Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2013, Az. I ZR 90/12

I. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6022

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]/12
Verkündet am:

8. Mai 2013

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; [X.] § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1; [X.] § 1 Abs. 1 und 4, § 3; [X.] § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2
Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des §
78 Abs.
2 Satz
2 und 3, Abs.
3 Satz
1 [X.], §
1 Abs.
1 und 4, §
3 [X.] ist auch dann nicht geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu be-einträchtigen, wenn bei einem Rezept, auf dem zwei oder mehr verschrei-bungspflichtige Arzneimittel verschrieben worden sind, die für die Annahme ei-nes Bagatellverstoßes maßgebliche
Wertgrenze von einem Euro für jedes ab-gegebene preisgebundene Arzneimittel ausgeschöpft wird (Ergänzung zu [X.], Urteile vom 9.
September 2010 -
I
ZR
193/07, [X.], 1136 = [X.], 1482 -
UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE und I
ZR
98/08, [X.], 1133 = [X.], 1471 -
Bonuspunkte).
[X.], Urteil vom 8. Mai 2013 -
I [X.]/12 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 8.
Mai 2013 durch [X.] Dr.
Dr.
h.c.
[X.] und [X.] Dr.
Büscher, Prof. Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff und Dr.
Löffler

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 2.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 4.
April 2012 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Apotheker. Er streitet mit der Beklagten, der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren [X.], darüber, ob er seinen Kunden bei der Einlösung von Rezepten für verschreibungspflichtige und damit preisgebundene Arzneimittel eine "[X.]"
in Form eines beim Kauf nicht rezeptpflichti-ger Arzneimittel einlösbaren Einkaufsgutscheins im Wert von mehr als einem Euro
ankündigen und gewähren darf.

1
-
3
-
Der
Kläger
hat
für die von ihm insoweit durchgeführte Prämienaktion un-ter anderem mit dem nachstehend in [X.] wiedergegebenen Flyer geworben:

Die Beklagte hat den Kläger deswegen mit der Begründung abgemahnt, die Bewerbung und Gewährung einer solchen Prämie verstoße gegen das [X.] und sei damit
auch wettbewerbswidrig. Die vom Kläger ge-2
3
-
4
-
gen die Beklagte deshalb
erhobene negative Feststellungsklage haben die [X.] übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem
die Beklagte widerklagend
beantragt hat, den
Kläger
zu
verurteilen,

1.
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr bei Einlösung eines Rezeptes betreffend verschreibungspflichtige preisgebundene Arzneimittel eine Prä-mie von mehr als 1,00

einzulösen;

2.
an die Beklagte 208,65

eraus in Höhe von fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Das [X.] hat der Widerklage stattgegeben ([X.], Urteil vom 27.
Oktober 2011

HK
O
118/10, juris). Die Berufung des [X.] hat zur Abweisung der Widerklage geführt (OLG [X.], [X.] 2012, 429 =
[X.], 838). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihre Widerklageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht
ist davon ausgegangen, dass die Ankündigung von Einkaufsgutscheinen, Bonustalern und Ähnlichem bei der Einlösung von Rezepten für verschreibungspflichtige Arzneimittel zwar gegen die [X.] verstößt und daher unlauter im Sinne von §
4 Nr.
11 UWG ist, die Ankündigung und
Gewährung eines Einkaufsgutscheins von bis zu drei Euro
für drei auf einem Rezept verschriebene verschreibungs-pflichtige Medikamente aber nicht die Spürbarkeitsschwelle des §
3 Abs.
1 UWG überschreitet. Dazu hat es ausgeführt:

