Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2014, Az. III ZR 217/13

III. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 3031

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
[X.] ZR 217/13

Verkündet am:

11. September 2014

B o t t

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2; [X.] § 19 Abs. 1; [X.] § 17 Abs. 1 Satz 1

a)
Im Bereich der [X.] kann die Übermittlung einer Eintragungsnach-richt des [X.] im Einzelfall -
insbesondere in sehr einfach gela-gerten Sachen -
für die
Erfüllung der subjektiven Voraussetzungen des Ver-jährungsbeginns nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Kenntnis oder grob fahrlässi-ge Unkenntnis von einer Amtspflichtverletzung des Notars) ausreichen.

b)
Geht es jedoch um komplexe, für den Geschädigten schwer überschaubare Grundbuchvorgänge, so kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen wer-den, dass dieser mit der Übersendung einer Veränderungsmitteilung zugleich Kenntnis von einer Amtspflichtverletzung des Notars erlangt oder diesbezüg-lich fortan grob fahrlässig keine Kenntnis hat.

c)
Zu den Amtspflichten des Notars bei der Beurkundung des Verkaufs von [X.] und ihrer Lastenfreistellung.

[X.], Urteil vom 11. September 2014 -
[X.] ZR 217/13 -
O[X.]

[X.]
-

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-

Der [X.].
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. September 2014 durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und Reiter

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 23. Mai 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger nimmt mit seiner im November 2011 eingereichten und am 14. Dezember 2011 zugestellten
Klage die beklagten Notare aus eigenem Recht sowie aus abgetretenem Recht seines Bruders
(im Folgenden: Zedent) aus dem Gesichtspunkt der notariellen Amtshaftung (§ 19 Abs. 1 [X.]) auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger und der Zedent waren im Wege der Übereignung durch ihren Vater
Eigentümer des [X.] in [X.]

, Flur 7, Flurstücke 107, 71/1 und 71/2 geworden. Dieser Grundbesitz war in Abteilung [X.] des Grundbuchs mit 1
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mehreren Grundpfandrechten belastet. Den ersten Rang hatte eine zugunsten von H.

G.

S.

eingetragene Sicherungshypothek über 421.064,49 DM, die an den Kläger und an den Zedenten abgetreten war
(Grundpfandrecht [X.]/5). Sodann folgten
eine Buchgrundschuld über 200.000 DM zugunsten des [X.] und des Zedenten (Grundpfandrecht [X.]/8), eine Buchgrundschuld über 100.000
DM zugunsten der damaligen Lebensgefährtin ihres [X.], der Rechtsanwältin D.

-H.

(Grundpfandrecht [X.]/12), und sechs weitere Grund-pfandrechte (Grundpfandrechte [X.]/13, [X.]/15, [X.]/16, [X.]/18, [X.]/19 und [X.]/20).

Der Kläger und der Zedent beabsichtigten im Jahre 2005, noch zu ver-messende [X.] an verschiedene Käufer zu veräußern und einen Teil
des [X.] für sich zu behalten, um ihn später selbst zu [X.].

Am 19. August 2005 beurkundete der Beklagte zu 2 einen Vertrag über den Verkauf von drei noch zu vermessenden Teilflächen des [X.] an dritte Käufer. Als Verkäufer verpflichteten sich der Kläger und der Zedent, sämt-liche in Abteilung [X.] des Grundbuchs eingetragenen Rechte zur Löschung zu bringen
(§§ 1, 7 Nr. 1). Dementsprechend bewilligten und beantragten die [X.]sparteien die Löschung sämtlicher Rechte in Abteilung [X.] des Grund-buchs nach Maßgabe der Bewilligungen der Berechtigten (§ 11). Im September 2005 übersandte die Berechtigte des Grundpfandrechts [X.]/12,
Rechtsanwältin D.

-H.

