Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2002, Az. StB 15/02

3. Strafsenat | REWIS RS 2002, 34

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[X.] StE 8/96 StB 15/02vom20. Dezember 2002in der [X.] u. a.- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 20. Dezember 2002 [X.] Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Be-schluß des [X.] vom 3. Juli 2002aufgehoben, soweit der Antrag auf Wiederaufnahme des [X.] hinsichtlich der Ermordung von 22 Einwohnern desDorfes [X.] (Fall [X.] h der Gründe des Urteils vom26. September 1997) als unzulässig verworfen worden ist.In diesem Umfang ist die Wiederaufnahme des Verfahrens zu-lässig.2. Die weitergehende Beschwerde wird verworfen.Gründe:Der Beschwerdeführer begehrt die Wiederaufnahme des gegen ihn ge-führten Strafverfahrens wegen Völkermordes, das durch Urteil des Senats vom30. April 1999 ([X.]St 45, 65) rechtskräftig abgeschlossen worden ist. [X.] hat den Antrag als unzulässig verworfen. Die hiergegen ge-richtete sofortige Beschwerde hat teilweise Erfolg.[X.] Urteil vom 26. September 1997 hat das [X.] den [X.] (§ 220 a StGB aF) in elf Fällen, davon ineinem Fall in Tateinheit mit "Mord an 22 Menschen" (Fall [X.] h der [X.] 3 -gründe), in einem Fall in Tateinheit mit "[X.]" ([X.]), in einem weiteren Fall in Tateinheit mit Mord (Fall [X.] k) sowie in mehre-ren Fällen in Tateinheit mit Körperverletzung bzw. Freiheitsberaubung, zu [X.] Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt, wobei es [X.] einzelnen Tat die besondere Schwere der Schuld festgestellt hat. Auf [X.] des Beschwerdeführers hat der Senat nach Beschränkung der Verfol-gung gemäß § 154 a Abs. 2 [X.] das Urteil dahin abgeändert, daß der [X.] in Tateinheit mit Mord in 30 Fällen zulebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt ist.Der Beschwerdeführer hat die Wiederaufnahme des Verfahrens bean-tragt und den Antrag hilfsweise auf den Vorwurf des [X.] Mord in 22 Fällen (Fall [X.] h) beschränkt. Nach den hierzu getroffenenFeststellungen erschoß der Beschwerdeführer an einem Tag zwischen dem 12.und dem 16. Juni 1992 in dem Dorf [X.] 22 Angehörige der [X.]. Diese Feststellungen beruhen allein auf der Aussage [X.] der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen "[X.]", der seinen An-gaben zufolge das Geschehen vom Fenster eines Nachbarhauses ausbeobachtet hatte ([X.] ff.).Zur Begründung seines [X.] hat der [X.] vorgetragen, bei dem Belastungszeugen "[X.] " habe es sichin Wahrheit um dessen Bruder [X.]gehandelt. Dieser habe [X.] falsche Personalien angegeben, vielmehr hätten sich weder [X.]noch [X.] zum angeblichen Tatzeitpunkt in [X.] aufgehalten. [X.] der beiden Brüder habe somit die Vorgänge beobachten können, die derZeuge "[X.] " in der Hauptverhandlung geschildert habe. Der Be-- 4 -schwerdeführer verweist darauf, daß die Staatsanwaltschaft [X.] des-halb gegen [X.] ein Ermittlungsverfahren wegen des [X.] eingeleitet hat (810 Js 32/01), welches mit Verfügung vom 4. [X.] wegen unbekannten Aufenthalts des Beschuldigten vorläufig [X.] ist. Zum Beweis seiner Behauptungen hat er mehrere Zeugen benannt.Das [X.] hat mit dem angefochtenen [X.]uß vom 3. Juli2002 den auf § 359 Nr. 2 und Nr. 5 [X.] gestützten [X.] unzulässig verworfen (§ 368 Abs. 1 [X.]). Der Wiederaufnahme des [X.] stehe § 363 Abs. 1 [X.] entgegen. Denn auch beim Wegfall des demFall [X.] h zugrundeliegenden Tatgeschehens (der Ermordung von 22 Men-schen in [X.]) verbliebe es bei der Verurteilung des [X.] in Tateinheit mit Mord in acht Fällen, so daß es nicht zueiner Strafbemessung aufgrund eines anderen Strafgesetzes käme.