Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.08.2015, Az. X R 34/12

10. Senat | REWIS RS 2015, 6427

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Gegenstand

Zivilprozesskosten sind im Allgemeinen keine außergewöhnlichen Belastungen


Leitsatz

1. NV: Die Kosten eines Zivilprozesses sind im Allgemeinen keine außergewöhnlichen Belastungen (Anschluss an BFH-Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 17/14) .

2. NV: Der Versuch der gerichtlichen Durchsetzung eines in spekulativer Absicht erworbenen Anspruchs berührt weder einen für den Anspruchserwerber existenziell wichtigen Bereich noch den Kernbereich menschlichen Lebens .

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des [X.] vom 24. September 2012  1 K 195/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 2008 zur Einkommensteuer [X.] wurden. Sie begehren den [X.]bzug von Kosten für ein Privatgutachten sowie von Reisekosten, die dem Kläger im Jahr 2008 im Zusammenhang mit einem seit 2004 anhängigen Zivilprozess entstanden sind, und zwar in erster Linie als vorweggenommene Betriebsausgaben, hilfsweise als außergewöhnliche Belastungen.

2

Dem Zivilverfahren liegt der folgende Sachverhalt zugrunde: Die Organe und Behörden der damaligen [X.] überführten im Jahr 1972 eine [X.], die ihren Betrieb in [X.] ([X.]nmerkung des Dokumentars: in einem der späteren neuen Bundesländer) unterhielt, in Volkseigentum. Ursprünglich hatte die [X.] vier Gesellschafter. Das Vermögen des einen Gesellschafters war bereits im Jahr 1953 durch ein Strafurteil der [X.]-Justiz eingezogen worden. Der zweite Gesellschafter hatte die [X.] verlassen, so dass die verbleibenden Gesellschafter im Jahr 1969 dessen [X.]usscheiden aus der [X.] beschlossen. Die beiden weiteren Gesellschafter schieden im Jahr 1972 aus der [X.] anlässlich deren Umwandlung in Volkseigentum aus. Ferner war seit 1957 ein staatliches Kreditinstitut der [X.] an der [X.] beteiligt. [X.] wurde der Betrieb der ehemaligen [X.] zu einem von mehreren Betriebsteilen eines Volkseigenen Betriebs (VEB).

3

Im Vorfeld der [X.] wurde der VEB mit Wirkung zum … 1990 in eine GmbH umgewandelt, deren Geschäftsanteile der [X.] zugeordnet wurden. Die Erben der früheren Gesellschafter machten nach den Regelungen des Vermögensgesetzes ([X.]) fristgerecht [X.] geltend. [X.]ufgrund eines [X.]s des Landratsamts veräußerte die GmbH mit notariell beurkundetem [X.], der aus der früheren [X.] hervorgegangen war (Grundstücke mit aufstehenden Gebäuden sowie Maschinen), an eine Kapitalgesellschaft aus [X.] (W-GmbH). Diese verpflichtete sich vertragsstrafenbewehrt zur Vornahme von Investitionen und zur [X.]ufstockung der Zahl der verbliebenen [X.]rbeitsplätze. Die Vertragsparteien vereinbarten für den Fall, dass [X.]lteigentümer [X.] geltend machen sollten, diese gemeinsam abzuwehren und auf einen Entschädigungsanspruch zu beschränken versuchen.

