Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.05.2023, Az. XII ZB 274/21

12. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 5211

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Gegenstand

Eheaufhebungsbeschluss: Vorliegen einer Beschwer durch Feststellung eines Eheaufhebungsgrundes nur für einen Partner


Leitsatz

Die in einem Eheaufhebungsbeschluss des Amtsgerichts getroffenen Feststellungen, dass zugunsten des einen - die Eheaufhebung beantragenden - Ehegatten ein Eheaufhebungsgrund nach § 1314 Abs. 2 Nr. 4 BGB besteht, hingegen für den anderen - ebenfalls die Aufhebung der Ehe beantragenden - Ehegatten ein solcher nach Absatz 2 Nr. 3 dieser Vorschrift nicht gegeben ist, begründen für letzteren Ehegatten eine jeweils selbständige Beschwer im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG. Diese kann er mit der Beschwerde gegen den stattgebenden Eheaufhebungsbeschluss unabhängig davon geltend machen, dass er selbst die Aufhebung der Ehe beantragt hat.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 6. Zivilsenats - [X.] - des [X.] vom 5. Mai 2021 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Wert: 3.000 €

Gründe

I.

1

Der Antragsgegner wendet sich in einem Eheaufhebungsverfahren gegen die Verwerfung seiner Beschwerde.

2

Die Antragstellerin und der Antragsgegner, beide [X.] Staatsangehörige, schlossen am 21. Dezember 2018 in [X.] die Ehe. Der Antragsgegner lebte zu diesem Zeitpunkt bereits in [X.]. Die Antragstellerin reiste im Februar 2020 nach [X.] ein.

3

Mit im Juni 2020 dem Antragsgegner zugestelltem Antrag hat die Antragstellerin beim Amtsgericht die Aufhebung der Ehe mit der Begründung begehrt, sie sei zur Eheschließung gezwungen worden. Der Antragsgegner hat ebenfalls Antrag auf Aufhebung der Ehe gestellt und diesen darauf gestützt, er sei von der Antragstellerin hinsichtlich der Eingehung der Ehe arglistig getäuscht worden. Das Amtsgericht hat die Ehe auf der Grundlage des von der Antragstellerin geltend gemachten [X.]es aufgehoben; den vom Antragsgegner vorgebrachten [X.] hat es hingegen nicht als durchgreifend erachtet. Das [X.] hat die dagegen vom Antragsgegner eingelegte Beschwerde verworfen. Hiergegen richtet sich dessen Rechtsbeschwerde.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

5

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 121 Nr. 2, 113 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner in seinem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip), welches es den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Juni 2021 - [X.]/21 - FamRZ 2021, 1556 Rn. 4 mwN).

6

2. Die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte, die unbeschadet des Wortlauts des § 72 Abs. 2 FamFG auch in den Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der [X.] von Amts wegen zu prüfen ist, ergibt sich vorliegend aus Art. 100 Abs. 2 der Verordnung ([X.]) 2019/1111 des Rates vom 25. Juni 2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen ([X.]. [X.] Nr. L 178 S. 1; [X.]) iVm Art. 1 Abs. 1 lit. a, Art. 3 Abs. 1 lit. a erster Spiegelstrich der Verordnung ([X.]) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung ([X.]) Nr. 1347/2000 ([X.]. [X.] Nr. L 338 S. 1; [X.]), weil das Eheaufhebungsverfahren vor dem 1. August 2022 eingeleitet worden ist und beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] haben (vgl. Senatsbeschluss [X.], 244 = FamRZ 2020, 1533 Rn. 11).

7

3. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

8

a) Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung Folgendes ausgeführt:

9

Das Rechtsmittel des Antragsgegners sei mangels Beschwer unzulässig. In seiner Beschwerdebegründung habe sich der Antragsgegner nicht gegen die Eheaufhebung als solche, sondern nur gegen den vom Amtsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten [X.] des § 1314 Abs. 2 Nr. 4 [X.] unter dem Gesichtspunkt der Zwangsehe gewandt und zum Ausdruck gebracht, die Antragstellerin habe mit der Heirat das einzige Ziel verfolgt, eine Aufenthaltsgenehmigung in [X.] zu erhalten. Mit dem Ziel der Auswechslung des [X.]es allein könne die Beschwerde indes nicht in zulässiger Weise erhoben werden.

b) Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Das [X.] hat die Beschwerde des Antragsgegners zu Unrecht mangels Beschwer verworfen. Denn die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen, dass zugunsten der Antragstellerin ein [X.] nach § 1314 Abs. 2 Nr. 4 [X.] (Zwangsehe) besteht, hingegen ein solcher für den Antragsgegner nach Absatz 2 Nr. 3 dieser Vorschrift (arglistige Täuschung) nicht gegeben ist, begründen für den Antragsgegner eine jeweils selbständige Beschwer im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG.

