Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.02.2012, Az. 5 AZR 230/11 (F)

5. Senat | REWIS RS 2012, 8914

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Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 9. Oktober 2008 - 20 Sa 1734/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten nach Aufnahme des Revisionsverfahrens über die Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle.

2

Die Klägerin war bei der [X.] (frühere Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte, im Folgenden nur: Schuldnerin), einem Unternehmen der [X.], beschäftigt. Sie ist Mitglied der [X.]. Im Arbeitsvertrag vereinbarten die Klägerin und die Schuldnerin ua.:

        

„1.     

Frau G,

                 

wird als Sachbearbeiterin

                 

eingestellt.

                 

Das Anstellungsverhältnis hat am 04. Januar 1993 begonnen. ...

        

2.    

Als Vergütung erhält Frau G

                 

Gehalt gem. Gehaltsgruppe K 2a

DM    

                 

Freiwillige übertarifliche Zulage

DM    

                 

Bruttomonatsgehalt

DM 3.946,--

        

Bei der übertariflichen Zulage handelt es sich um eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung, auf die auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht. Diese Leistung kann auch jederzeit ganz oder teilweise anläßlich von tariflichen Höher-, Herab- oder [X.] angerechnet werden.

        

...     

        

Sonstige in diesem Vertrag nicht vereinbarte Leistungen des Arbeitgebers an den Angestellten sind freiwillig und jederzeit widerruflich. Auch wenn der Arbeitgeber sie mehrmals und regelmäßig erbringen sollte, erwirbt der Angestellte dadurch keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.

        

...     

        

14.     

Im übrigen gelten die Bestimmungen der Tarifverträge der Eisen-, Metall und [X.] des [X.] in der jeweils gültigen Fassung.“

3

Die Schuldnerin war (Voll-)Mitglied des [X.], bis sie im Juni 2003 in eine [X.] wechselte. Zu diesem Zeitpunkt betrug das tarifliche Grundgehalt in der Gehaltsgruppe K 3, in die die Klägerin damals eingruppiert war, 2.171,00 Euro brutto. Im Zeitraum Januar bis Juni 2007 erhielt die Klägerin darüber hinaus monatlich 270,88 Euro brutto. In einem Schreiben der Schuldnerin vom 18. Dezember 2006 heißt es dazu:

        

„Entgelterhöhung

        

Sehr geehrte Frau G,

        

wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass sich Ihr Entgelt um monatlich 2 % erhöht.

        

Ihr Entgelt setzt sich ab 01.01.2007 bei einer Arbeitszeit von 152,25 Stunden wie folgt zusammen:

        

Entgelt (Gehaltsgruppe K 3 gem. § 3 [X.]):

 2.171,00 Euro

        

freiwillige (übertarifliche) Zulage

  270,88 Euro

        

Bruttoentgelt

2.441,88 Euro

        

Bei einer Arbeitszeit von 152,25 Stunden entspricht das einem Stundenentgelt von 16,04 Euro.

        

Bei der übertariflichen Zulage handelt es sich um eine freiwillige, jederzeit nach freiem Ermessen widerrufliche Leistung, auf die auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht.

        

...“   

4

§ 3 des [X.] für die Angestellten in der Eisen-, Metall- und [X.] des [X.] vom 15. Januar 1982 idF vom 6. Mai 1990 ([X.]) sieht [X.] vor und bestimmt unter Abschn. I:

        

„1.     

Die Tätigkeit von Angestellten wird mit dem tariflichen Grundgehalt bezahlt.

                 

Die Festsetzung des [X.] erfolgt aufgrund der am Arbeitsplatz gestellten Anforderungen und der sich daraus ergebenden tariflichen Einstufung.

        

2.    

Angestellte haben je nach Beurteilung ihrer Leistung einen Rechtsanspruch auf eine [X.] zu ihrem tariflichen Grundgehalt.

                 

Die [X.] aller [X.] müssen im [X.] mindestens 10 % der Summe der tariflichen Grundgehälter betragen.

                 

...     

                 

Bei Neueinstellungen erfolgt die Beurteilung der Leistung und die Festlegung der [X.] spätestens bis zum Ablauf einer Tätigkeitszeit von 3 Monaten. Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben diese Angestellten bei der Ermittlung des [X.]s der [X.] unberücksichtigt.

        

3.    