4

Mit Bescheid vom … [X.]ugust 1993 stellte das [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen (L[X.]RoV) fest, dass die sechs Erben nach den vier [X.]ltgesellschaftern hinsichtlich des "ehemaligen Unternehmens" der [X.] [X.]nspruchsberechtigte i.S. des § 2 [X.]bs. 1 i.V.m. § 6 [X.]bs. 1a [X.] seien. [X.]rt, Umfang oder Höhe der [X.]nspruchsberechtigung wurden ausdrücklich nicht festgestellt, sondern sollten möglichst einer gütlichen Einigung vorbehalten bleiben. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

5

Mit sechs privatschriftlichen Verträgen, die im November bzw. Dezember 1993 abgeschlossen worden sind, erwarb der Kläger, der u.a. als Unternehmensberater tätig war, von den Erben der [X.]ltgesellschafter deren [X.]nteile an der [X.]. Die Kaufpreise betrugen insgesamt 157.500 DM. In Nr. I [X.]bs. 2 der Verträge heißt es jeweils: "Der Verkäufer beantragte die Rückführung des Unternehmens. Das Unternehmen ... ist jedoch vor dem Feststellungsbescheid ... am [X.] an die notariell verkauft worden. Das Restitutionsbegehren kann demzufolge nicht mehr durchgeführt werden. Dem Berechtigten steht jedoch nach § 6 [X.]bsatz 6a Satz 4 [X.] der anteilige Verkaufserlös zu oder aber Entschädigung nach § 6 [X.]bsatz 7 [X.]." Durch notariell beurkundete Verträge vom … Dezember 1993 erwarb der Kläger auch die auf das [X.] gegründeten [X.] der sechs Erben der [X.]ltgesellschafter.

6

In der Folgezeit erhob der Kläger umfangreiche Einwendungen gegen die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens, das zum Verkauf des [X.] an die W-GmbH geführt hatte. Er verlangte die [X.]uskehr eines Erlöses in Höhe von mehreren Mio. DM. Das L[X.]RoV erließ am … September 1997 einen Teilbescheid, in dem es unter Nr. 1 die "[X.] in [X.]uflösung", vertreten durch den Kläger, als Berechtigte i.S. des § 6 [X.]bs. 1a Satz 1 [X.] feststellte. In Nr. 2 des Bescheids stellte es fest, dass die Berechtigte gegenüber der [X.] ([X.]) --der Rechtsnachfolgerin der [X.]-- [X.]nspruch auf Zahlung eines Geldbetrages in Höhe aller aus der Veräußerung des [X.] der GmbH nach dem Kaufvertrag vom [X.] resultierenden Geldleistungen hatte. Zur Begründung führte das L[X.]RoV u.a. aus, der [X.]nspruch auf [X.] bestehe, weil durch den Verkauf des Betriebsvermögens die Rückgabe des Unternehmens unmöglich geworden sei (§ 16 des Investitionsvorranggesetzes, § 6 [X.]bs. 6a Satz 4 [X.]). Ob die [X.] durch die vom Kläger behauptete Verfahrensweise schuldhaft gegen ihre Pflichten verstoßen habe und dem Kläger ein Schadensersatzanspruch zustehe, sei nicht im vermögensrechtlichen Verfahren zu entscheiden. Vielmehr seien hierfür die ordentlichen Gerichte zuständig. Dies gelte auch für die Geltendmachung eines [X.]nspruchs auf Zahlung der Differenz zwischen dem tatsächlichen Erlös aus dem Verkauf des Betriebsvermögens und dem vom Kläger behaupteten höheren Verkehrswert.

7

Gegen diesen Bescheid erhob die [X.] Klage vor dem Verwaltungsgericht ([X.]). Im Laufe des Verfahrens nahm sie die Klage gegen Nr. 1 des Bescheids vom … September 1997 zurück; soweit die Klage gegen Nr. 2 des Bescheids gerichtet war, wies das [X.] sie am … November 2002 ab. Das [X.] ([X.]) wies die von der [X.] eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde am … 2003 zurück.

8

[X.]m … Februar 2004 kam es zu einer Teileinigung zwischen dem Kläger und der [X.]. Danach sollte wegen der Geldleistungen aus dem Kaufvertrag vom [X.] ein [X.]nspruch der [X.] gemäß § 6 [X.]bs. 6a Satz 3 [X.] auf Zahlung von zumindest 236.855 € bestehen. Zugleich trat die [X.] den ihr noch zustehenden [X.]nteil der ehemals staatlichen Gesellschafterin gegen [X.]nrechnung von 103.818,64 € an den Kläger ab und schied als Gesellschafterin der [X.] aus. Im Ergebnis verblieb ein Zahlungsanspruch der [X.] gegen die [X.] von 133.036,35 €.

