Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.07.2012, Az. 2 StR 111/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 4307

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2
StR
111/12

vom
25. Juli
2012
in der Strafsa[X.]he
gegen

wegen versu[X.]hten Mordes u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 25. Juli 2012, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
[X.]

und [X.] am [X.]
Prof. Dr. Fis[X.]her,
Prof. Dr. [X.],
Dr. [X.],
[X.],

[X.] beim [X.]

als Vertreterin
der Bundesanwalts[X.]haft,

Re[X.]htsanwalt

als Verteidiger,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin
der Ges[X.]häftsstelle,

für Re[X.]ht erkannt:

-
3
-
1.
Das Verfahren wird na[X.]h § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte wegen Wohnungseinbru[X.]hsdiebstahls verur-teilt worden ist ([X.] 2. der Urteilsgründe).

2.
Die Revisionen der Staatsanwalts[X.]haft und des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22. Juli 2011 werden verworfen, die Revision des Angeklagten
H.

mit der Maßgabe, dass er wegen versu[X.]hten Mordes in Tateinheit mit gefährli[X.]her Körperverletzung, vorsätzli[X.]her Körperverlet-zung in 2 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Bedro-hung, Beleidigung in 3 Fällen, davon in 2 Fällen jeweils in [X.] mit Bedrohung sowie wegen Nötigung in 2 Fällen, da-von in einem Fall versu[X.]ht, zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt ist.

3.
Die Staatskasse hat die Kosten der Revision der Staatsan-walts[X.]haft und der Einstellung sowie die hierdur[X.]h dem Ange-klagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Re[X.]htsmittels zu
tragen.

Von Re[X.]hts wegen

-
4
-
Gründe:
I.
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versu[X.]hten Mordes in Tateinheit mit gefährli[X.]her Körperverletzung, [X.], vorsätzli[X.]her Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Bedrohung, Beleidigung in drei Fällen, davon in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit Bedrohung sowie wegen Nötigung in zwei Fällen, davon in einem Fall versu[X.]ht, zu einer lebenslangen Gesamtfrei-heitsstrafe verurteilt. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingeleg-ten Revision wendet si[X.]h die Staatsanwalts[X.]haft dagegen, dass das [X.] den Angeklagten im Fall [X.]
6 a) der Urteilsgründe ledigli[X.]h wegen Nötigung und ni[X.]ht tateinheitli[X.]h wegen vorsätzli[X.]her Körperver-letzung verurteilt hat. Sie beanstandet zudem, dass die [X.] von der Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung gegen den Angeklagten H.

abgesehen hat, weil sie re[X.]htsfehlerhaft das Vorliegen der formellen An-ordnungsvoraussetzungen verneint habe. Das vom Generalbundesan-walt zur Frage der [X.] der Maßregel vertretene Re[X.]htsmittel hat keinen, dasjenige des Angeklagten H.

nur den aus dem Tenor ersi[X.]htli[X.]hen geringfügigen Teilerfolg.

[X.]
Das [X.] hat u.a. Folgendes festgestellt:
a) Der vielfa[X.]h, u.a. wegen s[X.]hwerer Körperverletzung, vorbestrafte An-geklagte war Mitglied des Motorrad[X.]lubs "[X.], [X.]

" und
bekleidete dort eine führende Rolle. Als sog. "sergeant at arms" war er u.a. 1
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sofern dies erforderli[X.]h s[X.]hien
-
für die Bewaffnung sowie die Vollstre[X.]kung von Strafen gegenüber Clubmitgliedern zuständig, die vom Präsidenten ausge-spro[X.]hen wurden. Der "[X.] J.

" beanspru[X.]hte unter den Motor-rad[X.]lubs in [X.] die Vorma[X.]htstellung und betra[X.]htete unter Führung sei-nes Präsidenten [X.], [X.], [X.] und z.[X.] au[X.]h [X.] als "seine
Städte". Die Gründung und Entfaltung eines "[X.]" des mit den [X.] verfeindeten Motorrad[X.]lubs der [X.] in E.

wollten sie un-bedingt verhindern. Ihr besonderer Hass ri[X.]htete si[X.]h gegen

L.

und den Ges[X.]hädigten

[X.]