[X.] gemäß §§ 372, 304 ff. [X.] zulässige Rechtsmittel hat Erfolg, so-weit der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlichseiner Verurteilung wegen der Ermordung von 22 Angehörigen der muslimi-schen Bevölkerungsgruppe in dem Dorf [X.] Mitte Juni 1992 (Fall [X.] hder Urteilsgründe) beantragt. Der weitergehende Wiederaufnahmeantrag istdagegen unzulässig, weil die Urteilsfeststellungen zu den übrigen Tatkomple-xen von dem geltend gemachten Wiederaufnahmegrund nicht berührt [X.] Nach dem unter Zeugenbeweis gestellten Vorbringen des [X.] ist der Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 2 [X.] gegeben. [X.] 5 -nach besteht der konkrete Verdacht, daß der einzige Belastungszeuge "[X.]H. " einen Meineid geleistet hat. Da die Durchführung eines Strafverfahrensgegen den angeblichen Tatzeugen wegen dessen unbekannten Aufenthaltsderzeit nicht möglich ist, steht das Fehlen der nach § 364 Satz 1 1. Halbs.[X.] grundsätzlich erforderlichen rechtskräftigen Verurteilung des Zeugen derZulässigkeit der Wiederaufnahme nicht entgegen (§ 364 Satz 1 2. Halbs.; vgl.[X.]St 39, 75, 86; OLG [X.] GA 1980, 393, 396).2. [X.] scheitert auch nicht an § 363 Abs. 1[X.]. Der Beschwerdeführer strebt nicht lediglich eine mildere Bestrafung an,sondern wendet sich gegen seine Verurteilung wegen Mordes in 22 [X.]) Inwieweit § 363 Abs. 1 [X.] einem Wiederaufnahmeantrag entge-gensteht, der bei einer Verurteilung wegen mehrerer [X.] begangenerStraftaten nur einen Teil des Schuldspruchs angreift, ist in der Literatur um-stritten.Überwiegend wird die Wiederaufnahme nur für zulässig erachtet, wennsich der Antrag gegen die Anwendung derjenigen Strafnorm richtet, der nach§ 52 Abs. 2 Satz 1 StGB die Strafe entnommen worden ist, oder wenn - wie [X.] - alle angewandten Vorschriften die gleiche Strafdrohungenthalten ([X.] in [X.], [X.] 25. Aufl. § 363 Rdn. 7; [X.] inKK 4. Aufl. § 363 Rdn. 10; [X.], [X.] 46. Aufl. § 363 Rdn. 3; [X.]in KMR 8. Aufl. § 363 Rdn. 1). Diese Auffassung begegnet schon deshalb Be-denken, weil sie in sich nicht stimmig ist: Daß bei einer Verurteilung wegenmehrerer in Tateinheit stehender Delikte die Wiederaufnahme des Verfahrensunzulässig sein soll, wenn sich der Antrag nicht (auch) gegen die [X.] 6 -des den Strafrahmen bestimmenden Strafgesetzes richtet, beruht [X.] der Erwägung, daß anderenfalls lediglich eine "andere Strafbemessung [X.] desselben Strafgesetzes" in Betracht käme. Hängt aber nach § 363 Abs.1 [X.] die Zulässigkeit der Wiederaufnahme davon ab, daß die Strafe einemanderen Strafrahmen zu entnehmen wäre, wenn sich das Vorbringen des [X.] in der erneuten Hauptverhandlung bestätigen sollte, dann [X.] Vorschrift einem auf einzelne Gesetzesverletzungen beschränkten Wie-deraufnahmeantrag auch dann entgegen, wenn alle angewandten Strafvor-schriften dieselbe Strafdrohung aufweisen (aA ohne Angabe von Gründen[X.], [X.], [X.] und [X.], jeweils aaO). Denn gerade dannkann sich der Wegfall eines der [X.] verwirklichten Straftatbeständenicht auf die Bestimmung des maßgeblichen Strafrahmens auswirken.Zum Teil wird die Wiederaufnahme nur dann für zulässig gehalten, [X.] Fortfall der Verurteilung nach dem minderschweren Delikt mit einer wesent-lich milderen Bestrafung des Verurteilten zu rechnen ist ([X.]