[X.] bleiben auch nach Aufrücken in eine höhere Altersstufe bestehen. Beim Aufrücken in eine höher bewertete Tätigkeitsgruppe können sie entfallen oder neu festgesetzt werden.“

5

§ 3 Abschn. II [X.] enthält ein [X.] und ordnet an, dass bei der Beurteilung der persönlichen Leistung von diesem [X.] auszugehen ist. Außerdem heißt es dort unter Nr. 4:

        

„Die relative Höhe der [X.] ist nicht abhängig von der Gehaltsgruppe des Angestellten.“

6

Zu dem tariflichen [X.] regelt § 3 Abschn. [X.] [X.] weiter:

        

„1.     

Zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ist in einer Betriebsvereinbarung zu dem vorgenannten [X.] folgendes festzulegen:

        

a)    

die Gesamtpunktzahl und ihre Verteilung auf die Grundmerkmale (Gewichtung)

        

b)    

ggf. die Funktionsbereiche, die mit unterschiedlichen Gewichtungen versehen werden können und

        

c)    

die Kündigungsfrist der Betriebsvereinbarung.

        

Durch die Kündigung der Betriebsvereinbarung bleiben im [X.] ausgewiesene [X.] unberührt.

        

2.    

Wird über Ziffer 1 keine Einigung erzielt, so sind auf Antrag des Arbeitgebers oder des Betriebsrates die Tarifvertragsparteien mit dem Ziel einer Vermittlung hinzuzuziehen.

                 

Kommt es dabei zu keiner Einigung, so entscheidet die Einigungsstelle gemäß [X.].

        

...     

        
        

4.    

In Betrieben bis zu 25 [X.] kann der Arbeitgeber unter Zugrundelegung der Beurteilungsmerkmale und -stufen eine globale Beurteilung der Leistung des Angestellten durchführen und entsprechend dem Ergebnis die Zuordnung in eine der Leistungsstufen vornehmen.

                 

In diesem Fall entfällt die Betriebsvereinbarung gemäß Abschnitt [X.], Ziffer 1.

        

...     

        
        

6.    

Die Beurteilung der Leistung obliegt dem Arbeitgeber oder seinem Beauftragten.

                 

Für jeden Angestellten sind Beurteilungsunterlagen anzulegen, aus denen alle Angaben über die Beurteilung ersichtlich sind.

        

7.    

Der Arbeitgeber hat dem Angestellten die [X.], ausgedrückt in Prozenten des tariflichen Grundgehalts, in schriftlicher Form mitzuteilen. Die ermittelte [X.] ist auf volle DM-Beträge aufzurunden.

        

...     

        
        

10.     

Die Leistungsbeurteilung soll einmal im Jahr überprüft werden.

        

...“   

        

7

Im Betrieb der Schuldnerin bestand ein Betriebsrat. Eine Betriebsvereinbarung gem. § 3 Abschn. [X.] [X.] wurde nicht geschlossen, ebenso wenig erfolgten Leistungsbeurteilungen.

8

Nach erfolgloser Geltendmachung hat die Klägerin mit der am 12. Juli 2007 eingereichten und mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2007 ermäßigten Klage eine [X.] gem. § 3 Abschn. I Nr. 2 [X.] für den Zeitraum September 2006 bis Juni 2007 verlangt und die Auffassung vertreten, die tarifliche [X.] betrage (mindestens) 10 % des tariflichen Grundgehalts, wenn der Arbeitgeber die tariflich vorgeschriebene Leistungsbeurteilung nicht vornehme. Das ergebe sich zumindest aus § 315 BGB. Jedenfalls stehe ihr wegen der unterlassenen Leistungsbeurteilung ein Schadensersatzanspruch in dieser Höhe zu.

9

Die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.171,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Schuldnerin hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, den Anspruch auf Zahlung einer tariflichen [X.] durch eine übertarifliche Vergütung erfüllt zu haben. § 315 BGB könne nicht angewendet werden, weil die Tarifvertragsparteien die Höhe der [X.] nicht in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt hätten. Ein Schadensersatzanspruch scheitere am Fehlen einer Pflichtverletzung.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat sie auf die Berufung der Schuldnerin abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision hat die Klägerin zunächst die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt. Nachdem am 1. September 2009 über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 25. März 2011 das Verfahren gegen die Insolvenzverwalterin aufgenommen und beantragt nunmehr die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils mit der Maßgabe, die ausgeurteilte Forderung zur Insolvenztabelle festzustellen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine tarifliche [X.] in bestimmbarer Höhe. Ob ihr die Klageforderung als Schadensersatz zusteht, kann der Senat nicht feststellen, § 181 [X.].

