Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2017, Az. I ZR 272/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10029

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:010617UIZR272.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I [X.]
Verkündet am:
1. Juni 2017
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
Richtlinie 2000/43/[X.]. 2 Abs. 2 Buchst. a und b, Art. 3 Abs. 1 Buchst. g; [X.] § 19 Abs. 1 Nr. 1
Dem Gerichtshof der [X.] werden zur Auslegung der Richtlinie 2000/43/[X.] vom 29.
Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft
([X.]. L
180 vom 19.
Juli 2000, [X.]
22) folgende Fragen zur [X.] vorgelegt:
1.
Fällt die Vergabe von Stipendien, die Forschungs-
oder [X.] im Ausland fördern sol-len, durch einen eingetragenen Verein unter den Begriff "Bildung" im Sinne des Art.
3 Abs.
1 Buchst.
g der Richtlinie 2000/43/[X.]?
2.
Falls Frage 1 zu bejahen ist:
Stellt bei der Vergabe der in Vorlagefrage
1 genannten Stipendien die Teilnahmevoraussetzung des in [X.] erworbenen Ersten Juristischen Staatsexamens eine mittelbare Diskriminie-rung eines Bewerbers im Sinne des Art.
2 Abs.
2 Buchst.
b der Richtlinie 2000/43/[X.] dar, wenn der Bewerber, der [X.]sbürger ist, zwar einen vergleichbaren Abschluss in einem nicht der Euro-päischen [X.] angehörenden Staat erworben hat, ohne dass die Wahl dieses [X.] mit der ethnischen Herkunft des Bewerbers in Zusammenhang steht, er jedoch aufgrund seines inlän-dischen Wohnsitzes und fließender Beherrschung der [X.] wie ein Inländer die Möglichkeit hatte, nach einem inländischen Jurastudium das Erste Juristische Staatsexamen abzu-legen?
Macht es dabei einen Unterschied, dass mit dem Stipendienprogramm, ohne an diskriminierende Merkmale anzuknüpfen, das Ziel verfolgt wird, Absolventen des Jurastudiums in [X.] durch die Förderung eines Forschungs-
oder [X.]s im Ausland die Kenntnis ausländi-scher Rechtssysteme, Auslandserfahrung und Sprachkenntnisse zu vermitteln?
[X.], Beschluss vom 1. Juni 2017 -
I [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 23. Februar 2017 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Prof.
Dr.
Koch und Feddersen

beschlossen:
[X.]
Das Verfahren wird ausgesetzt.
I[X.]
Dem Gerichtshof der [X.] werden zur Ausle-gung der Richtlinie 2000/43/[X.] vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne [X.] der Rasse oder der ethnischen Herkunft ([X.]. L
180 vom 19. Juli 2000, [X.]) folgende Fragen zur Vorabentschei-dung vorgelegt:
1.
Fällt die Vergabe von Stipendien, die Forschungs-
oder [X.] im Ausland fördern sollen, durch einen eingetragenen Verein unter
den Begriff "Bildung"
im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/[X.]?
2.
Falls Frage 1 zu bejahen ist:
Stellt bei der Vergabe der in Vorlagefrage
1 genannten Stipendien die Teilnahmevoraussetzung des in [X.] erworbenen Ersten Juristischen Staatsexamens eine mittelbare Diskriminierung eines Bewerbers im Sinne des Art.
2 Abs.
2 Buchst.
b der Richtlinie 2000/43/[X.] dar, wenn der Bewerber, der [X.]sbürger ist, zwar einen ver-gleichbaren Abschluss in einem nicht der [X.]
angehörenden Staat
erworben hat,
ohne dass die -
3
-
Wahl dieses [X.] mit der ethnischen Herkunft des Bewerbers in Zusammenhang
steht, er
jedoch auf-grund seines inländischen Wohnsitzes und fließender Be-herrschung der [X.] wie ein Inländer die Möglichkeit hatte, nach einem inländischen Jurastudium das Erste Juristische Staatsexamen abzulegen?
Macht es dabei einen Unterschied, dass mit dem Stipen-dienprogramm, ohne an diskriminierende Merkmale anzu-knüpfen,
das Ziel verfolgt
wird, Absolventen des Jurastu-diums
in [X.] durch die Förderung eines For-schungs-
oder [X.]s im Ausland
die Kenntnis ausländischer Rechtssysteme, Auslandserfahrung und Sprachkenntnisse zu vermitteln?

