Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.09.2016, Az. 30 W (pat) 1/15

30. Senat | REWIS RS 2016, 5070

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "CLINICALL® Klinik-Infotainment Systeme (Wort-Bild-Marke)/clino call" – Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit und -identität – zur Kennzeichnungskraft - keine Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 034 575

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 22. September 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, des [X.] [X.] sowie des [X.] am Amtsgericht Dr. Meiser

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 10. Juni 2009 angemeldete Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

ist am 23. Juli 2009 unter der Nummer 30 2009 034 575 für die Waren und Dienstleistungen

3

"Klasse 9: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild;

4

Klasse 38: Telekommunikation;

5

Klasse 44: medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistung"

6

in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 28. August 2009.

7

Gegen die Eintragung ist am 1. Oktober 2009 – beschränkt auf die Klassen 9 und 38 – Widerspruch erhoben worden von der Inhaberin der am 18. März 2004 angemeldeten und am 8. Juni 2004 eingetragenen Marke 304 15 983

8

[X.] call

9

die für

"Klasse 9: Drahtgebundene und drahtlose sowie optische und akustische Personenruf- und Signalisiergeräte und -anlagen; multimediale Kommunikationsgeräte und -anlagen einschließlich ISDN- und Internetzugängen; Zeiterfassungs- und Abrechnungsanlagen sowie deren Peripheriegeräte; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Software für die vorgenannten Geräte und Anlagen; zur Benutzung in Krankenhäusern und Seniorenheimen hergerichtete Radio-, Fernseh- und Telefongeräte; elektrische Kabel und Drähte; Lichtwellenleiter und deren Peripheriegeräte; elektrotechnisches Installationsmaterial; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; elektrische Geräte und Anlagen zur Überwachung, Steuerung und Regelung von Zuständen im Inneren von Gebäuden, insbesondere Gefahrenmelde-, Zutrittskontroll-, Telekommunikations- und Fluchtwegkennzeichnungsanlagen und deren Teile; Geräte zur Steuerung von Löschmittelanlagen; Feuerlöschgeräte; alle vorgenannten Waren für Krankenhäuser und Seniorenheime"

geschützt ist.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat vor der Markenstelle mit Schriftsatz vom 4. Februar 2010 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung hat die Widersprechende mit den Schriftsätzen vom 15. Juli 2010 sowie – im Beschwerdeverfahren – vom 10. und 12. August 2016 Unterlagen u. a. in Form von Produktbroschüren, Produktübersichten sowie eidesstattliche Versicherungen der Geschäftsführer [X.] vom 2. Juli 2010 und [X.] vom 8. August 2016 vorgelegt.

Die Markenstelle für Klasse 44 des [X.]s hat mit zwei Beschlüssen vom 17. Juni 2011 und 16. September 2014, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen.

Selbst wenn man ungeachtet der Benutzungseinrede der Inhaberin der angegriffenen Marke zugunsten der Widersprechenden von der [X.] ausgehe, wonach sich beide Marken auf jedenfalls hochgradig ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen könnten, sowie weiterhin einen durchschnittlichen Schutzumfang der Widerspruchsmarke zugrunde lege, scheide eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken mangels hinreichender Markenähnlichkeit aus.

[X.][X.]" der die [X.] prägende Bestandteil. Die übrigen Bestandteile träten demgegenüber zurück, da es sich um beschreibende Wortelemente ("[X.]") und ausschmückende graphische Elemente handele. Die angegriffene Marke werde daher mit "[X.][X.]" benannt, wobei dieser Begriff aufgrund seiner Gestaltung in Fettdruck/Normalschrift sowie des im Zeichen in der Zeile darunter angeordneten erläuternden Begriffs "Klinik" als Kombination aus "[X.]" und "[X.]" wahrgenommen und vom Verkehr auch so ausgesprochen werde.

Es stünden sich mithin die als "CLI-NIC-[X.]" und "CLI–NO-C[X.]" gesprochenen Wortbestandteile gegenüber, bei denen durch die unterschiedliche Silbengliederung die begrifflichen Abweichungen deutlich hervorträten (bei der angegriffenen Marke die Begriffe "Clinic" und "All", bei der Widerspruchsmarke das Wort "Call"). Insgesamt sei daher ein sicheres klangliches [X.] gewährleistet.

[X.] seien die gegenüberstehenden Marken ebenfalls nicht verwechselbar. Die aus zwei getrennt geschriebenen, kurzen Worten bestehende Widerspruchsmarke hebe sich visuell deutlich ab von der angegriffenen Marke, die mehrere längere Wortelemente aufweise und zudem graphisch ausgestaltet sei. Auch aus der Erinnerung heraus seien die Marken daher deutlich unterscheidbar. In begrifflicher Hinsicht sei eine Verwechslungsgefahr bereits durch den unterschiedlichen Sinngehalt der Worte "[X.]" und "Call" ausgeschlossen.