, von denen sie annahmen, dass sie im "Probe[X.]harter" der [X.] in führender Position tätig seien. Bereits am 3. März 2009 hatte der Präsident der [X.] den Angeklagten dazu bestimmt,

L.

zu töten. Eine Gelegenheit, den [X.] umzusetzen, bot si[X.]h jedo[X.]h in der Folgezeit ni[X.]ht.
Am Morgen des 28. Dezember 2009 nahmen der Angeklagte sowie der Mitangeklagte R.

vor einem Motorradges[X.]häft in E.

einen "[X.]" des konkurrierenden Motorrad[X.]lubs [X.] E.

wahr, bei dem es si[X.]h um den -
unbewaffneten
-
Ges[X.]hädigten

[X.]

handelte. Die Angeklagten ka-men überein, an dem Ges[X.]hädigten ein Exempel zu statuieren. Sie sprangen aus ihrem Fahrzeug und liefen geradewegs und gezielt auf ihn zu. Der Ange-klagte war mit einer Ma[X.]hete, die eine Klingenlänge von etwa 50
[X.]m aufwies, R.

entweder ebenfalls mit einer Ma[X.]hete oder einem großen Messer bewaff-net. Derartige Waffen führten die Mitglieder der [X.] stets mit si[X.]h, um für den Fall des Zusammentreffens mit Anhängern verfeindeter Motorrad[X.]lubs [X.] zu sein. Dem Ges[X.]hädigten gelang es zunä[X.]hst, in das
Motorradge-s[X.]häft zu flü[X.]hten, er kam jedo[X.]h im Berei[X.]h der Kleiderständer aus [X.] Gründen zum Liegen. Der Angeklagte und R.

ha[X.]kten in der Folge ge-meins[X.]haftli[X.]h mit äußerster Brutalität etwa 20 Sekunden ununterbro[X.]hen mit-tels der Klingen ihrer Hieb-
und Sti[X.]hwaffen auf den am Boden liegenden [X.]
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s[X.]hädigten ein, indem sie auf ihn ständig mit Ausholbewegungen von oben na[X.]h unten kraftvoll und s[X.]hnell eins[X.]hlugen bzw. einsta[X.]hen. Die Einwirkungen mit den Werkzeugen erfolgten dabei unkontrolliert auf den Kopf-, Brust-
und Bau[X.]hberei[X.]h sowie die Extremitäten des Ges[X.]hädigten, der [X.] von si[X.]h gab. Der Ges[X.]hädigte konnte si[X.]h zunä[X.]hst nur mit dem re[X.]hten Arm s[X.]hützen, den er zum S[X.]hutze seines Kopfes vor sein Gesi[X.]ht hielt, s[X.]hließli[X.]h gelang es ihm, zum Eigens[X.]hutz eine "Embryohaltung" einzunehmen. Bei der Tatbegehung beabsi[X.]htigten der Angeklagte und R.

aufgrund der Art, Anzahl und Wu[X.]ht der geführten Hiebe, Sti[X.]he und S[X.]hläge und weil sie dem Auftrag ihres Präsidenten E.

