Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2014, Az. VIII ZR 80/13

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8720

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BUN[X.]ESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN [X.]ES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 80/13
Verkündet am:

15. Januar 2014

Ring,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB §§ 133 [X.], 157 [X.], 307 Ba, [X.]b, § 433 Abs. 2, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
a)
Zu den Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) bei einer infolge der Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Preisänderungsklausel nach § 307 BGB ent-stehenden planwidrigen
Regelungslücke in einem Stromlieferungsvertrag mit einem (Norm-)Sonderkunden (Fortführung von [X.], Urteile vom 14. Juli 2010 -
VIII ZR 246/08, [X.]Z 186, 180 Rn. 50; vom 14. März 2012

[X.], [X.]Z 192, 372 Rn. 23, und VIII
ZR 93/11, [X.], 265 Rn. 28).
b)
Erhebt der Kunde gegen Preiserhöhungen des Energieversorgers bereits innerhalb von drei [X.] nach der ersten Jahresabrechnung Widerspruch, fehlt es schon an der Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung, dass der Kunde den Preiserhöhungen über einen längeren Zeit-raum nicht widersprochen hat (Fortführung von [X.], Urteile vom 14. März 2012

VIII
[X.], [X.]Z 192, 372 Rn. 23, und [X.], [X.], 265 Rn. 28; vom 31.
Juli 2013

[X.], [X.], 3647 Rn.
64).
c)
Ein
Energieversorgungsunternehmen hat auch dann Anlass, die Wirksamkeit seiner [X.] zu prüfen und eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Betracht zu ziehen, wenn der Kunde in seinem Widerspruch nur die Unbilligkeit einer angekündigten Preiserhöhung geltend macht; auf die tatsächlichen oder von dem Energieversorger vermuteten Gründe für den Widerspruch kommt es nicht an (Bestätigung von [X.], Beschlüsse vom 7. September 2011

[X.], juris Rn. 7; vom 6.
[X.]ezember 2011

VIII ZR 224/11, juris Rn. 6).
d)
Für eine nach Beendigung des [X.] erhobene Klage des Kunden auf Feststellung der Unbilligkeit der Preisbestimmungen des Energieversorgers fehlt jedenfalls dann das Feststellungsinteresse, wenn keine Rechnungen für die Energielieferung mehr zu erwarten sind; in diesem Fall besteht kein Interesse des Kunden mehr, sich durch die Feststellung der [X.] des Energieversorgers eine Grundlage dafür zu schaffen, bei künfti-gen Forderungen des Versorgers die Zahlung (teilweise) zu verweigern (Fortführung von [X.], Ur-teile vom 13. Juni 2007

[X.], [X.]Z 172, 315 Rn. 10; vom 17. [X.]ezember 2008

VIII ZR 274/06, [X.]Z 179, 186 Rn. 11; [X.], Beschluss vom 27. Oktober 2009

VIII
ZR 204/08, ZNER
2010, 65
Rn. 5).
[X.], Urteil vom 15. Januar 2014 -
VIII ZR 80/13 -
[X.]

[X.]

-
2 -
[X.]er VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar
2014
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterinnen [X.]r.
Milger, [X.]r. Hessel und [X.]r. Fetzer sowie [X.] Bünger
für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.]n
wird das Urteil des Kartellsenats des [X.] vom 21. Februar 2013 im Kos-tenpunkt und insoweit aufgehoben, als
hinsichtlich der Klage so-wie der [X.] zu 2 und 3 zum Nachteil des [X.]n erkannt worden ist.
[X.]ie Revision des [X.]n gegen die Abweisung des [X.] auf Feststellung, dass die von der Klägerin zum 1. April 2001 geltend gemachte Preisbestimmung unbillig ist
(Widerklage-antrag zu 4), wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Wi-derklage insoweit unzulässig ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

-
3 -
Tatbestand:
[X.]ie Parteien schlossen einen "[X.] für K.

