Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2012, Az. 2 StR 455/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 9277

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 455/11
vom
9.
Februar 2012
in der Strafsache
gegen

1.
2.
3.
4.

wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 9.
Februar 2012 gemäß §§
349 Abs.
2 und
4, 357 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten H.

wird das Urteil des [X.] vom 7.
Juni 2011 mit den Feststellungen aufgehoben,
a)
im Strafausspruch zu den Fällen II.12 und [X.], insoweit auch, soweit es den Mitangeklagten [X.].

betrifft, im Fall [X.] weiterhin, soweit es die Mitangeklagten Re.

und [X.]

betrifft.
b)
im Ausspruch über die Gesamtstrafen für den Angeklag-ten H.

sowie den Mitangeklagten [X.].

.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechts-mittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.
3.
Die weitergehende Revision des Angeklagten H.

wird verworfen.

-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten H.

unter Freisprechung im Übri-gen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (II.12 und [X.]) und wegen Beihilfe zum unerlaubten Herstellen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 11
Fällen (II.1 bis [X.]) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren [X.]. Den Angeklagten [X.].

hat es unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen (darunter die Fälle II.12 und [X.]) und wegen Beihilfe zum unerlaub-ten Herstellen von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Schließlich hat es die Angeklagten Re.

und [X.]

jeweils wegen Beihilfe zum unerlaubten
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall [X.]) [X.], Re.

zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und [X.]

zu einer Frei-heitsstrafe von zwei Jahren bei Strafaussetzung zur Bewährung.
Gegen dieses Urteil wendet sich nur der Angeklagte H.

mit der auf die Sachrüge gestützten Revision. Sein Rechtsmittel hat hinsichtlich der Strafzu-messung in den Fällen II.12 und [X.] sowie der Gesamtstrafe Erfolg; im
Übrigen ist seine Revision unbegründet im Sinne von §
349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen des [X.] erwarb der Angeklagte H.

nach Absprache mit dem Mitangeklagten [X.].

im Jahre 2003 über seine
Firma W.

zwei Tablettenpressen. Diese wurden an holländische [X.] geliefert (Fälle II.1 und II.2). In der [X.] vom 24.
November 2005 bis zum 31.
März 2008 bestellte der Angeklagte H.

über seine Firma insgesamt 8,2 Tonnen des Bindemittels Vivapur, das für die [X.] verwendet werden sollte. Es erfolgten dann 1
2
3
-
4
-
neun Lieferungen des Bindemittels an Laborbetreiber (Fälle II.3 bis [X.]). Die Strafverfolgungsbehörden führten seit dem Jahre 2007 Ermittlungen gegen die Angeklagten H.

und [X.].

durch. Sie setzten die Verdeckten Ermittler "N.

"
und "P.

"
ein, denen die Angeklagten H.

und [X.].

die Lieferung von [X.] anboten. Am 17.
Juni 2010 wurde ein Vertrauenskauf von fünf
Litern [X.] durchgeführt. Der Angeklagte H.

erwarb die Dro-genmenge von seinem Geschäftspartner "[X.]

"

für 7.000
Euro und gab sie
für 8.000
Euro an "N.

"
weiter (Fall II.12). Am 11.
August 2010 wurde ein größeres Geschäft abgewickelt. Zwischen den Angeklagten H.

und [X.].

einerseits und den Verdeckten Ermittlern "N.

"
und "P.

"
anderer-seits war die Lieferung von 160 Litern [X.] zum Preis von
288.000
Euro vereinbart worden. Der Angeklagte H.

erwarb das Amphe-taminöl wieder von "[X.]

"

. Den Transport der [X.] zur La-gerhalle des Mitangeklagten [X.]

in G.

(Niederlande) führte der Mitan-geklagte Re.

durch. Der Verdeckte Ermittler "N.

"
holte den Angeklagten H.

in dessen Wohnung ab, fuhr mit ihm zur [X.], wo das weitere Fahrzeug erwartet wurde, mit dem das Amphetamin abtransportiert werden sollte. Dann setzten sie die Fahrt nach G.

zu der Lagerhalle des Mitangeklagten [X.]

, die von diesem für die Drogenüberga-be an die vermeintlichen Käufer zur Verfügung gestellt wurde, fort. Den Last-kraftwagen zum
Abtransport der Drogen führte der Verdeckte Ermittler "M.