vom 3. März 2009 entspre[X.]hen wollten, den Tod des Ges[X.]hädigten. Der Ges[X.]hädigte erlitt dur[X.]h den Angriff zahlrei[X.]he potentiell, jedo[X.]h ni[X.]ht konkret lebensgefährli[X.]he Verletzungen, u.a. eine 17
[X.]m lange Wunde an der re[X.]hten Brustkorbvorderseite mit Eröffnung der [X.] verbunden mit einem Brustbeinbru[X.]h. Der Angeklagte ging na[X.]h der letzten Ausführungshandlung aufgrund der dem Ges[X.]hädigten beigebra[X.]hten Verlet-zungen, insbesondere der au[X.]h für ihn deutli[X.]h si[X.]htbaren, langen, tiefen, flei-s[X.]higen und stark blutenden Wunde im Brustkorb-
und Bau[X.]hberei[X.]h, davon aus, dass der Ges[X.]hädigte versterben werde. Er entfernte si[X.]h glei[X.]hwohl vom [X.], ohne dem reglos am Boden liegenden Ges[X.]hädigten zu helfen. Bei [X.] Flu[X.]ht überzeugte er si[X.]h no[X.]h davon, ob der Ges[X.]hädigte tatsä[X.]hli[X.]h so s[X.]hwer verletzt war, dass er versterben würde, indem er einen abs[X.]hließenden Bli[X.]k auf ihn warf.
Der Angeklagte beging die Tat aus Hass auf die Mitglieder des [X.] der [X.]. Dur[X.]h die Tat sollten andere Mitglieder des "[X.]" vers[X.]hre[X.]kt und so seine Festigung und Ausbreitung verhindert werden. Mit der spontanen Tat setzte er die Vorgaben des Präsidenten der [X.] um und beabsi[X.]htigte,

[X.]

als vermeintli[X.]h führendes Mitglied des [X.] der [X.] zu töten. Ferner handelte er, damit er das sog. 5
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Pat[X.]h (Abzei[X.]hen) "expe[X.]t no mer[X.]y" ("erwarte keine Gnade") als Auszei[X.]h-nung erhielt. Dieses wird den Mitgliedern der "[X.]" dann verliehen, wenn sie ein Mitglied der verfeindeten [X.] töten oder s[X.]hwer verletzen. Der Angeklagte ließ si[X.]h das Pat[X.]h "expe[X.]t no mer[X.]y" na[X.]h der Tat in der Haft tä-towieren und verwandte in Briefen an den Mitangeklagten R.

die Abkürzung "e.n.m.". Beides war ihm erst na[X.]h der Verleihung der Auszei[X.]hnung erlaubt.
b) Am 17. August 2007 wollte der Angeklagte den Zeugen S.

, der im Außenberei[X.]h eines Restaurants in W.

saß und eine Kutte des Motor-rad[X.]lubs "[X.]" trug, dafür abstrafen, dass dieser si[X.]h ohne Anmel-dung in einer der von den [X.] beanspru[X.]hten Städte aufhielt. Er trat von hinten an den Zeugen heran und s[X.]hlug ihm kraftvoll auf den Rü[X.]ken, so dass dem Zeugen fast die Luft weg blieb. Sodann forderte der Angeklagte, der einen [X.] in der Hand hielt, den
Zeugen auf, das Abzei[X.]hen der "MC
Sunriders" von seiner Lederweste zu trennen und ihm zu übergeben. Unter dem Eindru[X.]k der Bedrohung mit dem [X.] leistete der Zeuge S.

der Forderung des Angeklagten Folge.
[X.]) Am 22. Dezember 2007 s[X.]hlug der
Angeklagte dem Zeugen [X.]

, der si[X.]h na[X.]h einer vorübergehenden Probemitglieds[X.]haft geweigert hatte, den
[X.] endgültig beizutreten, in der aufgrund der nahen Weihna[X.]htsfeiertage voll besetzten Post in W.

unvermittelt so kräftig in die re[X.]hte Gesi[X.]htshälfte auf die obere Zahnreihe, dass er in die Reihen der Wartenden stürzte.
2. Das [X.] hat die Tat zum Na[X.]hteil des

[X.]

([X.]
1 a) als ver-su[X.]hten Mord aus niedrigen Beweggründen in Tateinheit mit gefährli[X.]her Kör-perverletzung gewertet, von der Strafrahmenmilderung na[X.]h §
23 Abs.
2,
§ 49 Abs.
1 StGB keinen Gebrau[X.]h gema[X.]ht und insoweit eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt. Im Übrigen hat das [X.] hieraus sowie aus den 6
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weiteren Einzelstrafen -
u.a. einem Jahr und se[X.]hs
Monate für die Tat zum Na[X.]hteil [X.]