-Kunden mit Elektroheizung", der am 1. April 2001 in [X.] trat. [X.]ie Klägerin [X.] den [X.]n mit Strom für
die Raumheizung und elektrische Warm-wasserbereitung (im Folgenden: [X.]) sowie mit Haushalts-strom. [X.]er Vertrag enthielt [X.], die für die Berechnung der Arbeitspreise Formeln mit einem Lohnindex und einem Wert für den [X.] vorsahen. Zudem war im Vertrag eine jährliche Abrechnung ge-regelt.
In der Folgezeit erhöhte die Klägerin wiederholt den Strompreis. Bis zum Abrechnungszeitpunkt 14. November 2004 bezahlte der [X.] die [X.] der Klägerin. Mit Schreiben vom 21. September 2004 widersprach der [X.] der zum 1. Januar 2005 angekündigten Preiserhöhung:
"[...]
in Ihrer Preiserhöhung geben Sie pauschal die Steuern und staatli-chen Abgaben als Grund für die Verteuerung an, in dessen Bereich aber keine Änderungen stattgefunden haben. [X.]es weiteren wird der teurere Stromeinkauf angeführt, der aber nach meinen Informationen im letzten Jahr bei 2% gelegen hat, während Sie Preiserhöhungen von 11% und das auch noch auf den Gesamtpreis, also mit Netzleitungskosten und staatli-chen Abgaben durchführen. [X.]ies ist unmäßig und undurchsichtig. Ich zweifle die Billigkeit nach § 315 BGB hiermit an und fordere Sie entspre-chend zu [X.] VIII ZR 111/02 auf, diese zurückzunehmen oder durch [X.] der zugrundeliegenden
[X.]aten [X.] die Prüfung zu ermöglichen."

Nach diesem Widerspruch leistete der [X.] die Abschlagszahlungen nicht mehr in voller Höhe. [X.]ie Belieferung des [X.]n mit Haushaltsstrom endete am 30. November 2007, die Belieferung mit [X.]
am 19. [X.]ezember 2009.

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-
4 -
Mit Schreiben vom 9. August 2010 forderte die Klägerin den [X.]n auf, rückständige Rechnungsbeträge aus den [X.] ab dem h-nung dieses Betrages legte die Klägerin die am 31. [X.]ezember 2004 geltenden Preise zugrunde, da die bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten
Preiserhöhungen wirksam seien.
[X.]as [X.] hat unter Abweisung einer vom [X.]n erhobenen Widerklage ten Klage statt-gegeben. Auf die Berufung des [X.]n hat das [X.] das Urteil des
[X.]s teilweise abgeändert und den
[X.]n
verurteilt, an die Klä-e-sen. [X.]er [X.] hat in der Berufungsinstanz sein Widerklagebegehren
zuletzt in der Weise weiterverfolgt, dass er n-sen geltend gemacht ([X.] zu 2) und hilfsweise beantragt hat fest-zustellen, dass ihm für die Jahre 2005 bis 2007 (verjährte) Rückzahlungsan-ünden
und der Zahlungsanspruch der Klä-gerin durch die Aufrechnung mit diesem Betrag erloschen sei
(Widerklagean-trag zu 3). Er hat zudem
die Feststellung beantragt, dass die von der Klägerin zum 1.
April 2001 geltend gemachte Preisbestimmung sowie die nachfolgenden Preisbestimmungen unbillig seien und die von der Klägerin seither geforderten Strompreise nicht dem Erfordernis des § 315 Abs. 3 BGB entsprächen
(Wider-klageantrag zu 4). [X.]as Berufungsgericht hat die Widerklage abgewiesen.
Mit der vom Berufungsgericht beschränkt auf die Klage und die darge-stellten [X.] zugelassenen
Revision verfolgt der [X.] sein Klageabweisungsbegehren und die [X.] weiter -
bezüglich des [X.]s zu 4 allerdings beschränkt auf die Feststellung, dass die von der Klägerin zum 1. April 2001 geltend gemachte Preisbestimmung unbillig sei.
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5 -
Entscheidungsgründe:
[X.]ie Revision hat überwiegend Erfolg.
I.
[X.]as Berufungsgericht ([X.], [X.], 285) hat zur [X.] seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
[X.]ie Klägerin habe gegen den [X.]n einen Anspruch auf Zahlung von des [X.]s als auch des Haushaltsstroms aufgrund eines [X.] beliefert. [X.]ie Forderung stehe der Klägerin zu den bis zum 31. [X.]e-zember 2004 von ihr verlangten Strompreisen zu. Zwar sei ein einseitiges Preisänderungsrecht zu Gunsten der Klägerin nicht wirksam vereinbart worden, da die im Vertrag enthaltene Klausel die Kunden der Klägerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteilige. [X.]enn die Anknüpfung allein an den [X.] und einen Lohn-index ermögliche der Klägerin eine unzulässige Gewinnsteigerung. [X.]ie Klägerin habe nicht dargelegt, dass diese beiden Variablen tatsächlich stets der Erhö-hung ihrer Bezugskosten für Strom entsprächen.
[X.]er [X.] könne sich jedoch nicht auf die Unwirksamkeit der bis zum 31. [X.]ezember 2004 erfolgten Preisanpassungen berufen. Nach der Rechtspre-chung des [X.] könne eine infolge der Unwirksamkeit einer for-mularmäßig vereinbarten Preisänderungsklausel entstehende planwidrige [X.] in einem Energieversorgungsvertrag mit einem (Norm-)Sonder-kunden im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§
157, 133 BGB) da-hingehend geschlossen werden, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden 7
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Preis führten, nicht geltend machen könne, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von
drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden sei, beanstandet habe. [X.] der Auffassung des [X.]n sei diese Rechtsprechung auf den vorlie-genden Fall übertragbar. [X.]ie Voraussetzungen
einer ergänzenden Vertragsaus-legung seien erfüllt, wenn eine nicht mehr hinnehmbare Störung des [X.] anzunehmen sei. [X.]ies sei der Fall, wenn es sich um ein langjähriges Energieversorgungsverhältnis handele, der Kunde den Preiserhöhungen und den
darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen habe und er nunmehr auch für länger zurückliegende [X.] die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend mache.
[X.]iese Voraussetzungen seien hier gegeben. [X.]as
Stromversorgungsver-hältnis habe mit Wirkung ab dem 1. April 2001
bestanden. [X.]er [X.] habe erstmals mit Schreiben vom 21. September 2004 einer Preiserhöhung der Klä-gerin widersprochen. Er habe seinen Widerspruch jedoch nicht rückwirkend auf die bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten Preiserhöhungen bezogen, sondern ledig-lich die Unbilligkeit der von der Klägerin mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005 angekündigten Preiserhöhung gerügt. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der [X.] unstreitig sämtliche Jahresrechnungen der Klägerin beglichen. Bei dieser Sachlage habe für die Klägerin keine hinreichende Veranlassung bestanden, eine Kündigung des Vertragsverhältnisses auszusprechen, um einer für sie un-befriedigenden Erlössituation zu begegnen. Zu diesem Zeitpunkt sei noch nicht abzusehen gewesen, in welcher Höhe Rückstände künftig auflaufen würden. [X.]enn das Ausmaß einer zukünftigen Steigerung der Bezugskosten der Klägerin für Strom und der künftigen Einbehalte des [X.]n sei langfristig noch nicht abzuschätzen gewesen.
[X.]er Widerspruch des [X.]n habe für die Klägerin zunächst noch keine gravierende wirtschaftliche Beeinträchtigung dargestellt, zumal der [X.] in seinem Widerspruch keine endgültige Zahlungsverweige-11