Der Kläger habe mit seiner [X.] die Wertgrenze von einem Euro
für jedes verschreibungspflichtige Medikament ungeachtet dessen nicht 4
5
6
-
5
-
überschritten, dass er pro Rezept maximal einen Einkaufsgutschein im Wert von bis zu drei Euro
gewährt habe. Die im Schrifttum vertretene Ansicht, Be-zugspunkt für die Geringwertigkeit der [X.] sei auch dann das Rezept, wenn auf ihm mehrere Medikamente verordnet worden seien, überzeuge nicht. Einzig sinnvoller Anknüpfungspunkt für die Beurteilung, ob
die Gewährung ei-nes Bonus im Wert von einem Euro
zulässig sei,
sei das verschriebene Medi-kament, da die Gewährung des Bonus
sonst von dem Zufall abhinge, wie viele Medikamente auf einem Rezept verordnet worden seien und wie viele Rezepte der Kunde daher in eine Apotheke bringe. Nur eine zweifelsfrei an das ver-schriebene Medikament anknüpfende Sichtweise stelle auch die erwünschte Rechtssicherheit her. Der durch die Gewährung des Gutscheins verkörperte Anreiz sei beim Bonussystem der Klägerin auch nicht größer als bei der "Bo-nuspunkte"-Entscheidung des [X.], in der das Sammeln von zehn Bonuspunkten im Gesamtwert von zehn Euro
nicht beanstandet
worden sei. Nicht Gegenstand des Rechtsstreits sei nach dem [X.] die Frage, ob die Werbung des [X.] wegen blickfangmäßiger Herausstellung der Gewährung von drei Euro
unzulässig sei.

I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das [X.] hat mit Recht angenommen, dass die Bewerbung und Gewährung
von Einkaufsgutscheinen im Wert von bis zu drei Euro
für den Bezug verschrei-bungspflichtiger
und damit preisgebundener
Arzneimittel dann nicht die Baga-tellgrenze des §
3 Abs.
1 UWG überschreitet,
wenn der Wert des dem Kunden
für jedes bezogene Mittel gewährten Vorteils
einen
Euro
nicht übersteigt.

1. Der erkennende Senat hat die von ihm bislang noch nicht [X.] Frage, wo die Wertgrenze für eine geringwertige Kleinigkeit im Sinne des für die vorzunehmende Abgrenzung maßgeblichen §
7 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 Fall
2 [X.] verläuft (vgl. [X.], Urteil vom 8.
Mai 2013
I
ZR
98/12 Rn.
19 7
8
-
6
-

[X.], mwN), dahingehend beantwortet, dass diese Grenze bereits bei einem Euro
liegt ([X.] aaO Rn.
20

[X.]).

2. Die sich in der Sache "[X.]"
nicht stellende, vorliegend dage-gen
streitentscheidende Frage, ob bei Rezepten, mit denen mehrere verschrei-bungspflichtige Mittel verschrieben worden sind, die Wertgrenze damit ebenfalls bei einem
Euro
liegt (so [X.], NJW 2010, 3681, 3685 re.
[X.] oben; vgl. aber auch nunmehr [X.]., [X.], 207, 208 bei Fn.
8; auf der Grundlage
des
im Verwaltungsrecht geltenden §
69 Abs.
1 Satz
1 [X.] noch strenger [X.], [X.] 2012, 464
ff.; ebenso aus berufsrechtlicher Sicht Landesberufs-gericht für Heilberufe beim [X.], [X.] 2013, 118, 119
ff.) oder aber mit
der Zahl der auf
dem Rezept verschriebenen und bezogenen Mittel ansteigt (so [X.], [X.] 2012, 125; vgl. auch [X.], [X.] 2011, 33, 37 bei Fn.
24; Meeser, [X.] 2011, 113, 117 li.
[X.]), ist mit dem
[X.] in dem
Sinn zu beantworten, dass die Wertgrenze von einem Euro für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel gilt.

a) Das Berufungsgericht ist mit seiner Entscheidung entgegen der [X.] der Revision nicht von der Senatsentscheidung "Bonuspunkte"
(Urteil vom 9.
September 2010
I
ZR
98/08, [X.], 1133 =
[X.], 1471) abge-wichen. Der Senat hat in der Randnummer
22 dieser Entscheidung ausgespro-chen, dass unter den Begriff der geringwertigen Kleinigkeit im Sinne von
§
7 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 Fall
2 [X.] allein Gegenstände von so geringem Wert [X.], dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheint;
deshalb
seien nur kleinere Zugaben, die sich als Ausdruck allgemeiner Kundenfreundlichkeit
darstellten, als geringwertige Klei-nigkeiten im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Aus den dort gemachten [X.] lässt sich zwar
wie die Revision
insoweit mit Recht
geltend macht
-
entnehmen, dass es für die
Beurteilung der Frage, ob die Grenze der Gering-wertigkeit überschritten ist, maßgeblich darauf ankommt, wie die Werbeadres-9
10
-
7
-
saten die [X.] einschätzen
(vgl. [X.], Urteil vom 17.
August 2011

