Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.05.2014, Az. 28 W (pat) 23/13

28. Senat | REWIS RS 2014, 5777

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren -  „dreidimensionale Marke (Okkluder)“ – zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderliche Form


Leitsatz

Okkluder

Ein Okkluder (medizinisches Implantat), dessen wesentliche Merkmale sich in einer kreisrunden Form und einem rosettenförmigen Geflecht erschöpfen, besteht als dreidimensionale Marke ausschließlich aus einer Form, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist im Sinn des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 021 482

(Löschungsverfahren S 223/11)

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2014 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] sowie die Richterin kraft Auftrags Kriener

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 14. April 2011 angemeldete dreidimensionale Marke

Abbildung

2

wurde am 1. Juni 2011 unter der Nummer 30 2011 021 482 für die Waren der

3

Klasse 10: Ärztliche Apparate und Instrumente, nämlich [X.] und [X.]

4

in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister eingetragen.

5

Mit am 22. Juli 2011 beim [X.] eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin die Löschung der vorgenannten Marke gemäß §§ 54, 50 i. V. m. § 8 [X.] beantragt und zur Begründung angeführt, die Marke sei entgegen der §§ 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 8 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 und 10 [X.] eingetragen worden. Die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin hat dem ihr am 20. August 2011 zugestellten Löschungsantrag mit am 17. Oktober 2011 beim [X.] eingegangenem Schriftsatz widersprochen und die Auffassung vertreten, die geltend gemachten Löschungsgründe seien nicht gegeben.

6

Im Löschungsverfahren hat das [X.] unter analoger Anwendung des § 29 Abs. 1 [X.] eine technische Prüfstelle beteiligt und um Erstellung eines Gutachtens zur Frage der technischen Bedingtheit der wesentlichen Merkmale der Ausgestaltung (Rosetten- und Scheibenform des [X.]s) der verfahrensgegenständlichen Marke gebeten ([X.]. 136 ff. und 157 der [X.]).

7

Mit Beschluss vom 7. März 2013 hat das [X.], Markenabteilung 3.4, die dreidimensionale Marke antragsgemäß gelöscht. Der Löschungsantrag sei begründet, weil sowohl im Zeitpunkt der Eintragung, als auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag das Schutzhindernis nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erfüllt sei. Der Gesamteindruck der Marke werde durch die Scheiben- und [X.] bestimmt und diese Merkmale seien, wie sich nach Auswertung der Stellungnahme der mit der Prüfung derartiger medizinischer Instrumente zuständigen Patentabteilung 1.43 sowie der in das Verfahren eingeführten Patent- und Gebrauchsmusterschriften ergebe, zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich. Die [X.] erfülle eine doppelte Funktion. Da der Katheterschlauch, durch den der [X.] in den Patienten eingeführt werde, einen runden Querschnitt zeige, sei die Wahl eines rotationssymmetrischen [X.]geflechts naheliegend. Denn ein symmetrisch gestalteter [X.] könne im ebenfalls kreisrund ausgestalteten Katheterschlauch zum einen problemlos eingeführt werden. Zum anderen bilde der [X.] expandiert ein Geflecht, das optimal von natürlichem Gewebe umwachsen werden könne. Durch die Wahl des [X.] zur Herstellung des [X.]s ergebe sich zwangsläufig die symmetrische [X.]. Diese Form sei auch nicht deswegen gewählt worden, weil Patienten die Vorstellung hätten, sie schmiege sich besser an die [X.] an. Ästhetische Aspekte spielten bei medizinischen Implantaten, etwa auch ein durch die runde Form erreichtes gefälligeres Aussehen des Implantats, keine Rolle. Ebenso erfülle die Scheibenform eine technische Funktion. Auch unregelmäßige Defekte ließen sich damit mit so wenig Fläche wie möglich, aber so viel Implantat wie nötig, effizient abdecken. Dem stehe auch nicht entgegen, dass es auf dem Markt anders geformte [X.] gebe. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei ein Ausschluss des Schutzes einer Warenform, deren wesentliche Merkmale eine technische Funktion erfüllten, unabhängig davon, ob sich die gleiche technische Wirkung auch unter Verwendung anderer Formen erreichen ließe.