aa) Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine Rechtsbeeinträchtigung liegt vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht eingreift. Die angefochtene Entscheidung muss daher ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Eine Beeinträchtigung lediglich wirtschaftlicher, rechtlicher oder sonstiger berechtigter Interessen genügt dagegen nicht (Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2014 - [X.] 406/13 - FamRZ 2015, 42 Rn. 14).

bb) Gemessen hieran fehlt es dem Antragsgegner nicht an einer unmittelbaren Rechtsbeeinträchtigung. Denn er ist (jedenfalls) aufgrund der für ihn nachteiligen Rechtsfolgen, die gemäß § 1318 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] im Fall der Eheaufhebung nach § 1314 Abs. 2 Nr. 4 [X.] eintreten, unmittelbar in seinen Rechten betroffen (vgl. dazu auch Senatsurteil [X.], 227 = FamRZ 1996, 1209, 1211 zu § 37 Abs. 2 [X.]). Gleiches gilt, soweit dem Antragsgegner aufgrund der Entscheidung des Amtsgerichts die für ihn günstigen Rechtsfolgen des § 1318 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] vorenthalten werden, die eintreten würden, sofern die Ehe - wie von ihm beantragt - nach der Vorschrift des § 1314 Abs. 2 Nr. 3 [X.] aufgehoben wird.

(1) Die Vorschrift des § 1318 [X.] regelt die Folgen der Aufhebung einer Ehe. Nach § 1318 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] finden in dem Fall, dass eine Ehe nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 [X.] aufgehoben wird, die Vorschriften über den nachehelichen Unterhalt (§§ 1569 bis 1586 [X.]) entsprechende Anwendung nur zugunsten desjenigen Ehegatten, der von dem anderen oder mit dessen Wissen getäuscht oder bedroht worden ist. Im Übrigen besteht in diesem Fall kein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt (vgl. § 1318 Abs. 1 [X.]; [X.]/[X.] [X.] [2018] § 1318 Rn. 13, 27).

Nach Maßgabe der vom Amtsgericht im [X.] getroffenen Feststellungen stellen sich diese unterhaltsrechtlichen Folgen für den Antragsgegner ausschließlich nachteilig dar. Denn hiernach scheidet für ihn ein nachehelicher Unterhaltsanspruch mangels Vorliegens eines [X.]es nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 [X.] aus. Hingegen kommt ein solcher für die Antragstellerin ihm gegenüber aufgrund Aufhebung der Ehe nach Absatz 2 Nr. 4 dieser Vorschrift in Betracht.

Der Anwendbarkeit von § 1318 Abs. 2 [X.] steht nicht entgegen, dass die Ehegatten nach den getroffenen Feststellungen [X.] Staatsangehörige sind. Denn ihr nachehelicher Unterhalt richtet sich ungeachtet dessen gemäß Art. 15 der Verordnung ([X.]) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen ([X.]. [X.] Nr. L 7 vom 10. Januar 2009 S. 1; EuUnthVO) iVm Art. 3 Abs. 1 des [X.] über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007 ([X.]. [X.] Nr. L 331 vom 16. Dezember 2009 S. 19; [X.]) nach [X.] Recht, weil beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] haben (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Februar 2020 - [X.] 358/19 - FamRZ 2020, 918 Rn. 12).

(2) Der Antragsgegner könnte in einem nachehelichen Unterhaltsverfahren diese - für ihn nachteiligen - Rechtsfolgen des § 1318 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] auch nicht unter Berufung auf die vermeintliche Unrichtigkeit der in der Eheaufhebungsentscheidung getroffenen Feststellungen abwenden.

(a) Mit Rechtskraft eines stattgebenden Gestaltungsurteils tritt die Gestaltungswirkung ein; zugleich erwächst die Feststellung in materielle Rechtskraft, dass das Gestaltungsrecht des [X.] im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestand und die Gestaltungswirkung daher zu Recht eingetreten ist ([X.] Urteil vom 16. Februar 2018 - [X.]/17 - NJW-RR 2018, 522 Rn. 13 mwN). Eine Entscheidung nach § 1313 [X.], mit der - wie hier - eine Ehe aufgehoben wird, stellt eine solche der materiellen Rechtskraft fähige Gestaltungsentscheidung, der Gestaltungswirkung zukommt, dar (vgl. [X.]/[X.] [X.] [2018] § 1313 Rn. 28 f.).