Gründe:
A. Der Kläger ist [X.] Staatsbürger, der in [X.] geboren und wohnhaft ist. [X.] erwarb er an einer [X.] in [X.]
den akademischen Grad "Bachelor of Laws".
Die Beklagte ist ein eingetragener Verein. Sie vergibt im Rahmen ihres Satzungszwecks Stipendien.
Der Kläger wandte sich mit einer E-Mail vom 11. Dezember 2013 kurz vor seinem 35. Geburtstag an die Beklagte, in der er auf die Vergabe von Sti-pendien im Rahmen des "[X.]"
der [X.] einging. 1
2
3
-
4
-
Dieses Programm hatte die Förderung juristischer Forschungs-
oder Studien-vorhaben im Ausland zum Gegenstand. Die Beklagte antwortete mit E-Mail vom 17.
Januar 2014 und verwies darauf, dass Bewerber die Erste Juristische Staatsprüfung absolviert haben müssten.
Hierauf entgegnete der Kläger am selben Tag, der von ihm erworbene "fünfjährige Abschluss"
sei mit dem [X.], da er im Drittland zum Richteramt und zur Tätigkeit als Anwalt befä-hige. Er gab zu bedenken, dass die Teilnahmevoraussetzung als Diskriminie-rung wegen der ethnischen oder [X.] Herkunft gegen das [X.] verstoßen könne.
Am 1. Februar 2014 endete die Bewerbungsfrist für das [X.] der [X.]. Bis zu diesem Zeitpunkt bewarb sich der Kläger nicht. In der Folgezeit tauschten die Parteien ihre unterschiedlichen Standpunk-te im Rahmen eines weiteren Schriftverkehrs aus.
Der Kläger hat geltend gemacht, durch die ablehnende Haltung der [X.] von einer Bewerbung abgehalten worden zu sein.
Der Kläger hat die Beklagte auf Beseitigung und Unterlassung der Be-nachteiligung wegen seines Alters oder seiner Herkunft, auf Zahlung von 18.734,60

htung zur Zahlung weiteren Scha-densersatzes für Reisekosten in Anspruch genommen.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen
Revision verfolgt der Kläger die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche weiter.
B. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung der Art. 2 Abs. 2 Buchst. b und Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/[X.] vom 4
5
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9
-
5
-
29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unter-schied der Rasse oder der ethnischen Herkunft ([X.]. L
180 vom 19. Juli 2000, [X.])
ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Ver-fahren auszusetzen und gemäß Art.
267 Abs.
1 Buchst.
b und Abs.
3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.
[X.] Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche als nicht begründet angesehen und hierzu ausgeführt:

Die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlagen in Betracht kom-menden § 21 Abs. 1 und 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ([X.])
lägen nicht vor. Die Vergabe der Teilnahme am [X.] sei kein zivilrechtliches Schuldverhältnis im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 [X.], weil die Persönlichkeit der Bewerber eine maßgebliche Rolle bei der Auswahlent-scheidung
spiele. Das Erfordernis der [X.] be-nachteilige den Kläger, der
der [X.] fließend mächtig sei, nicht aufgrund
seiner ethnischen Herkunft. Es sei ihm unabhängig von seiner ethni-schen Herkunft möglich, in [X.] die genannte Prüfung zu absolvieren.
Der Erwerb des Abschlusses in [X.] stehe in keinem Zusammenhang mit der ethnischen Herkunft des [X.].
I[X.] Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche scheitern nicht schon an der
Versäumung
der Klagefrist des § 21 Abs. 5 Satz 1 [X.] (dazu nachfol-gend II 1). Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt vielmehr davon ab, ob die Vergabe von Stipendien,
durch
die
Forschungs-
oder [X.] im [X.] gefördert werden
sollen, durch einen eingetragenen Verein unter den Be-griff der Bildung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/[X.] fällt (dazu nachfolgend [X.]). Eine unmittelbare Diskriminierung ist nicht gegeben (dazu nachfolgend II
3
b). Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt

sofern der Geltungsbereich der Richtlinie 2000/43/[X.] nach ihrem Art.
3 Abs.
1 10
11
12
-
6
-
Buchst.
g eröffnet ist