8

Das [X.] hat keine Kosten auferlegt. Eine Bösgläubigkeit der Markenanmelderin scheide aus, da weder das Bestreben, einen umfassenden Schutz durch gewerbliche Schutzrechte zu begehren, verwerflich sei, noch lasse das zeitliche Zusammentreffen mit einem ungünstigen Urteil den Schluss auf eine bösgläubige Anmeldung zu.

9

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin und Löschungsantragsgegnerin, mit der sie ausführt, das [X.] nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] liege nicht vor; denn bei der verwendeten Scheiben- oder [X.] des in Rede stehenden [X.]s handle es sich um rein gestalterische Merkmale und der ästhetische Überschuss bestehe dabei in dem durchgängigen Rosettenmuster bis zum dargestellten Punkt. Entsprechend den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von [X.]n gebe es ganz unterschiedliche Formen, die in einen passenden Katheter eingeführt werden könnten. Bei Anwendung eines Laserschneid- oder [X.] zur Herstellung von [X.]n ließen sich Metallgewebe mit unterschiedlichen Mustern herstellen, es entstünde also nicht zwangsläufig die regelmäßige [X.], vielmehr sei eine beliebige Anzahl von Gestaltungen vorstellbar. Die in Rede stehende Marke monopolisiere keine technische Lösung, [X.] sei es weiterhin möglich, [X.] aus Metallgeflecht herzustellen, die kein regelmäßiges Rosettenmuster aufwiesen. Dies zeigten auch die von der Löschungsantragstellerin hergestellten [X.] „[X.]", die keine symmetrische [X.] aufwiesen. Auch der Patentschutz für die in Rede stehende Marke indiziere kein [X.]. Zwar werde das Rosettenmuster in einigen Patentschriften in Ausführungsbeispielen genannt, diese hätten jedoch nur einen illustrierenden Charakter und beinhalteten nicht ausschließlich eine Verkörperung der patentrechtlich geschützten Erfindung. Bei der Auswahl des [X.] handle es sich um eine rein gestalterische Entscheidung, denn anhand dieser äußeren Merkmale des [X.]s erkenne der Chirurg im Vorfeld der [X.], ob es sich um das richtige Modell des einzusetzenden Implantats handle.

Die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss des [X.]s, Markenabteilung 3.4, vom 7. März 2013 aufzuheben.

Ferner regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu folgender Rechtsfrage an:

„Der [X.] möge entscheiden, ob § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] auch auf [X.] anzuwenden ist, bei denen durch die konkrete Gestaltung eines funktionalen technischen Merkmals eine ästhetische Gestaltung erhebliches Gewicht gewinnt. Derartige [X.] zeichnen sich dadurch aus, dass ihre konkrete Gestaltung zur Erreichung der technischen Wirkung fast beliebig variierbar ist und die konkrete Gestaltung im Wesentlichen auf einer ästhetischen Präferenz beruht.“

Die Löschungsantragstellerin und Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und verweist auf die rechtskräftige Zurückweisung der parallelen Markenanmeldung beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt durch die am 17. Oktober 2013 ergangene Entscheidung der [X.]. Sie weist weiter auf die zahlreichen seit [X.] 2007 von Seiten der Markeninhaberin gegen die Löschungsantragstellerin initiierten Patentverletzungs- und einstweiligen Rechtsschutzverfahren, den Antrag auf [X.] gegen die Antragstellerin und die Erhebung einer Strafanzeige gegen ihren Geschäftsführer sowie die zwischen den Parteien schwebenden [X.] hin. Der angegriffenen Marke habe im Eintragungszeitpunkt und im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegengestanden. Bei den [X.] sei zu unterscheiden zwischen einem Gewebe und einem Geflecht. Für die von der Beschwerdeführerin und einer Mehrzahl von Wettbewerbern vertriebenen [X.] sei das Ausgangsmaterial ein Flechtschlauch, der in eine Form eingelegt werde und nach der Bearbeitung in dieser Form entstehe ein [X.] oder [X.], der zwangsläufig das in Rede stehende Rosettenmuster aufweise. Angesichts der Tatsache, dass sowohl die [X.] als auch die Scheibenform ausschließlich aus technischen Gegebenheiten resultierten, weil die konkrete Ausgestaltung allein dem zugrundeliegenden Ausgangsmaterial, dem Flechtschlauch, geschuldet sei, fehlten der in Rede stehenden Marke darüber hinausgehende Gestaltungsmerkmale oder eine individualisierende Formgebung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt nebst den in das Verfahren einbezogenen Patent- und Gebrauchsmusterschriften Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die Markenabteilung hat zu Recht die Löschung der angegriffenen dreidimensionalen Marke für die Waren „Ärztliche Apparate und Instrumente, nämlich [X.] und [X.]“ angeordnet, da der Eintragung das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegenstand und noch entgegensteht.