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rung angekündigt habe, sondern lediglich die Billigkeit der Preiserhöhung [X.] und um Mitteilung der zu Grunde liegenden [X.]aten zur Prüfung gebeten habe. Für die Klägerin hätten keine konkreten Anhaltspunkte für die Annahme bestanden, der [X.] werde sich entgegen seinem bisherigen Verhalten auf den Standpunkt stellen, auch die bis zum 31. [X.]ezember 2004 ausgesproche-nen Preiserhöhungen nicht zu akzeptieren und vermeintlich zu
viel gezahlte Beträge zurückzufordern. [X.]er [X.] habe erstmals in seiner mit Schriftsatz vom 2. Mai 2011 erhobenen Widerklage -
mithin nach Ablauf von mehr als zehn Jahren nach Beginn der Vertragsbeziehung -
die Auffassung vertreten, keine höheren Preise als die Anfangspreise aus dem [X.] zu schulden. Zu die-sem Zeitpunkt sei die vertragliche Lieferbeziehung bereits beendet gewesen. [X.]ie Klägerin habe deshalb keine Möglichkeit mehr gehabt, auf die erstmals ge-äußerte Rechtsauffassung des [X.]n, aus der ihr erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohten, mittels einer Kündigung zu reagieren.
[X.]er Senat teile auch nicht die Auffassung des [X.]n, dass die er-gänzende Auslegung von Sonderverträgen nicht mit der [X.] des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in [X.] vereinbar sei. [X.]ie Ermittlung des [X.] durch Auslegung nach dem Maßstab redlich handelnder Parteien im Wege der ergänzenden Vertrags-auslegung sei bei der vorliegenden Fallgestaltung den Gerichten der Mitglied-staaten überlassen.
Hinsichtlich der Forderungen der Klägerin aus den Jahresrechnungen vom 26. November 2006 und vom 28. November 2007 sei der [X.] in Höhe BGB), weil insoweit Verjährung eingetreten sei und der [X.] die Einrede der Verjährung erhoben habe. Es verbleibe damit als Zwischenergebnis eine 12
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ihm zustehenden Rückzahlungsanspruch erloschen, so dass sich die Forde-