([X.] 1 [X.]) -
eine lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe ge-bildet. Zur Si[X.]herungsverwahrung hat das [X.] ausgeführt, es habe kei-nen Zweifel daran, dass bei dem Angeklagten ein Hang zur Begehung s[X.]hwerer Gewalttaten bestehe. Jedo[X.]h fehle es für die Anordnung der Maßregel an deren formellen Voraussetzungen.

I[X.]
Die Revision des Angeklagten hat nur insoweit einen geringfügigen [X.], als sie zur Einstellung des Verfahrens im Fall [X.] 2. der Urteilsgründe ge-mäß § 154 Abs. 2 StPO und unter Wegfall der Verurteilung wegen Wohnungs-einbru[X.]hsdiebstahls zu einer entspre[X.]henden Korrektur des S[X.]huldspru[X.]hs führt. Im Übrigen bleibt die auf die Sa[X.]hrüge und Verfahrensrügen gestützte Revision des Angeklagten aus den Gründen der Zus[X.]hrift des Generalbundes-anwalts, auf die Bezug genommen wird, ohne Erfolg.
Zur vom Angeklagten erhobenen Rüge der fehlerhaften Besetzung des Senates wird auf die Ents[X.]heidung des Bundesverfassungsgeri[X.]hts vom 23.
Mai 2012 verwiesen (2 BvR 610/12, 2 BvR 625/12).

IV.
Das Re[X.]htsmittel der Staatsanwalts[X.]haft ist unbegründet.
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1. Entgegen der Auffassung der Revision unterliegt die Ents[X.]heidung des [X.]s, den Angeklagten im Fall [X.]
6 a) der Urteilsgründe (oben [X.] 1
[X.]: Tat
vom 17. August 2007 zum Na[X.]hteil S.

) ni[X.]ht tateinheitli[X.]h wegen Kör-perverletzung zu verurteilen, keinen dur[X.]hgreifenden re[X.]htli[X.]hen Bedenken. Der [X.] weist zutreffend darauf hin, dass die Bewertung der [X.], wel[X.]he angesi[X.]hts der festgestellten Umstände die Erhebli[X.]h-keitsgrenze zur strafbaren Körperverletzung als ni[X.]ht übers[X.]hritten angesehen hat, im Hinbli[X.]k auf die geringfügige Dauer der Beeinträ[X.]htigung des körperli-[X.]hen Wohlbefindens no[X.]h keinen Re[X.]htsfehler erkennen lässt.
2. Au[X.]h die von der Staatsanwalts[X.]haft angegriffene [X.] der Si[X.]herungsverwahrung hält re[X.]htli[X.]her Na[X.]hprüfung im Ergebnis stand.
a) Allerdings liegen entgegen der Auffassung des [X.]s die for-mellen Voraussetzungen für eine Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung gemäß §
66 Abs.
2 StGB nF, der bei den vor dem 31. Dezember 2010 begangenen [X.] na[X.]h Maßgabe der Übergangsvors[X.]hrift des Art.
316e Abs. 1 und 2 [X.] als das mildere Gesetz Anwendung findet, jedenfalls hinsi[X.]htli[X.]h fol-gender Taten vor:
(1) Verurteilung zu einer Einzelstrafe von zwei Jahren und se[X.]hs Mona-ten wegen einer am 1. Februar 2001 begangenen s[X.]hweren Körperverletzung zum Na[X.]hteil des

K.

(Urteil des [X.]s Heilbronn vom 26.
November 2003 -
6 [X.] Js 11681/01).
(2) Verurteilung im vorliegenden Verfahren zu einer Einzelstrafe von ei-nem Jahr und se[X.]hs Monaten wegen einer am 22. Dezember 2007 begange-nen Körperverletzung zum Na[X.]hteil [X.]

(oben II 1 [X.]).

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(3) Verurteilung im vorliegenden Verfahren zu lebenslanger [X.] als Einzelstrafe wegen des am 28. Dezember 2009 begangenen versu[X.]hten Mordes in Tateinheit mit gefährli[X.]her Körperverletzung zum Na[X.]hteil des Zeu-gen

[X.]