weiter davon ab, ob die Teilnahmevoraussetzung des Ersten Juristischen Staatsexamens bei der Vergabe dieser Stipendien
einen Bewerber entgegen Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/[X.] mittelbar diskriminiert, wenn der Bewerber, der
[X.]sbürger ist, zwar einen vergleichba-ren Abschluss außerhalb der [X.] erworben hat, ohne dass die Wahl dieses [X.] mit der ethnischen Herkunft des Bewerbers in Zu-sammenhang
steht, er jedoch aufgrund seines inländischen Wohnsitzes und fließender Beherrschung der [X.] wie ein Inländer die [X.] hatte, nach einem
Jurastudium
im Inland
das Erste Juristische Staatsexa-men abzulegen
(dazu nachfolgend [X.] c aa und bb).
Weiter steht in Frage, ob das bildungspolitische Ziel des nicht an diskriminierende Merkmale anknüpfen-den Stipendienprogramms eine sachliche Rechtfertigung im Sinne des Art. 2 Abs.
2 Buchst.
b der Richtlinie 2000/43/[X.] darstellt (dazu nachfolgend II
3
c
cc).
1. An einer
fehlenden Bewerbung oder an der Versäumung der in § 21 Abs.
5 Satz 1 [X.] vorgesehenen Frist zur Geltendmachung des Anspruchs scheitert die Klage nicht. Der Kläger ist im Zuge der Korrespondenz mit der [X.] von einer Bewerbung innerhalb der von der [X.] gesetzten Frist abgehalten worden. Nachdem die Beklagte mit E-Mail vom 28. März 2014 [X.] hatte, an einer Altersbeschränkung werde nicht festgehalten, jedoch sei der vom Kläger erworbene Abschluss nicht mit dem Zweiten Juristischen Staatsexamen vergleichbar, hat der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 26. Mai 2014
und somit
innerhalb der Frist des § 21 Abs. 5 Satz 1 [X.] seine [X.] geltend gemacht.
2. Die Revision hat nur Erfolg, wenn die Vergabe von Stipendien durch die Beklagte unter den Begriff der Bildung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 [X.] fällt, durch den
Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/[X.] umgesetzt 13
14
-
7
-
worden ist (vgl. Bauer/Krieger, [X.], 4. Aufl., §
2 Rn.
4). Der Klärung dieser Frage dient die Vorlagefrage 1.
a) Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/[X.] bestimmt, dass die Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließ-lich öffentlicher Stellen, in Bezug auf die Bildung gilt.
Die Frage, ob die Vergabe von Stipendien unter Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2000/43/[X.] fällt, ist mit Blick darauf nicht zweifelsfrei zu beant-worten, dass diese Vorschrift in einer Entwurfsfassung (Vorschlag der [X.] für eine Richtlinie des [X.] des [X.] ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Her-kunft, [X.]. [X.] vom 26. April 2000, [X.] 56,
58) folgenden Wortlaut hatte:
Bildung, einschließlich Ausbildungsbeihilfen und Stipendien, unter strikter Be-achtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Lehrinhalte und die Ge-staltung des Bildungssystems sowie der Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen
Die ausdrückliche Nennung der Stipendien ist -
ebenso wie diejenige der Ausbildungsbeihilfen und die Anführung der Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten
-
in der endgültigen Fassung des Art.
3 Abs.
1 Buchst.
g der Richtlinie 2000/43/[X.] nicht mehr enthalten; dieser nennt nunmehr allein die "Bildung".
b) Die Revisionserwiderung macht geltend, die Streichung der Stipendien aus dem Wortlaut der Vorschrift spreche dafür, dass die Stipendienvergabe nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/43/[X.] falle. [X.] wird im
Schrifttum der Standpunkt vertreten, dass der Begriff der Bildung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 [X.] und des Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der [X.] 2000/43/[X.] weit zu verstehen ist
und sich auch auf Leistungen erstreckt, die nicht in Bildungsangeboten selbst bestehen, sondern -
wie Stipendien oder Ausbildungsbeihilfen -
die Wahrnehmung eines Bildungsangebots ermöglichen 15
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17
18
-
8
-
sollen (vgl. [X.], in dies., [X.], §
3 Rn.
49; [X.].[X.], 7.
Aufl., § 2 [X.] Rn. 33; [X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., § 2 Rn. 119; [X.] in [X.] für [X.], 2008, [X.] 617, 634; in
Bezug auf Stiftungen und gemeinnützige Vereine krit. [X.],
Festschrift für [X.], 2008, [X.]
595, 605
ff.).
3. Der Erfolg der Revision hängt, wenn die Vorlagefrage 1 zu bejahen ist,
weiter davon ab, ob die Teilnahmevoraussetzung des Ersten Juristischen Staatsexamens bei der Vergabe dieser Stipendien einen Bewerber entgegen Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/[X.], der durch §
3 Abs.
2 [X.] umgesetzt wird,