/[X.], 534, 536; [X.] in AK-[X.] § 363 Rdn. 7). Von der Möglichkeit einer mil-deren Bestrafung kann die Zulässigkeit der Wiederaufnahme aber nicht [X.]. Wäre der Beschwerdeführer nämlich wegen Mordes in 30 (tatmehr-heitlichen) Fällen verurteilt worden, dann könnte er unstreitig hinsichtlich [X.] Taten die Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Ziel eines Teilfrei-spruchs betreiben, obwohl auch in diesem Fall wegen der absoluten Strafe [X.] eine mildere Strafe von vornherein ausgeschlossen wäre.b) Von den dargestellten Bedenken abgesehen, kann beiden Auffassun-gen auch mit Blick auf den Gesetzeswortlaut und die [X.] aus systematischen Erwägungen nicht gefolgt werden. Vielmehr findet- 7 -§ 363 Abs. 1 [X.] auf einen Wiederaufnahmeantrag, der eine Änderung [X.] zum Ziel hat, keine [X.]) § 363 Abs. 1 [X.] stellt ausdrücklich auf den mit der [X.] verfolgten Zweck ab: Unzulässig ist danach ein Wiederaufnahmean-trag, mit dem lediglich eine "andere Strafbemessung auf Grund desselbenStrafgesetzes" herbeigeführt werden soll. Besteht dagegen - wie hier - [X.] darin, einen unrichtigen Schuldspruch zu beseitigen, indem für den Verurteilten eine eigenständige Beschwer liegt, greift die Vorschriftihrem Wortlaut nach nicht ein. Dies gilt auch dann, wenn ein wegen mehrfacher[X.]er Verletzung desselben Strafgesetzes Verurteilter sich nur gegendie Anzahl der ihm zur Last gelegten Gesetzesverletzungen wendet. Im [X.] zur Verurteilung wegen Völkermordes in Tateinheit mit [X.] ist die Verurteilung wegen Völkermordes in Tateinheit mit [X.] keine Verurteilung auf Grund desselben Strafgesetzes i. [X.] v. § 363Abs. 1 [X.].In diesem Sinne hat bereits der Staatsgerichtshof zum Schutze der [X.] entschieden. Unter Berufung auf den Wortlaut des damaligen § 403[X.] (der dem heutigen § 363 [X.] entspricht) erklärte er einen [X.]antrag für zulässig, mit dem der Verurteilte die Aufhebung des Schuld-spruchs wegen Totschlags bezweckt, dabei aber die den Strafrahmen bestim-mende Verurteilung wegen des mit dem Totschlag in Tateinheit stehendenHochverrats nicht angegriffen hatte ([X.]uß vom 26. Februar 1923, teilweisewiedergegeben in [X.] 1930, 3422). Daß nach dem Wortlaut und dem [X.] bei den besonderen Wiederaufnahmegründen des § 359 Nr. 1bis 4 [X.] aF bereits die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung [X.] die Wiederaufnahme rechtfertigen könne, fand auch im zeitge-nössischen Schrifttum Zustimmung ([X.] (1925), 166; [X.], Ju-stizirrtum und Wiederaufnahme (1913), [X.]) Eine eng am Wortlaut der Vorschrift orientierte Auslegung hat auchdie Gesetzgebungsgeschichte für sich. § 403 [X.] in der Fassung vom 1. Fe-bruar 1877 (RGBl 1877, 253, 325) geht auf den von der [X.] [X.] während der [X.] in den Entwurf eingefügten "§ 323 a"zurück. Dem unzulässigen [X.] einer Änderung allein