(oben II 1 a).
Die Bes[X.]hwerdeführerin weist zu Re[X.]ht
darauf hin, dass die unter (1) be-zei[X.]hnete Straftat zu berü[X.]ksi[X.]htigen ist. Entgegen der Auffassung des Landge-ri[X.]hts greift insoweit die Verjährungsregelung des §
66 Abs. 4 Satz 3 StGB ni[X.]ht ein. Das [X.] hat bei der Bere[X.]hnung re[X.]htsfehlerhaft auf
die am 28. Dezember 2009 zum Na[X.]hteil des

[X.]

begangene Straftat abgestellt und dabei übersehen, dass als "folgende" Katalogtat im Sinne der Vors[X.]hrift von der am 22. Dezember 2007 begangenen Straftat zum Na[X.]hteil [X.]

auszugehen ist. Legt man letztere zugrunde, sind mit Bli[X.]k auf die gemäß § 66 Abs. 4 Satz 4 StGB in die [X.] ni[X.]ht einzure[X.]hnenden, re[X.]htsfehlerfrei festgestellten Verwahrzeiten von 937 Tagen ni[X.]ht mehr als fünf Jahre verstri[X.]hen.
Die Berü[X.]ksi[X.]htigung der vorsätzli[X.]hen Körperverletzung zum Na[X.]hteil [X.]

als [X.] für die Annahme der formellen Voraussetzungen des §
66 Abs.
2 StGB nF begegnet keinen re[X.]htli[X.]hen Bedenken (vgl. au[X.]h Senat, Urteil vom 3.
August 2011 -
2
StR 190/11). Dies gilt -
worauf der Generalbundesan-walt zu Re[X.]ht hinweist

