Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Wettbewerbsverstoß eines Apothekers: Gewährung eines Einkaufsgutscheins von bis zu drei Euro für drei auf einem Rezept verschriebene Medikamente - Rezept-Prämie
Rezept-Prämie
Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV ist auch dann nicht geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen, wenn bei einem Rezept, auf dem zwei oder mehr verschreibungspflichtige Arzneimittel verschrieben worden sind, die für die Annahme eines Bagatellverstoßes maßgebliche Wertgrenze von einem Euro für jedes abgegebene preisgebundene Arzneimittel ausgeschöpft wird (Ergänzung zu BGH, Urteile vom 9. September 2010, I ZR 193/07, GRUR 2010, 1136 = WRP 2010, 1482 - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE und I ZR 98/08, GRUR 2010, 1133 = WRP 2010, 1471 - Bonuspunkte).
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 4. April 2012 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger ist Apotheker. Er streitet mit der [X.]n, der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren [X.], darüber, ob er seinen Kunden bei der Einlösung von Rezepten für verschreibungspflichtige und damit preisgebundene Arzneimittel eine "[X.]" in Form eines beim Kauf nicht rezeptpflichtiger Arzneimittel einlösbaren Einkaufsgutscheins im Wert von mehr als einem Euro ankündigen und gewähren darf.
Der Kläger hat für die von ihm insoweit durchgeführte Prämienaktion unter anderem mit dem nachstehend in [X.] wiedergegebenen Flyer geworben:
Die [X.] hat den Kläger deswegen mit der Begründung abgemahnt, die Bewerbung und Gewährung einer solchen Prämie verstoße gegen das Arzneimittelpreisrecht und sei damit auch wettbewerbswidrig. Die vom Kläger gegen die [X.] deshalb erhobene negative Feststellungsklage haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die [X.] widerklagend beantragt hat, den Kläger zu verurteilen,
1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr bei Einlösung eines Rezeptes betreffend verschreibungspflichtige preisgebundene Arzneimittel eine Prämie von mehr als 1,00 € anzukündigen und/oder zu bewerben und/oder einzulösen;
2. an die [X.] 208,65 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Das [X.] hat der Widerklage stattgegeben ([X.], Urteil vom 27. Oktober 2011 - [X.]/10, juris). Die Berufung des [X.] hat zur Abweisung der Widerklage geführt ([X.], [X.], 429 = [X.], 838). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die [X.] ihre Widerklageanträge weiter.
I. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Ankündigung von Einkaufsgutscheinen, [X.]talern und Ähnlichem bei der Einlösung von Rezepten für verschreibungspflichtige Arzneimittel zwar gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindungsvorschriften verstößt und daher unlauter im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG ist, die Ankündigung und Gewährung eines Einkaufsgutscheins von bis zu drei Euro für drei auf einem Rezept verschriebene verschreibungspflichtige Medikamente aber nicht die Spürbarkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 UWG überschreitet. Dazu hat es ausgeführt:
Der Kläger habe mit seiner [X.] die Wertgrenze von einem Euro für jedes verschreibungspflichtige Medikament ungeachtet dessen nicht überschritten, dass er pro Rezept maximal einen Einkaufsgutschein im Wert von bis zu drei Euro gewährt habe. Die im Schrifttum vertretene Ansicht, Bezugspunkt für die Geringwertigkeit der [X.] sei auch dann das Rezept, wenn auf ihm mehrere Medikamente verordnet worden seien, überzeuge nicht. Einzig sinnvoller Anknüpfungspunkt für die Beurteilung, ob die Gewährung eines [X.] im Wert von einem Euro zulässig sei, sei das verschriebene Medikament, da die Gewährung des [X.] sonst von dem Zufall abhinge, wie viele Medikamente auf einem Rezept verordnet worden seien und wie viele Rezepte der Kunde daher in eine Apotheke bringe. Nur eine zweifelsfrei an das verschriebene Medikament anknüpfende Sichtweise stelle auch die erwünschte Rechtssicherheit her. Der durch die Gewährung des Gutscheins verkörperte Anreiz sei beim [X.]system der Klägerin auch nicht größer als bei der "[X.]punkte"-Entscheidung des [X.], in der das Sammeln von zehn [X.]punkten im Gesamtwert von zehn Euro nicht beanstandet worden sei. Nicht Gegenstand des Rechtsstreits sei nach dem [X.] die Frage, ob die Werbung des Klägers wegen blickfangmäßiger Herausstellung der Gewährung von drei Euro unzulässig sei.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Bewerbung und Gewährung von Einkaufsgutscheinen im Wert von bis zu drei Euro für den Bezug verschreibungspflichtiger und damit preisgebundener Arzneimittel dann nicht die Bagatellgrenze des § 3 Abs. 1 UWG überschreitet, wenn der Wert des dem Kunden für jedes bezogene Mittel gewährten Vorteils einen Euro nicht übersteigt.