9

Mit Bescheid vom … Juli 2005 stellte das L[X.]RoV die getroffene Einigung fest (Nr. 4 des Bescheidtenors). [X.]nschließend zahlte die [X.] den [X.] aus. Ferner hob das L[X.]RoV u.a. Nr. 1 des Tenors des Bescheids vom … September 1997 auf. Es stellte nunmehr die [X.] i.L. als Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes fest, ohne eine Feststellung dazu zu treffen, ob die [X.] vom Kläger vertreten werde (Nr. 1 des Tenors). [X.]ußerdem lehnte es den [X.]ntrag des [X.] auf Rückgabe des Unternehmens der [X.] ab (Nr. 2 des Tenors) und stellte fest, dass der [X.] wegen der Schädigung des Unternehmens eine Entschädigung dem Grunde nach zustehe (Nr. 3 des Tenors). Die Rückgabe des Unternehmens sei gemäß § 4 [X.]bs. 1 Satz 2 [X.] ausgeschlossen, weil der Geschäftsbetrieb eingestellt gewesen sei und nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme nicht gegeben seien. Die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs durch die Erwerberin habe aufgrund der hohen Investitionen einer Neugründung entsprochen. Zur Höhe der Entschädigung werde noch ein gesonderter Bescheid ergehen.

Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid Klage vor dem [X.]. Dieses hob mit Urteil vom … Juni 2008 die unter Nr. 1 des Bescheids vom … Juli 2005 getroffene Feststellung auf und wies die Klage im Übrigen ab. Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] blieb vor dem [X.] ohne Erfolg.

Parallel zu diesen Verfahren hatte der Kläger zunächst versucht, durch [X.]nfechtung der im [X.] ergangenen Verwaltungsakte ([X.], Grundstücksverkehrsgenehmigung) die Übertragung der Vermögensgegenstände auf die W-GmbH rückgängig zu machen. Den Widerspruch gegen den [X.] nahm er im Jahr 1997 zurück, die verwaltungsgerichtliche Klage gegen die Grundstücksverkehrsgenehmigung nahm er im [X.] in der Berufungsinstanz zurück.

In einem weiteren Verfahren entschied das [X.] am … [X.]pril 2005, der von der [X.] beanspruchte Betriebsteil sei im Zeitpunkt seiner Veräußerung an die W-GmbH bereits stillgelegt gewesen. Es bestehe daher nur ein [X.]nspruch auf [X.] für einzelne Vermögenswerte des [X.]nlagevermögens, nicht aber auf [X.] aus der Veräußerung eines noch bestehenden Unternehmens.

Die Prozesskosten, deren [X.]bzug der Kläger im vorliegenden Verfahren begehrt, sind in einem am … Juni 2004 durch die [X.] i.L., vertreten durch den Kläger, vor dem [X.] ([X.]) eingeleiteten Klageverfahren gegen die [X.] entstanden. In diesem Verfahren begehrte die [X.] zum einen die Zahlung von 2.119.788,08 € zuzüglich seit 1993 laufender Zinsen, zum anderen die Feststellung, dass ihr wegen der Veräußerung ihres Unternehmens ein Schadensersatzanspruch gegen die [X.] zustehe. Den [X.] lag die [X.]uffassung zugrunde, der im [X.] vereinbarte Verkaufserlös habe deutlich unter dem Verkehrswert der veräußerten Wirtschaftsgüter gelegen, weil ein lebendes Unternehmen veräußert worden sei und die Werte in der [X.] zu niedrig angesetzt worden seien.

