Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.06.2022, Az. 1 StR 185/22

1. Strafsenat | REWIS RS 2022, 7089

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Gegenstand

Nichtberücksichtigung des straffreien Vorlebens des Angeklagten bei der Strafzumessung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. Januar 2022, soweit es diesen Angeklagten betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und zugleich - jeweils bezogen auf eine andere Betäubungsmittelmenge - mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rüge einer Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Strafausspruchs und bleibt im Übrigen ohne Erfolg.

2

a) Der Strafausspruch hält der auf die Sachrüge veranlassten Nachprüfung nicht stand.

3

Die Strafzumessung erweist sich als lückenhaft, weil das [X.] bei der Bemessung der Einzelstrafen nicht erkennbar berücksichtigt hat, dass der zur Tatzeit etwa 60jährige Angeklagte nicht vorbestraft ist. Dies ist indes ein gewichtiger Strafzumessungsgrund (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO), dessen Berücksichtigung es regelmäßig bedarf (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 23. März 2022 - 6 StR 61/22 Rn. 2; vom 27. Oktober 2020 - 1 [X.] Rn. 9 und vom 29. September 2016 - 2 StR 63/16 Rn. 15). Der Umstand, dass beim ebenfalls nicht mehr ganz jungen Mitangeklagten ausdrücklich in der ihn betreffenden Strafzumessung genannt wurde, nicht vorbestraft zu sein, beim Angeklagten aber nicht, gibt besonderen Anlass zur Besorgnis, dass dem [X.] dieser Strafzumessungsgesichtspunkt bei der Bemessung der Einzelstrafen aus dem Blick geraten ist.

4

Nicht gänzlich bedenkenfrei ist daneben auch, dass es an ausdrücklichen Feststellungen und einer konkreten Beweiswürdigung hinsichtlich der vom [X.] in die Strafzumessung eingestellten Verwendung einer besonderen Verschlüsselungssoftware für das Mobiltelefon durch den Angeklagten fehlt und das [X.] zudem ohne diesbezügliche Beweiswürdigung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass er in der Untersuchungshaft unter Verstoß gegen die geltenden Regeln ein Mobiltelefon besaß und für Telefonate mit Familienangehörigen nutzte.

5

b) Wegen dieser Bedenken hebt der Senat hier die zugehörigen Feststellungen vorsorglich auf, um dem nunmehr zur Entscheidung berufenen Tatgericht eine in sich stimmige Strafzumessung zu ermöglichen.

Jäger     

        

Fischer     

        

Hohoff

        

Leplow     

        

Pernice     

        

Meta

1 StR 185/22

30.06.2022

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG München II, 19. Januar 2022, Az: 4 KLs 386 Js 101451/19

§ 46 StGB, § 267 Abs 3 S 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.06.2022, Az. 1 StR 185/22 (REWIS RS 2022, 7089)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 7089

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Revision: Einziehung von Mobiltelefonen bei Drogendelikten; Revisionsbeschränkung auf Gesamtstrafenausspruch; Berücksichtigung der Untersuchungshaft bei Strafzumessung


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