1. Nach §§ 54, 50 Abs. 1 [X.] ist eine Marke zu löschen, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 [X.] eingetragen worden ist. Im Falle eines [X.]ses nach §§ 3, 7 oder 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 [X.] muss dieses noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde fortbestehen (§ 50 Abs. 2 Satz 1 [X.]).

a. Bei der verfahrensgegenständlichen Marke handelt es sich um ein dreidimensionales Zeichen, das sich auf die Form der Ware, nämlich die eines expandierten rosettenförmigen [X.]s bzw. [X.] bezieht. Anhaltspunkte, die es rechtfertigten, die abstrakte Unterscheidungseignung der Formmarke nach § 3 Abs. 1 [X.] zu verneinen, sind nicht ersichtlich. Durch die Vorlage von zwei Abbildungen, die das Zeichen zweidimensional in zwei verschiedenen Ansichten aus der Perspektive von oben und von der Seite wiedergeben, wird der beanspruchte Schutzgegenstand in seinen wesentlichen Merkmalen, insbesondere seiner Dreidimensionalität, hinreichend deutlich dargestellt (vgl. hierzu auch [X.]. 2010, 985 – [X.]; [X.] GRUR 2013, 929 Rdnr. 23 – [X.]; [X.], 138 Rdnr. 21 – [X.]; GRUR 2004, 505 – Rado-Uhr II).

b. Der Eintragung stand sowohl zum Eintragungszeitpunkt als auch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde aber das Schutzhindernis nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. Nach dieser Vorschrift sind Zeichen, die ausschließlich aus einer Form bestehen, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, dem Schutz als Marke nicht zugänglich. Es handelt sich bei dieser Vorschrift, die Art. 3 Abs. 1 lit. e [X.] umsetzt, nicht um eine Frage der Markenfähigkeit, sondern um ein absolutes Schutzhindernis, bei dem die Schutzfähigkeit des Zeichens als Marke für die im [X.] genannten Waren zur Beurteilung steht ([X.] GRUR 2008, 510 Rdnr. 16 – Milchschnitte; GRUR 2006, 589 Rdnr. 15 - Rasierer mit drei Scherköpfen; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 3 Rdnr. 75, 96). Zweck dieses Ausschlussgrundes ist es zu verhindern, dass einem Unternehmen durch das Markenrecht letztlich ein Monopol für technische Lösungen oder Gebrauchseigenschaften einer Ware eingeräumt wird ([X.] a. a. [X.]. 43 - [X.]; [X.], 804 Rdnr. 78 - [X.]; [X.], 514 - Linde, [X.]). Technische Lösungen stehen entweder unter dem - zeitlich begrenzten - Sonderschutz des Patent- oder Gebrauchsmusterrechts oder sie sind gemeinfrei. Durch das in § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] normierte Verbot wird sichergestellt, dass Unternehmen nicht das Markenrecht in Anspruch nehmen können, um ausschließliche Rechte für technische Lösungen ohne zeitliche Begrenzung auf Dauer festzuschreiben ([X.] a. a. [X.]. 45 - [X.]). Mit den Wörtern „ausschließlich“ und „erforderlich“ stellt diese Bestimmung sicher, dass allein diejenigen Warenformen von der Eintragung ausgeschlossen sind, durch die nur eine technische Lösung verkörpert wird und deren Eintragung als Marke deshalb die Verwendung dieser technischen Lösung durch andere Unternehmen tatsächlich behindern würde ([X.] a. a. [X.]. 48 - [X.]).

