Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2006, Az. IX ZB 309/04

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 56

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[X.][X.] 309/04 vom 21. Dezember 2006 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.] und die Richter [X.], [X.], [X.] und [X.] am 21. Dezember 2006 beschlossen: Dem Beklagten zu 2 wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt und Rechtsanwalt Dr. v. [X.] beigeordnet. Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des 24. Zivilsenats des [X.] vom 6. Dezember 2004 wird auf Kosten des [X.] als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 180.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Kläger macht [X.] aus einer Stundenabrechnungsverein-barung geltend. Das [X.] wies die Klage durch Urteil vom 18. Juni 2004 ab, das dem Kläger am 14. Juli 2004 zugestellt wurde. Hiergegen legte er mit Schriftsatz vom 13. August 2004 (Freitag) Berufung ein. Das Berufungsgericht 1 - 3 - verwarf die Berufung durch [X.]uss vom 28. September 2004 als unzulässig, weil sie nicht begründet worden war. Dieser [X.]uss wurde dem Kläger am 5. Oktober 2004 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2004 hat der Kläger beantragt, ihm gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand zu gewähren. Zur Begründung hat er ausgeführt: 2 Die Überwachung von Fristen im Büro des [X.] sei so organisiert, dass die Kanzleivorsteherin [X.]Fristen sowohl im Computer als auch in einem Fristenkalender vermerke, wobei zusätzlich eine Woche vor Fristablauf eine Vorfrist eingetragen werde. Auch werde die Eintragung von Berufungs- und Berufungsbegründungsfristen im Fristenkalender auf dem jeweiligen Urteil vermerkt. Zusätzlich würden jeden Freitag Vor- und Ablauffristen der kommen-den Woche ausgedruckt und dem zuständigen Rechtsanwalt vorgelegt. Die Ein-tragung und Kontrolle der Fristen obliege der Kanzleivorsteherin. Fehler seien insoweit nie vorgekommen oder bemerkt worden. Im vorliegenden Fall habe die nach einem Mutterschaftsurlaub im Rahmen eines [X.] tätige [X.]zunächst versehentlich nur die Berufungsfrist notiert, nicht aber die Berufungsbegründungsfrist. Dem Kläger sei dies aufgefallen. Er habe seinen Bürokollegen Rechtsanwalt [X.], der mit der Überprüfung der Erfolgsaussichten der Berufung befasst gewesen sei, hierüber informiert. Dieser habe am 13. August 2004 der Kanzlei-vorsteherin den Auftrag erteilt, auch die Berufungsbegründungsfrist zu notieren, was diese [X.]auch zugesichert habe. Hierfür habe sie die Akte bei sich auf dem Schreibtisch behalten. Entgegen dieser Zusage sei die Frist gleichwohl nicht notiert worden. Erst nach Eingang des [X.] sei der Fristablauf und die unterbliebene Fristnotierung aufgefallen. 3 - 4 - Zur Glaubhaftmachung hat sich der Kläger unter anderem auf die eides-stattliche Versicherung des Rechtsanwalts [X.]bezogen, in der dieser angibt, von dem Kläger im Rahmen eines Gesprächs am 12. August 2004 auf die fehlende Notierung der Berufungsbegründungsfrist aufmerksam gemacht worden zu sein. Ihm sei die Akte mit dem [X.]uss des [X.] erst wieder am 5. Oktober 2004 vorgelegt worden. 4 Mit dem angefochtenen [X.]uss hat das Berufungsgericht den Wie-dereinsetzungsantrag des [X.] zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die-ser mit seiner Rechtsbeschwerde. 5 I[X.] Die nach § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil keiner der in § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zulässigkeitsgründe vorliegt. Die Rechtsfragen, die der Beschwerdefall aufwirft, sind höchstrichterlich geklärt. Die Begründung des Be-rufungsgerichts hält sich in dem durch diese Rechtsprechung vorgezeichneten Rahmen. 6 1. Das Berufungsgericht meint, die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO) sei zu versagen, weil der Kläger als Prozessbevoll-mächtigter in eigener Sache die Berufungsbegründungsfrist schuldhaft nicht eingehalten habe. 7 - 5 - a) Hierbei befindet sich das Berufungsgericht im Einklang mit der höchst-richterlichen Rechtsprechung. Danach braucht ein Rechtsanwalt zwar grund-sätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten [X.] zu überwachen. Er kann im Allgemeinen auch darauf vertrauen, dass eine sonst zuverlässige Bü-roangestellte mündliche Anweisungen richtig befolgt ([X.], [X.]