mittelbar diskriminiert, wenn der Bewerber, der [X.]sbürger ist, zwar einen vergleichbaren Abschluss außerhalb der [X.] erworben hat, ohne dass die Wahl dieses [X.] mit der ethnischen Herkunft des Bewerbers in Zusammenhang
steht, er jedoch aufgrund seines inländischen Wohnsitzes und fließender Beherrschung der [X.] wie ein Inländer die Möglichkeit hatte, nach einem inländischen Jurastudium das Erste Juristische Staatsexamen abzulegen. Weiter ist fraglich, ob das Ziel des nicht an diskriminierende Merkmale anknüpfenden Stipendienprogramms,
Absolventen des Jurastudiums in [X.] durch die Förderung eines For-schungs-
oder [X.]s im Ausland die Kenntnis ausländischer Rechtssysteme, Auslandserfahrung
und Sprachkenntnisse zu vermitteln, eine sachliche Rechtfertigung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/[X.] darstellt. Auf die
Klärung dieser Fragen
zielt
die Vorlagefrage 2.
a) Nach § 19 Abs. 2 [X.], der der Umsetzung der Art. 2 und 3 der [X.]/43/[X.] dient (vgl. [X.]/[X.]
in [X.]/[X.], [X.], §
19 Rn.
61),
ist eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der eth-nischen Herkunft bei der Begründung sonstiger zivilrechtlicher Schuldverhält-nisse im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 [X.] unzulässig. Durch die Nennung 19
20
-
9
-
"sonstiger zivilrechtlicher Schuldverhältnisse"
erstreckt die Vorschrift den [X.] über die in § 19 Abs. 1 Nr.
1 und 2 [X.] genannten Mas-sen-
und Versicherungsgeschäfte hinaus auf sämtliche Schuldverhältnisse, so-fern sie die in § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 [X.] geregelten Bereiche -
darunter die Bildung (§
2 Abs.
1 Nr.
7 [X.]) betreffen
(vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.] aaO § 19 Rn. 60). Da die Vorlagefrage 2 nur für den Fall der Bejahung der Vor-lagefrage
1 gestellt wird, ist von der Eröffnung des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2000/43/[X.]
und des diese Richtlinie in [X.] Recht umsetzen-den Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes
auszugehen.
b) Eine unmittelbare Benachteiligung
im Sinne des § 3 Abs. 1 [X.] und des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/43/[X.] kommt im Streitfall nicht in Betracht.
aa) Nach § 3 Abs. 1 [X.], durch den mit Blick auf die Benachteiligung wegen Rasse und ethnischer Herkunft Art. 2 Abs. 2 Buchst. a
der Richtlinie 2000/43/[X.] umgesetzt worden ist (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 3 Rn.
1), ist eine unmittelbare Benachteiligung gegeben, wenn eine Person we-gen eines in § 1 [X.] genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfah-ren hat oder erfahren würde. Die sich nachteilig auswirkende Maßnahme muss direkt an das nach § 1 [X.] verbotene Merkmal anknüpfen, wobei unerheblich ist, ob diese Anknüpfung offen oder verdeckt erfolgt
(vgl. [X.], 166 Rn.
33; [X.], 158 Rn.
25). Um eine verdeckte Anknüpfung handelt es sich, wenn an ein in § 1 [X.] nicht enthaltenes Merkmal angeknüpft wird, das in einem untrennbaren Zusammenhang mit einem in dieser Vorschrift genann-ten Grund steht (vgl. [X.], [X.], 1134 Rn.
54; [X.], 107 Rn.
23;
Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richt-linien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, BT-Drucks. 21
22
-
10
-
16/1780 [X.] 32; vgl. ferner zur Richtlinie 76/207/EWG
[X.], Urteil vom 8. No-vember 1990 -
C-177/88, [X.]. 1990, I3941 Rn.
10 -
Dekker;
zur Richtlinie 2000/78/[X.] [X.], Urteil vom 18.
März 2014 -
C-363/12, [X.], 525 Rn.
51 -
Z./A Government
department und
The Board of management of a community school; [X.]/[X.] aaO §
3 Rn. 74; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 3 Rn. 20; [X.] in dies. aaO § 3 Rn. 18).
bb) Die in Art.
2 der Richtlinie 2000/43/[X.] und in § 1 und § 19 Abs. 2 [X.] genannten Merkmale der Benachteiligung aus Gründen der Rasse und wegen der ethnischen Herkunft sind weit auszulegen. Bei der mit Blick auf Art.
2 der Richtlinie 2000/43/[X.] obligatorischen unionsrechtlichen Auslegung dieser Begriffe kann auf das in deren
3. Erwägungsgrund genannte [X.] zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 7. März 1966 ([X.], [X.] 961) zurückgegriffen werden (vgl. Regie-rungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur [X.], BT-Drucks. 16/1780, [X.]
31; [X.], 158 Rn. 31), wonach zu den Kriterien Rasse, Hautfarbe, Ab-stammung, nationaler Ursprung oder
Volkstum gehören, auch wenn die Ver-wendung des Begriffs der Rasse nach Erwägungsgrund
