Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2018, Az. 4 StR 98/18

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 8326

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:050618B4STR98.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 98/18

vom
5. Juni
2018
in der Strafsache
gegen

wegen
Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] am 5.
Juni 2018
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 9.
November 2017, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, so-weit von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt abgesehen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] zurück-verwiesen.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem
Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Hiergegen richtet sich, soweit er verurteilt worden ist, die auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.
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Das Rechtsmittel hat nur zum unterbliebenen [X.] nach §
64 StGB Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
I.
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat zum Schuld-
und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erge-ben.
II.
Jedoch hat das Urteil keinen Bestand, soweit das [X.] eine Un-terbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§
64 StGB) abgelehnt hat.
1.
Nach den Feststellungen des [X.] konzentrierte sich die Frei-zeitgestaltung des 1979 geborenen Angeklagten ab 1999 zunehmend auf den [X.] von Cannabis. Nachdem er diesen [X.] mit Beginn seines Diens-tes in der [X.] noch intensiviert hatte, nahm er seit
2003/2004 [X.] zum Muskelaufbau und konsumierte zusätzlich vermehrt Alkohol. Von [X.] 2017 bis zu seiner Festnahme im vorliegenden Verfahren konsumierte der Angeklagte täglich Kokain und an Wochenenden zusätzlich Amphetamin. Als Gegenleistung für die Unterstützung des Mitangeklagten bei dem abgeurteilten Tatgeschehen erhoffte er sich finanzielle Zuwendungen, die er zumindest auch zum Erwerb von Kokain verwenden wollte, da er (seit Ende 2015) ausschließ-lich von Sozialleistungen lebte und Schulden in
Höhe von 35.000

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Das [X.] hat

insoweit dem Sachverständigen folgend

einen Hang im Sinne des §
64 StGB bejaht. Die abgeurteilte Tat habe auch [X.], da sich der Angeklagte von der Unterstützung des Mitangeklag-ten einen finanziellen Gewinn erhofft und der [X.] beim Angeklagten [X.] einzugehen. Seine Betäubungsmittelabhängigkeit sei für die von ihm began-gene Straftat daher zumindest mitursächlich. Die Gefahr erheblicher weiterer Taten sei indes, so das [X.] abweichend von der Prognose des Sach-)

Trotz der seit mehreren Jah-ren bestehenden Abhängigkeit von Kokain liege lediglich eine vier Jahre alte, nicht einschlägige Voreintragung vor. Die [X.] befürworte jedoch eine Rehabilitationsbehandlung im Sinne des §
35 BtMG.
2.
Diese Ausführungen des [X.] halten nicht in jeder Hinsicht rechtlicher Nachprüfung stand.
a)
Im Ergebnis rechtsfehlerfrei hat die [X.] einen Hang des [X.] zum [X.] berauschender Mittel im Übermaß sowie das Vorliegen einer Symptomtat bejaht. Ein Hang im Sinne des §
64 StGB liegt in der vom [X.] mit sachverständiger Hilfe festgestellten psychischen Abhängigkeit des Angeklagten von Kokain und Cannabis (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 27.
April 1989

4
StR
157/89, [X.]R StGB §
64 Abs.
1 Hang
1). Der für die Unterbringung nach §
64 StGB ferner erforderliche symptomatische Zu-sammenhang zwischen Hang und abgeurteilter Tat findet im vorliegenden Fall seine Grundlage bereits allein in der Feststellung im Urteil, der Angeklagte habe den Lohn für seine Unterstützung des Mitangeklagten zumindest auch für den Erwerb von Kokain zum Eigenkonsum einsetzen wollen (vgl. dazu i.
E. [X.], Beschluss vom 30.
September 2003

4
StR
382/03, [X.], 78, 79
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mwN). Auf die weiteren Erwägungen der [X.] zur möglichen Mitursäch-lichkeit einer allgemeinen, konsumbedingten Disposition des Angeklagten zur Begehung von Straftaten kommt es deshalb nicht an.
b)
Jedoch sind die Ausführungen des [X.] zur Gefahrprognose widersprüchlich und daher durchgreifend rechtsfehlerhaft.
Ersichtlich sieht die [X.] den Angeklagten als therapiebedürftig an, wie schon der Hinweis auf §
35 BtMG zeigt.
Danach ist die Annahme, es bestehe nicht die Gefahr, der Angeklagte werde infolge seines Hanges künftig erhebliche rechtswidrige Taten, insbesondere Beschaffungstaten,
begehen, nicht nachvollziehbar, zumal sich die Gefahr in der abgeurteilten Tat geradezu exemplarisch dokumentiert hat. Der vom [X.] allein herangezogene Umstand, der Angeklagte sei trotz der über mehrere Jahre hinweg bestehenden Abhängigkeit von Betäubungsmitteln nur einmal straffällig geworden, noch dazu vor vier Jahren und nicht einschlägig, ist deshalb in diesem Zusammenhang für sich allein nicht tragfähig.
3.
Da das [X.] selbst von einer hinreichend konkreten Aussicht eines Behandlungserfolges ausgegangen ist, muss über die Maßregelanord-nung unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§
246a Satz
2 StPO) insge-samt neu entschieden werden. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht. Der [X.] hat die Nichtanwendung des §
64 StGB durch das Tatgericht vom Rechtsmittelangriff nicht ausgenommen (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Oktober 1992

2
StR
374/92, [X.]St 38, 362, 364).
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4.
Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Der [X.] kann aus-schließen, dass der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung auf eine niedri-gere Strafe erkannt hätte.
III.
Mit Blick darauf, dass das [X.] in den Urteilsgründen eine Reha-bilitationsbehandlung des Angeklagten im Sinne von §
35 BtMG befürwortet hat, weist der [X.] rein
vorsorglich darauf hin, dass die Unterbringung nach §
64 StGB einer etwaigen Maßnahme nach §
35 BtMG vorgeht. Hieran hat sich auch durch die Neufassung des §
64 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und
in einer Entzie-hungsanstalt vom 16.
Juli 2007 ([X.]
I, S.
1327) nichts geändert.
Dies ent-spricht der ständigen Rechtsprechung des [X.] (vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 13.
November 2007

3
StR
452/07, [X.], 73
f.; vom 10.
März 2010

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StR
34/10, [X.], 678; vom 22.
Februar 2011

4
StR 5/11 und vom 5.
April 2016

3
StR
554/15,
NStZ-RR 2016, 209, 210).
Sost-Scheible
Cierniak
Franke

Bender
Quentin
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13

Meta

4 StR 98/18

05.06.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2018, Az. 4 StR 98/18 (REWIS RS 2018, 8326)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8326

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