Eine Verwechslungsgefahr sei daher mangels hinreichender Zeichenähnlichkeit auszuschließen, wobei sich zusätzlich noch kollisionsmindernd auswirke, dass bei den Waren der Widerspruchsmarke maßgeblich auf den [X.] abzustellen sei ("alle vorgenannten Waren für Krankenhäuser und Seniorenheime"), bei dem generell von einer höheren Aufmerksamkeit ausgegangen werde.

[X.][X.]" zu beachten, da die übrigen Markenbestandteile wie vor allem die Worte "[X.]" glatt beschreibend seien und daher zur Unterscheidung der Zeichen nichts beitrügen. Beide Marken unterschieden sich dann aber in einem einzigen Buchstaben, nämlich den Vokalen "o" und "i". Da der Schutzbereich der Widerspruchsmarke nicht nur die eingetragene Form in Kleinbuchstaben, sondern auch jede andere verkehrsübliche Wiedergabeform umfasse, seien die Marken dann aber bei Verwendung derselben Schriftart z. B. in Großbuchstaben ununterscheidbar.

In klanglicher Hinsicht liege der einzig erkennbare Unterschied in den abweichenden Vokalen "o" bzw. "i" in der jeweils unbetonten Mittelsilbe. Diese Abweichung in einem unbetonten Vokal trete jedoch angesichts der ansonsten identischen Buchstabenfolgen insbesondere auch am Wortanfang nicht so deutlich hervor, dass sie vor allem bei ungünstigen akustischen Übermittlungsbedingungen und vor dem Hintergrund eines verblassenden Erinnerungsbildes ein sicheres [X.] der Marken noch gewährleisten könnte. Zudem sei zu erwarten, dass die Verbraucher das Element "C[X.]" bei der angegriffenen Marke als eigenständiges Wort erkennen und diese daher wie "CLI-NI-C[X.]" artikulieren würden, was die klangliche Ähnlichkeit zu der wie "[X.]" artikulierten Widerspruchsmarke noch verstärke.

Selbst wenn ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Bestandteil "[X.]" gedanklich in "[X.]-[X.]" trenne, sei es bei Aussprache mit alltäglicher Geschwindigkeit und ohne gleichzeitige Anschauung beider Schriftbilder für einen Verbraucher, der mit dem Unterschied der Marken nicht bereits vorher vertraut war, akustisch nicht möglich, zwischen einer Gliederung in "[X.]-[X.]" und "[X.]I-C[X.]" zu unterscheiden.

Eine Verwechslungsgefahr in Bezug auf die Marken "[X.]" und "[X.] C[X.]" könne daher bei identischen Waren und hochgradig ähnlichen Dienstleistungen nicht ausgeschlossen werden.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 vom 17. Juni 2011 und 16. September 2014 aufzuheben und die Löschung der Marke 30 2009 034 575 anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht schriftsätzlich zur Sache geäußert. In der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2016 hat sie weiterhin die Auffassung vertreten, dass zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr bestehe.

Beide Beteiligte haben in der mündlichen Verhandlung zudem ihre Zustimmung mit einem Übergang in das schriftliche Verfahren erklärt, welcher seitens des Senats durch einen in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beschluss auch angeordnet worden ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da auch nach Auffassung des Senats zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 [X.] besteht. Daher hat die Markenstelle zu Recht den Widerspruch aus der Marke 304 15 983 zurückgewiesen (§ 43 Abs. 2 S. 2 [X.]).

Aufgrund des mit Zustimmung beider Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2016 angeordneten Übergangs in das schriftliche Verfahren ist über die Beschwerde ohne weitere mündliche Verhandlung unter Einbeziehung der nach der mündlichen Verhandlung eingereichten weiteren Schriftsätze zu entscheiden.

1. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. [X.] [X.], 1098, Nr. 44 – [X.]/[X.]; [X.], 933, Nr. 32 – [X.]; [X.] 2011, 915, Nr. 45 – [X.]; [X.], 1040, [X.] – [X.]/ pure; [X.], 930, Nr. 22 – [X.]/[X.]; [X.], 64, [X.] – [X.]/[X.]; [X.], 235, Nr. 15 – [X.]/[X.]). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und – davon abhängig – der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. [X.], 833, Nr. 30 – [X.]/[X.]; [X.], 1040, [X.] – [X.]/pure; [X.], 930, Nr. 22 – [X.]/[X.]; [X.], 64, [X.] – [X.]/ [X.]; [X.], 1103, Nr. 37 – Pralinenform II; [X.] [X.] 2008, 343 Nr. 48 – [X.]/[X.]).

Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen nicht zu besorgen.

a. Die aufgeworfenen [X.] können dahinstehen, da beide Marken auch insoweit keiner Verwechslungsgefahr in unmittelbarer oder sonstiger Hinsicht unterliegen, als sie sich nach der [X.] auf identischen bzw. hochgradig ähnlichen Waren und/oder Dienstleistungen begegnen können.

phonetischer Hinsicht der Gesamteindruck der angegriffenen Marke ungeachtet der weiteren Bestandteile wie insbesondere der Wortfolge "[X.]" – welche allerdings als glatt beschreibende Angabe offensichtlich nichts zur Kennzeichnung beiträgt – allein durch den [X.] "[X.]" geprägt wird, so dass jedenfalls bei der Frage der phonetischen Markenähnlichkeit nur dieser [X.] "[X.][X.]" mit der Widerspruchsmarke [X.] call zu vergleichen ist.

[X.][X.]" ein graphisch ausgestaltetes Schriftbild auf, was ebenfalls einem schriftbildlichen Vergleich mit der Widerspruchsmarke in den – bei Wortmarken zu berücksichtigenden – üblichen Wiedergabeformen entgegenstehen dürfte.

Letztlich bedarf dies aber keiner abschließenden Entscheidung, da für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung genügt (st. Rspr. vgl. z. B. BGH [X.], 235, Rn. 18 – [X.]/[X.] m. w. N.; vgl. [X.]/Hacker, a. a. [X.], § 9 Rn. 224 m. w. N.).

[X.][X.]" der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke [X.] call jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht in Abrede gestellt werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn man – entgegen der Auffassung der Markenstelle wie auch des [X.] im gemeinschaftsrechtlichen Parallelverfahren (vgl. [X.] R 911/2011-4 v. 6. Juni 2012 Nr. 18 – [X.]/[X.] call) – davon ausgeht, dass der Verkehr, wenn er die angegriffene Marke in ihrer registrierten Form vor sich hat (vgl. dazu Ströbele/ Hacker, [X.], a. a. [X.], § 9 Rdnr. 280), den Bestandteil "[X.][X.]" trotz der unterschiedlichen drucktechnischen Ausgestaltung der [X.]n "[X.]" und "[X.]" in Fett- bzw. Normaldruck nicht zwingend als Kombination der Begriffe "[X.]" und "[X.]" erfassen und i. S. von "CLI-NIC-[X.]" wiedergeben, sondern – wozu auch der Senat neigt – im Hinblick auf die weiteren erläuternden [X.]e "[X.]" wie "[X.]" verstehen und artikulieren wird.

In diesem Fall stimmen die miteinander zu vergleichenden Markenwörter dann aber nicht nur in acht von neun Buchstaben überein – dies betrifft die Buchstaben- bzw. [X.]n "[X.]/clin" und "C[X.]/call" –, sondern weisen zudem auch noch einen identischen Sprech- und Betonungsrhythmus auf ("CLI-NI-C[X.]" bzw. "[X.]").

tatsächliche Verwechslung beider Vergleichsmarken fördernden Umstände unterliegen diese aber letztlich aus Rechtsgründen keiner Verwechslungsgefahr in unmittelbarer oder sonstiger Hinsicht.

aa. Die Verwechslungsgefahr stellt einen – normativ auszufüllenden – Rechtsbegriff dar, der mit der tatsächlichen [X.] nicht übereinstimmen muss. So wie besonders kennzeichnungskräftige ältere Marken mit entsprechend hohem Schutzumfang auch dann einer Verwechslungsgefahr mit einer angegriffenen Marke unterliegen können, wenn die [X.] einander nur entfernt ähnlich sind (vgl. z. B. BPatG [X.] 2000, 87 – [X.]/[X.]; [X.], 777 – NAT[X.]A/nutella), kann umgekehrt – letztlich aus Rechtsgründen – gleichwohl keine Verwechslungsgefahr vorliegen, wenn die weitgehenden Gemeinsamkeiten der Zeichen nur auf schutzunfähigen Wortelementen oder Wortteilen beruhen (vgl. [X.], 68 – [X.]). Letzteres ist vorliegend der Fall. Zwar ist der Senat – ebenso wie die Markenstelle – an die Eintragung der Widerspruchsmarke gebunden; er darf dieser nicht jeglichen Schutz absprechen. Dies hindert ihn aber nicht daran, die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke näher zu bestimmen und daraus die gebotenen Schlussfolgerungen für die Verwechslungsgefahr zu ziehen.