6 der Richtlinie 2000/43/[X.] nicht die Akzeptanz von Theorien impliziert, mit denen versucht wird, die Existenz verschiedener menschlicher Rassen zu belegen. Nach der Rechtsprechung des [X.] können unter einer ethnischen Gruppierung Bevölkerungsteile verstanden werden, die durch die gemeinsame Herkunft, eine lange gemeinsame Geschichte, Kultur oder [X.] verbunden sind (vgl. [X.], 158 Rn.
31; [X.] in [X.], [X.], 3. Aufl., § 1 Rn.
27 f.; [X.]/[X.],
BGB, 76. Aufl., § 1 [X.] Rn. 2; [X.].[X.] aaO § 1 [X.] Rn. 55). Die [X.] als solche zählt nicht zur ethnischen Herkunft. Nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2000/43/[X.] wird eine unterschiedliche Behandlung wegen der 23
-
11
-
Staatsangehörigkeit von der Richtlinie nicht erfasst. Eine scheinbar allein auf die Staatsangehörigkeit abstellende Differenzierung kann allerdings eine Be-nachteiligung wegen der ethnischen Herkunft beinhalten, wenn tatsächlich die Zugehörigkeit zur Volks-
und Kulturgemeinschaft für die Zurückstellung tragend ist (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richt-linien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, BT-Drucks. 16/1780, [X.]
31; [X.], 158 Rn. 31; [X.]
in [X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
1 Rn.
44; [X.] in [X.] aaO §
1 Rn.
34; [X.]/[X.]/[X.] aaO § 1 Rn. 14). Danach erfasst der Begriff der ethnischen Her-kunft sowohl Fälle, in denen die Benachteiligung eine bestimmte Herkunft [X.], als auch solche, in denen die Benachteiligung allein daran anknüpft, dass der Betroffene nicht inländischer Herkunft ist (vgl. zur öffentlichen Bekundung eines Unternehmens, keine Menschen fremder Herkunft einzustellen, [X.], Urteil vom 10. Juli 2008 -
C-54/07, [X.]. 2008, [X.] = NJW 2008, 2767 -
Feryn; ferner [X.], 158 Rn. 31; [X.] in [X.] aaO §
1 Rn. 38, 44; [X.]/[X.] aaO § 1 Rn. 2).
cc) Das vom Kläger beanstandete [X.] -
Abschluss des Ersten Juristischen Staatsexamens -
knüpft weder offen noch verdeckt di-rekt an die in Art. 1 und 2 der Richtlinie 2000/43/[X.] sowie § 1 [X.] verbotenen Merkmale der Rasse oder ethnischen Herkunft an. Das Berufungsgericht hat zu Recht und von der Revision unbeanstandet festgestellt, dass das Erste Juristi-sche Staatsexamen von Absolventen des rechtswissenschaftlichen Studiums in [X.] unabhängig von der ethnischen Herkunft abgelegt werden kann. Es handelt sich auch nicht um eine verdeckte unmittelbare Benachteiligung, weil aufgrund des Umstands, dass das Erste Juristische Staatsexamen allen Absolventen eines rechtswissenschaftlichen Studiums in [X.] offen-steht, kein zwingender Zusammenhang zwischen dem erfolgreichen [X.] und der ethnischen Herkunft besteht. Ein solcher Zusammenhang 24
-
12
-
besteht ferner nicht aufgrund des Umstands, dass Voraussetzung für die
Zulas-sung zur Prüfung das Durchlaufen eines inländischen [X.]sstudiums ist (vgl. exemplarisch §§ 1, 6 des [X.] [X.]), weil die-ses bei Erreichen der hierfür erforderlichen Voraussetzungen ebenfalls Angehö-rigen aller Ethnien offensteht.
Die Ausschreibung des Stipendiums stellt auch im Übrigen nicht auf eine inländische Herkunft der Bewerber ab. Danach können sich Kandidaten ohne [X.] Staatsangehörigkeit bewerben, wenn sie ihre Berechtigung zum Hochschulzugang
in [X.] oder an einer [X.]n Auslandsschule er-worben haben, gemäß den in §
8 [X.] genannten Voraussetzungen deut-schen Staatsangehörigen gleichgestellt sind oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der [X.] oder der [X.] besitzen und ihren letzten Hoch-schulabschluss (Bachelor, Master, Diplom, Staatsexamen) in [X.] er-worben haben.
c) Nach Auffassung des Senats liegt auch eine mittelbare Diskriminie-rung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/[X.] und des §
3 Abs. 2
[X.] nicht vor, weil der Kläger nicht zur benachteiligten Vergleichs-gruppe zählt und zudem die beanstandete Zugangsvoraussetzung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist. Dies
ist allerdings unionsrechtlich nicht zweifelsfrei.
aa) Nach §
3 Abs. 2 [X.], der mit Blick auf die
Diskriminierung wegen Rasse und ethnischer
Herkunft der Umsetzung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/[X.] dient (vgl. [X.]/[X.]/[X.] aaO § 3 Rn. 1),
liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in §
1 [X.] genannten Grun-des gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch 25
26
27
-
13
-
ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] liegt etwa eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor, wenn eine nationale Maßnahme zwar neutral formuliert ist, in ihrer Anwendung aber wesentlich mehr Arbeitnehmer des einen Geschlechts als Arbeitnehmer des anderen Geschlechts benachteiligt (vgl. [X.], Urteil vom 2.
Oktober 1997

