Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2015, Az. IV ZR 459/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 13861

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 459/14

Verkündet am:

18. März 2015

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller
im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 25.
Februar 2015 einge-reicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerseite wird das Urteil der 2.
Zivilkammer des [X.] vom 15.
März
2011 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert wird auf 1.072,86

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden [X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversicherung.

Diese
wurde aufgrund eines Antrags [X.] mit Vertragsbeginn zum 1.
Dezember 1999 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Im Oktober 2007 kündigte [X.] den Vertrag; der Versi-1
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cherer zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 19.
Februar 2008 erklärte [X.] schließlich den Widerspruch nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt [X.] -
soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung
-
Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten [X.] nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], ins-gesamt 1.072,86

Nach Auffassung [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des -
gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden
-
§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der [X.] noch erklärt werden können. Außerdem sei der Versicherer nach den Grundsätzen des Verschuldens beim Vertragsschluss wegen Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht aus §
5a [X.] a.F. zum Schadensersatz verpflichtet, da er die [X.] und die Verbraucherin-formation nicht vor Vertragsschluss überlassen habe.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt [X.] das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.
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I. Dieses hat einen
Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung
verneint. D. [X.] habe den Widerspruch nicht mehr wirksam erklären können, da der Versicherungsvertrag bereits durch die Kündigung beendet worden sei.

[X.] Die Revision ist begründet.

1. Sie rügt allerdings ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe nicht beachtet, dass der Versicherer nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss hafte, weil er [X.] die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation nicht vor Vertragsschluss überlassen habe.
Es fehlt jedenfalls schon an
Anhaltspunkten für
ein Verschulden des Versicherers.

2. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB kann [X.] mit der vom Berufungsgericht gegebenen [X.] nicht versagt werden.

a) Nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachver-halt ist davon auszugehen, dass der von [X.] erklärte Widerspruch
-
ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. normierten Jahresfrist
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rechtzeitig war und infolgedessen der zwischen den [X.] geschlossene Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekom-men ist.

aa) Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Amtsgericht keine Feststellungen dazu getroffen, ob [X.] mit dem Versicherungsschein 7
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die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation und
eine den Anforderungen des §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. genügende [X.] erhielt.

Wenn dies
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was für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist
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nicht der Fall war, bestand das Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jah-resfrist
des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. und noch im Zeitpunkt der [X.]serklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.], [X.], 101
Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon er-fasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn [X.]

wie hier
zu unterstellen

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherin-formation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

bb) Die Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren
Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

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b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.]
(dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

3. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

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Da es auch hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück-zuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.05.2010 -
454 C 15080/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 15.03.2011 -
2 S 44/10 -

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Meta

IV ZR 459/14

18.03.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2015, Az. IV ZR 459/14 (REWIS RS 2015, 13861)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13861

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IV ZR 76/11

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