, den Beklagten treuhänderisch dem Kaufpreis) eine umfassende und uneingeschränkte [X.]. Diese verlangte sie im Oktober 2005 wieder zurück, weil sie ihre Löschungsbe-willigung auf die verkauften Teilflächen des [X.] beschränken wollte. Der
Beklagte zu 2 entsprach dieser Bitte und übermittelte der Rechtsanwältin zugleich ein von ihm vorbereitetes Schriftstück, mit dem diese
die Pfandfreiga-3
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be für die verkauften [X.]
erklärte. Hierüber wurde nach der Behauptung der Beklagten der Vater der Verkäufer (als deren
"Verhandlungs-führer")
unterrichtet, unstreitig aber nicht der
Kläger und der
Zedent. Nachdem sich hinsichtlich der
Grundpfandrechte [X.]/18 und [X.]/19 Probleme bei der Be-schaffung der [X.]en
ergeben
hatten,
beurkundete der [X.] zu 1 am 17. November 2005 einen Nachtrag zum Kaufvertrag; zu der hinsichtlich der [X.] für das Grundpfandrecht [X.]/12 zwischen-zeitlich vorgenommenen Beschränkung verhält sich der Vertrag nicht. Nach Vermessung und Neuparzellierung der verkauften Teilflächen wurde der [X.] vollständig durchgeführt.

Mit Schreiben vom 29. November 2006 übersandte das Grundbuchamt dem Beklagten zu 2 eine insgesamt 11 Seiten umfassende Eintragungsbenach-richtigung. Diese leitete der Beklagte zu 2 mit Schreiben vom 30. November 2006 an den Kläger und an den Zedenten weiter.

In der folgenden Zeit errichteten der Kläger und der Zedent auf dem in ihrem Eigentum verbliebenen Teil des [X.] ein Wohnhaus und eine Betriebshalle.

Infolge der umfassenden [X.]en des [X.] und des Zedenten (für die Grundpfandrechte [X.]/5 und [X.]/8) und der beschränkten Pfand-freigabe der
Rechtsanwältin
D.

-H.

rückte das Grundpfandrecht [X.]/12 für den nicht veräußerten Teil des [X.]
an den ersten Rang. Aus dem Grundpfandrecht [X.]/12 wird derzeit im Wege der Zwangsversteigerung in den Grundbesitz vollstreckt.

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Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagten hätten ihre Pflicht ver-letzt, ihn und den Zedenten über die Möglichkeit einer nur teilweisen Löschung der Grundpfandrechte (im Wege einer auf die veräußerten Teile des Grundbe-sitzes beschränkten Pfandfreigabe) zu belehren. Von der eingeschränkten Lö-schungsbewilligung der Rechtsanwältin
D.

-H.

hätten der Kläger und der Zedent nichts erfahren. Gleiches gelte für
ihren Vater, der im Übrigen auch nicht ihr Verhandlungsführer gewesen sei und dessen Kenntnis sie sich daher auch nicht zurechnen lassen müssten.

Der Beklagte zu 1 hat seine Passivlegitimation in Abrede gestellt. Beide Beklagten haben eine Pflichtverletzung verneint und unter Hinweis darauf, dass der Kläger und der Zedent bereits durch die Übersendung der Eintragungsbe-nachrichtigungen vom Fortbestand der Grundschuld auf dem zurückbehaltenen Grundstücksteil Kenntnis erlangt hätten, die
Einrede der Verjährung erhoben. Der Kläger hält dem entgegen, dass er und der Zedent erst durch eine Mittei-lung des Amtsgerichts M.

vom 6. April 2010, wonach
aus der [X.] in ihr Grundeigentum vollstreckt werden soll
(Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde), von dem Fortbestehen dieses Rechts erfahren
hätten. Die vom Beklagten zu 2 übermit-telten [X.] hätten sie zwar durchgeblättert, aber im Vertrauen darauf, dass eine etwa erforderliche Prüfung bereits von den [X.] vorgenommen worden sei,
nicht im Detail geprüft; auch im Nachhinein [X.] sie diesen Bekanntmachungen keinen "verstehbaren"
Hinweis auf das teil-weise Weiterbestehen der
Grundschuld entnehmen können.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des [X.] ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner
vom erkennenden [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klage weiter.
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Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat angenommen, dass zumindest der Beklagte zu
2 seine notariellen Amtspflichten verletzt habe. Eine Verletzung der
betreu-enden
Belehrungspflicht nach §§ 14, 24 [X.] sei darin zu sehen, dass der
Kläger und der
Zedent
nicht hinreichend über die Bedeutung und die Folgen der Abgabe einer unbeschränkten [X.] belehrt worden seien. Es hätte auch die Möglichkeit bestanden, im Kaufvertrag vom 19. August 2005 ei-ne Regelung zu schaffen,
wonach seitens der Grundpfandgläubiger die Ertei-lung einer auf die zu übertragenden Grundstücksteile beschränkten Löschungs-bewilligung genüge. Es sei weiterhin denkbar, dass der Kläger und sein Bruder nach Widerruf der unbeschränkten und
Erteilung einer beschränkten Lö-schungsbewilligung seitens der Rechtsanwältin D.