[X.] call, welche bereits wegen der getrennten Schreibweise als Kombination der Begriffe "[X.]" und dem [X.] Wort "call" wahrgenommen wird, eng zu bemessen. Dem Bestandteil "[X.]" wird der Verkehr in Zusammenhang mit den Waren, die ausdrücklich nur für "Krankenhäuser und Seniorenheime" bestimmt sind, ohne weiteres eine Anlehnung an den beschreibenden Begriff "clinic" als [X.] Entsprechung des [X.] Worts "Klinik" entnehmen. Der weitere Bestandteil "call" in seiner Bedeutung "Ruf" erschöpft sich in Bezug auf die Waren in einer glatt beschreibenden Beschaffenheitsangabe, so dass die Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit einen ohne weiteres erkennbaren Hinweis darauf enthält, dass es sich um Rufsysteme bzw. -geräte für Kliniken, Praxen o. ä. handelt bzw. die entsprechenden Waren für solche Systeme bestimmt sind ("[X.]").

cc. Im Fall von Marken, die – wie die Widerspruchsmarke – an einen die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff angelehnt sind und nur dadurch Unterscheidungskraft erlangen und als Marke eingetragen werden konnten, weil sie von diesem Begriff (geringfügig) abweichen, ist der Schutzumfang eng zu bemessen, und zwar nach Maßgabe der Eigenprägung und der Unterscheidungskraft, die dem Zeichen die Eintragungsfähigkeit verleiht (st. Rspr.; z. B. [X.] 2014, 382 Nr. 26 – [X.]; [X.] 2013, 833 Nr. 34 – [X.]/[X.]; [X.] 2013, 631 Nr. 59 – [X.]/Marulablu; [X.] 2011, 826 Nr. 13-16, 29 – [X.]/[X.]). Ein darüber hinausgehender Schutz kann nicht beansprucht werden, weil er dem markenrechtlichen Schutz der beschreibenden Angabe gleichkäme (vgl. [X.], 1040 Nr. 39 – [X.]/pure m. w. Nachw.). Deshalb sind für den Schutzumfang einer an eine beschreibende Angabe angelehnten Marke nur diejenigen Merkmale bestimmend, die dieser Marke Unterscheidungskraft verleihen. Entsprechend eng ist der Schutzbereich der Marke bei nur wenig kennzeichnungskräftigen Veränderungen gegenüber der beschreibenden Angabe zu fassen (vgl. BGH a. a. [X.] Nr. 40).

Dies bedingt, dass Übereinstimmungen der miteinander zu vergleichenden Markenwörter, soweit sie auf die beschreibende Angabe zurückzuführen sind und dieser entsprechen – was vorliegend für die [X.] "[X.]" und den Endbestandteil "C[X.]" zutrifft –, wegen ihres beschreibenden Sinngehalts und der damit verbundenen [X.] kein entscheidendes Gewicht für die Begründung einer Verwechslungsgefahr beigemessen werden kann, so dass insoweit selbst eine tatsächliche (auch hochgradige) Zeichenähnlichkeit keine Verwechslungsgefahr im Rechtssinne begründen kann. Eine Verwechslungsgefahr kann daher nur bejaht werden, wenn die [X.] über [X.] hinaus auch in den schutzbegründenden Abwandlungen hinreichende Ähnlichkeit aufweisen. Hingegen ist eine markenrechtlich relevante, d. h. zur Verwechslungsgefahr führende Zeichenähnlichkeit zu verneinen, soweit sich die Übereinstimmungen der Vergleichsmarken auf die beschreibende oder sonst schutzunfähige Angabe selbst beschränken (vgl. [X.] 2008, 803 Nr. 22 – [X.]; [X.]/Hacker, a. a. [X.], § 9 Rdnr. 182). Dies ist vorliegend der Fall.

dd. Ihre gegenüber der glatt beschreibenden Angabe "clinic call" (= [X.]) [X.] erlangt die Widerspruchsmarke nur durch den den beschreibenden Begriff "clinic" leicht abwandelnden [X.] "[X.]". Diese Abwandlung ist für den Verkehr ohne weiteres erkennbar, da er – wie bereits dargelegt – in der Widerspruchsmarke eine Kombination der Bestandteile "[X.]" und "call" erkennt und den Bedeutungsgehalt von "[X.]" erfasst. [X.] das Widerspruchszeichen damit aber Unterscheidungskraft nur durch die von der beschreibenden Angabe "clinic" abweichende Endung mit dem Vokal "-o", ist bei der Prüfung der Ähnlichkeit der [X.] auch darauf abzustellen (vgl. [X.], 1040 Nr. 39 – [X.]/pure).