I
ZR
13/10, [X.], 1163 Rn.
15 =
[X.], 1590

[X.] im [X.]; Urteil vom 25.
April 2012 -
I
ZR
105/10, [X.], 1279 Rn.
24 =
[X.], 1517 -
DAS GROSSE [X.], mwN).
Das [X.] hat aber
mit Recht darauf hingewiesen, dass die Beklagte mit der abstrakten Fassung ihres [X.] darauf verzichtet
hat, speziell die nach dem Vortrag der Revision durch die blickfangmäßig
herausgestellte
Aussage "[X.] bis zu 3,00

geschenkt!"
bewirkte besondere Wer-bewirksamkeit der beanstandeten Werbung zum Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits zu machen.

b) Vergeblich wendet sich die Beklagte mit ihrem abstrakt gefassten Un-terlassungsantrag dagegen, dass der Kläger bei Rezepten, mit denen zwei oder mehr verschreibungspflichtige Arzneimittel verschrieben worden sind, die für die Annahme einer geringwertigen
Kleinigkeit im Sinne von §
7 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 Fall
2 [X.] und damit eines Bagatellverstoßes im Sinne von §
3 Abs.
1 UWG maßgebliche Wertgrenze von einem Euro zweifach bzw. dreifach ausschöpft. Nach der [X.] Beurteilung des
Berufungsgerichts
erkennt
das mit der von der Beklagten beanstandeten Werbung angesprochene Publikum, dass das Gutscheinsystem des [X.] dem Kunden keinen
besonderen Vorteil ver-schafft, sondern lediglich verhindert, dass diesem aus dem für ihn mehr oder weniger zufälligen Umstand, dass ihm auf einem einzigen Rezept mehr als ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel verschrieben worden ist, beim zweiten
und beim
dritten
verschriebenen
Mittel ein sachlich nicht gerechtfertigter Nach-teil entsteht (vgl. auch [X.], [X.]
2012, 125). Dass der [X.] in diesem Zusammenhang nicht rezep, sondern produktbezogen denkt, liegt zumal deshalb nahe, weil er umgekehrt daran gewöhnt ist, Zuzahlungen zu Arzneimitteln nicht rezeptbezogen, sondern produktbezogen leisten zu müssen
(vgl. §§
31, 61 SGB
V).

11
-
8
-
c) Nichts Abweichendes
ergibt sich auch aus den von der Revision für ih-ren Standpunkt des Weiteren herangezogenen Senatsentscheidungen "UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE"
(Urteil vom 9.
September 2010
I
ZR
193/07, [X.], 1136 =
[X.], 1482) und "[X.] zur Begrüßung"
(Urteil vom 9.
September 2010
I
ZR
37/08, [X.] 2010, 201).
In den beiden Entscheidun-gen ging es jeweils um eine rezeptbezogene Werbung mit einem Einkaufsgut-schein im Wert von fünf Euro. Die Zuwendung des Einkaufsgutscheins wurde im Fall "[X.] zur Begrüßung"
aber
lediglich davon abhängig gemacht, dass mit dem eingelösten Rezept (mindestens) zwei verschreibungspflichtige Medikamente verschrieben worden waren, und im Fall "UNSER DANKE-SCHÖN FÜR SIE"
sogar überhaupt nicht daran gekoppelt, dass mit dem einge-lösten Rezept mehr als ein verschreibungspflichtiges Mittel verschrieben [X.] war.
Damit wurde in beiden Fällen die nach den vorstehenden Ausführun-gen für die Annahme eines Bagatellverstoßes im Sinne von §
3 Abs.
1 UWG maßgebliche Wertgrenze von einem Euro überschritten.

12
-
9
-
II[X.] Die Revision der Beklagten ist nach allem mit der Kostenfolge aus
§
97 Abs.
1 ZPO zurückzuweisen.

[X.]
Büscher
Schaffert

Kirchhoff
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.10.2011 -
HKO 118/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 04.04.2012 -
2 U 864/11 -

13

Meta

I ZR 90/12

08.05.2013

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2013, Az. I ZR 90/12 (REWIS RS 2013, 6022)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6022

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 90/12

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