-H.

bei entsprechen-der
Belehrung in gleicher Weise verfahren wären. Dies bedürfe aber keiner ab-schließenden Klärung, weil eventuelle Schadensersatzansprüche des [X.] und des Zedenten verjährt seien. Die dreijährige Verjährungsfrist habe bereits Ende 2006 zu laufen begonnen, nachdem sämtliche (Teil-)Löschungen im Grundbuch eingetragen und die Kläger sowie der Zedent mit der ihnen über-sandten Eintragungsnachricht des [X.] hiervon in Kenntnis gesetzt worden seien. Es genüge, wenn der Gläubiger Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen erlangt habe; nicht erforderlich sei, dass er den Vorgang rechtlich zutreffend beurteile. Die Veränderungsmitteilung des [X.] lasse er-11
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kennen, dass die Grundpfandrechte des [X.] und des Zedenten gelöscht worden seien, während für die Buchgrundschuld
der Rechtsanwältin
D.

-H.

lediglich die verkauften Teilflächen aus der Mithaftung entlassen [X.] seien. Hierdurch sei auch für den Kläger und den Zedenten deutlich ge-worden, dass dieses
Grundpfandrecht
nicht insgesamt gelöscht worden sei. Daraus ergebe sich der Schluss, dass dieses Grundpfandrecht für den im Ei-gentum des [X.] und des Zedenten verbliebenen Teil des [X.] nunmehr an die erste Rangstelle gerückt sei. Die Erkenntnis der wirtschaftli-chen Bedeutung dieses Umstands könne dem Kläger unterstellt werden. [X.] liege eine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs.
1 BGB vor. Diese ergebe sich daraus, dass der Kläger die Änderungsmitteilung des [X.] nicht überprüft und nicht einmal Überlegungen angestellt habe, [X.] Bedeutung diese für ihn haben könne. Angesichts der erheblichen Bedeu-tung, die [X.] des [X.] nach § 55 GBO zukomme, sei es grob fahrlässig, wenn ein Grundbuchbeteiligter solche [X.] zwar entgegennehme, diese aber nicht prüfe. Er gehe damit bewusst das Risiko ein, dass ihn belastende oder negative Veränderungen unbemerkt blieben, und sei damit nicht mehr schützenswert im Hinblick auf einen drohen-den [X.] wie beispielsweise durch das Instrument der Verjährung.

II.

Diese Beurteilung hält der
rechtlichen Nachprüfung nicht
stand.

1.
Die Würdigung des Berufungsgerichts, dass etwaige Schadensersatzan-sprüche des [X.] und des Zedenten im Hinblick auf die ihnen übersandte Eintragungsmitteilung des [X.] verjährt seien (§ 214 Abs. 1 BGB), 13
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ist von [X.] beeinflusst. Die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) ist durch die Veränderungsmitteilung des [X.] nicht in Lauf gesetzt worden, weil der Kläger und der Zedent auf diese Weise keine Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen erlangt und sich insoweit auch nicht grob fahrlässig in Unkenntnis befunden haben (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

a) Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des [X.] liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form einer Fest-stellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. [X.] ist notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinrei-chend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im [X.] risikolos führen zu können. Auch kommt es, von Ausnahmefällen abgesehen, nicht auf die zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt im Grundsatz die Kenntnis der den [X.] begründenden tatsächlichen Umstände. Hierzu gehört in Fällen unzureichender Beratung oder Aufklärung auch die Kenntnis der Umstände einschließlich der wirtschaftlichen Zusammen-hänge, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt. Die dem [X.] bekannten Tatsachen müssen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des [X.] als nahe liegend erscheinen zu lassen. Es muss dem Geschädigten zumutbar sein, auf Grund dessen, was ihm hinsichtlich des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, Klage zu erheben, wenn auch mit dem verbleibenden Prozessrisiko, insbesondere hin-sichtlich der Nachweisbarkeit von Schadensersatz auslösenden Umständen (s. zu alldem etwa
[X.]surteil vom 7. Juli 2011 -
[X.] ZR 90/10, [X.] 2011, 2087, 2089 Rn. 16; [X.], Urteile vom 3. Juni 2008 -
XI [X.], [X.], 2576, 2578 f Rn. 27
f mwN; vom 23. September 2008 -
XI [X.], NJW-RR 2009, 15
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544, 546 Rn. 32 f; vom 10. November 2009 -
VI [X.], NJW-RR 2010, 681, 683 Rn. 14 und vom 15. Juni 2010 -
XI [X.], [X.], 1399, 1400 Rn. 12; s. zu § 852 Abs. 1 BGB aF auch [X.]surteile vom 24. Februar 1994
-
[X.] ZR 76/92, NJW 1994, 3162, 3164 und vom 11. Januar 2007
-
[X.] [X.], [X.]Z 170, 260, 271 Rn. 28; s. zur [X.] auch [X.] in Ganter/
[X.]/[X.], Handbuch der [X.], 3. Aufl., Rn. 2332 ff).

Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von §
199 Abs.
1 Nr.
2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger
die erforderliche Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich [X.] haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat. Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "[X.] gegen sich selbst", vorgeworfen werden können (s. etwa [X.]surteile vom 8. Juli 2010 -
[X.] ZR 249/09, [X.]Z 186, 152, 161 Rn. 28 mwN; vom 22. Juli 2010 -
[X.] ZR 99/09, [X.] 2011, 68 Rn. 16; vom 22. Juli 2010 -
[X.] ZR 203/09,
NJW-RR 2010, 1623, 1624 Rn. 12; vom
7. Juli 2011 aaO Rn. 17 und vom 22.
September 2011 -
[X.] ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111, 112 Rn. 8; s. zur [X.] auch [X.] aaO Rn. 2344).

b) Die Feststellung, ob die Unkenntnis des Gläubigers von [X.] Umständen auf grober Fahrlässigkeit beruht hat, unterliegt als Er-gebnis tatrichterlicher Würdigung nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder Verfah-rensvorschriften gewürdigt worden ist, und ob der Tatrichter den Begriff der 16
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groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grads des [X.]s wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (s. etwa [X.]s-urteile vom 8. Juli 2010 aaO
Rn. 27 mwN; vom 22. Juli 2010 -
[X.] ZR 99/09 aaO Rn. 14; vom 22. Juli 2010 -
[X.] ZR 203/09 aaO und vom 22. September 2011 aaO). Die Frage, wann eine für den Beginn der Verjährung hinreichende Kennt-nis vorhanden ist, ist allerdings nicht ausschließlich Tatfrage, sondern wird maßgeblich durch den der Beurteilung des [X.] unterliegenden Begriff der Zumutbarkeit der Klageerhebung geprägt (s. etwa [X.], Urteile vom 23. September 2008 -
XI [X.], NJW-RR 2009, 547 f Rn. 17 mwN und vom 15. Juni 2010 aaO S. 1400 f Rn. 13).

c) Unter diesen Maßgaben erweist sich die Würdigung des Berufungsge-richts, aufgrund der Veränderungsmitteilung des [X.] hätten sich der Kläger und der Zedent in Kenntnis, jedenfalls in grob fahrlässiger Unkennt-nis, der den
Anspruch begründenden Umstände befunden, als rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit nicht [X.] berücksichtigt und die Reichweite der grob fahrlässigen Unkenntnis des Geschädigten überspannt.

aa) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass im Bereich der [X.] (§ 19 [X.]) die Übermittlung einer [X.] des [X.] (§ 55 GBO) im Einzelfall -
insbesondere in sehr einfach gelagerten Sachen
-
für die Erfüllung der subjektiven Vorausset-zungen des Verjährungsbeginns nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von einer Amtspflichtverletzung des Notars) aus-reichen kann (vgl. hierzu [X.]surteil vom 11. Januar 2007 aaO
und [X.], Ur-teil vom 15. April 1999 -
IX ZR 328/97, NJW 1999, 2183, 2186). Den [X.] trifft allgemein die Obliegenheit, ihm übersandte Eintragungs-18
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nachrichten zu prüfen (vgl. [X.], Urteil vom 13. Januar 1984 -
V [X.], NJW 1984, 1748 mwN).
Ist eine aus der Sicht des geschädigten Beteiligten "un-richtige"
(etwa: abredewidrige) Eintragung erfolgt, so muss er entgegen der [X.] der Revision neben einer Amtspflichtverletzung des [X.] auch eine Amtspflichtverletzung des Notars in Erwägung ziehen. Denn auch dann, wenn der Fehler primär dem Grundbuchamt unterlaufen sein sollte, hätte der Notar diesen Fehler bemerken und entsprechende Schritte zu seiner Behebung unternehmen müssen.