I. Die Klage auf Feststellung der auf den [X.] „tarifliche [X.]“ gestützten Forderung nebst Zinsen ist zulässig, aber unbegründet.

1. Wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin kann die Klägerin nicht mehr wie in den Vorinstanzen Zahlung an sich verlangen. Die streitgegenständliche Forderung ist keine Masseverbindlichkeit (§ 55 [X.]), sondern eine Insolvenzforderung, die nach § 174 [X.] zur Tabelle anzumelden ist. Im Falle des Bestreitens der Forderung muss die Feststellung gegen den [X.] betrieben werden, § 179 Abs. 1 [X.]. Bei Anhängigkeit eines Rechtsstreits zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt dies durch die Aufnahme des Rechtsstreits, § 180 Abs. 2 [X.].

Die Klägerin hat nach ihrem unbestrittenen Sachvortrag und den mit dem [X.] vorgelegten Unterlagen eine als „tarifliche [X.]“ bezeichnete Forderung und eine hierauf entfallende Zinsforderung zur Insolvenztabelle angemeldet. Dass dabei die Hauptforderung höher beziffert ist und Zinsen für einen längeren [X.]raum geltend gemacht werden als im unterbrochenen und wieder aufgenommenen Rechtsstreit verlangt, ist unschädlich (vgl. [X.] 10. Juli 2003 - 4 [X.] - NZA-RR 2004, 317; [X.]/[X.] 13. Aufl. § 181 [X.] Rn. 11 mwN; zu § 146 Abs. 4 KO ebenso [X.] 14. Dezember 1987 - II [X.] - zu I der Gründe, [X.]Z 103, 1). Haupt- und Zinsforderung sind von der Insolvenzverwalterin bestritten worden.

2. Die Klage ist unbegründet. Die Höhe der [X.] ist wegen der von der Schuldnerin nicht vorgenommenen Leistungsbeurteilung nicht bestimmbar.

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet [X.] der [X.] Anwendung, § 3 Abs. 1 und Abs. 3, § 4 Abs. 1 [X.]. Dass die Nachbindung der Schuldnerin geendet hätte, hat weder sie selbst noch die Insolvenzverwalterin geltend gemacht.

Nach § 3 Abschn. I Nr. 2 [X.] haben Angestellte je nach Beurteilung ihrer Leistung einen Rechtsanspruch auf eine [X.] zu ihrem tariflichen Grundgehalt. Schon aus dem Wortlaut der Tarifnorm ergibt sich, dass der Tarifvertrag damit dem Angestellten einen Anspruch auf eine [X.] als Bestandteil der tariflichen Vergütung einräumt. Die Formulierung „je nach Beurteilung ihrer Leistung“ ist keine den Anspruch entfallen lassende Einschränkung, sondern betrifft - wie sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergibt - die Höhe des Anspruchs auf die tarifliche [X.]. Diese soll sich aus der nach § 3 Abschn. III Nr. 6 [X.] dem Arbeitgeber obliegenden Beurteilung der Leistung des Angestellten ergeben, wobei der Tarifvertrag für die Leistungsbeurteilung in § 3 Abschn. II und Abschn. III [X.] detaillierte Vorgaben macht. Auch die Einordnung in die Leistungsstufe 1, einer „Null-Stufe“ (§ 3 Abschn. III Nr. 3 [X.]), lässt den Anspruch auf die [X.] nicht entfallen, sondern führt nur dazu, dass die Höhe der [X.] in der betreffenden Beurteilungsperiode ggf. Null beträgt.

b) Die Höhe der [X.] nach § 3 Abschn. I Nr. 2 [X.] ist nicht bezifferbar, weil eine Beurteilung der Leistung der Klägerin im streitgegenständlichen [X.]raum und darüber hinaus generell nicht stattgefunden hat.

aa) § 3 [X.] enthält keine - ausdrückliche - Regelung darüber, was gelten soll, wenn der Arbeitgeber die ihm nach § 3 Abschn. III Nr. 6 [X.] obliegende Leistungsbeurteilung nicht vornimmt. Der Tarifvertrag bestimmt zwar in § 3 Abschn. I Nr. 2 Abs. 2 [X.], dass die [X.]n aller Tarifangestellten im [X.] mindestens 10 % der Summe der tariflichen Grundgehälter betragen muss. Damit ist jedoch nur das Gesamtvolumen festgelegt, das der Arbeitgeber als [X.]n an alle in seinem Betrieb beschäftigten Angestellten zu verteilen hat. Einen Verteilungsgrundsatz dergestalt, dass bei einer Nichtbeurteilung der Angestellten diese jeweils 10 % ihres tariflichen Grundgehalts als [X.] sollen beanspruchen können, enthält die Tarifnorm nicht. Auch einen „Sockelbetrag“, der bei jeder (schlechten) Leistung mindestens zu zahlen wäre, hat der Tarifvertrag nicht festgesetzt.

bb) Diese tarifliche Regelungslücke darf nicht von der Rechtsprechung geschlossen werden.