. v. 4. No-vember 2003 - [X.], [X.], 688, 689; v. 13. September 2006 - [X.] 103/06, [X.], 1663 f). In einer Anwaltskanzlei müssen jedoch grundsätzlich ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, dass die mündliche [X.] über die Eintragung einer wichtigen Frist in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt. In Bezug auf die Versäumung der Berufungsfrist hat der [X.] dies wiederholt klargestellt. Wenn ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Berufungs-frist nur mündlich vermittelt wird, dann bedeutet das Fehlen jeglicher Sicherung einen entscheidenden Organisationsmangel ([X.], [X.]. v. 10. Oktober 1991 - [X.], [X.], 574; v. 4. November 2003, aaO S. 689; v. 13. September 2006, aaO). Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze mit Recht auf die hier zu beurteilende Versäumung der Berufungsbegründungsfrist übertragen. Denn auch sie führt wie die Versäumung der Berufungsfrist zur Verwerfung und damit zum Verlust des Rechtsmittels (vgl. § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Einer weiteren höchstrichterlichen Klärung bedarf es insoweit nicht. 8 2. In Anwendung dieser Grundsätze ist das Berufungsgericht zu dem - im Übrigen naheliegenden - Ergebnis gelangt, der Kläger habe die Fristversäu-mung verschuldet, weil er nicht dafür gesorgt habe, dass die Eintragung der Begründungsfrist sofort erfolgte und nicht wegen anderer Aufgaben [X.] wurde. Diese Würdigung ordnet sich in die zu § 233 ZPO ergangene Rechtsprechung des [X.] ein. 9 - 6 - a) Das Berufungsgericht führt aus, angesichts des vorausgegangenen Fehlverhaltens habe den Kläger eine besondere Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Eintragung und Sicherung der Berufungsbegründungsfrist getroffen (vgl. hierzu [X.], [X.]. v. 19. Januar 1984 - [X.], [X.], 286). Da bereits die Anwaltsgehilfin die Eintragung vergessen gehabt habe und die daraufhin angewiesene Kanzleivorsteherin mit anderen Angelegenheiten beschäftigt [X.] sei, habe ein sorgfältiger Rechtsanwalt die sofortige Eintragung vor der Ausführung anderer Arbeiten sicherstellen und die Eintragung kontrollieren müssen. Dies sei jedoch unterblieben. Eine anwaltliche Kontrolle der Eintragung sei darüber hinaus auch deshalb erforderlich gewesen, weil die Eintragung nur der Begründungsfrist auf [X.] für die angewiesene Kanzleivorsteherin eine Abweichung vom üblichen Ablauf dargestellt habe. 10 b) Diese Würdigung steht entgegen der Auffassung der Rechtsbe-schwerde nicht in Widerspruch zu der höchstrichterlichen Rechtsprechung. 11 In seinem [X.]uss vom 23. Oktober 2003 ([X.], [X.], 367, 369) hat der [X.] hervorgehoben, dass die konkrete Einzel-weisung, welche die bestehende Organisation nicht außer [X.] setzt, sondern sich einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten, den Rechtsanwalt bei einer unzureichenden Organisation nicht entlas-ten kann. Einen solchen Fall hat das Berufungsgericht ohne [X.] angenommen. Durch die am 13. August 2004 erteilte [X.] sollte nur das Versäumnis der Anwaltsgehilfin korrigiert werden. Dadurch wurden die [X.] organisatorischen Maßnahmen im Büro des [X.] nicht außer [X.] gesetzt. Diese waren nach dem Vortrag des [X.], den das Berufungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat und der für das Rechtsbeschwerdege-richt bindend ist (vgl. [X.], [X.]. v. 23. Oktober 2003, aaO S. 368), unzurei-12 - 7 - chend. Sie trafen keine Vorsorge für den auch hier eingetretenen Störfall, dass die Eintragung der Frist sowohl im Fristenkalender als auch auf der [X.] unterblieb. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen. 13 Dr. [X.] [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.06.2004 - 15 O 425/03 - O[X.], Entscheidung vom 06.12.2004 - [X.]/04 -

Meta

IX ZB 309/04

21.12.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2006, Az. IX ZB 309/04 (REWIS RS 2006, 56)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 56

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