls auch) bei der Stammdienststelle zustehe. § 12 Abs. 2 [X.] [X.] sei hinsichtlich des Begriffs der Abordnung weit auszulegen. Er bilde den Oberbegriff für alle Formen einer anderweitigen Beschäftigung außerhalb der eigentlichen Stammdienststelle, ohne dass es auf eine Eingliederung in diese ankomme. Selbst wenn man die Zuweisung an das Jobcenter nicht als Abordnung verstehen wolle, müsse § 12 Abs. 2 [X.] [X.] hierauf analog angewendet werden, da eine planwidrige Regelungslücke vorliege. Es bestehe anderenfalls eine vom Personalvertretungsrecht nicht gewollte [X.], weil die dem Jobcenter zugewiesenen [X.] keine Möglichkeit hätten, über einen Personalrat Einfluss auf Maßnahmen zu nehmen, die ihre Statusrechte beträfen. Diese sei auch planwidrig, weil der Gesetzgeber der Eingliederung gerade kein größeres Gewicht zugemessen habe als dem rechtlichen Band zur Stammdienststelle. Das aktive Wahlrecht solle erst bei einer Versetzung verloren gehen. Ein Verbot eines Doppelwahlrechts sei den Regelungen des [X.] Personalvertretungsgesetzes nicht zu entnehmen.

6

Der Beteiligte verteidigt den angegriffenen Beschluss.

II

7

Im Rechtsbeschwerdeverfahren verfolgt der Antragsteller nach Maßgabe des gestellten Antrags nur noch den abstrakten Feststellungsantrag weiter. Die so in statthafter Weise eingegrenzte Rechtsbeschwerde (vgl. § 91 Abs. 2 [X.] [X.] i.V.m. § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG) ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.

8

1. Der abstrakte Feststellungsantrag ist zulässig. Ihm fehlt nach der absehbaren und zwischenzeitlich durch die Beendigung der Wahlperiode eingetretenen Erledigung des konkreten Anlassfalles insbesondere nicht das erforderliche berechtigte Interesse an der geltend gemachten Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO). Nach den zwischen den Verfahrensbeteiligten auch mit Blick auf die gegenwärtigen Verhältnisse unstreitigen Feststellungen des [X.] ist seit September 2017 die Zahl der [X.] beim Bezirksamt unter Einschluss der dem Jobcenter zugewiesenen Beschäftigten durchgehend so hoch gewesen, dass die Freistellung eines weiteren [X.]s im Raum gestanden hat. Der Beteiligte will die Anzahl der freizustellenden [X.]er auch weiterhin ohne die dem Jobcenter zugewiesenen Beschäftigten ermitteln. Antragsbefugnis und Rechtsschutzbedürfnis werden unter diesen Voraussetzungen auch nicht durch den Amtsantritt des neugewählten Personalrats berührt (vgl. [X.], Beschluss vom 26. November 1997 - 6 P 12.95 - [X.] 250 § 27 B[X.] Nr. 3 S. 9).

9

2. Der Antrag ist indes nicht begründet. Der Beschluss des [X.] beruht nicht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 91 Abs. 2 [X.] [X.] i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde zu Recht insoweit zurückgewiesen, als der Antragsteller auch die Feststellung begehrt hat, dass bei der Ermittlung der Anzahl der gemäß § 43 Abs. 1 [X.] [X.] freizustellenden [X.]er auch die [X.] zu berücksichtigen sind, die der gemeinsamen Einrichtung [X.] zugewiesen sind.

Die Verfahrensbeteiligten streiten zu Recht nicht mehr um die Frage eines Anspruchs des Antragstellers auf eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 2 [X.] [X.]. Zu klären ist allein, ob die angefochtene Entscheidung auf einer unzutreffenden Anwendung von § 43 Abs. 1 und § 12 Abs. 2 des [X.] Personalvertretungsgesetzes ([X.] [X.]) in der insoweit jeweils unverändert gebliebenen Fassung vom 14. Juli 1994 (GVBl. 1994, 337; 1995, 24) beruht. Dies ist nicht der Fall.

a) Gesetzlicher Ausgangspunkt für das geltend gemachte Feststellungsbegehren ist § 43 Abs. 1 [X.] [X.]. Danach sind (soweit hier von Interesse) in Dienststellen mit in der Regel 2001 bis 3000 [X.] vier [X.]er von ihrer dienstlichen Tätigkeit auf Antrag des Personalrats freizustellen. Die Zahl der (regelmäßigen) [X.] ist danach der einzige materielle Maßstab, auf den es für die Bestimmung der Zahl der Mindestfreistellungen ankommt. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der in der Vorschrift bezeichnete Schwellenwert für die Freistellung eines vierten [X.]s bei Berücksichtigung der an das Jobcenter auf der Grundlage von § 44g [X.] zugewiesenen Beschäftigten seit mehreren Jahren und damit auch regelhaft überschritten wird. Diese Beschäftigten sind jedoch keine [X.] des [X.] im Sinne des § 43 Abs. 1 [X.] [X.].

