Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2004, Az. I ZR 189/01

I. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3541

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 22. April 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja
[X.] [X.]
[X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3, § 14 Abs. 2 Nr. 2

[X.] "[X.] [X.]" fehlt für Dienstleistungen im Bereich des Tourismus wegen des ausschließlich beschreibenden Bezugs jegliche Unter-scheidungskraft. Diese Wortkombination kann daher ohne Verkehrsdurchset-zung (§ 8 Abs. 3 [X.]) keine Prägung des Gesamteindrucks einer Wort-/Bildmarke bewirken, die für entsprechende Dienstleistungen eingetragen ist.

[X.], [X.]. v. 22. April 2004 - [X.] - OLG Hamm

LG Bielefeld - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 22. April 2004 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das [X.]eil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 15. Mai 2001 aufgehoben.

Die Berufung des [X.] gegen das [X.]eil der V[X.] [X.] des [X.] vom 24. November 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Kläger.

Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der früheren Klägerin, eines Touristikunternehmens (im folgenden: Klägerin). Die Klägerin ist Inhaberin der am 20. Juni 1998 angemeldeten, für "Organisation, Durchführung und Vermittlung von touristischen Leistungen und Teilleistungen; Planung, Organisation, Durchführung und Erfolgskontrollen touristischer Marke-tingunternehmen; Vermittlung touristischer Zubehörartikel" am 13. Juli 1998 ein-getragenen, farbigen (gelb, blau, orange) Wort-/Bildmarke Nr. 398 37 300

Die Beklagte verfügt in [X.] über ungefähr 4.000 Lotto-annahmestellen, über die sie zum Teil auch Reisen vermittelt. Seit Oktober 1999 verwendet die Beklagte die Bezeichnung "[X.] [X.]" in der [X.].
Die Klägerin hat darin eine Verletzung ihrer Markenrechte gesehen. Sie hat die Ansicht vertreten, in ihrer Marke sei der Wortbestandteil "[X.] DI-REKT" prägend, den die Beklagte gleichlautend zur Kennzeichnung des [X.] - bots von Urlaubsreisen einsetze. Weiter hat sie vorgetragen, sie habe die Be-zeichnung "[X.] [X.]" seit März 1998 umfangreich benutzt.
Die Klägerin hat beantragt,

der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr unter der Be-zeichnung "[X.] [X.]" Reisen und/oder Reiseprodukte anzubie-ten und/oder zu bewerben und/oder zu vertreiben und/oder unter dieser Bezeichnung als Reisevermittler aufzutreten, insbesondere auf ihrer [X.] im [X.] und/oder in der Information für [X.] vom 26. Oktober 1999 (nur soweit im Fließtext enthalten) und/oder in der Information "Große [X.] [X.] Startkampagne" vom 26. Oktober 1999 (nur soweit im Fließtext enthalten) und/oder in Radiospots und/oder in der Antwortkarte zum Flyer "Besser braungebrannt als abgebrannt" und/oder in "G. " Nr. 43 vom 3. November 1999 Seite 10 (nur soweit im Fließtext enthalten) geschehen.