C1/95, [X.]. 1997, I-5253 Rn.
30 -
Gerster; Urteil vom 20.
Oktober 2011

[X.]/10, [X.]. 2011, [X.] Rn.
56 -
Brachner; Urteil vom 20.
Juni 2013

C7/12, [X.] 2012, 648635 -
Riezniece; Urteil vom 18.
März 2014

[X.]/12, [X.], 525 Rn.
51 -
Z./A Government department
und
The Board of management of a community school). Nach der zu §
3 [X.] ergange-nen Rechtsprechung des [X.] kann eine mittelbare
Benach-teiligung daraus folgen, dass
Vorschriften im Wesentlichen oder ganz überwie-gend Personen
betreffen, die eines der in §
1 [X.] angeführten Merkmale erfül-len. Eine mittelbare Benachteiligung kann ferner darin liegen,
dass
die
Vor-schriften
an Voraussetzungen knüpfen, die von Personen, die von
§
1 [X.] nicht erfasst sind, leichter erfüllt werden. Dasselbe gilt,
wenn sich die Tatbe-standsvoraussetzungen einer Norm besonders zum Nachteil von Personen
auswirken, bei denen ein Merkmal
des §
1 [X.] besteht (vgl. [X.] 134, 160 Rn. 21; 137, 80 Rn. 27; [X.], [X.], 577 Rn. 21).
Die Prüfung einer mittelbaren
Benachteiligung erfordert die Bildung von Vergleichsgruppen, die dem persönlichen Geltungsbereich der [X.] entsprechend zusammengesetzt sind. Der Gesamtheit der Perso-nen, die von der Regelung erfasst werden, ist die Gesamtheit der Personen gegenüberzustellen, die durch die Regelung benachteiligt werden. Im Vergleich dieser Gruppen ist zu prüfen, ob die Träger eines Merkmals des Art.
1 der 28
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Richtlinie 2000/43/[X.] und des §
1 [X.] im oben genannten Sinn besonders benachteiligt sind (vgl. [X.] 137, 80
Rn. 28; [X.], [X.], 577 Rn. 22).
bb) Nach Auffassung des Senats liegt eine mittelbare Diskriminierung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/[X.] und des § 3 Abs. 2 [X.] nicht vor, weil der Kläger nicht zur benachteiligten Vergleichsgruppe zählt.
(1) Im Streitfall macht der Kläger geltend, das Auswahlkriterium des
Ers-ten Juristischen Staatsexamens benachteilige Personen
fremder ethnischer Herkunft, die über einen im Ausland erworbenen, gleichwertigen Abschluss [X.], bei der Stipendienvergabe, weil diese typischerweise nicht in [X.] studieren könnten.
Der Kläger macht geltend, als [X.] [X.], der an einer [X.] in
[X.] den akademischen Grad "Bachelor of Laws"
erworben habe,
zur benachteiligten Gruppe zu zählen.
Das [X.] hat für den Kläger Feststellungen zur Gleichwertigkeit des vom Kläger in [X.] erlangten Abschlusses mit dem Ersten Juristischen Staats-examen nicht getroffen, so dass in der Revisionsinstanz zugunsten des [X.] die Gleichwertigkeit der Abschlüsse zu unterstellen ist.
Der Revision ist darin zuzustimmen, dass die beanstandete Ausschrei-bungsvoraussetzung, die eine Zuerkennung des Stipendiums
vom Bestehen einer inländischen Prüfung abhängig macht, die nur nach
Durchlaufen eines inländischen rechtswissenschaftlichen [X.]sstudiums abgelegt werden kann, Interessenten von der Auswahl ausschließt, denen aufgrund ihrer auslän-dischen Herkunft ein solches Studium in [X.] nicht in gleicher Weise und entsprechend leicht möglich war, die aber
im Ausland nach einem Universi-tätsstudium einen gleichwertigen rechtswissenschaftlichen Abschluss erlangt haben.
30
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15
-
Der Kläger wird im Streitfall allerdings nicht aufgrund seiner ethnischen Herkunft benachteiligt. Nach den von der Revision nicht angegriffenen [X.] wohnt der Kläger in [X.] und beherrscht die [X.] Sprache fließend, so dass es ihm unabhängig von seiner ethni-schen Herkunft möglich war, in [X.] das Erste Juristische Staatsexa-men zu absolvieren. Das Berufungsgericht hat weiter von der Revision unbean-standet festgestellt, dass die Wahl des Abschlussortes in [X.] in keinem Zusammenhang mit der ethnischen Herkunft des [X.] stand.
Unter diesen Umständen ist nach Auffassung des Senats auch keine mittelbare Benachteili-gung des [X.] durch die Zugangsvoraussetzung des Ersten Juristischen Staatsexamens festzustellen.
Der Kläger zählt nicht zu
einer aufgrund ihrer aus-ländischen Herkunft benachteiligten Vergleichsgruppe, weil er die Zugangsvo-raussetzung des Ersten Juristischen Staatsexamens
in gleicher Weise wie In-länder
hätte erreichen können.
(2) Dieses Ergebnis ist in unionsrechtlicher Hinsicht allerdings nicht zwei-felsfrei.
Der Gerichtshof der Europäischen
[X.] hat entschieden, dass bei ei-nem Sachverhalt, in dem in einem Stadtviertel, in dem im Wesentlichen Perso-nen mit Roma-Herkunft wohnen, sämtliche Stromzähler in einer Höhe von sechs bis sieben Metern an den Masten des [X.] angebracht sind, während solche Zähler in den übrigen Stadtvierteln in einer Höhe von [X.] als zwei Metern angebracht sind, der Begriff der Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft in Art. 1 und 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43/[X.] unter-schiedslos anzuwenden ist, gleichviel ob die fragliche Maßnahme Personen einer bestimmten ethnischen Herkunft oder Personen anderer Herkunft betrifft, die durch diese Maßnahme zusammen mit Ersteren weniger günstig behandelt oder in besonderer Weise benachteiligt werden ([X.], Urteil vom 16. Juli 2015 33
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35
-
16
-
-
C-83/14, [X.], 482 Rn.
60 -
CHEZ Razpredelenie Bulgaria AD/Komisia za zashtita ot diskriminatsia). Danach konnte sich eine Bewohnerin des Stadtteils auf Diskriminierungsschutz berufen, obwohl
sie selbst nicht die [X.] ethnische Herkunft wie die Bevölkerungsmehrheit im Stadtteil hatte. Zur Begründung hat der Gerichtshof der [X.] darauf verwiesen, dass der Schutzzweck der Richtlinie 2000/43/[X.] nicht eng definiert werden darf und der Diskriminierungsschutz nach Erwägungsgrund 16 für alle Personen gilt
und nicht auf die Angehörigen einer bestimmten Ethnie beschränkt ist ([X.], [X.], 482 Rn.
56
ff. -
CHEZ Razpredelenie Bulgaria AD/Komisia za zashtita ot diskriminatsia).
Nach Auffassung des Senats lässt sich aus dieser Entscheidung nichts für den Kläger Günstiges ableiten. Sie entbindet insbesondere nicht von dem Erfordernis, dass eine Person, die eine mittelbare Benachteiligung geltend macht, der benachteiligten Vergleichsgruppe
-
in
jenem Fall: sämtliche Bewoh-ner des von der diskriminierenden Maßnahme betroffenen Stadtteils [X.] von ihrer
ethnischen Herkunft; im Streitfall: Absolventen, denen aufgrund ihrer ausländischen Herkunft ein inländischer Abschluss nicht in gleicher Weise und entsprechend leicht
möglich war
-
angehören muss. Der Kläger
zählt nach den getroffenen Feststellungen nicht zur im Streitfall benachteiligten [X.], weil ihm die Erste Juristische Staatsprüfung nach den [X.] in gleicher Weise wie Inländern offenstand.
cc) Nach Auffassung des Senats liegt eine mittelbare Diskriminierung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/[X.]
und des
§ 3 Abs. 2 [X.] auch deshalb nicht vor, weil die beanstandete Zugangsvoraussetzung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und
zur Erreichung des ver-folgten Ziels angemessen und erforderlich ist.
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-
17
-
(1) Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/[X.] und § 3 Abs. 2 [X.] ist eine mittelbare Benachteiligung nicht gegeben, wenn die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich ge-rechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforder-lich sind.