Das [X.] beschloss, über den Verkehrswert des [X.] zum [X.] Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben; dabei solle von einem lebenden Unternehmen ausgegangen werden. Der beauftragte Gutachter kritisierte in seinem Gutachten im Wesentlichen die [X.]nnahmen des [X.] und erklärte, eine Bewertung des [X.] sei nicht mehr möglich. Daraufhin berief das [X.] den Gutachter ab und beauftragte einen anderen Gutachter, dessen [X.]usführungen aus Sicht des [X.] aber ebenfalls erläuterungsbedürftig blieben. Im Streitjahr 2008 ließ der Kläger ein Privatgutachten erstellen. Dieser Gutachter bewertete die [X.]nteile an der GmbH auf den [X.] im Ertragswertverfahren mit 11.855.000 €. Dabei zog er als Grundlage für die Schätzung der künftig erzielbaren Erträge nicht die in den Jahren um den Bewertungsstichtag tatsächlich durch die GmbH erzielten hohen Verluste heran, sondern die in einem Sanierungskonzept ausgewiesenen fiktiven Gewinnerwartungen.

Das [X.] wies die Klage am … Juli 2009 ab. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass der Verkehrswert des veräußerten [X.] am [X.] höher gewesen sei als der erzielte Veräußerungserlös. Der Verkehrswert habe letztlich nicht ermittelt werden können. Das Privatgutachten sei nicht aussagekräftig, weil es mit zahlreichen unbelegten [X.]nnahmen arbeite. Zudem bewerte es nicht allein den veräußerten Betriebsteil, sondern die gesamte GmbH. [X.]uch ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht, weil die Veräußerung des [X.] aufgrund der seinerzeit vorliegenden Investitionsvorrangbescheinigung nicht rechtswidrig gewesen sei. Es komme im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, ob diese Bescheinigung ihrerseits rechtmäßig gewesen sei. Eine rechtswidrige Bescheinigung könne allenfalls [X.]mtshaftungsansprüche gegen das Landratsamt begründen, nicht aber Schadensersatzansprüche gegen die [X.].

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2008 machten die Kläger Zivilprozesskosten von insgesamt 4.951,35 € als außergewöhnliche Belastungen geltend. Es handelte sich um die folgenden [X.]ufwendungen:

-       

Kosten für eine [X.], von der der Kläger behauptet, sie betreffe eine Reise mit seiner Rechtsanwältin zu einem Termin vor dem [X.] am 20. Februar 2008 (203 €). Tatsächlich ist auf der [X.] (personengebundenes Online-Ticket) allerdings nicht der Name der Rechtsanwältin oder des Klägers, sondern allein der Name der --nicht am Zivilprozess beteiligten-- Klägerin eingetragen;

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Übernachtungskosten (5./6. März 2008), von denen der Kläger behauptet, sie seien aus [X.]nlass einer [X.]kteneinsicht beim [X.] entstanden (52,50 €). Die Rechnung ist allerdings nicht auf den Kläger, sondern auf eine GmbH ausgestellt;

-       

Kosten für eine vom Kläger mit seinen Rechtsanwälten unternommene Reise (23./24. Juni 2008), zu deren [X.]nlass der Kläger sich nicht geäußert hat. Die [X.]ufwendungen umfassen eine [X.] (193,60 €), Taxikosten (14 €), Übernachtungskosten für den Kläger und zwei Rechtsanwälte (146,70 €) sowie Restaurantkosten (65,90 €);

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Kosten für eine [X.] (15. Juli 2008), von der der Kläger behauptet, sie betreffe eine Reise zum [X.] / "Dr. Y / [X.]" (91,75 €);

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Kosten für eine [X.] (27. [X.]ugust 2008) für eine Reise zum ehemaligen Sitz der [X.]; der Kläger behauptet, er habe dort [X.]kteneinsicht genommen (110,50 €);

Kosten für das Privatgutachten (3.927 €);

dem Grunde und der Höhe nach nicht näher erläuterte [X.]ufwendungen für eine [X.] zum Privatgutachter (146,40 €).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --F[X.]--) ließ diese [X.]ufwendungen im angefochtenen geänderten Einkommensteuerbescheid vom 5. Juli 2010 zunächst außer [X.]nsatz. Der Einspruch der Kläger hatte insoweit Erfolg, als das F[X.] in der Einspruchsentscheidung Krankheitskosten in Höhe von 1.712 € als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigte. In Bezug auf die Zivilprozesskosten blieb der Einspruch ohne Erfolg.