Weiter hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur [X.] und die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, sie verwende "[X.] [X.]" rein beschreibend zur Bezeichnung einer di-rekten Buchungsmöglichkeit.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-rin hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. - 5 - Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsan-spruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.] für begründet erachtet und dazu ausge-führt:
Dem Wortbestandteil "[X.] [X.]" komme eine das [X.] der Klägerin prägende Kennzeichnungskraft zu. Die Bedeutung der [X.] "[X.]" und "[X.]" sei in der Kombination für die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen nicht beschreibender Natur. Der Sinngehalt von "[X.] [X.]" sei nicht eindeutig zu ermitteln. Mit dem Begriff könne ge-meint sein, der Interessent brauche nur seinen Urlaubswunsch zu äußern, um ein komplettes Urlaubspaket zu erhalten oder es bestehe eine Buchungsmög-lichkeit direkt an Ort und Stelle ohne eine Vermittlungstätigkeit. Weiter könne die Aussage dahin verstanden werden, es sei eine sofortige Buchung möglich. Mit dem von ihr geltend gemachten [X.] könne die Beklagte im Markenverletzungsstreit nicht gehört werden. Der Schutzumfang der [X.] erfahre auch keine Einschränkung, weil er sich nicht an eine beschreibende Angabe anlehne. Vielmehr verfüge der Wortbestandteil "[X.] [X.]" in der [X.] über normale Kennzeichnungskraft. Eine Schwächung durch [X.] sei nicht erfolgt.
Der Wortbestandteil sei die einfachste Möglichkeit zur Benennung der [X.] und präge deren Gesamteindruck, während der [X.] nur als graphisches Beiwerk ohne mitprägende Bedeutung wahrgenommen werde. Da die Bezeichnung der Beklagten mit dem prägenden Bestandteil der [X.] 6 - marke übereinstimme und beide Parteien identische Dienstleistungen anböten, sei eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] des die Klage abweisenden erstinstanzlichen [X.]eils.
1. Das Berufungsgericht ist, ohne dies auszuführen, ersichtlich von einer markenmäßigen Verwendung des Begriffs "[X.] [X.]" in der Werbung der Beklagten ausgegangen. Dieser Tatbestand ist auch der revisionsrechtli-chen Beurteilung zugrunde zu legen.
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, es bestehe eine Verwechs-lungsgefahr zwischen der eingetragenen farbigen Wort-/Bildmarke der Klägerin und der angegriffenen Bezeichnung "[X.] [X.]" (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.]), hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Die Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr i.S. des § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist, wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen ge-kennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen und umgekehrt oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.]. v. 13.11.2003 - [X.], [X.], 240 = [X.], 355 - [X.]/[X.]). - 7 -
b) Zwischen den Dienstleistungen, für die die [X.] eingetragen ist (u.a. Durchführung und Vermittlung von touristischen Leistungen und Teillei-stungen), und dem von der Beklagten mit "[X.] [X.]" bezeichneten Angebot von Reisen hat das Berufungsgericht Dienstleistungsidentität ange-nommen. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
c) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, daß das [X.] bei der Prüfung der Ähnlichkeit der [X.] ausschließ-lich auf den Wortbestandteil "[X.] [X.]" der [X.] abgestellt hat.
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den jeweiligen Ge-samteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen. Dieser kann bei mehrgliedrigen Zeichen durch einzelne Bestandteile geprägt sein. [X.] hierfür ist allerdings, daß die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck des Zeichens nicht mitbestimmen (vgl. [X.], [X.]. v. 13.3.2003 - I ZR 122/00, [X.], 880, 881 = [X.], 1228 - City Plus). Davon, daß die [X.]e die Wort-/Bildmarke der Klä-gerin nicht mitprägen, kann entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht ausgegangen werden.