Der Gerichtshof der [X.] hat mit Blick auf den in Art. 119 [X.] und der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwen-dung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen ([X.]. Nr.
L
45 [X.]
19) geregelten Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit entschieden, der
bloße Umstand, dass eine Rechts-vorschrift eine wesentlich größere Zahl weiblicher als männlicher Arbeitnehmer treffe, stelle keine mittelbare Diskriminierung
dar, wenn die gewählten Mittel einem legitimen Ziel der Sozialpolitik des betroffenen Mitgliedstaats dienten
und
zur Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet und erforderlich seien, so-fern sie nichts mit der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hätten ([X.], Urteil
vom 6. Februar 1996 -
C-457/93, [X.]. 1996, [X.] = [X.], 319
Rn. 36 -
Lewark; vgl. auch [X.], Urteil vom 24. Februar 1994 -
C-343/92, [X.]. [X.] 1994 Nr. [X.], [X.] 4 Rn. 33 f. -
Roks).
Der Gerichtshof der Europäi-schen [X.] hat hierzu ferner entschieden, dass eine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Entlohnung von Vollzeit-
und Teilzeitarbeit darin be-stehen kann, dass der Unternehmer aus objektiv gerechtfertigten wirtschaftli-chen Gründen das Ziel verfolgt, unabhängig vom Geschlecht des Arbeitneh-mers einen Anreiz zur Vollzeitarbeit zu geben ([X.], Urteil vom 31. März 1981 -
Rs. 96/80, [X.]. 1981, 911 = NJW 1981, 2639 Rn. 11 f. -
Jenkins).
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-
18
-
(2) Im Streitfall liegt eine sachliche Rechtfertigung, die nicht an ein dis-kriminierendes Merkmal anknüpft, in der bildungspolitischen Zielsetzung, die die Beklagte mit dem [X.] verfolgt.
Nach § 2 ihrer Satzung fördert die Beklagte die Hochschulbildung junger Menschen, deren hohe wissenschaftliche oder künstlerische Begabung und deren Persönlichkeit besondere Leistungen im Dienste der Allgemeinheit erwar-ten lassen. Nach dem Inhalt der Ausschreibung bezweckt
das [X.],
besonders qualifizierten Absolventen des Jurastudiums
in [X.]
durch die Förderung eines Forschungs-
oder [X.]s im [X.] die Kenntnis ausländischer Rechtssysteme, Auslandserfahrung und Sprachkenntnisse
zu vermitteln.
Diese Zielsetzung knüpft nicht an ein [X.] Merkmal -
insbesondere nicht eine inländische Herkunft -
an, weil sich nach den Ausschreibungsbedingungen auch Kandidaten ohne [X.] Staatsangehörigkeit bewerben können, wenn sie ihre Hochschulzugangsbe-rechtigung in [X.] oder an einer [X.]n Auslandsschule erworben haben, gemäß den in §
8 [X.] genannten Voraussetzungen [X.]n Staatsangehörigen gleichgestellt sind oder die Staatsangehörigkeit eines Mit-gliedstaates der [X.] oder der [X.] besitzen und ihren letzten [X.] (Bachelor, Master, Diplom, Staatsexamen) in [X.] erworben haben
(siehe Rn. 24 f.).
Hierbei handelt es sich nach Auffassung des Senats um eine im Rahmen des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43/[X.] und des § 3 Abs. 2 [X.] beachtliche, eine mittelbare Diskriminierung ausschließende Motivation. [X.] qualifizierten Absolventen eines Studiums in [X.] soll ohne [X.] auf ihre Herkunft durch das Stipendium ein Anreiz gegeben werden, ihre auf das [X.] Recht bezogene Ausbildung durch ein im Ausland durchge-führtes Forschungs-
oder [X.] zu ergänzen. Die Förderung der 40
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-
19
-
internationalen Ausrichtung von Absolventen, die einen auf das [X.] Rechtssystem bezogenen Studiengang durchlaufen haben, ist gesellschaftlich erwünscht und kommt der internationalen Verständigung zugute.
Dass sich ein in [X.] ansässiger eingetragener Verein darauf beschränkt, Absolven-ten eines Studiums in [X.] zu fördern, ist angesichts nur begrenzt [X.] finanzieller Mittel und der daraus folgenden Notwendigkeit, Förder-maßnahmen unter sachlichen Gesichtspunkten zu fokussieren, unter Beach-tung der Ziele der Richtlinie 2000/43/[X.] nicht zu beanstanden, sofern hierbei