Was unter einer [X.] nach § 43 Abs. 1 [X.] [X.] zu verstehen ist, ergibt sich aus der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 [X.] [X.]. [X.] im Sinne des Gesetzes sind danach die Angestellten, Arbeiter und Beamten einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass zur weiteren Auslegung dieses landesrechtlichen Begriffs auf die Auslegung des § 4 Abs. 1 B[X.] (a.F.) zurückzugreifen ist. Als [X.] anzusehen ist danach nur derjenige, der persönlich auf der Grundlage eines Beamtenverhältnisses, eines Beschäftigungsverhältnisses, das nach dem in Betracht kommenden besonderen Tarif- oder Dienstordnungsrecht begründet worden ist, oder eines Berufsausbildungsverhältnisses in eine Dienststelle, einen Betrieb der öffentlichen Hand oder eine sonstige öffentliche Einrichtung eingegliedert ist und der durch seine Tätigkeit an der Erfüllung der dieser Einrichtung gestellten öffentlichen Aufgabe mitwirkt oder sich im Rahmen einer Berufsausbildung auf eine solche Mitwirkung vorbereitet. Im Verhältnis zur Eingliederung in eine Dienststelle ist für den Begriffsinhalt der "[X.]" eine etwa fortbestehende (rechtliche) Zuständigkeit einer anderen Dienststelle beispielsweise in Bezug auf Personalentscheidungen - vorbehaltlich einer anderen gesetzlichen Regelung - kein beachtlicher Gesichtspunkt (vgl. [X.], Beschluss vom 6. Juni 1991 - 6 P 8.89 - [X.] 251.2 § 12 Bln[X.] Nr. 1 S. 7 f. m.w.N.).

Dass der Eingliederung eines einschlägigen Beschäftigten in eine Dienststelle eine ausschlaggebende Bedeutung für den Begriff der [X.] nach § 43 Abs. 1 [X.] [X.] beizumessen ist, kommt unabhängig hiervon auch im Wortlaut dieser Vorschrift zum Ausdruck. Denn dort wird auf "Dienststellen mit in der Regel X [X.]" abgestellt. Mit dieser Wendung wird sprachlich unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass es auf die Zahl derjenigen Personen ankommen soll, die als [X.] einer Dienststelle zugeordnet ("mit") sind, für welche der Personalrat zu bilden ist. Für die Bestimmung des relevanten Personenkreises kommt es auf die Zahl der dienststellenangehörigen und damit der in eine Dienststelle eingegliederten Beschäftigten an (vgl. zu § 16 Abs. 1 B[X.] : [X.], Beschluss vom 11. Oktober 2013 - 6 PB 27.13 - [X.] 250 § 88 B[X.] Nr. 1 Rn. 8, 10 m.w.N.).

Hiervon ausgehend sind die dem Jobcenter zugewiesenen Beschäftigten des [X.], obgleich es sich bei ihnen weiterhin um Beamte oder Angestellte des [X.] handelt (§ 44g Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 [X.]), jedenfalls nach Ablauf der in § 14 Abs. 2 Satz 1, 3 und 4 B[X.] bezeichneten Fristen (vgl. [X.], Beschluss vom 20. November 2012 - 6 PB 14.12 - [X.] 250 § 48 B[X.] Nr. 1 Rn. 5 und 9) keine berücksichtigungsfähigen [X.] des [X.] im Sinne von § 43 Abs. 1 [X.] [X.] mehr, weil sie dort nicht länger nach Weisung des [X.] an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitwirken. Auf den Umstand, ob und in welchem Umfang das Bezirksamt nach wie vor für mitbestimmungspflichtige Maßnahmen in Bezug auf die dem Jobcenter zugewiesenen Beschäftigten zuständig ist, kommt es hier nicht an.

b) Diesem Ergebnis steht für die hier in Rede stehende Fallgestaltung die Regelung des § 12 Abs. 2 [X.] [X.] nicht entgegen. Danach sind abgeordnete [X.], Beamte im Vorbereitungsdienst und [X.] in entsprechender Ausbildung nur bei ihrer Stammbehörde wahlberechtigt.