[X.]er hilfsweise gestellte Leistungsantrag des [X.]n, mit dem er die n-sen begehre
[[X.] zu 2], sei zulässig, aber unbegründet. Ein Rückzahlungsanspruch stehe dem [X.]n nicht zu. [X.]as Guthaben, das dem [X.]n hinsichtlich des Abrechnungszeitraums vom 14. November 2004 bis zum 14. November 2005 zugestanden habe, sei infolge der Hilfsaufrechnung des [X.]n erloschen. Weitergehende Ansprüche stünden dem [X.]n nicht zu.
Über den weiteren Hilfsantrag des [X.]n festzustellen, dass ihm für die Jahre 2005 bis 2007 (verjährte) Rückzahlungsansprüche in Höhe von f-rechnung mit diesem Betrag erloschen sei [[X.] zu 3], sei nicht zu entscheiden. [X.]enn dieser sei nur für den Fall gestellt, dass der Senat die [X.] des [X.]n bis zu dem in der [X.] vom 28. November 2007 abgerechneten Zeitraum annehme. [X.]iese Bedingung sei nicht eingetreten, da der Senat den Leistungsantrag nicht wegen der Verjährung der Ansprüche abgewiesen habe, sondern weil dem [X.]n keine Rückforderungsansprüche mehr zustünden.
[X.]er Antrag des [X.]n festzustellen, dass die von der Klägerin zum 1.
April 2001 geltend gemachte Preisbestimmung sowie ihre nachfolgend [X.] gemachten Preisbestimmungen unbillig seien und die von ihr seither ge-forderten Strompreise nicht dem Erfordernis des § 315 Abs. 3 BGB entsprächen
[[X.] zu 4], sei zulässig, aber unbegründet. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] finde eine Billigkeitskontrolle der von den Parteien vereinbarten Preise in entsprechender Anwendung von § 315 14
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BGB auch bei einer Monopolstellung des Gasversorgers nicht statt. Nichts [X.] könne im Falle der vom [X.]n behaupteten Monopolstellung der Klä-gerin bezüglich der Belieferung mit (Wärmespeicher-)Strom gelten. [X.]er [X.] greife die hierfür gegebene Begründung des [X.] unter Hin-weis
auf sein Verständnis der maßgebenden Gesetzesmaterialien an. [X.]iese Frage sei im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Hinsichtlich der bis zum 31. [X.]ezember 2004 von der Klägerin verlangten und vom [X.]n bezahlten Preise sei der [X.] ergänzend dahin auszule-gen, dass der [X.] sich auf die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen nicht berufen könne. [X.]ies habe zur Folge, dass der [X.] sich erst recht nicht auf eine etwaige Unbilligkeit des vertraglichen Anfangspreises berufen
könne.