Handelt es sich bei der Nichtregelung der Höhe der [X.] bei fehlender Leistungsbeurteilung durch den Arbeitgeber um eine bewusste Auslassung durch die Tarifvertragsparteien, kommt eine Lückenschließung schon deshalb nicht in Betracht, weil die Gerichte nicht befugt sind, gegen den Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen zu „schaffen“. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie ([X.] 25. Februar 2009 - 4 [X.] - Rn. 20 mwN, AP [X.] § 1 Auslegung Nr. 215).

Handelt es sich um eine unbewusste Regelungslücke im [X.], ist für eine Lückenschließung erforderlich, dass sich aus dem Tarifvertrag selbst hinreichende Anhaltspunkte ergeben, wie die Tarifvertragsparteien nach ihrem mutmaßlichen Willen die nicht berücksichtigte Fallkonstellation geregelt hätten, wenn sie die [X.] erkannt hätten. Bestehen dagegen keine sicheren Anhaltspunkte für die mutmaßliche Regelung der Tarifvertragsparteien und sind verschiedene Regelungen denkbar, scheidet eine Ausfüllung der tariflichen Regelungslücke durch die Gerichte ebenfalls aus. Sie würde wiederum in die durch Art. 9 Abs. 3 GG allein den Tarifvertragsparteien zugewiesene Gestaltungsfreiheit eingreifen ([X.] 24. Februar 1988 - 4 [X.] - [X.]E 57, 334; 21. April 2010 - 4 [X.]/08 - Rn. 34, [X.], 571).

Das ist vorliegend der Fall. Es sind verschiedene Regelungen denkbar, wie die Tarifvertragsparteien bei einer fehlenden Leistungsbeurteilung durch den Arbeitgeber die Höhe der tariflichen [X.] hätten regeln können. So hätten die Tarifvertragsparteien den Arbeitnehmer zur Bestimmung der Anspruchshöhe auf eine Klage auf Beurteilung oder die Anrufung der in § 3 Abschn. III Nr. 13 [X.] vorgesehenen paritätischen [X.] verweisen können. Sie hätten auch bestimmen können, dass in einem solchen Falle das Gesamtvolumen, das der Arbeitgeber nach § 3 Abschn. I Nr. 2 Abs. 2 [X.] für die [X.]n zur Verfügung stellen muss, gleichmäßig auf alle Angestellten des Betriebs verteilt wird oder der Angestellte - wie die Klägerin meint - eine [X.] pauschal in Höhe von 10 % seines tariflichen Grundgehalts beanspruchen kann. Sichere Anhaltspunkte dafür, welche Regelung die Tarifvertragsparteien getroffen hätten, bestehen nicht, zumal nach § 3 Abschn. II Nr. 4 [X.] die relative Höhe der [X.] nicht von der Gehaltsgruppe des Angestellten abhängig sein soll.

c) Die Höhe der [X.] kann nicht durch Urteil gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BGB bestimmt werden. Denn der Tarifvertrag hat die Bestimmung der Höhe der [X.] nicht dem Arbeitgeber überlassen, § 315 Abs. 1 BGB.

aa) § 315 Abs. 1 BGB regelt, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist, wenn die Leistung durch einen Vertragsschließenden bestimmt werden soll. Entspricht die getroffene Bestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie nach § 315 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 BGB durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 BGB, wenn die Bestimmung verzögert wird. Die Vertragshilfe des § 315 BGB greift aber nur dort, wo die Parteien das vereinbart, sich also autonom der richterlichen Schlichtung durch Ersatzleistungsbestimmung unterworfen haben ([X.] 12. Dezember 2007 - 10 [X.] - Rn. 24, [X.]E 125, 147).