Die genannte Vorschrift, die mit der Einbeziehung [X.] Beschäftigter über die [X.] in § 14 Abs. 3 B[X.] hinausgeht, betrifft zwar unmittelbar nur das aktive Wahlrecht zum Personalrat. Da die Wahlberechtigung jedoch gemäß § 12 Abs. 1 [X.] [X.] die [X.]eigenschaft voraussetzt, lässt sich § 12 Abs. 2 [X.] [X.] mittelbar auch die Aussage entnehmen, dass die dort erfassten Personen während der fraglichen Abordnungs- oder Ausbildungszeiten [X.] der Stammbehörde bleiben. Aus § 12 Abs. 2 [X.] [X.] ergibt sich ferner, dass ihre vorübergehende Tätigkeit in einer anderen Dienststelle die Eingliederung in der bisherigen Dienststelle nicht beseitigt. Die Vorschrift besagt damit, dass im Fall einer Abordnung der rechtlichen Bindung zur Stammbehörde ein größeres Gewicht zugemessen wird als der tatsächlichen Beschäftigung bzw. Eingliederung bei einer anderen Dienststelle (vgl. [X.], Beschluss vom 18. September 2003 - 6 P 2.03 - [X.]E 119, 64 <67 f.>).

Unabhängig davon, inwieweit sich aus einer danach anzunehmenden fortbestehenden Eingliederung in die Stammdienststelle Auswirkungen auf die Auslegung von § 43 Abs. 1 [X.] [X.] ergeben, sind solche jedenfalls für die hier in Rede stehende Fallgestaltung einer Zuweisung von Beschäftigten eines [X.] an ein Jobcenter ausgeschlossen, weil der Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 [X.] [X.] sich von vornherein nicht auf eine solche Zuweisung erstreckt (aa). Auch eine analoge Anwendung des § 12 Abs. 2 [X.] [X.] hierauf scheidet aus (bb).

aa) Ungeachtet der Frage, ob eine Zuweisung von Beschäftigten eines [X.] an ein Jobcenter nach § 44g [X.] überhaupt als Abordnung im Sinne des § 12 Abs. 2 [X.] [X.] aufgefasst werden kann, ist der Anwendungsbereich dieser Vorschrift auf solche Konstellationen beschränkt, die der [X.] Landesgesetzgeber hinsichtlich der Wahlberechtigung umfassend selbst regeln kann. Sie greift also dann nicht, wenn durch das [X.] Landesrecht ein Wahlrecht zum Personalrat der [X.] in den in § 12 Abs. 2 [X.] [X.] genannten Fällen mangels einer entsprechenden Gesetzgebungskompetenz nicht ausgeschlossen werden kann. Da aber auch die Regelung des [X.] der gemeinsamen Einrichtungen im Sinne von § 44b [X.] nach Art. 91e Abs. 3 GG in die weit zu verstehende ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des [X.] fällt (vgl. [X.]. 17/1554 S. 5; [X.], Urteil vom 7. Oktober 2014 - 2 BvR 1641/11 - [X.]E 137, 108 Rn. 142), gilt § 12 Abs. 2 [X.] [X.] für die einem Jobcenter zugewiesenen Beschäftigten der [X.] Landesverwaltung von vornherein nicht. Dies ergibt eine Auslegung der Vorschrift insbesondere anhand ihres Wortlauts und ihrer systematischen Struktur.

Dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 [X.] [X.] nach lassen sich der Vorschrift zwei Regelungsaussagen entnehmen. Sie bestimmt zunächst, dass Bedienstete in einem Abordnungs- oder Ausbildungsverhältnis das Wahlrecht zum Personalrat ihrer Stammdienststelle behalten. Zum anderen folgt aus der Verwendung des Wortes "nur", dass dieses Wahlrecht exklusiv eingeräumt, also gleichzeitig und als Konsequenz dieser Einräumung ein (weiteres) Wahlrecht bei der Beschäftigungsbehörde ausgeschlossen wird. Der danach bestehende Zusammenhang beider Regelungsteile ist nicht trennbar, wofür neben dem Wortlaut mit Blick auf die Systematik auch die Normstruktur spricht. Denn der [X.] Gesetzgeber hat die normativen Aussagen über das jeweilige Wahlrecht - anders als im Fall des § 14 Abs. 2 Satz 1 B[X.] - innerhalb des [X.] nicht auf zwei Gliederungsebenen aufgeteilt, sondern beide in ein- und demselben nicht weiter untergliederten Satz zusammengefasst. Daraus ergibt sich, dass die Einräumung des Wahlrechts bei der Stammdienststelle durch § 12 Abs. 2 [X.] [X.] nur so weit reicht, wie mit ihr auch das Wahlrecht bei der Beschäftigungsbehörde ausgeschlossen wird.