Im Klageverfahren begehrten die Kläger in erster Linie den [X.]bzug als vorweggenommene Betriebsausgaben. Sie behaupteten hierzu, der Kläger habe das Unternehmen der [X.] fortführen wollen. Die [X.]nsprüche nach dem [X.] seien einzig und allein in der [X.]bsicht erworben worden, der Familie eine dauernde und sichere Existenzgrundlage verschaffen zu wollen. Indem diese [X.]nsprüche durch "sehr unglückliche Umstände" --Fehlentscheidungen des beauftragten, "höchst anerkannten" [X.] verloren gegangen seien, sei zugleich auch die Existenzgrundlage der Familie verloren gewesen. Eine Rückübertragung des noch lebenden Unternehmens sei möglich und berechtigt erschienen, weil die [X.] das geltende Recht ignoriert habe und ihre Vertreter "unzählige Straftaten" begangen hätten. Der Kläger habe den Rückübertragungsanspruch allerdings im [X.] mit Beendigung des Verfahrens beim Oberverwaltungsgericht fallen lassen. [X.]b diesem Zeitpunkt habe er ausschließlich Zahlungsansprüche verfolgt.

Hilfsweise begehrten die Kläger einen [X.]bzug als außergewöhnliche Belastungen. Hierzu behaupteten sie, die geltend gemachten [X.]ufwendungen seien auch der Höhe nach notwendig und angemessen gewesen.

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 41). Die [X.]ufwendungen seien nicht als vorweggenommene Betriebsausgaben anzusehen, weil nicht erkennbar sei, dass der Kläger eine Rückübertragung des Unternehmens der [X.] angestrebt hätte. Nach sämtlichen Unterlagen habe schon beim Erwerb der vermögensrechtlichen [X.]nsprüche durch den Kläger festgestanden, dass eine Rückübertragung nicht mehr in Betracht gekommen sei. Gegenstand des Zivilprozesses sei ausschließlich ein Geldanspruch auf [X.] bzw. Entschädigung gewesen.

Es handele sich auch nicht um außergewöhnliche Belastungen. Nach der früheren Rechtsprechung des III. Senats des [X.] ([X.]) seien Zivilprozesskosten grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen anzusehen (z.B. Urteil vom 9. Mai 1996 III R 224/94, [X.]E 181, 12, [X.] 1996, 596). Dies sei nur dann anders beurteilt worden, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche des menschlichen Lebens betreffe. Bei [X.] seien diese [X.]usnahmevoraussetzungen nach der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht erfüllt ([X.]-Beschluss vom 25. März 2004 III B 54/03, [X.]/NV 2004, 1101). Das [X.] könne der vom [X.]. Senat des [X.] geänderten Rechtsprechung (Urteil vom 12. Mai 2011 [X.] R 42/10, [X.]E 234, 30, [X.] 2011, 1015) nicht folgen. Die [X.]bziehbarkeit könne nicht allein auf das staatliche Gewaltmonopol gestützt werden. [X.]nsonsten würden auch [X.]ufwendungen für solche Prozesse einbezogen, die mit dem notwendigen Lebensbedarf des Steuerpflichtigen nichts zu tun hätten. Zudem sei die vom [X.]. Senat geforderte Überprüfung der Erfolgsaussichten des Zivilprozesses durch die Finanzverwaltung angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Komplexität zivilrechtlicher Verfahren nicht praktikabel. Ob die bisherigen strengen Maßstäbe des III. Senats abzumildern seien, könne dahinstehen. Jedenfalls seien [X.]ufwendungen für einen Zivilprozess dann nicht als zwangsläufig anzusehen, wenn sie --wie hier-- darauf beruhten, dass der Steuerpflichtige freiwillig einen [X.]nspruch erwerbe, der nicht mit seinem existenziellen Lebensbedarf in Zusammenhang stehe, und er schon beim Erwerb des [X.]nspruchs plane, diesen gerichtlich durchzusetzen. Ob die geltend gemachten Kosten dem Grunde und der Höhe nach notwendig und angemessen seien, könne danach offen bleiben.