wie im Streitfall
-
nicht auf diskriminierende Merkmale abgestellt
wird. Im Rahmen der Auslegung des Art. 2 Abs. 2 Buchst.
b der Richtlinie 2000/43/[X.] sollte berücksichtigt werden, dass die gesellschaftlich erwünschte Bereitschaft privater Spender zur Vergabe von Stipendien oder anderen wohltätigen
Unter-stützungsmaßnahmen im Bildungsbereich leiden könnte, wenn eine nicht an diskriminierende Merkmale anknüpfende, aber anderweitig
in sachlicher Weise

-
20
-

an einer Zielgruppe
orientierte Bewerberauswahl als sachlich nicht gerechtfer-tigt angesehen würde.
Das von der [X.] verlangte Zugangskriterium des in [X.] absolvierten Ersten Juristischen Staatsexamens erweist sich damit aus Sicht des Senats als zur Erreichung des verfolgten Ziels angemessen und erforderlich.
Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Koch
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.03.2015 -
9 [X.]/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 01.12.2015 -
I-4 [X.] -

Meta

I ZR 272/15

01.06.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2017, Az. I ZR 272/15 (REWIS RS 2017, 10029)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10029

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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4 Sa 735/22 (Landesarbeitsgericht Köln)


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I ZR 272/15

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