1. Der erkennende Senat hat die von ihm bislang noch nicht entschiedene Frage, wo die Wertgrenze für eine geringwertige Kleinigkeit im Sinne des für die vorzunehmende Abgrenzung maßgeblichen § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 [X.] verläuft (vgl. [X.], Urteil vom 8. Mai 2013 - [X.]/12 Rn. 19 - Rezept[X.], mwN), dahingehend beantwortet, dass diese Grenze bereits bei einem Euro liegt ([X.] aaO Rn. 20 - Rezept[X.]).
2. Die sich in der Sache "Rezept[X.]" nicht stellende, vorliegend dagegen streitentscheidende Frage, ob bei Rezepten, mit denen mehrere verschreibungspflichtige Mittel verschrieben worden sind, die Wertgrenze damit ebenfalls bei einem Euro liegt (so [X.], NJW 2010, 3681, 3685 re. [X.] oben; vgl. aber auch nunmehr [X.]., [X.], 207, 208 bei [X.]. 8; auf der Grundlage des im Verwaltungsrecht geltenden § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG noch strenger [X.] Lüneburg, [X.] 2012, 464 ff.; ebenso aus berufsrechtlicher Sicht Landesberufsgericht für Heilberufe beim [X.] Koblenz, [X.] 2013, 118, 119 ff.) oder aber mit der Zahl der auf dem Rezept verschriebenen und bezogenen Mittel ansteigt (so [X.] Münster, [X.] 2012, 125; vgl. auch [X.], [X.] 2011, 33, 37 bei [X.]. 24; Meeser, [X.] 2011, 113, 117 li. [X.]), ist mit dem Berufungsgericht in dem Sinn zu beantworten, dass die Wertgrenze von einem Euro für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel gilt.
a) Das Berufungsgericht ist mit seiner Entscheidung entgegen der Ansicht der Revision nicht von der Senatsentscheidung "[X.]punkte" (Urteil vom 9. September 2010 - [X.]/08, [X.], 1133 = [X.], 1471) abgewichen. Der Senat hat in der Randnummer 22 dieser Entscheidung ausgesprochen, dass unter den Begriff der geringwertigen Kleinigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 [X.] allein Gegenstände von so geringem Wert fallen, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheint; deshalb seien nur kleinere Zugaben, die sich als Ausdruck allgemeiner Kundenfreundlichkeit darstellten, als geringwertige Kleinigkeiten im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Aus den dort gemachten Ausführungen lässt sich zwar - wie die Revision insoweit mit Recht geltend macht - entnehmen, dass es für die Beurteilung der Frage, ob die Grenze der Geringwertigkeit überschritten ist, maßgeblich darauf ankommt, wie die Werbeadressaten die [X.] einschätzen (vgl. [X.], Urteil vom 17. August 2011 - [X.], [X.], 1163 Rn. 15 = [X.], 1590 - [X.] im [X.]; Urteil vom 25. April 2012 - [X.], [X.], 1279 Rn. 24 = [X.], 1517 - [X.], mwN). Das Berufungsgericht hat aber mit Recht darauf hingewiesen, dass die Beklagte mit der abstrakten Fassung ihres [X.] darauf verzichtet hat, speziell die nach dem Vortrag der Revision durch die blickfangmäßig herausgestellte Aussage "[X.] bis zu 3,00 € geschenkt!" bewirkte besondere Werbewirksamkeit der beanstandeten Werbung zum Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits zu machen.