[X.][X.]" und [X.] call ist daher aus Rechtsgründen Grundlage für die Beurteilung einer markenrechtlichen Ähnlichkeit.

[X.] call sind für sich gesehen aber deutlich wahrnehmbar, zumal Abweichungen bei den das [X.] maßgeblich beeinflussenden Vokalen ohnehin nicht unbeachtet bleiben. Soweit den Bestandteilen "[X.]" bzw. "[X.]I" dabei dasselbe Abwandlungsprinzip zugrunde liegt, nämlich die Ersetzung bzw. Verkürzung der Endung "ic" von "clinic" durch bzw. auf den Vokal "o" bzw. "i", kann dies allein eine Verwechslungsgefahr nicht begründen. Erforderlich wäre insoweit eine darüber hinausgehende Identität oder Ähnlichkeit der Abwandlung als solche. Daran fehlt es vorliegend aber. Vielmehr wandelt die Widerspruchsmarke den Begriff "clinic" in "[X.]", während die angegriffene Marke diesen Begriff anders, nämlich auf "[X.]I" verkürzt. Dies sind unterschiedliche Abwandlungen derselben beschreibenden Angabe "clinic" (vgl. zu ähnlich gelagerten Fällen [X.], 631 Nr. 66 – [X.]/Marulablu und die Beispiele bei Ströbele/Hacker, a. a. [X.], § 9 Rdn. 183).

[X.][X.]" aufgrund des Fettdrucks der Buchstabenfolge "[X.]" als Kombination der allgemein bekannten Begriffe "[X.]" und "[X.]" verstehen und i. S. von "CLI-NIC-[X.]" wiedergegeben wird (so auch [X.] a. a. [X.] Nr. 18).

[X.][X.]" i. S. "Alles für die Klink" zur Unterscheidung beiträgt.

Ungeachtet dieser tatsächlichen, einer Verwechslungsgefahr entgegenwirkenden Umstände steht einer Verwechslungsgefahr zudem auch hier in rechtlicher Hinsicht entgegen, dass die angegriffene Marke auch bei einer Wahrnehmung und Wiedergabe i. S. von "CLI-NIC-[X.]" keinen Gebrauch von der die Eigenprägung der Widerspruchsmarke begründenden Abwandlung macht. Die angegriffene Marke verwendet nämlich die der Abwandlung "[X.]" der Widerspruchsmarke zugrunde liegende beschreibende Angabe "[X.]". Ein Schutz für die der Abwandlung zugrunde liegende schutzunfähige Bezeichnung kann jedoch nicht beansprucht werden. Da der weitere, von "[X.]" deutlich abgesetzte Bestandteil "call" der Widerspruchsmarke sich in einer rein beschreibenden Angabe zum Bestimmungs- und Verwendungszweck der Waren ("Ruf") erschöpft und daher ebenfalls nichts zu einer schutzbegründenden Eigenprägung der Widerspruchsmarke beiträgt, können auch insoweit Übereinstimmungen oder Ähnlichkeiten mit Markenbestandteilen eines jüngeren Zeichens wie vorliegend dem Bestandteil "[X.]" von "CLI-NIC-[X.]" nicht kollisionsbegründend wirken.

Unabhängig von der Frage, ob tatsächlich mit [X.], vor allem aus der undeutlichen Erinnerung heraus, gerechnet werden muss, scheidet die Annahme einer unmittelbaren (schriftbildlichen wie phonetischen) Verwechslungsgefahr daher aus rechtlichen Gründen aus. Eine begriffliche Verwechslungsgefahr – unmittelbar oder infolge gedanklicher Assoziationen – ist ebenfalls nicht gegeben, [X.] für beide Zeichen lediglich die – wie ausgeführt – schutzunfähige Wortkombination "clinic call" darstellt.

2. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

Meta

30 W (pat) 1/15

22.09.2016

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.09.2016, Az. 30 W (pat) 1/15 (REWIS RS 2016, 5070)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5070

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

30 W (pat) 503/20 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "dental.h/DENTAL X" – Dienstleistungsidentität - keine klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr …


30 W (pat) 9/22 (Bundespatentgericht)


30 W (pat) 7/18 (Bundespatentgericht)


29 W (pat) 552/19 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "CM light (Wort-/Bildmarke)/M LIGHT (Wortmarke)/ mlight (Unions-/Wort-/Bildmarke)" – klangliche Verwechslungsgefahr – Warenidentität – …


30 W (pat) 512/17 (Bundespatentgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

28 W (pat) 25/18

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.