Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.04.2016, Az. 4 BN 9/16

4. Senat | REWIS RS 2016, 12894

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB; Pflicht zur erneuten Auslegung bei Planänderung


Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Antragsgegnerin beimisst.

3

Die [X.]eschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob der Verzicht auf die von § 4a Abs. 3 Satz 1 [X.]auG[X.] grundsätzlich geforderte erneute Auslegung aufgrund einer nach der letzten Auslegung vorgenommenen Änderung des Entwurfs im Fall einer mehrfachen Auslegung des [X.] stets die Übereinstimmung des geänderten Entwurfs mit einem früheren, zuvor ausgelegten Entwurf in vollem Umfang bezüglich des geänderten Punktes erfordert.

4

Die Frage würde sich in dieser Allgemeinheit in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass (nur) der im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung ausgelegte Planentwurf eine Verlängerung der - nunmehr durchgehend öffentlichen - Verkehrsfläche bis zu der in diesem Planentwurf noch dargestellten Wendeplatte vorgesehen habe und dass der Antragsteller sich zu der Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche auf seinem Grundstück im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung ausführlich geäußert habe, ohne allerdings die Verlängerung des Weges als solches anzusprechen ([X.]). [X.] wäre daher lediglich, ob auf eine erneute Auslegung nach § 4a Abs. 3 Satz 1 [X.]auG[X.] verzichtet werden darf, wenn die nach der letzten Auslegung vorgenommene Änderung des Entwurfs der Planung entspricht, die Gegenstand der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 3 Abs. 1 [X.]auG[X.]) gewesen ist. Auch in dieser Fassung führt die Frage nicht zur Zulassung der Revision. Sie ist auf der Grundlage geltenden Rechts und der bisherigen Rechtsprechung ohne Weiteres zu verneinen. Nach § 4a Abs. 3 Satz 1 [X.]auG[X.] ist der Entwurf des [X.]ebauungsplans erneut auszulegen und sind die Stellungnahmen erneut einzuholen, wenn er nach dem Verfahren nach § 3 Abs. 2 oder § 4 Abs. 2 [X.]auG[X.] geändert oder ergänzt wird. Damit löst im Grundsatz jede Änderung/Ergänzung des Entwurfs die Pflicht zur Wiederholung der Auslegung aus. In der Rechtsprechung des [X.]s ist allerdings anerkannt, dass das [X.]eteiligungsverfahren nicht um seiner selbst willen zu betreiben ist (z.[X.]. [X.], [X.]eschluss vom 8. März 2010 - 4 [X.] 42.09 - [X.] 406.11 § 4a [X.]auG[X.] Nr. 1 = juris Rn. 11). Hat eine nach öffentlicher Auslegung vorgenommene Ergänzung einer Festsetzung lediglich klarstellende [X.]edeutung, so besteht kein Anlass zu einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung oder einer erneuten [X.]eteiligung von [X.]ehörden und Träger öffentlicher [X.]elange, denn inhaltlich ändert sich am Planentwurf nichts. Entsprechendes gilt, wenn der Entwurf nach der Auslegung in Punkten geändert worden ist, zu denen die betroffenen [X.]ürger, [X.]ehörden und sonstigen Träger öffentlicher [X.]elange zuvor bereits Gelegenheit zur Stellungnahme hatten, die Änderungen auf einem ausdrücklichen Vorschlag eines [X.]etroffenen beruhen und Dritte hierdurch nicht abwägungsrelevant berührt werden ([X.], [X.]eschluss vom 18. Dezember 1987 - 4 N[X.] 2.87 - NVwZ 1988, 822 = juris Rn. 21). Die [X.]eschwerde stellt offensichtlich auf letztere Fallgruppe ab, verkennt dabei aber, dass danach eine früher bereits bestehende Äußerungsmöglichkeit zu einer Entwurfsfassung allein nicht ausreicht, um die Verpflichtung zur erneuten öffentlichen Auslegung entfallen zu lassen. Die darüber hinaus erforderliche Erklärung des Einverständnisses mit der Änderung bezieht sich zudem (nur) auf eine solche im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 [X.]auG[X.], die des Weiteren der entsprechenden Änderung des Entwurfs unmittelbar vorausgehen muss. Denn das Gesetz garantiert mit § 3 Abs. 2, § 4a Abs. 3 Satz 1 [X.]auG[X.], dass die [X.]ürger einmal Gelegenheit erhalten, zu dem Planentwurf in seiner letzten Fassung Stellung zu nehmen ([X.], Urteil vom 29. Januar 2009 - 4 C 16.07 - [X.]E 133, 98 <117>; [X.]eschlüsse vom 31. Oktober 1989 - 4 N[X.] 7.89 - [X.] 406.11 § 2a [X.] = juris Rn. 20 und vom 8. März 2010 a.a.[X.] Rn. 12). Es reicht mithin nicht aus, dass sich ein [X.]etroffener in irgendeinem Stadium des [X.]ebauungsplanverfahrens, namentlich im Verfahren der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 3 Abs. 1 [X.]auG[X.]), mit einer Festsetzung, die im anschließend nach § 3 Abs. 2 [X.]auG[X.] ausgelegten Entwurf nicht enthalten ist, einverstanden erklärt hat. Noch weniger genügt es, dass er - wie hier - im Verfahren der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung zu einer solchen Festsetzung lediglich Stellung genommen hat. Da die letzte Änderung des [X.]ebauungsplans für den Antragsteller nachteilig war - die Verlängerung der Verkehrsfläche erstreckt sich in vollem Umfang auf ein dem Antragsteller gehörendes Grundstück ([X.]) -, hätte er vielmehr erneut beteiligt werden müssen. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die [X.]eschwerde nicht auf.