Mit ihrer Revision begehren die Kläger weiterhin in erster Linie den [X.]bzug der [X.]ufwendungen als vorweggenommene Betriebsausgaben. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens führen sie aus, die Rückübertragung des Unternehmens sei nicht schon im Zeitpunkt des Erwerbs der [X.]nsprüche im [X.] ausgeschlossen gewesen. Vielmehr habe der Kläger erst im [X.] seine auf Rückgabe des Unternehmens gerichteten [X.]ktivitäten beendet.

Hilfsweise begehren die Kläger unter Berufung auf die Entscheidung des [X.]. Senats in [X.]E 234, 30, [X.] 2011, 1015 den [X.]bzug als außergewöhnliche Belastungen. Der Zivilprozess sei schon deshalb nicht mutwillig gewesen, weil das L[X.]RoV entschieden habe, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch zugestanden habe. [X.]uch die Kosten für das Privatgutachten seien erforderlich gewesen. Die Finanzverwaltung sei mit der [X.] der Erfolgsaussichten von [X.] ebenso wenig überfordert wie sie dies mit der Beurteilung von Lebenssachverhalten, Rechtsverhältnissen und Verträgen in zahlreichen anderen steuerlich relevanten Gebieten sei.

Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom 5. Juli 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 2011 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 2.428 € herabgesetzt wird.

Das F[X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Es ist der [X.]uffassung, ein [X.]bzug als vorweggenommene Betriebsausgaben scheide aus, da nicht plausibel sei, dass der Kläger den früheren Betrieb der [X.] habe fortführen wollen.

[X.]uch sei mit der bisherigen Rechtsprechung des III. Senats daran festzuhalten, dass Zivilprozesskosten grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar seien. Die neue Rechtsprechung des [X.]. Senats überzeuge nicht. [X.]uch wenn die Bürger zur Durchsetzung ihrer Rechte auf staatliche Gerichte angewiesen seien, bedeute dies nicht, dass Prozesskosten stets unausweichlich seien. Vielmehr sei ein Rechtsstreit vor allem dann nicht unausweichlich, wenn der Steuerpflichtige seine rechtlichen Verhältnisse angemessen gestalten könne. Hier hätte der Kläger vom Erwerb der unsicheren Forderung absehen können. Damit liege die wesentliche Ursache der [X.]ufwendungen in der gestaltbaren Lebensführung des [X.]. Zudem könnten Prozesskosten nicht als "außergewöhnlich" angesehen werden, da derartige [X.]ufwendungen nicht nur von einer kleinen Minderheit der Steuerpflichtigen zu tragen seien. Im Übrigen würde selbst eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten die Finanzverwaltung im Massenverfahren überfordern.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen.

Das [X.] hat zu Recht erkannt, dass die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen schon dem Grunde nach weder als Betriebsausgaben (dazu unten 1.) noch als außergewöhnliche Belastungen (unten 2.) abziehbar sind.