Wird - umgekehrt - eine Gestaltungsklage abgewiesen, so wird im Rahmen deren Streitgegenstands festgestellt, dass der [X.] zurzeit der letzten Tatsachenverhandlung nicht vorgelegen hat (vgl. [X.]/[X.] 6. Aufl. § 322 Rn. 190; Musielak/[X.]/Musielak ZPO 19. Aufl. § 322 Rn. 64). Ein Beschluss, mit dem ein Eheaufhebungsantrag abgewiesen wird, stellt mithin fest, dass der geltend gemachte [X.] nicht bestanden hat (vgl. jurisPK-[X.]/[X.] [Stand: 15. November 2022] § 1313 Rn. 23).

Die in einem Vorprozess festgestellten Tatsachen als solche erwachsen zwar nicht in Rechtskraft. Andererseits darf die Rechtskraft einer Entscheidung über den erhobenen Anspruch nicht mit dem Vorbringen ausgehöhlt werden, das rechtskräftige Urteil gründe sich auf unrichtige Tatsachen. Hat ein Gericht den Streitgegenstand eines rechtskräftig entschiedenen [X.] erneut zu prüfen, hat es deshalb seinem Urteil den Inhalt dieser Entscheidung zugrunde zu legen. Mit Vortrag zu Tatsachen, die im maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] schon vorhanden waren und darauf gerichtet sind, das kontradiktorische Gegenteil der im Vorprozess festgestellten Rechtsfrage auszusprechen, sind die Parteien dann insoweit ausgeschlossen, als sie bei natürlicher Anschauung zu dem im Vorprozess vorgetragenen Lebensvorgang gehören ([X.] Urteil vom 23. Februar 2018 - [X.] - NJW 2018, 2550 Rn. 32 mwN).

(b) Gemessen hieran könnte sich der Antragsgegner in einem nachehelichen Unterhaltsverfahren nicht mit Erfolg darauf berufen, die vom Amtsgericht im [X.] getroffenen Feststellungen zum (Nicht-)Vorliegen eines [X.]es nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 bzw. 4 [X.] seien unzutreffend gewesen.

Ein nachehelicher Unterhaltsanspruch der Beteiligten setzte vorliegend - neben dem Vorliegen eines [X.] nach §§ 1569 ff. [X.] (vgl. [X.]/[X.] [X.] [2018] § 1318 Rn. 14; MünchKomm[X.]/Wellenhofer 9. Aufl. § 1318 Rn. 1) - gemäß § 1318 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] voraus, dass zugunsten des Ehegatten, der von dem anderen Unterhalt begehrt, ein (Gestaltungs-)Recht zur Aufhebung der Ehe nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 bzw. 4 [X.] bestanden hat. Diese Frage ist vom Streitgegenstand des vorliegenden Eheaufhebungsverfahrens umfasst (vgl. [X.]/[X.] [X.] [2018] [X.]. §§ 1313 ff. Rn. 35; [X.] in Prütting/[X.] FamFG 6. Aufl. § 126 Rn. 3; [X.] [X.]/[X.] [Stand: 1. Mai 2023] § 1313 Rn. 5; NK-[X.]/[X.] 4. Aufl. § 1313 Rn. 14; aA wohl [X.]/[X.] [Stand: 1. Oktober 2022] [X.] § 1313 Rn. 8; [X.]/[X.] [X.] 16./17. Aufl. § 1313 Rn. 3) und wäre daher von dem Gericht, das über den nachehelichen Unterhalt zu entscheiden hat, nicht erneut zu prüfen (vgl. Soergel/Heintzmann [X.] 13. Aufl. § 1317 Rn. 27 und § 1318 Rn. 5; MünchKomm[X.]/Wellenhofer 9. Aufl. § 1318 Rn. 4; [X.]/[X.] [X.] [2018] § 1318 Rn. 29 und [X.]. §§ 1313 ff. Rn. 35; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 7. Aufl. § 1313 [X.] Rn. 6; vgl. dazu auch [X.]/[X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 7. Aufl. § 126 FamFG Rn. 9; Musielak/[X.]/[X.] FamFG 7. Aufl. § 126 Rn. 6; MünchKommFamFG/[X.] 3. Aufl. § 126 Rn. 4; [X.]/[X.] 6. Aufl. § 322 Rn. 19). Von einer solchen Rechtskraftwirkung der Eheaufhebungsentscheidung ist erkennbar auch der Gesetzgeber ausgegangen, der mit der Vorschrift des § 1318 [X.] die „rechtspraktischen Folgen einer gerichtlichen Aufhebungsentscheidung“ regeln wollte (BT-Drucks. 13/9416 S. 28).