in [X.] stellten die Befürworter der Vorschrift den eine [X.] rechtfertigenden Fall gegenüber, daß sich nach Rechtskraft des [X.], daß jemand eine schwerere oder geringere Tat begangen habeals die Tat, deretwegen er verurteilt worden war [X.], Materialien Bd. 3Abt. 2, 2. Aufl. [X.] 1055). Der Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem [X.] Schuldspruchänderung sollte die Vorschrift demnach gerade nicht [X.]) Aus der eingeschränkten Zulässigkeit einer Wiederaufnahme [X.] nach § 359 Nr. 5 [X.] läßt sich kein systematisches Argument fürein anderes Verständnis des § 363 [X.] ableiten.Der (allgemeine) Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 5 [X.] setzt [X.], daß die beigebrachten neuen Tatsachen oder Beweismittel geeignet sind,"die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Straf-gesetzes eine geringere Bestrafung" zu begründen. Gerade diese Einschrän-kung fehlt jedoch bei den (speziellen) Wiederaufnahmegründen des § 359 Nr.1 bis 4 und 6 [X.]. Sie wäre im Rahmen des § 359 Nr. 5 [X.] auch [X.] 9 -sig, wenn die gleiche Rechtsfolge bereits dem für alle [X.] § 363 Abs. 1 [X.] zu entnehmen wäre. Dem kann nicht überzeu-gend entgegengehalten werden, daß § 363 [X.] neben § 359 Nr. 5 [X.] kei-ne eigenständige Bedeutung zukomme (so [X.] in [X.], [X.]25. Aufl. § 363 Rdn. 2; [X.], [X.] 46. Aufl. § 363 Rdn. 1). [X.], die beiden Vorschriften sachlich in Einklang zu bringen, läßt diedurch die Gesetzessystematik belegte Entscheidung des Gesetzgebers außeracht, die verschiedenen Wiederaufnahmegründe an unterschiedliche Zulässig-keitsvoraussetzungen zu binden.Die Ungleichbehandlung der verschiedenen [X.] auch sachgerecht. § 359 Nr. 2 und Nr. 3 [X.] haben zwingend, § 359Nr. 1 [X.] hat regelmäßig eine Straftat zum Nachteil des Verurteilten zur [X.]. § 359 Nr. 6 [X.] betrifft den vergleichbaren Fall, daß das Urteilauf einer Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der [X.] und Grundfreiheiten beruht. Diese besonders [X.] im allgemeinen offenkundigen (vgl. §§ 359 Nr. 6, 364 [X.]) Rechtsverstö-ße zum Nachteil des Verurteilten rechtfertigen die erleichterte [X.] darauf beruhenden Entscheidung, zumal der Gesetzgeber die Wieder-aufnahmegründe des § 359 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] darüber hinaus auch in [X.] Hinsicht privilegiert hat: Gemäß § 370 Abs. 1 [X.] wird der ursächlicheZusammenhang zwischen den dort näher bezeichneten Handlungen und [X.] widerlegbar vermutet ([X.]St 19, 365). Es wäre deshalb systemwidrig,durch eine weite Auslegung des § 363 Abs. 1 [X.] die speziellen [X.]gründe denselben Einschränkungen zu unterwerfen, wie sie für § 359Nr. 5 [X.] gelten.- 10 -dd) Nicht zuletzt gebietet die Gerechtigkeit, daß in Fällen wie dem [X.] die Beseitigung eines unrichtigen, den Verurteilten schwer belasten-den Schuldspruchs auch dann möglich sein muß, wenn wegen der verbleiben-den Straftaten eine ihm günstigere Rechtsfolgenentscheidung ausgeschlossenist. Die §§ 359 ff. [X.] dienen der Lösung des Konflikts zwischen den [X.] der materiellen Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit, die sich [X.] dem Rechtsstaatsprinzip ableiten ([X.] MDR 1975, 468, 469). [X.] durch den Gesetzeswortlaut gezogenen Grenzen verdient