". Der Mitangeklagte Re.

brachte 153,68 kg Ampetaminöl zu der Lagerhalle, das dort umgeladen werden sollte. Kurz davor erfolgte der polizeiliche Zugriff (Fall [X.]).
Das [X.] hat dem Angeklagten H.

bei der Strafzumessung zu [X.] gehalten, dass die Taten in den Fällen II.8 bis [X.] "während der seit 2007 laufenden Ermittlungen begangen"
wurden, ferner, dass das [X.] in den Fällen II.12 und [X.] sichergestellt worden ist. Ebenso hat es den [X.]
-
5
-
klagten [X.].

, Re.

und [X.]

die Sicherstellung zu [X.] gehalten. [X.] hat es die Tatsache des Einsatzes Verdeckter Ermittler in der Begründung seiner [X.] jeweils nicht erwähnt. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Bei unerlaubtem Betäubungsmittelhandel prägen zwar vor allem Art und Menge des Rauschgifts den Unrechtsgehalt der Tat. Gleichwohl verlieren die allgemeinen Grundsätze der Strafzumessung nicht ihre Bedeutung. Eine reine "Mengenrechtsprechung"
ist mit diesen Grundsätzen nicht zu vereinbaren (vgl. [X.], Beschluss vom 1.
März 2011 -
3 StR 28/11, [X.], 284 f.). [X.] sind nicht zuletzt auch staatliche Beteiligungshandlungen an Drogenge-schäften als gewichtige Strafzumessungsgründe zu berücksichtigen, insbeson-dere bei einer staatlichen Initiative zu einem konkreten Drogengeschäft. Das [X.] hat zwar die Sicherstellung der Drogen in den Fällen II.12 und [X.] berücksichtigt. Es hat aber den Strafmilderungsgrund der Beteiligung [X.] Ermittler an den Drogengeschäften nicht gesondert beachtet. Etwas anderes geht, soweit es den Angeklagten H.

betrifft, auch nicht daraus hervor, dass das [X.] erwähnt hat, seine Taten in den Fällen II.8 bis
[X.] seien [X.] der seit 2007 laufenden Ermittlungen begangen worden (UA S.
37). Nur in den Fällen II.12 und [X.] wurden Verdeckte Ermittler eingesetzt, die auch am eigentlichen Tatgeschehen mitwirkten; dies ist nicht besonders berücksichtigt worden,
obwohl es geboten gewesen wäre. Der Verdeckte Ermittler "N.

"
war an den Angeklagten H.

herangetreten (UA S.
22) und er hatte im Rahmen der sich entwickelnden Geschäftsbeziehung an der Vereinbarung der [X.] in den Fällen II.12 und [X.] mitgewirkt. Ferner fand bei der [X.] der Drogengeschäfte eine Mitwirkung der Verdeckten Ermittler "N.

"
und "P.

", im Fall [X.] auch des Verdeckten Ermittlers "M.

"
statt. Diese staatli-che Mitwirkung muss als ein die Strafbemessung bestimmender Umstand be-wertet werden.
5
-
6
-
Der Rechtsfehler führt aufgrund der Sachrüge des Angeklagten H.

zur [X.] hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen II.12 und [X.] so-wie der Gesamtstrafe.
Gleiches muss nach §
357 StPO zugunsten des Angeklagten [X.].

(Ein-zelstrafen in den Fällen II.12 und [X.] und Gesamtstrafe) und der Angeklagten Re.

und [X.]

(Strafen im Fall [X.]) gelten. Insoweit ist die staatliche Mit-wirkung an der Tatbegehung ebenfalls nicht als bestimmender Strafzumes-sungsgrund berücksichtigt worden.

VRi[X.] Dr. Ernemann

Fischer

Berger
ist wegen Urlaubs an der
Unterschriftsleistung gehindert.

Fischer

Krehl

[X.]
6
7

Meta

2 StR 455/11

09.02.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2012, Az. 2 StR 455/11 (REWIS RS 2012, 9277)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9277

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Strafverfahren u.a. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Verfahrenshindernis der rechtsstaatswidrigen Tatprovokation


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2 StR 455/11

3 StR 28/11

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