b) Vergeblich wendet sich die Beklagte mit ihrem abstrakt gefassten Unterlassungsantrag dagegen, dass der Kläger bei Rezepten, mit denen zwei oder mehr verschreibungspflichtige Arzneimittel verschrieben worden sind, die für die Annahme einer geringwertigen Kleinigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 [X.] und damit eines Bagatellverstoßes im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG maßgebliche Wertgrenze von einem Euro zweifach bzw. dreifach ausschöpft. Nach der [X.] Beurteilung des Berufungsgerichts erkennt das mit der von der Beklagten beanstandeten Werbung angesprochene Publikum, dass das Gutscheinsystem des Klägers dem Kunden keinen besonderen Vorteil verschafft, sondern lediglich verhindert, dass diesem aus dem für ihn mehr oder weniger zufälligen Umstand, dass ihm auf einem einzigen Rezept mehr als ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel verschrieben worden ist, beim zweiten und beim dritten verschriebenen Mittel ein sachlich nicht gerechtfertigter Nachteil entsteht (vgl. auch [X.] Münster, [X.] 2012, 125). Dass der Verbraucher in diesem Zusammenhang nicht rezept-, sondern produktbezogen denkt, liegt zumal deshalb nahe, weil er umgekehrt daran gewöhnt ist, Zuzahlungen zu Arzneimitteln nicht rezeptbezogen, sondern produktbezogen leisten zu müssen (vgl. §§ 31, 61 SGB V).
c) Nichts Abweichendes ergibt sich auch aus den von der Revision für ihren Standpunkt des Weiteren herangezogenen Senatsentscheidungen "UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE" (Urteil vom 9. September 2010 - I ZR 193/07, [X.], 1136 = [X.], 1482) und "[X.] zur Begrüßung" (Urteil vom 9. September 2010 - [X.], [X.] 2010, 201). In den beiden Entscheidungen ging es jeweils um eine rezeptbezogene Werbung mit einem Einkaufsgutschein im Wert von fünf Euro. Die Zuwendung des Einkaufsgutscheins wurde im Fall "[X.] zur Begrüßung" aber lediglich davon abhängig gemacht, dass mit dem eingelösten Rezept (mindestens) zwei verschreibungspflichtige Medikamente verschrieben worden waren, und im Fall "UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE" sogar überhaupt nicht daran gekoppelt, dass mit dem eingelösten Rezept mehr als ein verschreibungspflichtiges Mittel verschrieben worden war. Damit wurde in beiden Fällen die nach den vorstehenden Ausführungen für die Annahme eines Bagatellverstoßes im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG maßgebliche Wertgrenze von einem Euro überschritten.
III. Die Revision der Beklagten ist nach allem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff [X.]
Meta
08.05.2013
Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: ZR
vorgehend Thüringer Oberlandesgericht, 4. April 2012, Az: 2 U 864/11, Urteil
§ 3 UWG, § 4 Nr 11 UWG, § 78 Abs 2 S 2 AMG, § 78 Abs 2 S 3 AMG, § 78 Abs 3 S 1 AMG, § 1 Abs 1 AMPreisV, § 1 Abs 4 AMPreisV, § 3 AMPreisV, § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 Alt 2 HeilMWerbG
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.05.2013, Az. I ZR 90/12 (REWIS RS 2013, 6009)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 6009
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
I ZR 90/12 (Bundesgerichtshof)
I ZR 98/12 (Bundesgerichtshof)
Wettbewerbsverstoß eines Apothekers: Gewährung einer einen Euro übersteigenden Werbegabe bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel - …
I ZR 37/08 (Bundesgerichtshof)
Wettbewerbsverstoß: Verletzung der arzneimittelrechtlichen Preisbindung; Publikumswerbung mit einer Werbegabe im Wert von 5 Euro
I ZR 193/07 (Bundesgerichtshof)
Wettbewerbsverstoß: Verletzung der arzneimittelrechtlichen Preisbindung; Publikumswerbung mit einer Werbegabe im Wert von 5 Euro - …
I ZR 98/12 (Bundesgerichtshof)