5

Ausgehend hiervon würde sich die weiter für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltene Frage,

ob sich die für den Verzicht auf eine erneute [X.]eteiligung geforderte volle Übereinstimmung der Planentwürfe auf den geänderten Punkt an und für sich beschränkt oder auch dessen [X.]egründung umfassen darf,

in einem Revisionsverfahren nicht mehr stellen. Der [X.] hat im Übrigen bereits entschieden, dass auch solche inhaltlichen Änderungen des ursprünglichen [X.]ebauungsplans, die auf der Grundlage bereits ausgelegter, dem [X.]ebauungsplanentwurf lediglich beigefügter Unterlagen vorgenommen werden, eine Pflicht zur erneuten Auslegung auslösen ([X.], [X.]eschluss vom 8. März 2010 - 4 [X.] 42.09 - [X.] 406.11 § 4a [X.]auG[X.] Nr. 1 = juris Rn. 12). Hat folglich eine Gemeinde entgegen der [X.]egründung des [X.] eine bestimmte Festsetzung - hier: Verlängerung einer öffentlichen Verkehrsfläche - nicht getroffen und fügt sie nach der öffentlichen Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 [X.]auG[X.] eine entsprechende Festsetzung in den Entwurf ein, dann ist dieser nach § 4a Abs. 3 Satz 1 [X.]auG[X.] erneut auszulegen.

6

Schließlich führt auch die Rechtsfrage,

ob ein Verkennen der Voraussetzungen für die Durchführung der [X.]eteiligung nach § 4a Abs. 3 Satz 4 [X.]auG[X.] im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 [X.]auG[X.] auch dann vorliegen kann, wenn sich dieses auf die Voraussetzungen für ein Absehen von der Durchführung der [X.]eteiligung nach § 4a Abs. 3 Satz 4 [X.]auG[X.] bezieht,

nicht zur Zulassung der Revision, denn sie ist in der Rechtsprechung des [X.] bereits geklärt. Danach ist nach der "internen [X.]" des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 [X.]auG[X.] das völlige Unterlassen der notwendigen [X.]eteiligung eines betroffenen [X.]ürgers für die Wirksamkeit eines [X.]ebauungsplans nicht unbeachtlich ([X.], [X.]eschlüsse vom 11. Dezember 2002 - 4 [X.] 16.02 - [X.]E 117, 239 <243> und vom 14. Juni 2012 - 4 [X.] 7.12 - juris Rn. 4).

7

2. Die Revision ist auch nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Insofern genügt die [X.]eschwerde schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

8

Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung u.a. des [X.] aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des [X.] tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. z.[X.]. [X.], [X.]eschluss vom 18. März 2015 - 4 [X.] 11.15 - juris Rn. 3). Daran fehlt es hier.

9

Die [X.]eschwerde macht geltend, nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]eschluss vom 18. Juli 1989 - 4 N 3.87 - [X.]E 82, 225) habe ein Verfahrensfehler, der darin bestehe, dass bei einer Änderung eines [X.]ebauungsplans nach Auslegung weder ein erneutes Auslegungsverfahren noch ein eingeschränktes [X.]eteiligungsverfahren durchgeführt worden sei, nicht stets die Nichtigkeit des gesamten [X.]ebauungsplans zur Folge. Je nach den Umständen des Falles könne dieser Fehler auch nur zur Nichtigkeit der davon betroffenen Festsetzung führen. Von dieser Rechtsprechung sei der Verwaltungsgerichtshof entscheidungserheblich abgewichen. Eine Divergenz ist hiermit nicht dargetan. Denn einen Rechtssatz, wonach der Verstoß gegen § 4a Abs. 3 Satz 1 [X.]auG[X.] "stets" die Unwirksamkeit des gesamten [X.]ebauungsplans nach sich ziehe, hat das Normenkontrollgericht nicht aufgestellt. Es ist vielmehr davon ausgegangen, dass der Fehler im vorliegenden Fall die Gesamtunwirksamkeit zur Folge habe. Das ist etwas anderes. Dass der Verwaltungsgerichtshof offenbar keine Notwendigkeit gesehen hat, ausdrücklich zur Frage Stellung zu nehmen, ob es sich hier - ausnahmsweise - um einen abgrenzbaren, eine einzelne Festsetzung betreffenden Verfahrensfehler handelt, der nur die [X.] des [X.]ebauungsplans zur Folge hat, führt nicht auf eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

3. [X.] beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 BN 9/16

18.04.2016

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 22. Dezember 2015, Az: 3 S 7/15, Urteil

§ 4a Abs 2 BauGB, § 4a Abs 3 S 1 BauGB, § 3 Abs 1 BauGB, § 3 Abs 2 BauGB, § 214 Abs 1 S 1 Nr 2 Halbs 2 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.04.2016, Az. 4 BN 9/16 (REWIS RS 2016, 12894)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12894

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.