deshalb [X.] Auslegung des § 363 Abs. 1 [X.] den Vorzug, welche die Korrektur einerFehlentscheidung ermöglicht, deren Aufrechterhaltung derart dem Gebot derGerechtigkeit widerspräche, daß das allgemeine Interesse am Fortbestand [X.] rechtskräftigen Entscheidung zurücktreten muß. Angesichts des mit einerVerurteilung wegen Mordes verbundenen gravierenden ethischen Unwertur-teils, darf der "zu Unrecht erhobene Vorwurf, 22 Menschenleben kaltblütig aus-gelöscht zu haben" (so der Beschwerdeführer in seinem Wiederaufnahmean-trag), keinen Bestand haben, wenn dieser Schuldspruch, wie vom [X.] vorgetragen, auf der vorsätzlichen Falschaussage eines Zeugen be-ruht.ee) Die hier vertretene Auslegung des § 363 Abs. 1 [X.] führt im Er-gebnis nicht zu einer wesentlichen Erweiterung der auf Ausnahmefälle zu be-schränkenden Möglichkeit, ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren wie-deraufzunehmen.Betroffen sind - entsprechend den Darlegungen unter [X.]) - ausschließ-lich die speziellen Wiederaufnahmegründe des § 359 Nr. 1 bis Nr. 4 und Nr. 6[X.], deren Voraussetzungen nur in seltenen Fällen vorliegen. Auf die Be-- 11 -hauptung einer Straftat (§ 359 Nr. 2 und Nr. 3 [X.]) kann ein Wiederaufnah-meverlangen in der Regel nur gegründet werden, wenn diese durch einerechtskräftige Verurteilung nachgewiesen ist (§ 364 [X.]). Die Aufhebung ei-nes zivilgerichtlichen Urteils (§ 359 Nr. 4 [X.]) setzt die vorherige [X.] eines förmlichen Verfahrens voraus; gleiches gilt gemäß § 359 Nr. 6 [X.]für die Feststellung einer Verletzung der [X.]. Für die große Masse der [X.], die auf den weitgefaßten Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 5 [X.] gestützt werden, ordnetdas Gesetz dagegen ausdrücklich an, daß ihre Zulässigkeit an die Möglichkeiteiner günstigeren Rechtsfolgenentscheidung geknüpft ist.Im übrigen ist auch nicht in jedem Fall, in dem ein Verurteilter zulässi-gerweise die Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem beschränkten Ziel be-treibt, den Schuldspruch wegen eines [X.] verwirklichten, aber nichtden Strafrahmen bestimmenden Delikts zu beseitigen, eine vollständige Über-prüfung dieses Schuldspruchs im Rahmen der erneuten Hauptverhandlung ge-boten. Fällt der in Zweifel gezogene weitere Tatvorwurf innerhalb der Tat nichtentscheidend ins Gewicht, so kann - wenn das Vorbringen des [X.] genügende Bestätigung gefunden hat und deshalbgemäß § 370 Abs. 2 [X.] die Wiederaufnahme des Verfahrens anzuordnen ist- einer unökonomischen Durchführung einer aufwendigen Hauptverhandlungdadurch begegnet werden, daß die Strafverfolgung gemäß § 154 a Abs. 1Nr. 1, Abs. 2 [X.] auf die vom Wiederaufnahmegrund nicht berührten [X.] Tat beschränkt wird.3. Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist nur hinsichtlich des Gesche-hens in [X.] (Fall [X.] h der Urteilsgründe) zulässig, weil sich eine- 12 -Falschaussage des Zeugen "[X.] " nur auf diesen Teil der Tat ausge-wirkt haben kann.Rechtskräftige Urteile sind grundsätzlich unabänderlich. Lediglich in engumrissenen Ausnahmefällen sieht das Gesetz die Wiederaufnahme des [X.] vor. Daraus folgt, daß die Durchführung der Wiederaufnahme auf denTeil des Schuldspruchs zu beschränken ist, der durch den [X.] in Frage gestellt