II.
[X.]iese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in vollem [X.] stand.
1. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist die Revision auch zulässig, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die Vor-aussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung bejaht hat. [X.]enn eine wirksame Beschränkung der Revision ist insoweit nicht erfolgt.
[X.]as Berufungs-gericht hat zwar die Zulassung der Revision -
soweit rechtlich zulässig -
auf die Rechtsfrage beschränkt, ob die vom [X.] in den Urteilen vom 14.
März 2012 ([X.] und [X.]) aufgezeigte ergänzende [X.] mit der [X.] vereinbar ist. [X.]ies führt aber nicht dazu, dass revisionsrechtlich nicht überprüfbar wäre, ob die Voraussetzungen einer
ergänzenden
Vertragsauslegung erfüllt sind.
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[X.]ie Zulassung der Revision kann
nicht auf einzelne Rechtsfragen be-schränkt werden.
Bezieht sich die Rechtsfrage, zu deren Klärung das [X.] die Revision zugelassen hat, auf einen abtrennbaren Teil des Streitstoffs, ist die Zulassungsentscheidung zwar regelmäßig so auszulegen, dass das Berufungsgericht die Revision lediglich beschränkt auf diesen Teil des [X.] zugelassen hat (st. Rspr; [X.], Urteile vom 27. September 2011 -
II ZR 221/09, [X.], 2223 Rn. 18; vom 20. März 2012 -
XI [X.], juris Rn. 9; jeweils mwN). [X.]ies ist hier aber nicht der Fall. [X.]enn für die Rechtsfrage, ob eine ergänzende Vertragsauslegung des [X.] mit europarechtlichen Vorgaben vereinbar ist, kommt es auch entscheidend darauf an, an welche Voraussetzungen sie geknüpft ist
und ob diese im Streitfall erfüllt
sind.
2. [X.]as Berufungsgericht ist im [X.] an die Rechtsprechung des Senats
zutreffend und von der Revision unbeanstandet vom Vorliegen eines (Norm-)Sonderkundenvertrages und von der Unwirksamkeit des in diesem [X.] vorgesehenen Preisänderungsrechts der Klägerin ausgegangen
(vgl. Se-natsurteile vom 24. März 2010 -
VIII ZR 178/08, [X.]Z 185, 96, und [X.], [X.], 1050). [X.]as Berufungsgericht hat jedoch bei der Entschei-dung über die Klage und die [X.] zu 2 und 3 rechtsfehlerhaft an-genommen, dass die Voraussetzungen einer
ergänzenden
Vertragsauslegung gegeben seien und die Klägerin ihrem Zahlungsanspruch nach § 433 Abs.
2
BGB die zum 31. [X.]ezember 2004 geltenden Preise zugrunde legen könne.
a) [X.]ie ergänzende Vertragsauslegung kommt -
wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat -
nur
in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch [X.] [X.] füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Inte-18
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ressen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertrags-gefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt (Senatsurteil vom 14. Juli 2010 -
VIII ZR 246/08, [X.]Z 186, 180 Rn. 50 mwN). Eine solche nicht mehr hinnehmbare Störung des Vertragsgefüges ist dann anzunehmen, wenn es sich um ein langjähriges Energieversorgungsverhältnis handelt, der [X.] Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrech-nungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurückliegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der [X.] geltend macht (Senatsurteile
vom 14. März 2012 -
[X.], [X.]Z 192, 372 Rn. 23, und [X.], [X.], 265 Rn. 28). In diesen Fällen vermag die vertraglich vorgesehene, nur in die Zukunft wirkende Kündi-gungsmöglichkeit des Energieversorgungsunternehmens die Regelungslücke im Vertrag nicht in einer für beide Seiten zumutbaren Weise zu schließen. [X.]enn bevor der Kunde Widerspruch erhob oder Zahlungen nur noch unter Vorbehalt leistete, hatte das Energieversorgungsunternehmen keinen Anlass, das bis da-hin praktizierte Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung in Frage gestellt zu sehen und dementsprechend das [X.] zu kündi-gen (Senatsurteile
vom 14. März 2012 -
[X.] und [X.], je-weils aaO).
b) [X.]iese Voraussetzungen liegen hier
nicht vor. [X.]er [X.] richtete im September 2004 ein Widerspruchsschreiben an die Klägerin. [X.]adurch war es dieser möglich, durch Kündigung der zukünftig drohenden unbefriedigenden Erlössituation zu entgehen. Gemäß Ziffer 5 des [X.] kann das Vertragsverhältnis mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des jeweiligen Abrechnungsjahres oder zum 30. Juni eines Jahres schriftlich gekündigt wer-den.