1. Es handelt sich nicht um Betriebsausgaben.

a) Im Ergebnis ist die Vorinstanz [X.] wie beide [X.] unausgesprochen, aber zutreffend davon ausgegangen, dass einer Entscheidung im Streitfall nicht der etwaige Vorrang eines Verfahrens zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die [X.] entgegen steht. Die [X.] war wegen der bereits im [X.] vorgenommenen Vereinigung sämtlicher Anteile in der Hand des [X.] rechtlich nicht mehr existent. Ihr Vermögen war vielmehr dem Kläger angewachsen. Damit ist im vorliegenden Verfahren --ohne Vorrang eines [X.] allein darüber zu entscheiden, ob der Kläger aus Sicht des Streitjahres 2008 den früheren Betrieb der [X.] in einer den Betriebsausgabenabzug begründenden Weise als Einzelunternehmer wieder aufzunehmen beabsichtigte.

b) In rechtlicher Hinsicht hat das [X.] seiner Entscheidung zutreffend die Definition des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zugrunde gelegt. Danach sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist dann gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und ihm subjektiv zu dienen bestimmt sind (Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 4. Juli 1990 GrS 3/88, [X.]E 161, 290, [X.] 1990, 817, unter [X.], m.w.N.). Der Steuerpflichtige trägt die Feststellungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen ([X.]-Urteil vom 15. April 1992 III R 96/88, [X.]E 168, 133, [X.] 1992, 819).

c) Das [X.] hat den Sachverhalt in rechts- und verfahrensfehlerfreier Weise sowie nachvollziehbar, schlüssig und überzeugend dahingehend gewürdigt, dass im Streitjahr 2008 kein Bemühen des [X.] um eine Rückübertragung der früher von der [X.] genutzten betrieblichen Wirtschaftsgüter mehr erkennbar war. Diese Würdigung bindet den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O.

aa) Für das [X.] war zu Recht entscheidend, dass die Wirtschaftsgüter des ehemaligen Betriebs der [X.] bereits am [X.] an einen [X.] veräußert worden waren. Schon in den [X.], mit denen der Kläger im [X.] die [X.] erwarb, hieß es, das Restitutionsbegehren könne nicht mehr durchgeführt werden. Er hatte bereits im Jahr 1997 seinen Widerspruch gegen den Investitionsvorrangbescheid und im Jahr 2004 seine Klage gegen die Grundstücksverkehrsgenehmigung zurückgenommen. Damit war ausgeschlossen, dass die im [X.] durchgeführte und abgeschlossene Veräußerung der Vermögensgegenstände des ehemaligen Betriebs der [X.] noch rückabgewickelt werden würde. Dementsprechend hat der Kläger sowohl im Klage- als auch im Revisionsverfahren selbst erklärt, seine Aktivitäten zur Rückübertragung des Betriebs hätten schon im [X.] bzw. 2004 --noch vor Einleitung des Zivilprozesses, um dessen Kosten es im vorliegenden Verfahren geht-- geendet. Danach habe er nur noch Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche geltend gemacht.

Entsprechend war dieser Zivilprozess ausschließlich auf die Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlich durch die [X.] erzielten Verkaufserlös für die Wirtschaftsgüter und deren vom Kläger behaupteten höheren Verkehrswert gerichtet.

Bei dieser Sachlage ist unerfindlich, wie der Kläger --der weder selbst Gesellschafter einer aktiven [X.] noch Gesamtrechtsnachfolger eines geschädigten Altgesellschafters war, sondern die Ansprüche nach dem [X.] der geschädigten Altgesellschafter zu Spekulationszwecken erworben hatte-- mit der [X.] künftig gewerbliche Einkünfte hat erzielen wollen.

bb) Das weitere Vorbringen des [X.] ist unsubstantiiert und schon deshalb nicht geeignet, die Würdigung des [X.] in Frage zu stellen. Inwiefern der Erwerb spekulativer Ansprüche im [X.] geeignet sein sollte, der Familie des [X.] eine "dauernde und sichere Existenzgrundlage" zu verschaffen, hat der Kläger nicht nachvollziehbar darlegen können. Seine Behauptung, die Vertreter der [X.] hätten "unzählige Straftaten begangen" und das geltende Recht ignoriert, hat er ebenfalls nicht substantiiert, zumal die Position der [X.] bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin in den vom Kläger angestrengten zahlreichen gerichtlichen Verfahren weitestgehend bestätigt worden ist.