wird (vgl. [X.]St 11, 361, 364).Eine Wiederaufnahme des gesamten Verfahrens wird hier auch [X.] erzwungen, daß sämtliche vom Beschwerdeführer begangenen [X.] den [X.] verwirklichten Straftatbestand des Völkermordes(§ 220 a StGB aF) sachlichrechtlich zu einer Tat verklammert werden ([X.]St45, 65, 89 ff.). Zwar ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens grundsätzlichunzulässig, wenn sie nur einen Teil einer einheitlichen Tat erfassen soll([X.]St 14, 65, 88; [X.]R OWiG § 85 Abs. 1 Zulässigkeit 1). Das gilt [X.], wenn trotz sachlichrechtlicher Tateinheit ausnahmsweise mehrere pro-zessuale Taten anzunehmen sind.Regelmäßig bildet eine sachlichrechtlich einheitliche Tat auch eine Tatim Sinne des § 264 [X.] ([X.]St 13, 21, 23). Andererseits können aber sach-lichrechtliche Tateinheit und prozessuale Tatidentität nicht ohne weiteresgleichgesetzt werden, weil sie verschiedene Funktionen erfüllen (vgl. [X.]E56, 22 f.): Regelungsgegenstand des § 52 StGB ist die Bestimmung des maß-geblichen Strafrahmens, während § 264 [X.] den Gegenstand der Urteilsfin-dung umreißt (vgl. [X.] § 20 Abs. 1 Nr. 1 [X.] 1). [X.], insbesondere dann, wenn untereinander an sich in [X.] ste-hende Straftaten durch ein jeweils [X.] verwirklichtes Delikt zur Tat-- 13 -einheit verklammert werden, kann eine Tat im materiellrechtlichen Sinn prozes-sual in mehrere Taten zerfallen (vgl. [X.]St 29, 288, 295 f.).So verhält es sich hier: Die Ermordung von 22 Angehörigen der muslimi-schen Bevölkerungsgruppe in [X.] Mitte Juni 1992 bildet einen in sich ab-geschlossenen Lebenssachverhalt und damit - bezogen auf den [X.] § 211 StGB - eine selbständige Tat im Sinne von § 264 [X.]. Der [X.] ließe die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Völkermor[X.] Tateinheit mit Mord in acht Fällen wegen des in den Fällen [X.] j und [X.] näher beschriebenen Geschehens unberührt. Die Frage, ob [X.] darüber hinaus zu recht wegen weiterer 22 [X.]begangener Fälle des Mordes schuldig gesprochen worden ist, kann deshalbfür sich genommen Gegenstand des [X.] sein.[X.] das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, daß der [X.] von der Wiederaufnahme des Verfahrens nicht berührt wird.Das gleiche gilt für die Feststellung, daß die Schuld des Beschwerdeführersbesonders schwer wiegt. Das [X.], das [X.] angenom-men hatte, hat diese Feststellung bereits für jeden Fall der Urteilsgründe ge-sondert getroffen. Der neue Tatrichter hat Gelegenheit, die Möglichkeit einerBeschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154 [X.] auf die vom [X.]grund nicht betroffenen Tatkomplexe zu prüfen, wenn das [X.] Beschwerdeführers in dem sich nun anschließenden Probationsverfahrengenügende Bestätigung finden sollte.[X.] von [X.] 14 -Nachschlagewerk: ja[X.]St: jaVeröffentlichung: ja________________[X.] § 363 Abs. 1§ 363 Abs. 1 [X.] findet auf einen Wiederaufnahmeantrag, der eine Änderungdes Schuldspruchs zum Ziel hat, keine Anwendung.[X.], [X.]. vom 20. Dezember 2002 - StB 15/02 - OLG [X.]

Meta

StB 15/02

20.12.2002

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2002, Az. StB 15/02 (REWIS RS 2002, 34)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 34

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