bb) Bei der Verjährung von [X.] gegen einen Notar ist jedoch
-
was das Berufungsgericht bei seiner Würdigung nicht berücksichtigt hat -
zu beachten, dass sich der Geschädigte in aller Regel darauf verlässt und auch verlassen darf, dass der Notar amtspflichtgemäß handelt und Grundbuch-eintragungen selbst fachkundig kontrolliert. Es ist dementsprechend grundsätz-lich nicht Aufgabe des Geschädigten, die Amtsführung des Notars zu überwa-chen. Geht es um komplexe, für den Geschädigten schwer überschaubare Grundbuchvorgänge, so kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass er mit der Übersendung einer Veränderungsmitteilung zugleich auch Kenntnis von einer Amtspflichtverletzung des Notars erlangt oder diesbezüglich fortan grob fahrlässig keine Kenntnis hat. Die Überprüfung solch komplexer Grundbuchvorgänge kann einem juristischen Laien nicht abverlangt und zuge-mutet werden.

So liegt es auch hier. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass die immerhin elf
Seiten umfassende und auch für einen Juristen nicht eben leicht zu überschauende Eintragungsmitteilung des [X.] vom 29. Novem-ber 2006 eine Vielzahl von Veränderungen ausweist und für sich allein genom-men nicht laienverständlich erkennen lässt, dass das Grundpfandrecht [X.]/12
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12

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im Gegensatz zu den Grundpfandrechten [X.]/5 und [X.]/8 -
für die nicht veräu-ßerten Teile des [X.] fortbesteht und nur für die verkauften [X.] zur Löschung gebracht worden ist. Ein Grundbuchauszug mit vollständi-gem Bestandsverzeichnis hat der Eintragungsmitteilung nicht beigelegen, so dass für den Kläger und den Zedenten nicht hinreichend deutlich zu ersehen war, welche (Teil-)Flächen von der Löschung betroffen gewesen sind und [X.] nicht. Von der Erteilung einer nur eingeschränkten
[X.] durch Rechtsanwältin
D.

-H.

hatten beide nach ihrem revisionsrechtlich zu Grunde zu legenden Vorbringen keine Kenntnis gehabt und hiermit auch nicht rechnen müssen. Hinzu kommt, dass der genaue Unterschied zwischen der vollständigen Löschung eines Grundpfandrechts und seiner "Teillöschung"
im Wege der Entlassung einiger Grundstücke (oder Teilflächen) aus der Mithaft dem juristischen Laien in
aller Regel nicht bekannt ist.

Vor diesem Hintergrund ist die Einlassung des [X.], er und der [X.] hätten nicht erkannt, dass im Unterschied zu "ihren"
Grundpfandrechten ([X.]/5 und [X.]/8) das Grundpfandrecht [X.]/12 an dem ihnen verbliebenen Rest-grundbesitz
weiterbestehen blieb
und ihnen daraus irgendwelche Nachteile ent-stehen könnten, nicht zu widerlegen. Der Eintragungsmitteilung des [X.] konnten der Kläger und der Zedent nicht entnehmen, dass auch für die Grundpfandrechte [X.]/5 und [X.]/8 von vornherein die Möglichkeit einer Teillö-schung (im Wege der Entlassung nur der veräußerten Teilflächen aus der [X.]) bestanden
hätte, welche Bedeutung dies für sie gehabt und welchen [X.] gegenüber einer Volllöschung es ausgemacht hätte. Dann aber
trifft sie
auch nicht der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit, wenn sie nicht in Erwä-gung gezogen haben, von den Beklagten unzureichend belehrt worden zu sein und diese hierdurch amtspflichtwidrig gehandelt haben könnten.

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13

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d) [X.] hat das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche des [X.] und des Zedenten gegen die beklagten Notare zu Unrecht wegen Verjäh-rung abgelehnt.

2.

Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig. Insbesondere lässt sich
aufgrund des derzeitigen Sach-
und Streitstands eine Verletzung notarieller Amtspflichten durch die Beklagten nicht verneinen.

a) Wenn -
wie hier -
Gegenstand eines Grundstückskaufvertrags noch zu vermessende Teilflächen von mit Grundpfandrechten belasteten
Grundstücken sind, ist der Notar nach § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.] verpflichtet, mit den Beteilig-ten zu erörtern, wie eine den Verkäufern versprochene Lastenfreistellung zu bewerkstelligen ist. Dies kann
sowohl durch die vollständige Löschung als auch durch eine Teillöschung (Entlassung der verkauften Teilflächen aus der Mithaft) der Pfandrechte geschehen. Auf jedem der beiden Wege lässt sich das Ziel, den Käufern [X.] zu verschaffen, erreichen. Indessen können die jeweiligen rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen unterschiedlich ausfallen. Dies gilt insbesondere für die Rangverhältnisse von Grundpfandrechten, soweit sie
im Falle ihrer nur teilweisen Löschung auf dem nicht veräußerten Grund-stücksteil ruhen
bleiben;
hierüber hat der Notar zu belehren.

Dass
der Beklagte zu 2 bei der Beurkundung des Kaufvertrags die not-wendige Abklärung vorgenommen und die erforderlichen Hinweise
gegeben
hat, ist nicht festgestellt.

b) Aus dem Wortlaut des Kaufvertrags und der anschließenden Handha-bung (zunächst Erteilung einer unbeschränkten [X.] durch die 23
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14

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Rechtsanwältin D.

-H.

) ergibt sich zweifellos, dass sowohl der Beklagte zu 2 als [X.] als auch alle Urkundsbeteiligten zunächst davon [X.] sind, dass die in Vollzug des Kaufvertrags herbeizuführende Lastenfrei-stellung den gesamten
Grundbesitz erfassen sollte. Insoweit stellte die nach-träglich herbeigeführte Beschränkung der Pfandfreigabe auf die verkauften Teil-flächen eine erhebliche Abweichung der vereinbarten Vollzugsmodalitäten
zum Nachteil der Verkäufer dar. Es versteht sich, dass hierüber die Verkäuferseite informiert und auf die dadurch entstandenen Folgen
hingewiesen werden [X.], um den Verkäufern die Gelegenheit zu geben, ihre eigenen Interessen zu wahren (etwa dadurch, dass sie ihre [X.]en ebenfalls be-schränkt oder darauf gedrungen hätten, dass die Rechtsanwältin D.

-H.

-
wie zunächst vorgesehen -
die vollständige Löschung des Grundpfandrechts [X.]/12 bewilligt). Dass dies die Beklagten letztlich nicht anders sehen, bestätigt ihr Vorbringen, wonach ihr Büro den Vater der Verkäufer als deren (vermeint-lichen) Verhandlungsführer
informiert und dessen Billigung eingeholt habe.

c) Obwohl somit nicht nur bezüglich der Löschung der Grundpfandrechte [X.]/18 und [X.]/19, sondern auch hinsichtlich der Löschung des streitgegenständli-chen Grundpfandrechts [X.]/12 eine wesentliche Änderung der dem Vertrags-schluss zugrunde gelegten Verhältnisse eingetreten war, verhält sich der von dem Beklagten zu 1 beurkundete Ergänzungsvertrag vom 17. November 2005 hierzu
mit keinem Wort, sondern beschränkt sich insoweit auf den pauschalen Hinweis, dass es "ansonsten"
bei allen Bestimmungen des Kaufvertrags vom 19. August 2005 verbleibe.

Dementsprechend
kommt, wie die Revision zutreffend ausgeführt hat, auch eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 1 in Betracht.

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15

-

3.
Das Berufungsurteil war nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen, da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
1 Satz 1 und
Abs. 3 ZPO). Es stehen noch abschließende [X.] zu den geltend gemachten
Pflichtverletzungen sowie zum Eintritt eines durch die betreffenden Pflichtverletzungen verursach-ten Schadens aus, die der [X.] nicht selbst treffen kann.
Hierbei wird das [X.] gegebenenfalls auch die Gegenrügen der Revisionserwiderung (unter anderem das Vorbringen zu Löschungsansprüchen
der Rechtsanwältin D.

-H.

nach §§
1179a, 1196 Abs. 3 BGB) zu berücksichtigen haben, auf die einzugehen der [X.] derzeit keinen Anlass sieht.

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
Reiter
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.06.2012 -
15 O 452/11 -

O[X.], Entscheidung vom 23.05.2013 -
1 [X.] -

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Meta

III ZR 217/13

11.09.2014

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2014, Az. III ZR 217/13 (REWIS RS 2014, 3031)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3031

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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