d) Es wäre zwar theoretisch denkbar, dass der Kläger auch unabhängig von einer --im Streitjahr nicht mehr vorhandenen-- Absicht, den ehemaligen Betrieb der [X.] fortzuführen, Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hätte. So könnte er als gewerblicher Anspruchsaufkäufer anzusehen sein, wenn er mehrfach derartige Ansprüche erworben und dabei nachhaltig das Ziel verfolgt hätte, aus diesen Ansprüchen Einnahmen zu realisieren, die seinen [X.] übersteigen. Ein solcher Sachverhalt ist aber vom Kläger selbst zu keinem Zeitpunkt vorgetragen worden und auch aus den Akten nicht ersichtlich.

2. Die Aufwendungen sind auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der außergewöhnlichen Belastungen (§ 33 EStG) abziehbar.

a) Der [X.]. Senat des [X.] hat mit Urteil vom 18. Juni 2015 [X.] R 17/14 ([X.]E 250, 153, [X.] 2015, 800) entschieden, dass Zivilprozesskosten im Allgemeinen keine außergewöhnlichen Belastungen darstellen. Die Voraussetzung der Zwangsläufigkeit ist weder aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols noch infolge einer (Rechts-)Pflicht zur Bezahlung bestimmter Kosten eines bereits eingeleiteten Zivilprozesses zu bejahen. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob das Ereignis, das die Führung eines Zivilprozesses adäquat verursacht, für den Steuerpflichtigen zwangsläufig ist. Daran wird es bei einem Zivilprozess im Allgemeinen fehlen. Dies entsprach und entspricht der Rechtsauffassung des erkennenden Senats.

b) Vorliegend hatte der Kläger den Zivilprozess vor dem [X.] eingeleitet, um aus seinen in spekulativer Absicht erworbenen Ansprüchen nach dem [X.] eine höhere Entschädigungszahlung zu erhalten als ihm bisher von der [X.] zugestanden worden war. Eine solche Vorgehensweise ist nicht "zwangsläufig" i.S. des § 33 EStG.

Die vom [X.]. Senat benannten Ausnahmefallgruppen, in denen Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein können, sind vorliegend ersichtlich nicht gegeben. Der vom Kläger eingeleitete Zivilprozess berührte weder einen für ihn existenziell wichtigen Bereich noch den Kernbereich menschlichen Lebens. Diese Voraussetzungen hat der [X.]. Senat selbst in einem Fall verneint, in dem sich die zur Alleinerbin eingesetzte Tochter der Erblasserin gegen die Anfechtung der entsprechenden letztwilligen Verfügung durch einen [X.] zur Wehr gesetzt hatte ([X.]-Urteil in [X.]E 250, 153, [X.] 2015, 800).

c) Danach kann der Senat offen lassen, ob die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen nicht bereits auf der Grundlage der zwischenzeitlich großzügigeren Auffassung des [X.]. Senats vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen gewesen wären.

Der Kläger macht lediglich Kosten für ein Privatgutachten geltend; ferner solche Reisekosten, die nicht aus Anlass von Gerichtsterminen entstanden sind und deren Zusammenhang zum Zivilprozess teilweise nicht dargelegt wurde. Derartige "mittelbare" Kosten sind mit einem Zivilprozess aber nicht zwingend verbunden.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

X R 34/12

19.08.2015

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend FG Hamburg, 24. September 2012, Az: 1 K 195/11, Urteil

§ 33 Abs 1 EStG 2002, § 33 Abs 2 S 1 EStG 2002, EStG VZ 2008, § 4 Abs 4 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.08.2015, Az. X R 34/12 (REWIS RS 2015, 6427)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 6427

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