Der [X.] hat den Ausschlussgrund des Art. 3 Abs. 1 lit. e [X.] schon dann für gegeben erachtet, wenn die angemeldete Form in ihren wesentlichen Merkmalen ausschließlich aus der Form der Ware besteht, die für das Erreichen der fraglichen technischen Wirkung technisch kausal und hinreichend ist ([X.] a. a. [X.]. 51, 52 - [X.]; a. a. [X.]. 79, 80 - [X.]; ebenso [X.] GRUR 2004, 507, 509 - Transformatorengehäuse; GRUR 2004, 502, 504 - [X.]), und zwar selbst dann, wenn diese Wirkung auch durch andere Formen erreicht werden kann, die die gleiche oder eine andere technische Lösung nutzen ([X.] a. a. [X.]. 53 ff. - [X.]; a. a. [X.]. 81 ff. - [X.]; vgl. auch [X.] a. a. [X.]. 18 - Rasierer mit drei Scherköpfen). Das Vorhandensein eines oder mehrerer geringfügiger willkürlicher Elemente in einem dreidimensionalen Zeichen, bei dem alle wesentlichen Merkmale durch die technische Lösung bestimmt werden, der dieses Zeichen Ausdruck verleiht, ändert nichts daran, dass das Zeichen ausschließlich aus der Form der Ware besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist. Die Eintragung eines solchen Zeichens als Marke kann nach dieser Bestimmung allerdings dann nicht abgelehnt werden, wenn in der Form der betreffenden Ware ein wichtiges, signifikantes nichtfunktionales Element, wie ein dekoratives oder phantasievolles Element, verkörpert wird, das für diese Form von Bedeutung ist ([X.] a. a. [X.]. 52 - [X.]). Bei der Frage, was wesentlich ist und was nicht, ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Form als solche, so wie sie beansprucht ist, vermittelt ([X.] a. a. [X.]. 70 - [X.]; [X.]/[X.] a. a. O. § 3 Rdnr. 109). Für die Ermittlung, welche Merkmale wesentlich sind, kommt es auf die Verkehrsauffassung an (vgl. hierzu auch B[X.] GRUR 2011, 68, 71 – [X.] in neutraler Aufmachung). Je nach Fallgestaltung kann diese Ermittlung anhand einer bloßen visuellen Prüfung des Zeichens oder aber auf der Grundlage einer eingehenden Untersuchung erfolgen, in deren Rahmen für die Beurteilung nützliche Elemente, wie Meinungsumfragen und Gutachten oder Angaben zu Rechten des geistigen Eigentums, die im Zusammenhang mit der betreffenden Ware früher verliehen wurden, einfließen ([X.] a. a. [X.]. 71 - [X.]). Die zweite Frage, ob den ermittelten wesentlichen Merkmalen eine technische Funktion zukommt, ist objektiv, also unabhängig von der Verkehrsauffassung vorzunehmen ([X.], 75 Rdnr. 70 - Roter [X.]-Stein; [X.]/[X.], a. a. O. § 3 Rdnr. 111). Die technische Funktionalität der Merkmale einer Form kann insbesondere unter Berücksichtigung der Unterlagen über etwa vorbestehende Schutzrechte, die die funktionellen Elemente der betreffenden Form beschreiben, beurteilt werden ([X.] a. a. [X.]. 85 - [X.]; [X.]/[X.] a. a. O. § 3 Rdnr. 111).

aa.  Wesentliche Merkmale der dreidimensionalen Marke sind nach deren äußeren Gesamteindruck - im Wesentlichen auch unstreitig - und ausgehend von den eingereichten zwei Abbildungen

- das mittig mit schwarzem Punkt zentrierte rosettenförmige Geflecht und die

- einer Scheibe ähnliche kreisrunde Form der Marke.