au[X.]h unter Berü[X.]ksi[X.]htigung der Ents[X.]heidung vom 4. Mai 2011 (2 BvR 2333/08 u.a., [X.] 128, 326 ff.), mit der das Bundesver-fassungsgeri[X.]ht die Regelungen über die Si[X.]herungsverwahrung für verfas-sungswidrig erklärt hat.
b) Das Urteil beruht jedo[X.]h ni[X.]ht auf dem Re[X.]htsfehler. Allerdings hat die Kammer, die -
sa[X.]hverständig beraten -
das Vorliegen eines Hangs als materi-elle Anordnungsvoraussetzung der Si[X.]herungsverwahrung bejaht hat, ni[X.]ht er-kennbar von dem ihr na[X.]h §
66 Abs. 2 StGB nF zustehenden Ermessen Ge-17
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brau[X.]h gema[X.]ht. Dem Revisionsgeri[X.]ht ist es grundsätzli[X.]h verwehrt, die feh-lende Ermessensents[X.]heidung des Tatri[X.]hters zu ersetzen ([X.], Bes[X.]hluss vom 2. August 2011 -
3 [X.]). Der Senat s[X.]hließt hier jedo[X.]h mit Rü[X.]k-si[X.]ht auf die na[X.]h der Ents[X.]heidung des Bundesverfassungsgeri[X.]hts vom 4.
Mai 2011 (a.a.[X.]) gebotene strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung sowie auf die Besonderheiten des vorliegenden Falles aus, dass bei einer pfli[X.]htgemäßen Ausübung des Ermessens na[X.]h § 66 Abs. 2 StGB nF die Anordnung der Si[X.]he-rungsverwahrung neben der lebenslangen Freiheitsstrafe verhängt werden könnte.
Zwar ist na[X.]h dem Wortlaut des Gesetzes die Anordnung der Si[X.]he-rungsverwahrung au[X.]h neben lebenslanger Freiheitsstrafe mögli[X.]h. § 66 Abs. 2 StGB ist jedo[X.]h na[X.]h den Feststellungen des [X.] derzeit wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und Art. 104 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Die Vors[X.]hrift bleibt bis zu einer Neuregelung -
längstens bis 31. Mai 2013 -
dur[X.]h den Gesetzgeber nur unter einges[X.]hränkten Voraussetzungen anwendbar ([X.] aaO). Eingriffe in das Freiheitsre[X.]ht des Angeklagten dürfen in der Übergangsphase na[X.]h Maßgabe einer auf den Einzelfall bezogenen, besonders strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung nur soweit rei[X.]hen, wie sie unerlässli[X.]h sind, um die Ordnung des betreffenden Lebensberei[X.]hes aufre[X.]ht zu erhalten.
Legt man diesen Maßstab zugrunde, so ist vorliegend im Rahmen der na[X.]h § 66 Abs. 2 StGB zu treffenden Ermessensents[X.]heidung ein Nebeneinan-der von lebenslanger Freiheitsstrafe und Si[X.]herungsverwahrung ni[X.]ht unerläss-li[X.]h.
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Dabei ist zunä[X.]hst zu berü[X.]ksi[X.]htigen, dass der Verurteilte weiterhin [X.] Freiheitsstrafe und ni[X.]ht die Maßregel zu verbüßen hat, wenn er au[X.]h na[X.]h der [X.] no[X.]h als gefährli[X.]h einzus[X.]hätzen ist (vgl. § 57a Abs. 1 Nr. 3 i.V. mit § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Insoweit handelt es si[X.]h materiell um einen verglei[X.]hbaren Maßstab wie bei der Beurteilung der materiellen Voraussetzungen der Si[X.]herungsverwahrung na[X.]h § 66 Abs. 1 Nr.
4 StGB. Deren Anordnung neben lebenslanger Freiheitsstrafe kann daher kaum praktis[X.]he Bedeutung entfalten (vgl. au[X.]h [X.], Bes[X.]hluss vom 26. März 2012 -
5 [X.] zur Anordnung vorbehaltener Si[X.]herungsverwahrung na[X.]h § 66a [X.]. § 66 Abs. 3
StGB). Denn au[X.]h die verfahrensre[X.]htli[X.]hen Anforderungen, die bei der Prüfung zu bea[X.]hten sind, ob der Rest einer lebenslangen Freiheits-strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann (§ 454 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 StPO) entspre[X.]hen denjenigen, die das Gesetz für die Prüfung der Frage [X.], ob gemäß § 67[X.] Abs. 1 Satz
1 StGB na[X.]h Ende der Strafverbüßung eine im Urteil angeordnete Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung na[X.]h dem Zwe[X.]k der Maßregel no[X.]h erforderli[X.]h ist (§ 463 Abs. 3 Satz 3 Halbs.
1 [X.]. § 454 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 StPO).
Hinzu kommt, dass im Rahmen der Ermessensausübung na[X.]h der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] dem Ausnahme[X.]harakter des § 66 Abs. 2 StGB nF Re[X.]hnung zu tragen ist (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom [X.] 2011 -
5 [X.], [X.], 196; Bes[X.]hluss vom 5. April 2011
-
3 StR 12/11, [X.], 482). Dieser erlangt hier mit Rü[X.]ksi[X.]ht gerade darauf, dass der Angeklagte zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, ein besonderes, unter Bea[X.]htung des seitens des Bundesverfassungsgeri[X.]hts vorgegebenen strikten [X.] auss[X.]hlaggebendes Ge-wi[X.]ht.

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Die genannten Umstände stehen zumindest derzeit der Annahme entge-gen, dass die Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung na[X.]h § 66 Abs. 2 StGB bei dem Angeklagten im Sinne der Weitergeltungsanordnung des Bundesverfas-sungsgeri[X.]hts vom 4. Mai 2011 unerlässli[X.]h ist.
[X.] Fis[X.]her [X.]

Ri[X.] [X.] befindet

si[X.]h im Urlaub und ist daher

gehindert zu unters[X.]hreiben.

[X.] [X.]
25

Meta

2 StR 111/12

25.07.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.07.2012, Az. 2 StR 111/12 (REWIS RS 2012, 4307)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4307

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Referenzen
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Zitiert

2 BvR 2333/08

3 StR 208/11

5 StR 189/11

3 StR 12/11

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