Die Entstehungsgeschichte der Norm steht dieser Auslegung nicht entgegen; ihr Sinn und Zweck stützt sie. Die in § 12 Abs. 2 [X.] [X.] enthaltene Regelung, einschließlich ihrer Erstreckung auch auf abgeordnete Beschäftigte, war bereits in der Ursprungsfassung des Gesetzes vom 21. März 1957 (damals § 7 Abs. 2 [X.] [X.]) enthalten. Den Motiven ist hierzu allein zu entnehmen, dass der [X.] Gesetzgeber grundsätzlich eine Übernahme des [X.]rechts beabsichtigte. Ein Grund für die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Regelung im Vergleich zum [X.]recht (im Jahr 1957: § 9 Abs. 3 [X.]) wurde allerdings nicht angegeben (vgl. [X.]. 2/756 S. 12). Mit Blick hierauf dient § 12 Abs. 2 [X.] [X.] seinem Sinn und Zweck nach - wie auch die parallele bundesrechtliche Regelung - dazu, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass in den erfassten Fällen die Einräumung eines Wahlrechts bei der [X.] wegen einer vorübergehenden oder sogar absehbar nur kurzfristigen Tätigkeit und einer damit dort fraglichen Eingliederung nicht sinnvoll erscheint und stattdessen aus Gründen der Praktikabilität und Rechtssicherheit die alleinige Zuweisung eines dauerhaften Wahlrechts bei der Stammbehörde erfolgt (vgl. [X.]. 2/1189 S. 4; [X.], Beschlüsse vom 13. September 2002 - 6 P 4.02 - [X.] 250 § 82 B[X.] Nr. 17 S. 11 f. und vom 18. September 2003 - 6 P 2.03 - [X.]E 119, 64 <67 f.>; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], 5. Aufl. 2020, B[X.], § 13 Rn. 36; [X.], in: [X.] B[X.], [X.], 7. Edition , § 14 Rn. 31). Hieraus ergibt sich aber nur, dass die Funktion des [X.] des Wahlrechts bei der Stammbehörde darin besteht, den Wegfall eines als nicht praktikabel oder nicht opportun angesehenen Wahlrechts bei der [X.] auszugleichen. Es bedeutet nicht, dass ein Wahlrecht bei der Stammdienststelle auch dann zu gewähren ist, wenn das Wahlrecht bei der [X.] gerade nicht zugleich ausgeschlossen wird.

Eine beispielsweise § 112 L[X.] [X.] entsprechende Regelung, auf deren Grundlage im Fall einer Zuweisung nach § 44b [X.] das Wahlrecht zum Personalrat der abgebenden Dienststelle ungeachtet eines ebenfalls eingeräumten Wahlrechts bei der [X.] bestehen bleibt, oder eine solche, nach der wie im Fall des § 4 Abs. 1 Satz 2 LPVG [X.] auch einer anderen Stelle, etwa einem Jobcenter, zugewiesene Personen weiter als Beschäftigte der Stammdienststelle gelten (vgl. dazu [X.]. 15/4224 S. 85), enthält das [X.] Landesrecht im Übrigen nicht.

bb) Die Regelung des § 12 Abs. 2 [X.] [X.] ist auch nicht - wie der Antragsteller meint - analog auf die Wahlberechtigung von Beschäftigten eines [X.] anzuwenden, die über den Bereich der [X.] Verwaltung hinaus nach § 44g [X.] einem Jobcenter zugewiesen sind.

Jede Art der gesetzesimmanenten richterlichen Rechtsfortbildung - hier die Analogie - setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Hat der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, dürfen die Gerichte diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch eine eigene Lösung ersetzen. Ob eine Gesetzeslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Gesetzgebers erfassten Fälle in den gesetzlichen Vorschriften tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Vorschrift nicht alle Fälle erfasst, die nach dem Sinn und Zweck der Regelung erfasst sein sollten. Eine solche Lücke ist im Wege der Gesamtanalogie zu schließen, wenn mehreren gesetzlichen Bestimmungen, die an verschiedene Tatbestände anknüpfen, ein "allgemeiner Rechtsgrundsatz" entnommen werden kann, der auf den im Gesetz nicht geregelten Tatbestand wertungsmäßig ebenso zutrifft wie auf die geregelten Tatbestände (vgl. [X.], Beschluss vom 22. September 2015 - 5 P 12.14 - [X.] 250 § 13 B[X.] Nr. 6 Rn. 34 m.w.N.). Daran gemessen ist zwar eine [X.], nicht aber deren Planwidrigkeit zu bejahen.