Bei den angesprochenen Verkehrskreisen handelt es sich vornehmlich um (auch im Bereich der Pädiatrie tätige) Kardiologen, Herzchirurgen und Gefäßchirurgen, die Herzoperationen vorbereiten und/oder vornehmen, sowie die für den Einkauf von solchen Implantaten zuständigen Einkäufer an Kliniken. Denn die in Rede stehenden Waren sind medizinische Implantate, die zum Verschluss von Öffnungen beispielsweise bei [X.]utgefäßen oder Shuntverbindungen, insbesondere im Bereich der [X.] (auch bei angeborenen Herzfehlern von Säuglingen) o. ä., eingesetzt werden und die über einen Katheter [X.] positioniert sowie aktiviert werden können. Die [X.]/[X.] werden im nicht expandierten Zustand bei einem minimalinvasiven Eingriff mit Hilfe eines Katheters in den Körper des Patienten eingeführt (vgl. u. a. hierzu die Ausführungen in der [X.] [X.] [0001], [0006] (Anlage [X.] der [X.]), der Gebrauchsmusterschrift [X.], [0082] – [0085] (Anlage [X.] der [X.]). Sind sie an die Stelle des Defekts geführt, entfaltet sich der „Schirm“ des [X.]s/[X.] und das Implantat wird nach einigen Monaten von körpereigenen Zellen umwachsen und der Defekt so dauerhaft verschlossen (vgl. u. a. [X.] [X.], a. a. O. [0079]).

bb.  Die beiden als wesentlich erachteten oben genannten Merkmale dienen nach Ansicht des [X.]s der Erreichung einer technischen Funktion, ohne dass ein signifikantes nichtfunktionales Element enthalten wäre.

Der kreisrunde Querschnitt der Marke erfüllt mehrere technische Funktionen, nämlich einerseits die optimale Ausnutzung des (runden) Querschnitts eines Katheters und die Möglichkeit, einen kleinen Einführungskatheter zu verwenden, andererseits die Steigerung der [X.], weil Perforationen und [X.] durch das Fehlen von Ecken verhindert werden, und die bestmögliche Überlappung des Defekts. Dies geht aus den zahlreichen in das Verfahren eingeführten Patent- und Gebrauchsmusterschriften - zum Teil auch solche der Markeninhaberin und Antragsgegnerin - hervor.

Demnach ist im noch nicht entfalteten Zustand des [X.] bzw. [X.]s eine Form erforderlich, die eine einfache Passage durch den Katheter erlaubt. Dabei ist grundsätzlich zwar jede Form möglich, die eine solche einfache Passage erlaubt. Katheter weisen, wie die Gefäße selbst, aber einen runden Querschnitt auf. Entsprechend ermöglicht die kreisrunde Form des Implantats es, dank einer dem jeweiligen [X.] angepassten Größe, durch den Katheter geführt zu werden, ohne dass die Gefahr einer Verkantung besteht, wie dies beispielsweise bei einem eckigen Implantat der Fall wäre. Die kreisrunde Form bietet zudem den Vorteil, dass sie auch bei Kindern eingesetzt werden kann, weil dort ein Katheter mit geringerem Durchmesser zum Einsatz kommen muss. Ein kreisrundes Implantat nutzt den verringerten Durchmesser des kreisrunden [X.] optimal aus, im Gegensatz zu etwa eckig gestalteten Implantaten (vgl. auch [X.] A 1 a. a. O. [0006] [0009]; Patentschrift [X.] [0006]; [0007]; [0008]; Patentanmeldung [X.]. 2 und 3 – jeweils Anlagen zum Schriftsatz der Beschwerdegegnerin und Antragstellerin vom 30. April 2014). Durch die kreisrunde Konstruktion wird zudem ein geringerer Kontaktbereich für das Anbringen des Implantats benötigt. Wie die Markenabteilung bereits ausgeführt hat, dient die kreisrunde Konstruktion also dem technischen Zweck, die Überlappung am Defekt so groß wie nötig aber auch so gering als möglich auszugestalten. Auch fehlen scharfkantige Ecken, die bei einem Ermüdungsbruch des Implantats zu einer Perforation führen könnten; somit ist aufgrund der technischen Konstruktion auch die Sicherheit für den Patienten gesteigert. In der [X.] [X.] 103 02 447 A 1 wird beispielsweise ausgeführt (Anlage [X.] der [X.]):