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-
12 -
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es unbeachtlich, dass der [X.] in dem Widerspruch nur die Unbilligkeit einer angekündigten Preiserhöhung geltend gemacht
hat. Auf die tatsächlichen oder von dem Ener-gieversorger vermuteten Gründe für den Widerspruch kommt es nicht an ([X.] vom 7. September 2011 -
[X.], juris Rn. 7; vom 6.
[X.]ezember 2011 -
VIII ZR 224/11,
juris Rn. 6). [X.]enn der Umstand, dass der Kunde nur einen bestimmten Einwand vorbringt, begründet kein Vertrauen da-rauf, dass er auf andere -
ihm bekannte oder noch unbekannte -
Einwände ge-gen vorgenommene oder künftige Preiserhöhungen verzichten wird. So hatte die Klägerin auch durch den Widerspruch des [X.]n Anlass, die [X.] ihrer Preisänderungsklausel zu prüfen und eine Beendigung des Vertrags-verhältnisses in Betracht zu ziehen.
c) Auch
für den Zeitraum vor dem Widerspruch kommt eine ergänzende Vertragsauslegung nicht in Betracht. [X.]er [X.] hat
etwa dreieinhalb
Jahre nach Vertragsbeginn zum [X.] widersprochen. Bei einer jährlichen [X.], die -
wie sich aus den [X.]aten der Jahresabrechnungen ergibt -
jeweils im November erfolgte, konnten die ersten Preiserhöhungen der Klägerin erst in der Jahresabrechnung vom November 2001 enthalten sein, so dass der [X.] des [X.]n innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach der [X.] liegt.
Es fehlt daher an der Voraussetzung einer ergän-zenden Vertragsauslegung, dass der Kunde den Preiserhöhungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat (vgl. Senatsurteil vom 31. Juli 2013
-
[X.], [X.], 2443 Rn. 64). Ein Festhalten am Vertrag zu den be-stehenden Bedingungen bis zum Ablauf der Kündigungsfrist war der Klägerin daher zumutbar.
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht dagegen den Antrag des [X.]n auf Feststellung der Unbilligkeit der Preisbestimmungen zurück-22
23
24

-
13 -
gewiesen
([X.] zu 4). Entgegen der Ansicht des Berufungsge-richts ist der Antrag jedoch bereits unzulässig, da der [X.] kein rechtliches Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO) an der begehrten Feststellung hat.
Zwar hat der Senat bei derartigen Feststellungsanträgen ein rechtliches Interesse in mehreren Entscheidungen bejaht (Senatsurteile vom 13. Juni 2007 -
[X.], [X.]Z 172, 315 Rn. 10; vom 17. [X.]ezember 2008 -
VIII ZR 274/06, [X.]Z 179, 186 Rn. 11; Senatsbeschluss vom 27. Oktober 2009

-
VIII ZR 204/08, ZNER
2010, 65
Rn. 5). [X.]iese Fälle waren aber dadurch [X.], dass der Energieliefervertrag zwischen den Parteien noch [X.] oder erst im Laufe des
Verfahrens beendet wurde. Bei einem [X.] Versorgungsvertrag hat der Kunde ein in die Zukunft gerichtetes Inte-resse an der Feststellung der Unbilligkeit der Preisbestimmung (vgl. Senatsbe-schluss vom 27. Oktober 2009
-
VIII ZR 204/08, aaO), da er
die Zahlung von Forderungen des Versorgers verweigern kann, soweit die Unbilligkeit der Preise festgestellt ist. Endet der Versorgungsvertrag während des Verfahrens, so macht dies die ursprünglich zulässige Feststellungsklage nicht unzulässig (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Oktober 2009
-
VIII ZR 204/08, aaO
mwN).
Im vorliegenden Fall hingegen endete die Belieferung mit Haushalts-strom am 30. November 2007, die Belieferung mit [X.] am 19.
[X.]ezember 2009. [X.]ie Schlussrechnungen erfolgten am 18. Januar 2008 und am 12. Februar 2010
und somit vor dem Feststellungsantrag, der erst mit der am 2. Mai 2011 erhobenen Widerklage vor dem [X.] geltend gemacht worden ist. [X.]a keine weiteren Rechnungen zu erwarten waren, bestand daher bereits zu diesem Zeitpunkt kein Interesse des [X.]n mehr, sich durch die Feststellung der Unbilligkeit der Preisbestimmungen der Klägerin eine Grundla-ge dafür zu schaffen, bei künftigen Forderungen der Klägerin die Zahlung (teil-weise) zu verweigern.
25
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-
14 -
III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben, so-weit hinsichtlich der Klage und der [X.] zu 2 und 3 zum Nachteil des [X.]n entschieden worden ist; es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). [X.]ie Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, in-soweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§
563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Ball

[X.]r. Milger

[X.]r. Hessel

[X.]r. Fetzer

[X.]r. Bünger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.05.2012 -
16 O 218/11 -

[X.], Entscheidung vom 21.02.2013 -
U 692/12 Kart -

27

Meta

VIII ZR 80/13

15.01.2014

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2014, Az. VIII ZR 80/13 (REWIS RS 2014, 8720)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8720

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