aa) Zu Recht macht die Revision geltend, daß die graphischen und farb-lichen Elemente den bildlichen Gesamteindruck der [X.] mitbestimmen. Die [X.]e eines Wort-/Bildzeichens prägen dessen Gesamteindruck bei der visuellen Wahrnehmung im Regelfall mit, sofern es sich nicht nur um eine nichtssagende oder geläufige und nicht ins Gewicht fallende graphische Gestaltung (Verzierung) handelt (vgl. [X.], [X.]. [X.], [X.], 506, 509 = [X.], 535 - [X.]/[X.]). Von einer - 8 - nicht ins Gewicht fallenden, nichtssagenden farblichen und graphischen Gestal-tung ist bei der [X.] nicht auszugehen. Der gegenteiligen Beurteilung des Berufungsgerichts kann nicht beigetreten werden. Denn die [X.] ist auffällig bildlich gestaltet. Die Wortbestandteile weisen eine unterschiedliche Schrift und Farbe auf. Der Hintergrund ist farblich zweigeteilt und kontrastiert mit der Farbe der Wortbestandteile. Im rechten Bereich der [X.] findet sich eine rechteckige Umrahmung, in deren Inneren in unterschiedlichen Far-ben Wellen angedeutet sind. Schließlich ist die [X.] in auffälligen Far-ben (gelb, blau, orange) ausgestaltet.
[X.]) Bei der Feststellung des Gesamteindrucks von Wort-/Bildmarken ist regelmäßig von dem Erfahrungssatz auszugehen, daß der Wortbestandteil den Gesamteindruck prägt, weil er die einfachste Möglichkeit bietet, die Marke zu benennen (vgl. [X.] 139, 340, 348 - Lions; [X.], [X.]. v. 11.2.1999 - I ZB 33/96, [X.], 733, 735 - [X.]; [X.] [X.], 506, 509 - [X.]/[X.]). Dies setzt allerdings die Feststellung voraus, daß dem Wortbestandteil für sich genommen nicht wegen des Bestehens abso-luter Schutzhindernisse jeglicher Markenschutz zu versagen wäre (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.]; vgl. [X.], [X.]. v. 6.12.2001 - I ZR 136/99, [X.], 814, 815 - [X.] I; [X.]. v. 28.8.2003 - I ZR 257/00, [X.], 1040, 1043 = [X.], 1431 - Kinder, zum Abdruck in [X.] 156, 112 vorgese-hen).
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Wortbestandteil "[X.] [X.]" der [X.] sei für die Dienstleistungen, die das Berufungsgericht der Verwechslungsprüfung zugrunde gelegt hat (Durchführung und Vermittlung von touristischen Leistungen und Teilleistungen), unterscheidungskräftig und nicht freizuhalten, hält auch unter Anlegung des gebotenen großzügigen Maß-- 9 - stabs bei der Beurteilung der Unterscheidungseignung eines Zeichens der revi-sionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Zu Recht macht die Revision geltend, daß der Bezeichnung "[X.] [X.]" jegliche Unterscheidungskraft fehlt, weil sie die konkreten Merkmale der in Frage stehenden Dienstleistungen beschreibt (vgl. auch [X.], [X.]. [X.] - I ZB 42/98, [X.], 1151, 1152 = WRP 2001, 1082 - markt-frisch; [X.]. v. 28.8.2003 - I ZB 6/03, [X.], 1050 f. = [X.], 1429 - [X.]). "[X.] [X.]" besagt in nicht unüblicher schlagwortartiger Begriffsbildung, daß die angesprochenen Verkehrskreise die angebotene [X.] unmittelbar buchen oder beziehen können. An dem ausschließlich beschreibenden Bezug der Wortkombination "[X.] [X.]" ändern die vom Berufungsgericht ermittelten verschiedenen Bedeutungsinhalte nichts. Diese beziehen sich lediglich auf die verschiedenen Möglichkeiten, wie die [X.] bezeichnete Dienstleistung erbracht werden kann (unmittelbarer Erhalt eines kompletten Urlaubspakets, Buchungsmöglichkeit an Ort und Stelle ohne [X.], sofortige Buchungsmöglichkeit, Möglichkeit zum sofortigen Urlaubsantritt), ohne den beschreibenden Charakter aufzuheben.
[X.]) Die Wortkombination "[X.] [X.]" als solche hat keine [X.]; sie kann keine Prägung des Gesamteindrucks bewirken (vgl. [X.] [X.], 814, 815 - [X.] I; [X.], 1040, 1043 - [X.]). Für einen selbständigen Schutz als Marke kraft Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs. 3 [X.]) ist im Streitfall nichts geltend gemacht worden. Auch die Revisionserwiderung erinnert hierzu nichts.
[X.]) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit stehen sich die aus Wort- und [X.]en bestehende [X.] und die von der Beklagten ver-- 10 - wandte Bezeichnung "[X.] [X.]" gegenüber. Anders als das [X.] angenommen hat, das von einer Übereinstimmung des prägenden Bestandteils der [X.] mit der angegriffenen Bezeichnung ausgegangen ist, ist der Prüfung der Verwechslungsgefahr danach nur eine Zeichenähnlich-keit zugrunde zu legen. Diese ist im Hinblick darauf, daß die Wort-/Bildmarke der Klägerin nicht nur durch die Wortbestandteile, sondern auch durch die gra-phische und farbliche Gestaltung bestimmt wird, im Verhältnis zu der angegrif-fenen Bezeichnung "[X.] [X.]" als gering einzustufen.
3. Im Hinblick auf den Mangel der prägenden Wirkung des [X.] "[X.] [X.]" in der [X.] ist trotz der vorliegenden Dienstlei-stungsidentität eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu verneinen.
II[X.] [X.] folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
[X.] Büscher

Schaffert Bergmann

Meta

I ZR 189/01

22.04.2004

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2004, Az. I ZR 189/01 (REWIS RS 2004, 3541)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3541

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