[0019] Bevorzugt sind der proximale und der distale Abschnitt [X.] mit einem dazwischen angeordneten Zwischenabschnitt ausgebildet, wobei der Zwischenabschnitt einen gegenüber dem proximalen und/oder distalen Abschnitt reduzierten Durchmesser aufweist. Durch diese Formgebung ist ein besonders guter Halt in einer Öffnung innerhalb einer Wandung im menschlichen oder tierischen Körper möglich, da sich der proximale und/oder der distale [X.]e Abschnitt auf beiden Seiten der Wandung sehr gut anlagern können. (...)

Aufgrund der kreisrunden (und zudem einseitig verjüngten) Ausgestaltung kann sich das Implantat besonders gut auf den Defekt legen und so tief wie möglich „hineinrücken“.

Dabei kommt es - entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin - gerade nicht darauf an, ob sich diese Funktionen auch mit einer anderen Ausgestaltung erreichen lassen ([X.] a. a. [X.]. 53 ff. - [X.]; a. a. [X.]. 81 ff. - [X.]; vgl. auch [X.] a. a. [X.]. 18 - Rasierer mit drei Scherköpfen). Deswegen geht auch der Einwand fehl, dass auch ein quadratisches Implantat einen Defekt verschließen könne.

Auch die als „rosettenförmig" bezeichnete Ausgestaltung der in Rede stehenden Marke erfüllt nach der Überzeugung des [X.]s eine technische Wirkung.

Als präferiertes Ausgangsmaterial für eine kollabierende medizinische Vorrichtung zum Verschließen von Gefäßen erweist sich ein aus geflochtenen Metalllitzen gebildetes Metallgewebe, das zwangsläufig bei der Ausdehnung, abhängig von der Dichte der angebrachten Drähte eine mehr oder weniger ausgeprägte [X.] ergibt (vgl. auch die Patentschrift [X.] - Anlage [X.] der [X.], Übersetzung der [X.] Patentschrift 0 808 138 [X.] [0008], [0022]). Diese [X.] wird in zahlreichen anderen Patentschriften aufgeführt und auch bei den auf dem Markt befindlichen [X.]n von Wettbewerbern verwendet (vgl. hierzu auch die Zeichnungen [X.]. 5 B der o. g. Patentschrift; [X.] [X.] 103 02 447 [X.] – Zeichnung - Anlage [X.] der [X.]; [X.] 103 38 702 [X.] Zeichnungen [X.]. 1(a), [X.]), [X.]. 4 (b) – Anlage [X.]4 der [X.]; [X.] 10 2006 013 770 A 1 [X.]. 2, a. a. O.; [X.] 1 576 929 [X.], [X.]. 2 - 7 – Anlage zum Schriftsatz des Beschwerdegegners vom 30. April 2014; [X.] 2 228 020 [X.] [X.]. 2 – Anlage zum Schriftsatz des Beschwerdegegners vom 30. April 2014; Abbildungen verschiedener [X.]/[X.] Anlagen [X.] bis 26 der [X.]). Die [X.] des Implantats werden durch die Verwendung eines [X.] optimiert, es dient durch die Vielzahl der Drähte als optimale „Rankhilfe“ für das umwachsende Gewebe, die körpereigenen Endothelzellen finden eine Grundlage, auf der sie wachsen und die Öffnung gut verschließen können.