(1) Sinn und Zweck des [X.] ist es, der Gesamtheit der Beschäftigten über die von ihnen zu bildenden [X.] eine Möglichkeit zur Einflussnahme auf die sie betreffenden innerdienstlichen Angelegenheiten unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Grenzen zu geben (vgl. [X.], Beschluss vom 22. September 2015 - 5 P 12.14 - [X.] 250 § 13 B[X.] Nr. 6 Rn. 35). Das ist im Falle der einem Jobcenter zugewiesenen Beschäftigten des [X.] insofern nicht lückenlos gewährleistet, als nach § 44d Abs. 4 [X.] die Befugnisse zur Begründung und Beendigung der Beschäftigungsverhältnisse der dem Jobcenter zugewiesenen Beschäftigten weiterhin in der Zuständigkeit der abgebenden Dienstherren und Arbeitgeber verbleiben, die die dort gebildeten Personalvertretungen zu beteiligen haben (§ 44h Abs. 5 [X.]). Mangels einer - wie bereits dargelegt - fortbestehenden Eingliederung in die Stammdienststelle haben die Betroffenen aber ihre Wahlberechtigung beim Bezirksamt nach § 12 Abs. 1, § 3 Abs. 1 [X.] [X.] grundsätzlich verloren (vgl. [X.], Beschluss vom 25. Januar 2018 - OVG 60 PV 5.17 - juris Rn. 24 ff. m.w.[X.]/[X.]/Germelmann, [X.] [X.], 3. Aufl. 2010, § 12 Rn. 6) und damit auch keine Möglichkeit, auf die Zusammensetzung des dortigen Personalrats durch diesen Einfluss auf die Maßnahmen zu nehmen, die ihre Statusrechte berühren.

(2) Diese [X.] ist indes nicht planwidrig, weil sich dem [X.] Personalvertretungsgesetz schon nicht entnehmen lässt, dass dieses ausnahmslos eine lückenlose personalvertretungsrechtliche Beteiligung der Beschäftigten hinsichtlich der sie betreffenden innerdienstlichen Maßnahmen über die jeweiligen [X.] beabsichtigt, was verfassungsrechtlich auch nicht erforderlich ist (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Januar 2013 - 6 PB 17.12 - [X.] 250 § 13 B[X.] Nr. 5 Rn. 10). Dies ergibt sich ohne Weiteres bereits aus der hier in Rede stehenden Regelung des § 12 Abs. 2 [X.] [X.] selbst, die es insbesondere im Fall einer Abordnung innerhalb des Bereichs der [X.] Landesverwaltung ausdrücklich vorsieht, dass die hiervon betroffenen Beschäftigten gerade nicht umfassend Einfluss auf die sie betreffenden innerdienstlichen Angelegenheiten erhalten, weil sie vom Wahlrecht zum Personalrat ihrer [X.] ausgeschlossen sind. Danach hat der [X.] Gesetzgeber personalvertretungsrechtliche [X.]n im Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 [X.] [X.] bewusst in Kauf genommen. Unbeschadet dessen sind keinerlei Anhaltspunkte für einen Plan des Gesetzgebers erkennbar, die Regelung des § 12 Abs. 2 [X.] [X.], soweit sie sich auf die Wahlberechtigung in der Stammdienststelle bezieht, auf Abordnungen oder auch Zuweisungen über den [X.] Bereich hinaus zu erstrecken.

Meta

5 P 6/20

24.11.2021

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: P

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 30. Juni 2020, Az: OVG 60 PV 3.19, Beschluss

§ 3 Abs 1 PersVG BE 2004, § 12 Abs 2 PersVG BE 2004, § 43 Abs 1 PersVG BE 2004, § 4 Abs 1 BPersVG 2021 2020, § 14 Abs 2 BPersVG 2021, § 14 Abs 3 BPersVG 2021, § 44b SGB 2, § 44g SGB 2, Art 91e Abs 3 GG, § 94 Abs 2 S 2 ArbGG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.11.2021, Az. 5 P 6/20 (REWIS RS 2021, 872)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 872

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 PB 3/16 (Bundesverwaltungsgericht)

Zum Begriff der Dienstkraft nach § 3 Abs. 1 Satz 1 PersVG BE 2004


7 A 700/15 HGW (Verwaltungsgericht Greifswald)


6 PB 17/12 (Bundesverwaltungsgericht)

Beschäftigte der Bundesagentur für Arbeit; Zuweisung von Tätigkeiten beim Jobcenter; Wahlberechtigung zum Personalrat der Agentur …


4 A 235/12 (Oberverwaltungsgericht des Saarlandes)


4 A 234/12 (Oberverwaltungsgericht des Saarlandes)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 BvR 1641/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.