Zwar nehmen die vom Amtsgericht im [X.] getroffenen tatsächlichen Feststellungen, dass die Antragstellerin zur Eingehung der Ehe durch Drohung bestimmt worden ist und sie ihrerseits den Antragsgegner hinsichtlich der Eingehung der Ehe nicht arglistig getäuscht hat, nicht an der Rechtskraft des [X.]es teil. Sie könnten von dem Antragsgegner im Rahmen des § 1318 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] aber nicht mit der Zielrichtung in Abrede gestellt werden, ein Fall des § 1314 Abs. 2 Nr. 4 [X.] zugunsten der Antragstellerin habe nicht bzw. ein Fall des § 1314 Abs. 2 Nr. 3 [X.] zugunsten des Antragsgegners habe vorgelegen. Denn damit würde vom Antragsgegner das kontradiktorische Gegenteil des im [X.] rechtskräftig Festgestellten - das (Nicht-)Vorliegen eines solchen Rechts zur Aufhebung der Ehe - behauptet (vgl. [X.] Urteil vom 23. Februar 2018 - [X.] - NJW 2018, 2550 Rn. 34).

Mithin knüpft die Rechtsordnung vorliegend - anders als im Fall einer Scheidung (vgl. Senatsurteil vom 26. Juni 2013 - [X.]/11 - FamRZ 2013, 1366 Rn. 14) - unterschiedliche Folgen daran, ob die Aufhebung der Ehe auf den Antrag (§ 1316 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) der Antragstellerin oder des Antragsgegners ausgesprochen wird.

cc) Der Zulässigkeit der Beschwerde des Antragsgegners steht auch nicht § 59 Abs. 2 FamFG entgegen.

(1) Soweit der Antragsgegner beantragt hat, die Ehe auf der Grundlage von § 1314 Abs. 2 Nr. 3 [X.] aufzuheben, ist er formell beschwert. Zwar wurde dieser Antrag im Tenor der amtsgerichtlichen Entscheidung nicht ausdrücklich abgewiesen. Für das Verständnis eines Entscheidungstenors sind aber neben dessen Wortlaut ergänzend der Inhalt der Entscheidungsgründe, die Klageanträge und der Klägervortrag maßgeblich (vgl. [X.] Beschluss vom 17. Januar 2017 - [X.] - NJW-RR 2017, 763 Rn. 2 mwN). Gemessen hieran ergibt sich vorliegend, dass das Amtsgericht den Antrag des Antragsgegners abweisen wollte. Denn es hat den Antrag in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich angeführt und den hierzu vom Antragsgegner gehaltenen Vortrag referiert. Darüber hinaus hat es in den Entscheidungsgründen ausführlich dargelegt, weshalb der auf eine arglistige Täuschung seitens der Antragstellerin gestützte Eheaufhebungsantrag des Antragsgegners keinen Erfolg haben kann. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, dass das Amtsgericht nicht über den Antrag des Antragsgegners entschieden hat. Allenfalls käme insoweit eine Berichtigung des Entscheidungstenors nach § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 319 ZPO um die Abweisung des [X.] des Antragsgegners in Betracht (vgl. [X.] Urteil vom 18. Juni 1964 - [X.]/62 - NJW 1964, 1858).

(2) Soweit sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde (lediglich) gegen das Vorliegen eines [X.]es nach § 1314 Abs. 2 Nr. 4 [X.], der dem Aufhebungsantrag der Antragstellerin zugrunde liegt, gewandt hat, bedarf es für die Zulässigkeit seines Rechtsmittels (schon) keiner formellen Beschwer.

4. Der angefochtene Beschluss kann danach keinen Bestand haben und ist deshalb gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben. Die Sache ist nach § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG an das [X.] zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist.

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass sich im Fall einer - wie hier - ausländischen Staatsangehörigkeit der Ehegatten die Voraussetzungen für die Aufhebbarkeit der Ehe nach Art. 13 Abs. 1 [X.][X.] für jeden der Ehegatten nach seinem Heimatrecht richten (vgl. Senatsurteil [X.]Z 149, 357 = FamRZ 2002, 604). Das hat zur Folge, dass sich im vorliegenden Fall die Aufhebbarkeit der Ehe im Ausgangspunkt nach [X.]m Recht richtet, weil beide Ehegatten - ausschließlich - [X.] Staatsangehörige sind. Die Anwendung des [X.]n Rechts wird gegebenenfalls nach Art. 6 Satz 2 [X.][X.] am ordre public zu messen sein (vgl. Kaiser FamRZ 2013, 77, 82 ff. zur Zwangsehe).

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

[X.]     

      

[X.]     

      

Günter

      

Botur     

      

Krüger     

      

Meta

XII ZB 274/21

31.05.2023

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, 5. Mai 2021, Az: 6 UF 181/20

§ 1314 Abs 2 Nr 3 BGB, § 1314 Abs 2 Nr 4 BGB, § 1318 Abs 2 S 1 Nr 1 BGB, § 59 Abs 1 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.05.2023, Az. XII ZB 274/21 (REWIS RS 2023, 5211)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5211

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