Anders als die Beschwerdeführerin meint, ist in der Verwendung der [X.] kein gestalterischer Überschuss zu erkennen. Zunächst liegt es eher fern, dass das Muster nur den Zweck erfüllt, auf den Patienten beruhigend zu wirken, im Gegensatz zu einem unregelmäßigeren Muster. Nach der Lebenserfahrung ist nicht davon auszugehen, dass Patienten sich das einzusetzende lebensrettende Implantat vorab zeigen lassen und nach der Ästhetik desselben eine Auswahl treffen. Bei [X.]en, in denen [X.]/[X.] zum Verschließen von beispielsweise Löchern in der [X.] zum Einsatz kommen, stehen angesichts des Risikos der [X.] in erster Linie Faktoren der Funktionalität, der Langlebigkeit, der Risikovermeidung oder der Komplikationsanfälligkeit bei der Auswahl des Implantats im Vordergrund, nicht aber ein möglicherweise gefälliges Aussehen eines im Körper befindlichen Implantats. Das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach der Arzt das von ihr hergestellte Implantat im [X.]ssaal nur anhand der charakteristischen rosettenförmigen Oberfläche identifiziere, vermag ebenso wenig zu überzeugen. Dem widerspricht zum einen bereits die Tatsache, dass auf dem relevanten Markt bereits rosettenförmige Implantate verschiedener Hersteller zu finden sind, zum anderen vermag dies nichts daran zu ändern, dass der [X.] ausschließlich eine technisch bedingte Wirkung zukommt. Insofern kann die Identifizierung - soweit die Entscheidung für ein bestimmtes Modell nicht ohnehin bereits vor Beginn der OP gefallen ist - keineswegs anhand des [X.] erfolgen, da die Implantate in diesem Merkmal im Vergleich zu Konkurrenzprodukten nicht markant abweichen. Hinzu kommt, dass der [X.]/[X.] aufgrund der Funktionsweise im kollabierten Zustand eingeführt wird, also im zusammengefalteten Zustand dem Chirurgen zu Beginn der [X.] vorliegen dürfte. Erst wenn das Implantat an den Defekt im Körper angebracht wird, wird es aus dem Katheter geschoben und expandiert, so dass sich erst im Körper sein vermeintlich charakteristisches Geflecht entfaltet.

Aus Sicht des [X.]s ist angesichts dessen ein über die technische Wirkung hinausgehender gestalterischer, ästhetischer Überschuss der wesentlichen Merkmale des hier in Rede stehenden dreidimensionalen Zeichens, anders als die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin meint, nicht erkennbar.

Da bereits das Schutzhindernis nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vorliegt, kann dahinstehen, ob der Marke auch jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt oder sonstige von der Antragstellerin geltend gemachte Schutzhindernisse vorliegen.

2. Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 2 [X.] bestand kein Anlass. Der [X.] hat nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 1 [X.], sondern auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] und des [X.] über einen Einzelfall entschieden ([X.] a. a. [X.]. 51, 52 - [X.]; a. a. [X.]. 79, 80 - [X.]; ebenso [X.] GRUR 2004, 507, 509 - Transformatorengehäuse; GRUR 2004, 502, 504 – [X.]). Über die Bewertung der konkreten tatsächlichen Umstände hinaus wirft der zu entscheidende Fall aus Sicht des [X.]s keine besonderen, noch nicht geklärten Rechtsfragen zur Frage der Anwendung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] bei [X.], die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind, auf.

Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage, ob § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] auch auf [X.] anzuwenden ist, bei denen durch die konkrete Gestaltung eines funktionalen technischen Merkmals eine ästhetische Gestaltung erhebliches Gewicht gewinnt, ist im Übrigen vorliegend nicht einschlägig. Denn der gegenständliche [X.] bzw. [X.] besteht in allen seinen wesentlichen Merkmalen ausschließlich aus der Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist. Es konnte, wie oben unter Ziffer 1.b.bb. ausgeführt, nicht festgestellt werden, dass eine ästhetische Gestaltung hier erhebliches Gewicht gewinnt, also wesentlich ist. Die konkrete Gestaltung der wesentlichen Merkmale dieses Implantats, nämlich die kreisrunde Form und das rosettenförmige Geflecht, ist aus den oben genannten Gründen zur Erreichung der technischen Wirkung auch nicht beliebig variierbar bzw. im Wesentlichen bloß auf eine ästhetische Präferenz zurückzuführen, sondern vielmehr gerade zur Erreichung der konkreten technischen Wirkung erforderlich.

Ebenso erfordert weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortbildung des Rechts die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Meta

28 W (pat) 23/13

07.05.2014

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.05.2014, Az. 28 W (pat) 23/13 (REWIS RS 2014, 5777)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5777

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