bb) Die Tarifautonomie als Möglichkeit oder Aufgabe der Tarifvertragsparteien, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen eigenverantwortlich zu regeln, schließt es zwar grundsätzlich nicht aus, die Rechtsetzungsbefugnis zu delegieren ([X.] 16. Juni 2010 - 4 [X.] - Rn. 29). Die Tarifvertragsparteien haben aber in § 3 [X.] nicht vereinbart, dass die Höhe der [X.] der Arbeitgeber soll bestimmen können. Vielmehr heißt es in § 3 Abschn. I Nr. 2 [X.] ausdrücklich, die (Höhe der) [X.] der Angestellten solle sich „je nach Beurteilung ihrer Leistung“ richten. Bei der nach § 3 Abschn. III Nr. 6 [X.] dem Arbeitgeber obliegenden Leistungsbeurteilung hat dieser zwar einen gewissen Beurteilungsspielraum. Das liegt in der Natur einer Leistungsbeurteilung und ergibt sich zudem aus § 3 Abschn. III Nr. 13 [X.]. Danach hat die paritätische [X.] ua. zu prüfen, „ob die Leistungsbeurteilung objektiv und nach billigem Ermessen durchgeführt wurde“. Der Tarifvertrag gibt aber in § 3 Abschn. II [X.] dem Arbeitgeber ein Beurteilungsschema vor, das nach § 3 Abschn. III Nr. 1 und Nr. 2 [X.] durch Betriebsvereinbarung und bei [X.] durch die Einigungsstelle auszufüllen ist. Die dem Arbeitgeber für die Leistungsbeurteilung erteilten Vorgaben sind derart detailliert, dass von einer Leistungsbestimmung durch den Arbeitgeber nicht gesprochen werden kann.

II. Ob die Klägerin die festzustellende Forderung als Schadensersatz wegen der von der Schuldnerin nicht vorgenommenen Leistungsbeurteilung beanspruchen kann, obliegt nach § 181 [X.] nicht der Prüfung des Senats. Insoweit ist die Feststellungsklage unzulässig.

1. Nach § 181 [X.] kann die Feststellung nach Grund, Betrag und Rang der Forderung nur in der Weise begehrt werden, wie die Forderung in der Anmeldung oder im Prüfungstermin bezeichnet worden ist. Es handelt sich dabei um eine Sachurteilsvoraussetzung. Einer Klage, mit der die Feststellung einer unangemeldeten und ungeprüften Forderung beantragt wird, fehlt das - auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende - Feststellungsinteresse und ist als unzulässig abzuweisen ([X.] 16. Juni 2004 - 5 [X.] - zu I der Gründe, [X.]E 111, 131; [X.] 5. Juli 2007 - [X.] - zu [X.] der Gründe mwN, [X.]Z 173, 103).

2. Grund der Forderung in § 181 [X.] meint den Klagegrund und damit den (Lebens-)Sachverhalt, aus dem die Forderung entspringt ([X.] 22. Januar 2009 - [X.]/08 - Rn. 10 mwN, [X.], 483; [X.]/[X.] 13. Aufl. § 181 [X.] Rn. 5 mwN). Der Grund bestimmt, soweit die Forderung als anerkannt in die Tabelle eingetragen wird, den Umfang der Rechtskraft der Eintragung gegenüber den Gläubigern (§ 178 Abs. 3 [X.]) und, soweit die Forderung bestritten wird, den Umfang der Rechtskraft des im Feststellungsprozess ergehenden Urteils, § 183 Abs. 1 [X.] (vgl. dazu [X.] 27. September 2001 - [X.]/00 - ZIP 2001, 2099).

Der bei der Anmeldung nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin (nur) angegebene Grund „tarifliche [X.]“ umfasst nicht den Streitgegenstand „Schadensersatzanspruch“. Dieser beruht auf einem anderen Sachverhalt als der Klagegrund tarifliche [X.], nämlich einer behaupteten Pflichtverletzung der Schuldnerin, und ist zudem rechtlich wesentlich anders zu beurteilen. Muss - wie hier - dem in der Feststellungsklage geltend gemachten [X.] eine andere Verteidigung entgegengesetzt werden als dem angemeldeten, handelt es sich stets um eine wesentliche Änderung des Grundes der Forderung, die ohne ein neues Anmeldungs- und Prüfungsverfahren die Unzulässigkeit der Feststellungsklage bedingt (vgl. [X.] 5. Juli 2007 - IX ZR 221/05 - Rn. 19, [X.]Z 173, 103; [X.]/[X.] 13. Aufl. § 181 [X.] Rn. 6, jeweils mwN).

III. Die Klägerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

Meta

5 AZR 230/11 (F)

22.02.2012

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hanau, 24. Oktober 2007, Az: 1 Ca 246/07, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.02.2012, Az. 5 AZR 230/11 (F) (REWIS RS 2012, 8914)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8914

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